LiteraturBuchbesprechungen

Das Buch Hiob. Übersetzt und erklärt von Markus Witte

Mit dem vorliegenden Band ist ein aktueller und ausführlicher Hiob-Kommentar in deutscher Sprache erschienen. Nach jahrelanger Beschäftigung mit dem Bibelbuch und nach zahlreichen Vorarbeiten legt Markus Witte nun diesen Kommentar in der Neubearbeitung der Reihe „Das Alte Testament Deutsch“ vor. Leider versteht Witte das Bibelbuch als Endergebnis eines langen literarischen Prozesses, der im Wesentlichen zwischen dem 5. und 3. Jh. v. Chr. stattfand (45). Das Buch wird damit völlig von seinen historischen Ursprüngen getrennt und als fiktives Gespräch innerhalb einer Weisheitsschule verstanden (45). Das prägt dann auch die Auslegung: Große Teile des Buches (zum Beispiel das Kapitel Hi 28 oder die ganze Rede Elihus in Hi 32-37) werden als spätere Einfügung angesehen. Eine Auslegung des Buches in seinen großen Zusammenhängen und seiner inneren Logik der aufeinander aufbauenden Reden sucht man hier also vergebens. Stattdessen beschäftigt sich der Kommentar stärker mit sprachlichen Fragen oder motivischen Hintergründen aus dem altvorderen Orient.

Markus Witte. Das Buch Hiob. Übersetzt und erklärt von Markus Witte. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2021. 698 S.156 S. Gebunden 99,99 €. ISBN: 978-3-525-51643-0

Hier liegt auch die Stärke des Bandes: Witte bietet eine gute Übersetzung, bei der auch antike Übersetzungen, Qumranschriften und jüdische Kommentierungen herange­zogen werden, um gerade die Passagen und Ausdrücke des Hiobbuches, die für Übersetzer nicht leicht zu übersetzen sind, bestmöglich zu fassen. Stellenweise findet man jedoch auch Deutungen, die im Textzusammenhang oder vor dem altvor­derorientalischen Hintergrund wenig plausibel sind (so etwa die typische Deutung des Behemot als Nilpferd und des Leviatan als Krokodil, der sich Witte ohne genauere Diskussion anschließt). Eine Ein­führung in die theologische Tiefe und/oder die praktische Relevanz des biblischen Buches, die ganz sicher in jedem Kommentar wenigstens ansatzweise zu finden sein sollten, sucht man in der Kommentierung jedoch vergeblich. Neben einigen interessanten sprachlichen Einsichten bleibt der Kommentar in theologischer Hinsicht daher an der Oberfläche.

Fazit: Ein ausführlicher Kommentar, dessen Stärke in der Übersetzung und gelegentlich interessanten sprachlichen Beobachtungen liegt, der aber die historische Dimension des Buches ebenso unbefriedigend würdigt wie seine theologische Tiefe oder praktische Relevanz.