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Rechenfehler bei Esra?

Esra 1,8-11 scheint ein Rechenfehler vorzuliegen. In manchen Bibelausgaben (beispielsweise auch in der Lutherbibel 2002) gibt es hierzu eine Fußnote: „Durch spätere Abänderungen entspricht die Gesamtzahl jetzt nicht mehr der Summe der Einzelangaben.“ Somit wird offen eingeräumt, dass die Bibel im Laufe der Zeit verändert wurde. An dem offensichtlichen Rechenfehler (30 + 1029 + 30 + 410 + 1000 = 2499) im Buch Esra ändert diese Fußnote freilich auch nichts. Rechenfehler bleibt Rechenfehler. Wie kann man so etwas erklären? (Sebastian Schreiter, Basdahl)

Neben der Frage nach einer Erklärung für den vorliegenden Fehler, ist aus bibeltreuer Sicht entscheidend, ob wir einen echten Rechenfehler in der Originalschrift annehmen oder ob aufgrund der Fehleranfälligkeit beim Abschreiben von Zahlen, der Fehler durch spätere Abschreiber zustande gekommen ist. Dass die Abschriften der Originale Fehler enthalten können, das war sowohl den Juden mit den AT-Schriften klar (man tat einiges um diese Fehlerquelle zu minimieren) als auch der frühen Gemeinde. Das muss aber nicht die Überzeugung der Verbalinspiration noch die Irrtumslosigkeit der Schrift in Frage stellen. Auch die Chicago-Erklärung behandelt das Problem.

    1. Es bleibt ein wesentlicher Unterschied, ob das Original einen Fehler enthält oder eine Abschrift. Fehler in den Abschriften aufzufinden und zu verbessern, macht gerade deswegen Sinn, weil es Originale ohne Fehler gegeben hat.
    2. Ein Dreher oder Abschreibfehler ist von ganz anderer Qualität als ein Sachfehler, der vorliegen würde, wenn der Schreiber von Esra 1,18 sich verrechnet hätte. Während Rechtschreib- und logische Fehler beim Abschreiben schnell auffallen, können sich gerade bei Zahlenangaben solche Abschreib-Fehler einschleichen, die, wenn sie nicht sofort auffallen, hinterher schwer zu verbessern sind. Es sei denn man böge die Sache willkürlich hin. Das aber taten die Schreiber gerade nicht. Bei der Übersetzung der Septuaginta lag der nachgefragte Fehler offensichtlich schon vor und konnte auch nicht sinnvoll korrigiert werden. Man unterließ offenbar aus Respekt vor der Heiligen Schrift eine willkürliche Korrektur der Zahlen. Im AT sind deswegen öfter Prüf-Summen zur Sicherstellung der Zahlen angegeben, wie auch in der nachgefragten Stelle. Dadurch erst kommt es zur Diskrepanz. Ohne Prüfsumme hätte niemand den Fehler bemerkt.
    3. Darum ist es sicher, dass unsere heute vorliegenden Abschriften und Übersetzungen einzelne Fehler enthalten, die nicht mit Sicherheit aufgelöst werden können. Dass aber Gott auch hier über seine Schriften gewacht hat, zeigt sich daran, dass wir in den biblischen Texten keine sinnlos zusammenfabulierten Aussagen vorliegen haben. Bei der Vielzahl der notwendigen Abschreibungen könnte man ja auch nach dem Vorbild der Stillen Post ein unsinniges Chaos erwarten. Die zahlreichen Fehlermöglichkeiten von Übersetzern und Abschreibern potenzieren sich zudem. Aber das ist nicht passiert. Selbst die ärgsten Kritiker der Bibel können das den Heiligen Schriften gerade nicht vorwerfen, dass sie durch Abschreibfehler entstellt seien.
    4. Für die nachgefragte Stelle gäbe es auch eine Lösung, die ohne die Annahme eines Abschreibfehlers auskommt. Man sagt, dass in der angegebenen Gesamtzahl von 5400 noch weitere Geräte enthalten sind, die Einzelaufzählung aber nur die wichtigsten. Da aber schon 1000 übrige Geräte genannt werden, ist das nicht sehr wahrscheinlich. Dann könnte beim Abschreiben etwa eine ganze Zeile ausgefallen sein, in der noch ein oder zwei Gerätegruppen standen, die jetzt fehlen. Oder aber bei der Gesamtsumme hat sich ein Fehler eingeschlichen und es stand im Original „2500“ als gerundete Gesamtsumme, was durch kleinere Eingriffe in den Text rekonstruiert werden könnte. Aber für keine dieser Erwägungen gibt es weitere Untermauerung. Ein Rechenfehler im Original wäre aber selbst bei freien Überlegungen ohne eine bibeltreue Selbstbeschränkung die unwahrscheinlichste Lösung.