Die folgenden Verse werfen gleich drei Fragen auf.
1 Mose 9, 22. 25: Als nun HAM, Kanaans Vater, seines Vaters Blöße sah, sagte er’s seinen beiden Brüdern draußen. 25… sprach (Noah): Verflucht sei KANAAN und sei seinen Brüdern ein Knecht aller Knechte!
1 Mose 10, 6-10: Die Söhne Hams sind diese: KUSCH, Mizrajim, Put und Kanaan. 8 Kusch aber zeugte den NIMROD. Der war der erste, der Macht gewann auf Erden, 9 und war ein gewaltiger Jäger vor dem HERRN. Daher spricht man: Das ist ein gewaltiger Jäger vor dem HERRN wie Nimrod. 10 Und der Anfang seines Reichs war Babel, Erech, Akkad und Kalne im Lande Schinar (Zahn des Gegners).
- Weshalb wird nicht direkt Ham verflucht?
- Weshalb werden nicht alle Nachkommen Hams, sondern allein Kanaan verflucht?
- Wie kann der Ur-Rebell Nimrod aus der Kusch-Linie kommen, die nicht verflucht wurde?
Antwort:
Weder der Text selber noch die Bibel an anderer Stelle geben eine Erklärung, warum scheinbar nur Kanaan verflucht wird. Ich meine, hier liegt eine Sprachfigur vor, die man pars pro toto nennt: ein Teil steht für das Ganze. Selbstverständlich ist Ham selber auch verflucht, aber der Fluch trifft ihn so, dass er an der folgenden Generation wirksam wird. Darum wird einer seiner Söhne verflucht.
Da der Inhalt des Fluchs heißt: Er soll Diener der Diener für seine Brüder werden, ist auch deutlich dass Ham verflucht ist. Denn Kanaan soll ja nicht seinen eigenen Brüdern, sondern den Brüdern seines Vaters, also Sem und Jafet und ihren Nachkommen dienen.
So wird der Fluch zu einem Merkspruch, der in den folgenden Versen wiederholt wird.
Warum gerade Kanaan als Teil für den ganzen Fluch ausgewählt wird, liegt wohl an seinem Namen. Einerseits bedeutet sein Name so viel wie „der Unterworfene“ oder „der Unterwürfige“. So wird der Fluch zu einem Merkspruch, der in den folgenden Versen wiederholt wird. Entscheidend aber, warum hier Kanaan statt Ham oder einer seiner anderen Nachkommen als Teil für das Ganze genannt wird, ist sicher, dass das Land Kanaan, das verheißene Land für die Nachkommen Sems werden wird. Bereits in Kapitel 12 beginnt die Abrahamsgeschichte, sodass die Geschichte hier auch Vorspann dazu ist. Weil das Land Gottes, das seinen Namen von Kanaan hat, einmal den Semiten gehören soll, und weil die Völker, die als Nachkommen Kanaans zusammenfassend Kanaaniter heißen, dieses Land einmal räumen müssen, ist der Fluch so formuliert, wie er formuliert ist.
Am besten nehmen wir an, dass Noah hier prophetisch redet, wahrscheinlich ohne selber zu wissen, wie sich die Prophetie erfüllen würde. Die Völkertafel macht dann deutlich, dass die Nachkommen Hams zwar zu mächtigen und bedeutenden Völkern werden (darum ist auch Nimrod herausgehoben), aber das erwählte Volk Gottes ist doch ein anderes. Darum gilt zu recht (5Mose 7,6-8a):
„Denn du bist ein heiliges Volk dem HERRN, deinem Gott. Dich hat der HERR, dein Gott, erwählt zum Volk des Eigentums aus allen Völkern, die auf Erden sind. Nicht hat euch der HERR angenommen und euch erwählt, weil ihr größer wäret als alle Völker – denn du bist das kleinste unter allen Völkern -, sondern weil er euch geliebt hat …“