ThemenArchäologie und Bibel, Wort- und Themenstudien

Die Eroberung Kanaans im Buch Josua und die Archäologie

Für die Frage nach der Glaubwürdigkeit biblischer Texte ist die Archäologie nicht unerheblich. Geschichtliche Ereignisse hinterlassen gewöhnlich Spuren, die auch nach vielen tausend Jahren noch feststellbar sein können. Gerade für die früheste Zeit der Geschichte Israels sind die Befunde aber weithin umstritten. Das gilt nicht nur für die historisch-kritische Forschung, die die biblischen Berichte oft für historisch irrelevant hält und ganz andere Szenarien entwirft. Auch unter Forschern, die die Bibel für glaubwürdig halten, gibt es keine Einigkeit, wie bestimmte archäologische Funde mit bestimmten Ereignissen in Beziehung stehen oder stehen könnten.

Im chronologischen Netz1 des Alten Testaments ist die Eroberung Kanaans auf den Zeitraum 1407-1400 v.Chr. datiert.2

Sensationelle archäologische Funde von zerstörten Städten mit stetig wechselnden Datierungen wurden seit Beginn des 20. Jahr­hunderts teils als Bestätigung der biblischen Berichte, dann aber immer stärker als deren Widerlegung gedeutet.

Das Buch Josua vermittelt jedoch den Ein­druck, dass die Land­nahme archäo­logisch kaum erkennbar sein sollte. Selbst wenn ein „Bann“ vollzogen wurde, wurden Städte, Häuser und Inventar als Besitz übernommen.3 Eine ethnische Unter­schei­­dungs­möglichkeit zwischen kanaanitischer und israelitischer Kultur anhand von Hausbau und Keramik ist heute umstritten.

Lediglich Jericho, Ai und Hazor wurden von Josua mit Feuer zerstört (Jos 6,24; 8,28; 11,13). Selbst hier besteht kein direktes Bestätigungs­verhältnis zur Archäo­logie4: Eine Brand­schicht kann zwar auf einen militärischen Angriff hindeuten, das muss jedoch nicht in allen Fällen Josua gewesen sein. Alter­nativ kommen Ägypter, Seevölker, Nach­bar­städte oder No­ma­den als An­greifer infrage. Ein Feuer kann ferner durch eine Na­tur­katastrophe, Bür­ger­krieg, Palast­re­volte, heimtückische Brand­stiftung oder einfach nur Un­acht­samkeit ent­­stehen.5

Fehlende Funde können kein Beweis sein, dass ein historisch bezeugtes Ereignis nicht stattgefunden hat. Dafür könnte es viele andere Gründe geben.

Andererseits können bestimmte Brand- und Siedlungs­schich­ten durch Erosion und Verwitterung längst verschwunden sein.6 Ange­sichts dessen überrascht es, wie leicht­fertig in jüngerer Zeit unzulässige Argumente aufgrund von Nicht-Evidenz (e silentio) nicht nur in populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen – wie etwa in Israel Finkelsteins „Keine Posaunen vor Jericho“7 – vorgetragen werden. Absence of evidence is not evidence of absence: Fehlt während einer bestimmten Epoche der Nachweis einer Besiedlung, ist dies keine Widerlegung historischer Berichte über angeblich „nichtexistierende Städte“8, sondern lediglich ein (noch) fehlendes Argument.9

Die drei mit Feuer zerstörten Städte: Hazor, Ai und Jericho

Bevor im Folgenden verschiedene Modelle zur Korrelation der biblischen und archäologischen Daten vorgestellt werden, lohnt sich der Blick auf die drei Städte, an welchen vom biblischen Text her am ehesten Spuren von Zerstörung und Feuer erwartet werden könnten. Die im Folgenden relevanten Zeitepochen sind nach konventioneller Datierung und revidierter Datierung nach John Bimson10:

Konventionelle Datierung frühgeschichtlicher Epochen

revidierte Datierung nach John Bimson

Mittelbronze III=IIC 1650-1550 v.Chr.

1570-1420 v.Chr.

Spätbronze I 1550-1400 v.Chr.

1420-1360 v.Chr.

Spätbronze II 1400-1200 v.Chr.

1360-1200 v.Chr.

Eisenzeit I 1200-1000 v.Chr.

1200-1000 v.Chr.

Hazor

Bei Ausgra­bun­gen in Hazor (Tell el-Qedah)11 wurden Hinweise auf vier Zer­störungen der Stadt oder ihrer Teile zwischen der Mittelbronze III (= IIC, ca. 1650-1550 v.Chr.) und dem Ende der Spätbronze-Zeit (1550-1200 v.Chr.) gefunden, wobei die Datierungen nicht unstrittig sind. Auf Josua hindeuten könnten so die Zerstörungen um 1550 (John Bimson mit Neudatierung der Schicht ins 15. Jh.), um 1400 (Bryant Wood, Bruce Waltke), um 1300 oder um 1230 v.Chr. (Yigal Yadin, Amnon Ben-Tor). Da die letzte Zerstörung endgültig zu sein scheint, hat letztere Option die Schwierigkeit, eine Besiedlung Hazors zur Zeit Baraks vier bis fünf Generationen später ohne archäologische Evidenz zu erklären (Ri 4,2), welche unterschiedlich gelöst werden kann (Kenneth Kitchen, Yohanan Aharoni).

Dass Jabin (Jos 11,1; Ri 4,2) ein in der Dynastie Hazors üblicher Name ist, bestätigt eines der 19 Tontäfelchen aus Mari (18. Jh.), die Hazor erwähnen. Es handelt sich um eine Liste von Geschenken, u.a. „30 Minen Zinn Ibni-Addu, König von Hazor“12. Der babylonische Name steht für Yabni-Hadad (West-Semitisch), davon abgeleitet Hebräisch Jabin. Zudem berichtet Josua 11,10 über Hazor, es sei „vorher die Hauptstadt aller dieser [nördlichen] Königreiche“ gewesen, was exakt auf die Zeit vor Ende der Spätbronze passt, und die historische Glaubwürdigkeit des Berichts unterstreicht. Selbst wer die biblischen Berichte als „reine Konstruktion“ abtut und eine Eroberung radikal ablehnt, kann solche Zusammenhänge kaum von der Hand weisen.13

Ai

Das biblische Ai („[Stein]Haufen“, „Ruine“) wurde über längere Zeit mit dem Hügel „et-Tell“ in der Nähe von Bethel identifiziert. Die dort befindliche Siedlung mit dicker Stadtmauer wurde bereits in der Frühbronze-Zeit III, ca. 2350 v.Chr. zerstört. Erst für die Eisenzeit I (12.-11. Jh.) ist eine neue kleinere Besiedlung feststellbar.14 Der Bericht in Josua 8 datiert die Eroberung von Ai in die dazwischenliegende Zeit ohne erkennbare Besiedlung.15 Eine naheliegende Erklärung wäre, dass die festen Mauern der Ruine den Bewohnern der umliegenden Dörfer lediglich als eine Art Fluchtburg im Fall eines Angriffs dienten. Provisorische Schutzhütten hätten bei einer Zerstörung kaum Spuren hinterlassen.16

Eine andere Lösung ist es, die fragwürdige Identifizierung von Ai mit et-Tell aufzugeben. Es gibt zahlreiche Vorschläge alternativer Lokalisierungen, etwa durch David Livingston (Khirbet Nisya) oder Bryant Wood (Khirbet el-Maqatir). Weitere Ausgrabungen könnten mehr Anhaltspunkte für eine mögliche Identifizierung geben.

Jericho

Ausgrabungen in Jericho (Tell es-Sultan)17 haben Reste einer mittelbronzezeitlichen Stadt zutage gefördert (City IV oder D), welche zu einem umstrittenen Zeitpunkt (s.u.) gewaltsam durch eine verheerende Feuersbrunst plötzlich zerstört wurde. Die Stadtmauer aus Lehmziegeln stand ursprünglich auf einer schrägen Erdaufschüttung/Böschung (militärischer Begriff: Glacis) mit glatter Mörtelverkleidung. Man fand große Aufschüttungen heruntergefallener Ziegelsteine am Fuß des Glacis. Ursache für die Zerstörung könnte ein Erdbeben gewesen sein. Der Zusammenhang zwischen der zerstörten Mauer und dem Feuer in der Stadt ist ungeklärt.18

In der Stadt fand man ungewöhnlich große Mengen Getreide, die darauf hindeuten, dass sie während der Erntezeit zerstört wurde, die Belagerung nicht lange dauerte und die Stadt nicht geplündert wurde (vgl. Jos 2,6; 3,15; 5,10; 6,15-20).19

Eine neue Besiedlung lässt sich erst fast 200 Jahre nach Zerstörung der Stadt für die Spätbronze-Zeit nachweisen, wobei die gefundenen Überreste aus dieser Zeit aufgrund von Erosion und Verwitterung so spärlich sind,20 dass man hier von einer kleinen Bauernsiedlung ohne Stadtmauer ausgeht. Spätestens im 13. Jh. existierte die Stadt nicht mehr, bzw. wenn sie existiert hätte, wären alle Spuren verschwunden.21

Modelle zur Korrelation historischer Angaben und archäologischer Daten

Gegenwärtig gibt es drei Modelle zur Interpretation der archäologischen Daten und Korrelation mit den Angaben in den historischen Dokumenten des Alten Testaments. Ungeachtet der nicht zu unterschätzenden Bedeutung der übrigen Städte kommt der Datierung und Deutung der Zerstörung Jerichos hierbei eine Schlüsselposition zu.22

Aufgrund einer sorgfältigen Unter­suchung der Erd- und Schuttschichten (Stratigraphie) gelangte die Archäologin Kathleen Kenyon 1957 zu dem Ergebnis, dass die Stadt bereits gegen Ende der Mittelbronze III um 1550 v.Chr. zerstört wurde.23 Dieses Datum, 150 Jahre vor der biblisch bezeugten Landnahme, wird bis heute von archäologischer Seite her wenig bezweifelt.

Neubewertung der archäolo­gischen Funde (Waltke, Wood)

Nachdem u.a. Bruce Waltke bereits 1972 in einem Artikel begründete Zweifel an der Datierung durch Kenyon geäußert hatte24, nahm Bryant Wood 1990 eine Neubewertung der archäologischen Funde vor, anhand der erst nach dem Tod Kenyons (1978) veröffentlichten Abschlussberichte zur gefundenen Keramik (1981 und 1982). Kenyon hatte einen großen Teil ihrer Argumentation darauf aufgebaut, dass die für die Spätbronze I (1550-1400 v.Chr.) typische zweifarbige Keramik (bichrome ware) aus Zypern in der zerstörten Stadt fehle – ein argumentum e silentio.25 Wood argumentierte nun zum einen, dass man in einer ärmlichen Stadt weitab von großen Handelswegen Importware gar nicht erwarten müsse, und zum anderen, dass John Garstang bereits vor ihr bichrome ware gefunden hatte, ohne diese jedoch besonders zu erwähnen. Kenyon hatte sich zu schnell mit der Idee zufrieden gegeben, dass die Stadt um 1550 v.Chr. durch aus Ägypten fliehende Hyksos26 oder deren ägyptische Verfolger zerstört worden sein müsste, eine Erklärung, die bei näherer Betrachtung immer weniger überzeugen wollte und heute kaum noch vertreten wird.

So plädierte Wood aufgrund einer Neu­bewertung der Keramik dafür, zu dem ursprünglich durch den Archäologen John Garstang 1937 angesetzten Datum Ende der Spätbronze I, um 1400 v.Chr. für die Zerstörung Jerichos zurückzukehren. Dieser u.a. von Walter Kaiser und Alfred Hoerth positiv aufgenommene Vorschlag bildet die zurzeit beste Korrelation der Daten, wenn es um eine möglichst einfache Erklärung gehen soll. Kritiker sehen hier jedoch eine klare Fehldeutung des archäologischen Befundes.

Revision der Chronologie (Bimson, Zerbst und Van der Veen)

Ebenso wie die oben genannten Vertreter gehen John Bimson, Uwe Zerbst und Peter van der Veen von einer Landnahme 1400 v.Chr. aus, möchten jedoch die stratigraphische Einordnung der Zerstörung Jerichos Ende der Mittelbronze III nicht aufgeben. Dabei argumentieren sie für eine Revision der gesamten Chronologie um 150 Jahre, so dass das Ende der Mittelbronze III von 1550 auf 1400 v.Chr. gesenkt wird.27

Die zeitliche Einordnung der Epochen der Archäologie Israels28 (relative Chronologie) erfolgt durch Korrelation mit der absoluten ägyptischen Chronologie über Keramik-Stratigraphie. Nun hatte sich bereits 1984 Manfred Bietak nach Ausgrabungen in Tell El Daba für das Absenken des Endes von Mittelbronze II um 100 Jahre ausgesprochen und darauf hingewiesen, dass die absolute Chronologie Ägyptens nicht so absolut ist, wie sie scheint.29

Mit einer Revision der Chronologie lassen sich viele Fragen umfassend klären. Sie hätte aber einschneidende Konsequenzen über die Archäologie in Israel hinaus.

Bimson trägt zahlreiche Belege aus jüngerer Zeit zusammen für vorgeschlagene Revisionen der konventionellen Daten des Neuen Reichs (18. bis 20. Dynastie, konventionell 1550-1070 v.Chr.), um sein Vorgehen plausibel zu machen.30 Der Status Quo wird von Ägyptologen immer stärker hinterfragt, eine Revision der Chronologie ist keineswegs mehr abwegig. Unter diesen Umständen erscheint Bimsons Ansatz plausibel, obgleich es noch vor wenigen Jahren verwegen erschienen wäre, die gesamte ägyptische Chronologie an dem Fixdatum der Landnahme neu auszurichten.

Bimsons Mo­dell, welches Zerstörungs­schich­ten nicht nur in Jericho, sondern ähnlich in Bethel, Hazor, Debir, Lachisch, Hebron, Hormah und Dan erklären kann, erscheint als die derzeit beste Wahl, wenn es um eine möglichst umfassende Erklärung geht, verbunden jedoch mit einschneidenden Konsequenzen weit über die Archäologie in Israel hinaus, die derzeit u.a. im Rahmen der Studiengruppe „Bronze to Iron Age Chronology of the Ancient Near East“ (BICANE) diskutiert werden.31

Spätdatierung der Landnahme (Albright, Bright, Wright, Kitchen, Hoffmeier, Hess)

Das mit Abstand älteste Modell geht auf den Begründer der „biblischen Archäologie“ William Albright und seine Schlussfolgerungen zu Zer­störungs­schichten zurück, welche er bei Ausgrabungen in den 1930ern in Beitin und Tell Beit Mirsim fand. Die Idee wurde durch dessen Schüler John Bright und Ernest Wright weiter entwickelt und wird heute durch Kenneth Kitchen, James Hoffmeier, Richard Hess u.a. verteidigt. Die grundlegende These ist, dass die Landnahme nicht gegen Ende der Mittelbronze III (Bimson) oder gegen Ende der Spätbronze I (Wood), sondern gegen Ende der Spätbronze II, um 1220 v.Chr., stattfand. Damit wäre der Pharao des – 40 Jahre vor der Landnahme stattfindenden – Auszugs Ramses II, welcher durch zahlreiche Bauwerke Berühmtheit erlangte.32 Dies brachte man in Verbindung mit Ex 1,11: „Und [die Israeliten] bauten dem Pharao die Städte Pitom und Ramses als Vorratsstädte“.

Gestützt wurde diese These durch verschiedene weitere Argumente, die im Laufe der Zeit jedoch wieder ihre Gültigkeit verloren: So schien es zunächst so, als ob es in der Region um die Stadt Ramses um 1440 v.Chr. noch gar keine Besiedlung gab. Ein weiteres Argument war in den 1930ern die Vermutung, dass es im Ostjordanland vor dem 13. Jh. keine Besiedlung gegeben hätte (Nelson Glueck), und somit auch keine Völker, die den Durchzug hätten verweigern können (Num 21). Beides ist heute widerlegt. Ferner wurde eine große Anzahl von Siedlungen entdeckt, die zu Beginn der Eisenzeit, um 1200, im Bergland in Galiläa und Judäa entstanden (Yohanan Aharoni), was gut zu den biblischen Berichten zu passen schien. Heute ist dies eines der schwerwiegendsten Argumente gegen Albright, da die Siedler fest verwurzelt in der spätbronzezeitlichen Kultur zu sein schienen.33

Der Befund aus Jericho stellt ein Problem für dieses Modell dar, da die große Zerstörung um 1550 (Kenyon), bzw. 1400 v.Chr. (Garstang, Wood, Bimson) mit dem Datum 1220 v.Chr. nicht in Einklang gebracht werden kann. So muss ein späteres Jericho angenommen werden, welches heute nicht mehr nachweisbar ist:

Es ist durchaus gut möglich, dass es zwischen 1275 und 1220 v.Chr. ein Jericho gab, das aber oberhalb der spärlichen Reste aus der Zeit zwischen 1400 und 1275 v.Chr. lag, völlig verwittert und damit seit langer Zeit vollständig verloren ist. Das „Jericho“ wird sich aus diesem einfachen Grund also deswegen nie finden lassen.34

Wie bereits festgestellt, ist in der Tat zu erwarten, dass aufgrund von Verwitterung bzw. Erosion nur noch ein Teil der historischen Berichte archäologisch verifizierbar ist.35 Die Archäologie hat ihre Grenzen: Nicht nur in Israel lassen sich viele historisch gut belegte Eroberungen heute archäologisch einfach nicht mehr nachweisen.36 Fehlende Evidenz kann ein ergänzendes Argument bilden (argumentum e silentio), nie jedoch die Last einer Beurteilung tragen. Ernsthafte Forscher müssen bereit sein, sich mit offenen Fragen zufriedenzugeben, solange handfeste Belege auf sich warten lassen.

Problematisch erscheint vielen Auslegern jedoch der Umgang mit dem chronologischen Netz des Alten Testaments. Um zu einer Spätdatierung zu gelangen, muss die Zahl von 480 Jahren zwischen Exodus und Beginn des Tempelbaus im Jahr 967 v.Chr. (1Kö 6,1 MT)37 in einem übertragenen Sinn interpretiert werden, als Zahl von 12 Generation (die Zahl „40“ stehe dabei symbolisch für eine Generation). Da man damals gewöhnlich mit 20-25 Jahren Vater wurde, müsse man eigentlich mit etwa 300 Jahren rechnen, und gelangt so zu einem Datum für den Exodus um 1260 v.Chr.38

Dieses Modell erscheint als „bewährt“, weil ihm viele Archäologen und Altorientalisten folgen und es eine längere Tradition aufweist.

Dieses Modell erscheint vielen als beste Wahl, weil ihm seine längere Tradi­tion seit Albright und die Anzahl maßgeblicher Archäologen, Ägyptologen und Alt­orientalisten unter seinen Vertretern den Eindruck eines sehr bewährten Modells verleiht. Angesichts der dargestellten Veränderungen und Offenheit auf archäologischer Seite erscheint andererseits die Notwendigkeit einer eher gezwungenen Deutung der historischen Angaben der Bibel in den letzten Jahren immer weniger plausibel. Dennoch könnten neue Entdeckungen in Zukunft neues Interesse an diesem Modell wecken.

Exkurs: Hypothesen zur Entstehung Israels unter Ausschluss der historischen Angaben im Buch Josua

Für die Ereignisse in den historischen Berichten über Exodus und Landnahme sind die Wunder Gottes nicht nur schmückendes Beiwerk, sondern notwendige Grundlage. Im Zuge der Aufklärung und radikaler Bibelkritik (Reimarius, Wellhausen) wird die Möglichkeit des direkten Eingreifens eines persönlichen Gottes in die Geschichte von immer mehr Gelehrten apriorisch ausgeschlossen. In dieser Tradition wird bereits zum Ausgang des 19. Jh. als gegeben vorausgesetzt, „daß die hebräische Geschichtsschreibung keinerlei historisch ver­werthbare Erin­nerung über die Eroberung des Landes enthält“39. Sie wird als „unglaubwürdig“ und „irrelevant“40 von der Untersuchung ausgeschlossen.41 Gerade das Buch Josua sei „als historische Quelle wertlos“, die Erklärung der Entstehung Israels könne sich „an keinem Punkt auf das Josuabuch stützen“42.

An die Stelle des Buches Josua tritt eine Art dunkles Loch oder Vakuum, welches in der Folge gefüllt wird durch gesellschaftstheoretische Erklärungsversuche hinsichtlich des Ursprungs einer Gruppe, welche sich zu späterer Zeit als „Israel“ identifizierte. So entsteht das Spiel miteinander konkurrierender, soziologisch argumentierender Hypothesen zur Interpretation archäologischer Funde und Ortslisten, die weder bewiesen noch widerlegt werden können. Aufgrund ihres Einflusses sollen an dieser Stelle die bekanntesten Modelle kurz aufgeführt werden, obgleich ihnen die „literarische Tradition in all ihren Teilen“43 widerspricht – sie sind unvereinbar mit den Aussagen der Bibel.

Infiltrationshyothese (Alt, Noth, Weippert, Aharoni, Fritz)

Bereits im Jahr 1925 verglich Albrecht Alt44 ägyptische Listen von Orten in Kanaan vor der Landnahme (Städteliste Thutmosis III und Amarna-Texte) mit biblischen Angaben zu territorialen Verhältnissen nach der Landnahme (Ri 1; 2Sam 2,9; 24,7; 1Kö 4,7 19) und entdeckte eine gesellschaftliche Veränderung: Während in der Spätbronze kanaanitische Stadtstaaten im Flachland dominierten, stand in der frühen Königszeit das Bergland im Zentrum. Viel wahrscheinlicher als ein riskanter Angriff auf Städte sei hier doch eine zunächst friedliche, allmähliche Besiedlung des Berglandes. Nomadische Viehzüchter aus der Wüste hätten regelmäßig etwa ab der mittleren Bronzezeit in der Dürre des Sommers in den schwach besiedelten Bergen Weiden gesucht (Weidewechsel / Transhumanz). Allmählich hätten sie sich dort niedergelassen (Sesshaftigkeit), Macht gewonnen und seien erst in einer zweiten Phase in Konflikte mit den ansässigen Kanaanitern geraten. Martin Noth arbeitete dieses Modell aus und erklärte die Einheit der Gruppe durch einen sakralen Stämmebund. Diese Idee einer „Amphiktyonie“ gilt heute als obsolet.45 Manfred Weippert verteidigte das Modell von Alt gegen die Anhänger von Albright.46 Yohanan Aharoni kombinierte es mit dem Eroberungs­modell.47

Heute können Ideen, die auf einer romantisierten Vorstellung vom Nomandenleben beruhen, nicht mehr überzeugen.

Heute kann die Idee von Weiden­wechsel und allmählicher Sesshaftigkeit nicht mehr überzeugen. Sie geht auf eine romantisierte europäische Vorstellung von Beduinenleben zurück, von der sich die Forschung verabschiedet hat.48 Volkmar Fritz, welcher in der Kommentarreihe HAT Noths Josua beerbt, muss das Modell von daher grundlegend modifizieren: In seiner Symbiose-Theorie geht er nur noch von einer gemischten Gruppe von nichtsesshaften nicht-Stadtbewohnern aus (wahrscheinlich Hapiru und Schasu), welche sich allmählich in den Bergen ansiedelten.49

Revolutionshypothese (Mendenhall, Gottwald)

Im Jahr 1962 schlug Georg Mendenhall in einem Aufsatz vor, die Hapiru der Amarna-Briefe mit den biblischen Hebräern gleichzusetzen und die Eroberung als einen Aufstand dieser einheimischen, unterdrückten Gruppe gegen ihre Stadtherren zu deuten. Stimuliert oder ermutigt worden sein könnte ein solcher Aufstand durch die Ankunft einer kleinen Gruppe ehemaliger Sklaven aus Ägypten.

Dass Mendenhall in seiner zunächst wenig befürworteten Darstellung Vorstellungen aus dem großen deutschen Bauernkrieg des 16. Jh. anachronistisch in alte Zeiten übertrug, war keine unbegründete Unterstellung.50 Ohne Quellenangabe übernahm Mendenhall seine Konzeption aus Max Webers Das Antike Judentum (1921) welcher – unter ausdrücklichem Verweis auf die Hapiru – hinter dem Konflikt zwischen Josua und den Kanaanitern einen „Bauernkrieg“ ansässiger Bauern gegen das „Städtepatriziat“ zur Befreiung von der „Fronknechtschaft“ sah.51

Eine marxistische Variante dieses Modells war nur eine Frage der Zeit und wurde schließlich durch Norman Gottwald umgesetzt52, der die biblischen und archäologischen Versatzstücke in sein ideologisches Konzept einzupassen wusste. Vielleicht war Gottwalds Ansatz gerade deshalb so umstritten, weil sich ein Bezug zu den Methoden ideologischer Geschichtsklitterung sozialistischer Staaten wie der DDR kaum übersehen ließ, welche den „revolutionären Bauernführer“ Thomas Münzer zum Helden einer „frühbürgerlichen Revolution“ stilisierte.

Evolutionshypothesen (Finkelstein, Dever, Callaway, Lemche, Coote und Whitelam)

Da die beiden oben genannten Hypothesen mit offensichtlichen Schwächen behaftet sind, wendet sich die Mehrheit der Forscher Modellen zu, welche von einer Entstehung von „Israel“ aus Gruppen innerhalb des Landes Kanaan ausgehen – als allmähliche „Evolution“, nicht durch eine plötzliche Revolution –, d.h. die Israeliten sind nach dieser Vorstellung Kanaaniter. Die Modelle unterscheiden sich in der Frage, wer genau (und wann) im Bergland siedelte. Für den Archäologen Israel Finkelstein sind es ehemalige Stadtbewohner, welche nach Untergang der städtischen Kultur für eine Zeitlang zu halbnomadischer Lebensweise gezwungen werden. Niels Peter Lemche bringt die Hapiru erneut ins Spiel. Für Joseph Calaway sind es Küstenbewohner, welche von Philistern verdrängt werden. Robert Coote und Keith Whitelam53 streben eine Synthese an und reden von Bauern, Banditen und Nomaden. Ähnlich malt Dever das Bild eines „bunten Haufens“ („Proto-Israeliten“) von Aussteigern, Banditen, Flüchtlingen, Nomaden und vielleicht einer Exodus-Gruppe mit einer gemeinsamen agrarischen Vision ähnlich der Amish People.54

Ergebnis

Angesichts der wechselhaften hundertjährigen Geschichte soziologischer Hypothesen erstaunt es, mit welcher Selbst­ver­ständlichkeit in jüng­ster Zeit die Entstehung von Israel innerhalb Kanaans selbst in Lehrbüchern vorausgesetzt wird – in unübersehbarem Widerspruch zu dem mit Abstand wichtigsten historischen Dokument zu dieser Frage: dem biblischen Buch Josua. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Entscheidung, das Buch Josua zu ignorieren, nicht Ergebnis, sondern Voraussetzung dieser Herangehensweise an die Deutung archäologischer Daten ist. Die Ablehnung des biblischen Zeugnisses liegt nicht darin begründet, dass es in einem unüberbrückbaren Widerspruch zum archäologischen Befund stehen würde. Das Problem ist vielmehr die in der Erzählung vorausgesetzte Notwendigkeit eines Eingreifens Gottes, welches in unüberbrückbarem Widerspruch zu dem Anspruch steht, den Verlauf von Geschichte rein immanent, ohne Gott deuten zu wollen.

Mögliche außerbiblische Hinweise auf ein Volk Israel in Kanaan vor 1200 v.Chr.

Auf den ersten Blick mag es seltsam erscheinen, dass ein so einschneidendes Ereignis wie der Auszug aus Ägypten mit Landnahme in der ägyptischen Literatur an keiner Stelle erwähnt wird. Man muss dabei jedoch bedenken, dass auch über die dunkle Zeit der Fremdherrschaft durch die Hyksos konsequent geschwiegen wird. Nach den Kon­ven­tionen der damaligen ägyptischen Ge­schichts­schreibung wäre es widersinnig gewesen, eine Demütigung der Nation und ihrer Götter für die Nachwelt festzuhalten.55

Merenptah-Stele

Merenptah-Stele im Kairoer Museum mit der Erwähnung Israels

Dennoch gibt es auch von ägyptischer Seite her kleine Hinweise darauf, dass ein Volk Israel vor 1200 v.Chr. in Kanaan existiert hat. Ein einziges Mal wird Israel in ägyptischen Texten genannt. Es ist der älteste außerbiblische Beleg für die Existenz Israels. Im Jahr 1896 fand man in Theben auf einer schwarzen Granitstele einen Text des Pharao Merenptah (Sohn von Ramses II, 19. Dynastie, Neues Reich), welche etwa in das Jahr 1208 v.Chr. datiert wird. Dort heißt es: „Israel ist verwüstet, es hat kein Saatgut“, ein Hinweis darauf, dass dieses Volk aufgrund des Sieges für zwei Jahre keine Bedrohung mehr für Ägypten darstellt: Das Verwüsten der Felder führt zu einer Hungersnot im laufenden Jahr, das Vernichten des Saatguts zu einer Hungersnot im folgenden Jahr. Der Text gibt wenig Gründe, daran zu zweifeln, dass es sich nicht um eine Region, sondern eine sozioethnische Gruppe im Gebiet Kanaans handelt – und zwar keine Nomaden, sondern sesshafte Siedler, die vom Ackerbau leben, eine größere politische Macht, die selbst aus der Sicht Ägyptens erwähnenswert ist. Diese Entdeckung stellt bis heute ein ernsthaftes Problem für Theologen dar, welche die Berichte über eine frühe Landnahme für unglaubhaft halten.

Askalon-Relief von Karnak?

Eine mögliche bildliche Darstellung von Israeliten wurde für eine von vier Kampfszenen vorgeschlagen, welche an den Wänden der Tempelanlage von Karnak in Oberägpyten abgebildet sind und aus ähnlicher Zeit wie die o.g. Stele stammen könnten. Dass nicht nur Fußgruppen, sondern auch Streitwagen abgebildet sind, passt jedoch nicht gut dazu, dass erst aus der Zeit Salomos über Kriegspferde im Heer der Israeliten berichtet wird.56

Sockelfragment Nr. 21687 des Ägyptischen Museums Berlin

Der Ägyptologe Manfred Görg berichtete 2001 in einem kleinen Aufsatz über die mögliche Entdeckung des Namens „Israel“ auf einem bis dahin unbeachteten Sockelfragment des Ägyptischen Museums in Berlin. Aufgrund des Schreibstils liegt eine frühe Datierung nahe, möglicherweise in die Zeit der 18. Dynastie, Mitte 15. Jh. v.Chr.57 Der Namenszug neben den Namen „Askalon“ und „Kanaan“ ist beschädigt, so dass eine volle Sicherheit hier nicht erlangt werden kann. Bereits die Merenptah-Stele (1208 v.Chr.) belegt ein äußerst frühes Datum für die Existenz Israels in Kanaan, wenn man das Modell einer späten Landnahme halten möchte (ca. 1220 v.Chr.). Jede frühere Erwähnung von Israel im Land Kanaan würde die Theorie der Spätdatierung der Landnahme zu Fall bringen. Von daher wird diese Entdeckung nicht nur von Vertretern, die eine Landnahme überhaupt ablehnen, vehement bestritten.58

Amarnabriefe und Hapiru

Die Amarnabriefe bzw. -texte umfassen knapp 400 Tontäfelchen, welche um 1900 im ägyptischen el-Amarna (früher Achet-Aton) gefunden wurden und der Zeit etwa 1360-1330 v.Chr. zugeordnet werden.59 In der Korrespondenz mit Vasallen finden sich u.a. Texte aus Meggido, Sichem, Geser und Jerusalem, welche in ihren Klagen und gegenseitigen Anklagen ein Bild verfeindeter Stadtstaaten und kriegerischer Konflikte zeichnen. Es ist eine chaotische Zeit, wie auch das Buch Richter (ca. 1375-1070 v.Chr.) zu berichten weiß.

Hinweise auf die Landnahme durch Josua finden sich in den Texten nicht, dafür aber wird über eine große Bedrohung durch die sogenannten Hapiru geklagt. Dabei scheint es sich um „outlaws der bronzezeitlichen Städte“ zu handeln, „die sich zu ihrem Schutz und zur Sicherung ihres Lebens in Abhängigkeitsverhältnisse begeben mußten (Arbeiter, Söldner) oder ein freies Leben als Räuber und Wegelagerer führten“.60 Vor allem George Mendenhall setzte sich für die These ein, dass diese mit den biblischen „Hebräern“ gleichzusetzen seien, wobei der biblische Begriff ebenso keine ethnische, sondern eine soziale Größe bezeichne.61 Während Manfred Weippert62 und andere dies für eine viel zu einfache Gleichung hielten, lehnt u.a. Meredith Kline eine Identifikation deutlich ab und bezweifelte selbst die sprachliche Verwandtschaft der beiden Ausdrücke.63 Wenn die kanaanitischen Stadtkönige mit dem Begriff Hapiru undifferenziert über bedrohliche Banden und umherziehendes Raubgesindel redeten, kann man vermuten, dass das auch Israeliten mit einschloss, die sie keinem der anderen Stadtstaaten zuordnen konnten. Das Buch der Richter bestätigt diesen Eindruck teilweise (vgl. Ri 18,11-31), ergänzt jedoch, dass auch die angesiedelten Israeliten unter umherstreifenden Hapiru-ähnlichen Gruppen gelitten haben (Ri 3,13; 6,3).64

Topographische Listen der 18. und 19. Dynastie und Schasu

In ägyptischen Texten aus der Spätbronze und frühen Eisenzeit wird verschiedentlich auf „Schasu“ Bezug genommen, semitische Halbnomaden, welche den Ägyptern insbesondere im Bergland Kanaans Schwierigkeiten bereiten. Es gibt Vermutungen, dass sie mit Israeliten gemeinsame Sache gemacht haben könnten, wenn etwa von einem Stammesfürsten von Aser (Asser?) die Rede ist. Ein Stamm Asser wird auch erwähnt in topographischen Listen von Pharao Sethos I (1291-1279). Die Bezeichnung R‘-b3-n3 („Ruben/Raban“) für ein Gebiet (süd-?)östlich des Toten Meeres in ägyptischen Listen aus Soleb (Amenophis III, 1388-1351) und Amara West (Ramses II, 1279-1213) bezeugt. Die Bezeichnung ­ś3-k3r‘ („Issachar“?) für ein Gebiet im Norden Kanaans oder südlichen Libanon findet sich in einer Liste von Amenophis III in Kom el-Hetan (Theben-West).

Spätbronzezeitliches Heiligtum in Schilo

An der Stelle des biblischen Silo identifizierte der Archäologe Israel Finkelstein einen mittelbronzezeitlichen Schrein und ein spätbronzezeitliches Kultzentrum. Seit der Spätbronzezeit ging der prozentuale Anteil der dort aufgefundenen Schweineknochen sehr stark zurück (weniger als ein 20stel des Mittelbronze-Befundes). Diese geringe Zahl ähnelt dem Befund des israelitischen Berglandes der Eisenzeit I, wo kaum mehr Schweine gehalten wurden, da sie unrein waren und nicht gegessen werden durften (Lev 11,7; Dtn 14,8).

Josua 18,1 berichtet, wie in Silo nach der Landnahme das Zelt der Begegnung aufgerichtet wird. Dieses erste Zentralheiligtum Israels besteht dort auch während der Richterzeit bis Samuel (Ri 21,19; 1.Sam 1,3).

Verschollene phönizische Stelen in Algerien?

Der griechische Historiker Prokop von Cäserea aus dem 6. Jh. n.Chr. berichtet von zwei Stelen, welche er mit eigenen Augen in Tigisis (heute Ain el-Bordj, im Norden Algeriens) gesehen haben will. Dort war auf phönizischer Sprache zu lesen (vielleicht fasst er hier einen längeren Text zusammen): „Wir sind die Geflohenen vor dem Angesicht von Josua, dem Räuber, dem Sohn Nuns“.65 Auch wenn der Historiker grundsätzlich glaubwürdig erscheint, wurde vermutet, dass die Inschrift selbst nicht unbedingt aus dem 8./7. Jh. v.Chr. stammen müsse. So könne sie als Ausdruck des Judenhasses im 4. und 6. Jh. n.Chr. angebracht worden sein.

Der früheste Hinweis dieser Art bei einem christlichen Schriftsteller ist die lateinische Übersetzung einer griechischen Chronik aus dem Jahr 234 n.Chr. Demnach stammten die Bewohner der balearischen Inseln von den Kanaanitern ab, welche „vom Angesicht Josuas, des Sohnes Nuns flohen“. Die Jebusiter hätten Cádiz in Spanien erbaut.66 Einem christlichen Schriftsteller kann natürlich immer unterstellt werden, dass er fehlende Informationen aus dem Alten Testament ergänzt habe.

Dennoch zeigen solche Hinweise, dass das „Zufallselement“ der Archäologie nicht unterschätzt werden darf. Derartige Zeugnisse können – wie auch einzelne Angaben der Bibel – jederzeit durch Funde bestätigt werden.

Ausblick

Ein großer Teil der frühgeschicht­lichen Ereignisse lassen sich nicht archäologisch bestätigen.

Eine Korrelation der historischen Angaben des Buchs Josua mit den archäologischen Daten ist auf verschiedenen Wegen möglich, auch wenn bislang nicht alle Fragen beantwortet werden können. Es muss damit gerechnet werden, dass sich ein Großteil der in der Bibel geschilderten Ereignisse auch in Zukunft archäologisch nicht bestätigen lässt, weil die Spuren vieler Begebenheiten durch Verwitterung und Erosion unwiederbringlich zerstört wurden. Auch ist eine eindeutige Datierung und Zuordnung von Funden nur selten zu erwarten.

Es darf nicht vergessen werden, dass das Buch Josua selbst darauf hindeutet, dass die Landnahme archäologisch kaum nachweisbar sein sollte, da die materiale Kultur zunächst kaum angetastet wurde. Daraus lassen sich vor allem zwei Schlüsse ziehen:

(a) Zum einen sollte einer Argumentation mit fehlender Evidenz gerade auf diesem Gebiet äußerste Skepsis entgegen gebracht werden. Lässt sich die Besiedlung einer Stadt oder die Zerstörung einer Stadt für eine bestimmte Zeit nicht nachweisen, sagt dies für sich genommen noch nichts über die Glaubwürdigkeit einer historischen Quelle aus, in der dies behauptet wird.

(b) Auch wenn eine Korrelation der archäologischen Daten mit den Berichten in manchen Fällen Mühe bereitet, verleiht das doppelte Zeugnis des archäologischen Befundes und der außerbiblischen Quellen große Zuversicht, dass zukünftige Funde zur Klärung einiger ungelöster Fragen beitragen werden.

Im Vergleich mit anderen antiken Berichten überrascht die Menge an historischem Mate­rial, welches einen Zusammenhang zu den im Buch Josua geschilderten Ereignissen erkennen lässt. Von der Sache her ist es heute nicht mehr leicht zu verteidigen, diese historische Quelle aufgrund des wunderhaften Berichts von vornherein als unglaubwürdig von der Untersuchung auszuschließen, wie es seit dem 19. Jahrhundert in weiten Kreisen der historisch-kritischen Forschung unternommen, und schließlich als selbstverständlich vorausgesetzt wurde („Wir wissen seit langem…“).67 Auf dem Hintergrund der damaligen theologischen Entwicklung ist diese Entscheidung sicherlich zu Teilen verständlich. Auch ist es ihr Verdienst, dass bis heute ein kreativer Prozess der Konstruktion immer neuer soziologischer (R)Evolutionsmodelle in Gang gehalten wurde.

Im Rahmen dieser Tradition ist jedoch nicht selten völlig aus dem Blick geraten, dass das Buch Josua die mit Abstand umfangreichste historische Quelle zur Frage der Landnahme war und ist. Dass das Buch Josua einen unfassbar radikalen Einschnitt in der Geschichte Kanaans beschreibt, macht es an sich nicht unglaubwürdig.68 Auch das metaphysische Weltbild entscheidet nur für den voreingenommenen Betrachter über die Glaubwürdigkeit eines historischen Zeugen. Literarkritische Argumente können angesichts der derzeit uneinheitlichen Forschungssituation die Beweislast eines solchen Schrittes am wenigsten tragen. Von daher kann der im Buch Josua erhobene Anspruch, reale Ereignisse aus zeitlich geringem Abstand heraus zu schildern, im Rahmen ernsthafter historischer Forschung heute nicht mehr apriorisch von der Hand gewiesen werden.

Der Rückblick auf die hundertjährige For­schungsgeschichte an einem alternativen Verständnis mit ihrem Wandel einander ablösender Modelle unterstreicht die hohe Bedeutung des Buches Josua als „konkrete“ historische Quelle. Solange eine Korrelation der historischen Angaben mit dem archäologischen Befund ohne zwingende Einwände möglich ist, bleibt das historisch bezeugte Geschichtsbild eine ernstzunehmende Alternative, auch und gerade zu den soziologisch begründeten Konstruktionen der jüngeren Vergangenheit.

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  1. Dieser Begriff scheint hier passender als das Bild von einem „Gerüst“, so noch Noth, Über-lieferungsgeschichtliche Studien, S. 18-27. 

  2. Der Beginn des Tempelbaus lässt sich auf 967 (oder 966) v.Chr. datieren, vgl. die doppelte Begründung durch Young, „When Did Solomon Die?“, S. 601f. Er liegt nach 1Kö 6,1 (MT = Masoretischer Text, d.h. der hebräische Urtext im Unterschied zur griechischen Übersetzung, Septuaginta, welche „440“ liest) 480 Jahre nach dem Exodus (1447/6 v.Chr.). Nach zwei Jahren (Num 10,11) werden Kundschafter ins Land geschickt (Num 13f). 40 Jahre nach dem Auszug wird das erste Passa im Land gefeiert (1407/6 v.Chr., Jos 5,6.10). Der Zeitraum zwischen Sendung der Kundschafter und Ende der Landnahme durch Josua (Jos 5,13-12,24) ist 45 Jahre (Jos 14,10), d.h. das Ende liegt 1400 v.Chr. Vgl. Van der Veen, „Von Salomo bis zum Exodus“, S. 164-173 (datieren Landnahme auf 1410-1403 v.Chr.) zur Auseinandersetzung mit der Datierung durch Floyd Jones, Christine Tetley und Roger Liebi, welche von einem deutlich früheren Datum ausgehen (Liebi: 1566-1559 v.Chr.). 

  3. Dtn 6,10-12; 19,1; Jos 11,13; 24,13. Entronnene konnten so z.T. in ihre befestigten Städte zurückkehren (Jos 10,19f; vgl. 11,21f; 14,12-14; 15,13-19 mit 10,36-39). Waltke, „Palestinian Artifactual Evidence “, S. 34-36; Merrill, Geschichte Israels, S. 138-140; Pehlke, „Das Verhältnis der Archäologie zur Exegese“, S. 32. 

  4. Vgl. Donner, Einführung, S. 52. 

  5. Pehlke, „Verhältnis der Archäologie“, S. 13f, 24. 

  6. „Es ist also nicht nur durch den Versuch einer Harmonisierung der archäologischen Ergebnisse mit dem biblischen Befund zu begründen, dass man den Faktor ‚Verwitterung‘ entsprechend berücksichtigt“, Kitchen, Das Alte Testament, S. 247, der auf S. 250f ergänzt: Gewöhnlich wird weniger als 5-10% eines Ruinenhügels überhaupt bis zur Ebene der Bronzezeit ausgegraben, d.h. zwischen 85-90% werden gar nicht wahrgenommen. 

  7. Vgl. die Verteidigung der im Titel aufgestellten Behauptung in Finkelstein und Silberman, Keine Posaunen vor Jericho, S. 96f auf lediglich zwei Seiten, welche mehr Fragen als Antworten hinterlässt. 

  8. Van Bekkum, From Conquest to Coexistence, 41f argumentiert unter dieser Überschrift wesentlich differenzierter als Dever. 

  9. „I always reassure those who need it that here we have a stupendous ‚miracle‘: Joshua destroyed a site that was not even there!“, Dever, Who Were the Early Israelites, S. 46f in Bezug auf Jericho. William Dever, der zurzeit bekannteste amerikanische biblische Archäologe, hält die Idee einer Eroberung Kanaans für archäologisch widerlegt. Diese Behauptung zu bezweifeln bezeuge fehlende Seriosität, vgl. Miller, „Dragon Myths and Biblical Theology“, S. 40. 

  10. Zum Verständnis siehe Abschnitt zur Revision der Chronologie. Tabelle nach Bimson, „Auszug und Landnahme“, S. 409. 

  11. Ausgrabungen durch John Garstang (1928), Yigal Yadin (1950er, 1968) und Amnon Ben-Tor (seit 1990). 

  12. Weippert, Historisches Textbuch,S. 72-74. Vgl. Ben-Tor, „Hazor“, S. 441; Kitchen, Das Alte Testament, S. 232, 243, 282. 

  13. Weippert, Historisches Textbuch, S. 64f, vgl. weit offener Dever, Who Were the Early Israel-ites, S. 67f. 

  14. Mullins, „Ai“, S. 680. 

  15. Dass hier spätere Verfasser eine Art „historischen Roman“ über die beeindruckenden Ruinen geschrieben haben sollen, erscheint völlig abwegig, so Kitchen, Das Alte Testament, S. 249. Die ätiologische Deutung als alte Sage im Stil von Ernst Sellin, Albrecht Alt und Martin Noth gilt nach Untersuchungen von Isaac Seeligmann, Brevard Childs und Burke Long auch im Bereich der historisch-kritischen Forschung als überholt, vgl. zu Deutungen als redaktionelle Zusätze, Bieberstein, Josua – Jordan – Jericho, S. 58-63, 430; Rösel, Joshua, S. 16f; vgl. Fritz, Das Buch Josua, S. 88f. 

  16. Millard, Schätze aus biblischer Zeit, S. 99, vgl. ähnlich Kitchen, Das Alte Testament, S. 249. 

  17. Ausgrabungen durch Charles Warren (1867-1868), Frederick Bliss (1894), Ernst Sellin und Carl Watzinger (1907-1909, 1911), John Garstang (1930-1936), Kathleen Kenyon (1952-1958), Lorenzo Nigro (1997-2000, 2009-2012). 

  18. Chadwick, „Jericho“, S. 957. 

  19. Wood, „Eroberten die Israeliten Jericho?“, S. 9f. 

  20. Ebd.; Kitchen, Das Alte Testament, S. 249. 

  21. Van der Veen, „Jericho (AT)“. 

  22. Klement, „Chronologische Fragen zu Jerichos Posaunen“, S. 32. 

  23. Kenyon, Digging Up Jericho, S. 262, vgl. Wood, „Eroberten die Israeliten Jericho?“, S. 18. 

  24. Waltke, „Palestinian Artifactual Evidence“; vgl. ders., „Date of the Conquest“, S. 191. 

  25. Bieberstein, Josua – Jordan – Jericho, S. 27. 

  26. Die Hyksos stammten wohl ursprünglich aus dem westsemitischen Sprachraum und waren Fremdherrscher in Ägypten während der sog. Zweiten Zwischenzeit (13.-17. Dynastie, ca. 1648-1550 v.Chr.) zwischen dem Mittleren und Neuen Reich. 

  27. Zerbst und Van der Veen, „Herkunft des Volkes Israel“, S. 58f. Van der Veen folgte zunächst dem „Revisionisten“ David Rohl mit einer Verschiebung um 300 Jahre, von dem sich bereits 1987 Peter James trennte mit einer Verschiebung um 250 Jahre, welchem wiederum Bimson, „Wann eroberte Josua Kanaan“, S. 92 folgt, siehe auch Zerbst und Van der Veen, „Herkunft des Volkes Israel“, S. 62. Als Initiator dieses Ansatzes gilt Immanuel Velikovsky mit einer Verschiebung um 500 Jahre, vgl. kritisch Klement, „Chronologische Fragen zu Jerichos Posaunen“, S. 23-29. 

  28. Die römisch-byzantinische Bezeichnung „Palästina“ (vgl. Donner, Geschichte des Volkes Israel, S. 51f) wird hier aufgrund ihrer heute unvermeidlichen politischen Konnotationen zugunsten des biblischen „Israel“ aufgegeben. 

  29. Bietak, „Problems of Middle Bronze Age Chronology”, S. 472-474, vgl. Klement, „Chronologische Fragen zu Jerichos Posaunen“, S. 22. 

  30. Bimson, „Wann eroberte Josua Kanaan“, S. 91f. 

  31. Vgl. Tribelhorn, „Die Bibel ist ein Mythos“, S. 263-266. 

  32. Ramses II aus der 19. Dynastie des Neuen Reiches regierte 1279-1213 v.Chr. (low chronology). Die Frühdatierung korreliert den Exodus mit den Pharaonen der 18. Dynastie, wobei die Regierungszeiten umstritten sind. Evangelikale Forscher wie Kaiser, History of Israel, S. 90 und Hoerth, Archaeology and the Old Testament, S. 161 folgen oft der früher favorisierten langen „high“ Chronologie, wonach Amenophis II mit einer Regierungszeit von 1453-1419 v.Chr. der Pharao des Exodus gewesen wäre. Ägyptologen folgen heute jedoch überwiegend der kurzen „low“ Chronologie und setzen 1427-1400/1392 v.Chr. an. Demnach wäre sein Vorgänger Thutmosis III (Regierungszeit 1479-1425) der Pharao des Auszugs gewesen, wie auch Bimson, Redating the Exodus, S. 230-232 annimmt, vgl. Hoffmeier, „What is the Biblical Date for the Exodus“, S. 239f. 

  33. Dever, Who Were the Early Israelites, S. 153f. Vgl. Zerbst und Van der Veen, „Herkunft des Volkes Israels“, S. 66 für eine Erklärung im Rahmen einer Frühdatierung. 

  34. Kitchen, Das Alte Testament, S. 248; vgl. Pitkänen, Joshua, S. 162-169. 

  35. Wer den biblischen Berichten keinen historischen Wert zumisst, muss diese seit Albright postulierte Stadt energisch als Phantom aus dem Reich der Phantasie ablehnen, so Bieberstein, Josua – Jordan – Jericho, S. 28 mit Literaturbelegen weiterer Vertreter. 

  36. Kitchen, Das Alte Testament, S. 251, Anm. 84 nennt „die unzählbaren Feldzüge der ägyptischen, hethitischen, assyrischen und neubabylonischen Armeen im östlichen Mittelmeerraum“ und verweist auf Isserlin, „The Israelite Conquest of Canaan“, S. 85-94 mit Hinweisen auf die Eroberung durch Normannen, die angelsächsische Besiedlung Englands sowie die arabische Invasion in Syrien und Israel. 

  37. MT = Masoretischer Text im Unterschied zur Septuaginta, siehe Anm. 2. 

  38. Die Jahreszahlen der Richterzeit sollten aufgrund parallel herrschender Richter nicht addiert werden, und die 300 Jahre in Ri 11,26 werden als absurde Prahlerei Jeftas abgetan. Vgl. Kitchen, Das Alte Testament, S. 268-278, 398-401; Hoffmeier, „What is the Biblical Date for the Exodus?“, S. 235-239. 

  39. So der Herausgeber Bernhard Stade, „Nachwort des Herausgebers“, S. 146 im ersten Jahrgang der ZAW (1881) bestätigend zum Urteil von Eduard Meyer, „Kritik der Berichte über die Eroberung Palaestinas“, S. 145. 

  40. Finkelstein, „ Rise of Early Israel“, S. 10. 

  41. Das Urteil „Natürlich ist das nicht geschehen“, Donner, Geschichte des Volkes Israel, S. 64, vgl. 58-65, wird oft begleitet durch implizit wertende Klassifizierungen wie „volkstümlich“ oder „Sage“, mit dem deutlichsten Kennzeichen, „daß sie nicht selten Dinge berichtet, die uns unglaubwürdig sind“, Gunkel, Genesis, X, Hervorhebung durch den Autor. Vgl. Younger, „Early Israel in Recent Biblical Scholarship“, S. 200 und dem gegenüber Hinweise auf das hohe Alter des Buchs Josua in Hess, Joshua, S. 26-31; Satterthwaite und McConville, Exploring the Old Testament 2, S. 59. 

  42. Fritz, Entstehung Israels, S. 105; vgl. 110. 

  43. Noort, Das Buch Josua, S. 10. 

  44. Alt, „Landnahme der Israeliten in Palästina“, S. 102-131. 

  45. Noth, Geschichte Israels, S. 67-82, ders., System der zwölf Stämme, zusammenfassende Kritik in Donner, Geschichte des Volkes Israel, S. 72-80. 

  46. Weippert, Landnahme der israelitischen Stämme. 

  47. Aharoni, Land der Bibel, S. 199. 

  48. Dever, Who Were the Early Israelites, S. 52; Bimson, „The origins of Israel in Canaan“, S. 8. 

  49. Fritz, Entstehung Israels, S. 118-121. S.u. im Abschnitt zu außerbiblischen Hinweisen auf Israel zum Verständnis von „Hapiru“ und „Schasu“. 

  50. Weippert, Landnahme der israelitischen Stämme, S. 62f; zur Rezeption Bimson, „The origins of Israel in Canaan“, S. 9. 

  51. Weber, Das antike Judentum, S. 63f; Kreuzer, „Vom Bauernkrieg zum Revolutionsmodell“, S. 89f. 

  52. Gottwald, The Tribes of Yahweh. 

  53. Coote und Whitelam, The Emergence of Early Israel in Historcal Perspective. 

  54. Dever, Who were the Early Israelites, S. 181f, 188f; vgl. Satterthwaite und McConville, Exploring the Old Testament 2, S. 65-68. 

  55. Zerbst und Van der Veen, „Herkunft des Volkes Israel“, S. 28-30, vgl. zu folgender Darstellung S. 41-47. 

  56. 1Kö 10,26; vgl. Jos 11,9; 17,16-18; Ri 1,19; 4,3.13. 

  57. orgeschlagen wurden zunächst Thutmosis III (1479-1425) oder Amenhotep II (1427-1400), später auch Ramses II (1279-1213), Van der Veen, Theis und Görg, „Israel in Canaan (Long) Before Pharaoh Merenptah?“, S. 19; vgl. Van der Veen und Zwickel, „Die neue Israel-Inschrift“, S. 425-434; Görg, „Israel in Hieroglyphen“, S. 21-27, zitiert in Zerbst und Van der Veen, „Herkunft des Volkes Israel“, S. 46f. 

  58. Hoffmeiner, „What is the Biblical Date for the Exodus?“, S. 240-242. 

  59. Müller, „Amarnabriefe“. 

  60. Donner, Geschichte des Volkes Israel, S. 81. 

  61. Erst in einem zweiten Schritt könnten „Hebräer“ so mit dem ethnischen Begriff „Israeliten“ in Verbindung gebracht werden. Mendenhall, „The Hebrew Conquest of Palestine“, S. 66-87, 71f; so auch Donner, Geschichte des Volkes Israel, S. 80-82. 

  62. Weippert, Landnahme der israelitischen Stämme, S. 66-102. 

  63. Kline, „The ha-BI-ru“, Teile 1-2, S. 1-24, 170-184, und Teil 3, S. 46-70. 

  64. Bimson, Redating the Exodus, S. 229. 

  65. Procopius, History of the Wars, Books III and IV, S. 289 (IV, 10, 22). 

  66. Chronikon Paschale. Volume II (CSHB), Bonn: Weber, 1832. 

  67. So beispielsweise jüngst Levin, Entwurf einer Geschichte, S. 5: „[..] dass ganze Epochen des biblischen Geschichtsbilds literarische Erfindungen sind“ mit Bezug auch auf die Einwanderung in das Land Kanaan. 

  68. Die Weltgeschichte ist bei genauerem Hinsehen eine Geschichte zahlreicher unglaublicher „Zufälle“, unerwarteter Wendungen und revolutionärer Ereignisse.