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Christ und Spenden – Die 10% Regel

Eigentlich ist die von vielen Gemeinden geforderte 10% Spendenquote, auch ‘Zehnter’ genannt, eine super Sache. Kirchen und christliche Werke könnten mit üppigen Einnahmen rechnen, die jede Kirchensteuer weit in den Schatten stellen. Voraussetzung ist allerdings, dass Christen Brutto bezahlen und ihre Spenden nicht vom Nettoverdienst berechnen oder gar vom steuerbaren Einkommen, bei dem schon Werbungskosten, Fahrtkosten usw. abgezogen werden, ehe die Glaubensabgabe fällig ist. Doch selbst dann bliebe zumeist noch genügend übrig, zumindest eine feste regelmäßige Summe, mit der die Gemeindeleitungen rechnen könnten. Auch für den normalen Christen hat diese Regelung einen gewissen Charme, lässt sie doch sein angehäuftes Vermögen und 90% seines Einkommens unangetastet. Ohne schlechtes Gewissen kann so jeder wohlhabende Gläubige seine Luxusurlaubsreise, seine Luxuskarosse oder den Besuch im Luxusrestaurant genießen – schließlich hat er sich mit der Begleichung des ‘Zehnten’ von seinen Verpflichtungen Gott gegenüber losgekauft.

1. Die 10% Regel bei Karl dem Großen

So ganz neu ist die 10% Regel nicht. In der frühen Kirchengeschichte findet sich kein Hinweis auf den ‘Zehnten’. Damals wurde frei und freiwillig gespendet. Erste Hinweise auf einen allerdings noch fakultativen ‘Zehnten’ finden sich bei Cyprian und Origenes (3. Jahrhundert). Nach Johannes Chrysostomos und Hieronymus ist der Christ vor seinem Gewissen verpflichtet, 10% seiner Einnahmen der Kirche zu überlassen (4. Jahrhundert). Erst Papst Damasus hat auf einem Konzil den Kirchenzehnten zur Pflicht gemacht. Wer sich nicht danach richten wollte, sollte aus der Kirche ausgeschlossen werden. Aufgrund mangelnder Zahlungsmoral mussten die Gläubigen jedoch immer wieder ermahnt werden. Nach der Synode von Tours (567) wird der Zorn Gottes durch den ‘Zehnten’ befriedigt, und der Mensch von Unheil verschont. Um 700 legen spanische und gallische Bußbücher die Strafe fest, mit der jeder zu rechnen hat, der weniger als 10% seines Einkommens der Kirche übergibt. Die Vorläufer Karl des Großen (8. Jahrh.) gingen dazu über, die Abgabenforderungen der Kirche auch ins weltliche Recht zu übernehmen und notfalls mit militärischer Gewalt einzutreiben. Durch die gesetzlichen Spenden sollten die Auslagen der Kirchen gedeckt und die Unterstützung der Armen gewährleistet werden. Gratian führt den ‘Zehnten’ auf Anordnungen Gottes zurück. Die gesamte Summe sei dem zuständigen Bischof auszuhändigen, der je ein Viertel für sich, für den örtlichen Pfarrer, für Arme und Fremde sowie für die Kirchenfabrik verwenden sollte. Der ‘Zehnte’ konnte weder Privatpersonen übertragen noch anderen Kirchgemeinden überlassen werden. Alexander III (1170) bemühte sich darum, die zumeist landwirtschaftlichen Abgaben genau zu beschreiben: 10% des Ertrags von Feldern, Gärten, Wäldern und Tieren sollten abgeliefert werden. In Skandinavien wurde zeitweilig auch Fischfang, Handel und Miete in die Berechnung des ‘Zehnten’ einbezogen. In der Annahme eines jährlichen 10% igen Ertrags forderten einige Kirchenführer einfach eine Vermögenssteuer von 1%. Ausgenommen von der Zahlungs­verpflich­tung waren lediglich die Pfarrer und einige Mönchsorden. Neben den regelmäßigen 10% Abgaben kassierte die Kirche zu besonderen Anlässen (z.B. Kreuzzug, Türkenkrieg oder Ketzerverfolgung) großzügig weitere ‘Zehnten’ ein. Auch die Reformatoren freundeten sich schnell mit der 10% Regel an. Erst vor etwas mehr als 150 Jahren, 1848 wurden die Reste der Zehntenabgabe in Deutschland juristisch aufgehoben, weshalb sich die Gemeinden seitdem mit einer weit niedrigeren Kirchensteuer begnügen müssen.

Nicht nur die Christen wussten die Segnungen einer sicheren Finanzquelle zu schätzen.

Doch nicht nur die Christen wussten die Segnungen einer sicheren Finanzquelle zu schätzen. Im alten Griechenland wird immer wieder von einer 10% Abgabe der Ernte, des Handelsgewinns oder der Kriegsbeute für die Götter gesprochen. Davon wurden Tempel und Denkmäler gebaut und Priester unterhalten. Manche orientalischen Herrscher verfielen auch auf den Gedanken, über den ‘Zehnten’ ihre eigene Staatskasse zu füllen.

Wie so viele Glaubens­überzeugungen und Traditionen wurde auch die regelmäßige Geldabgabe unter der Bezeichnung Almosen­steu­er (zakat; Koran Sure 2,77) von den Muslimen übernommen. Hier wird die Abgabe allerdings im Gegensatz zur alttestamentlichen Regel nach Art des Besitzes und Einkommens gestaffelt: für Geld und Handels­güter 2,5%, für Vieh 5%, für Früchte und Korn 10% und für Bodenschätze 20% des Wertes.

2. Die 10% Regel im Alten Testament

Mehrfach im Alten Testament fordert Gott von den Israeliten 10% ihrer Ernteabgabe zur Finanzierung von Priestern und Leviten: „Und der ganze Zehnte des Landes, vom Samen des Landes, von der Frucht der Bäume, gehört dem Herrn; es ist dem Herrn heilig. Und der ganze Zehnte von Rindern und Schafen, von allem, was unter dem Stab vorüberzieht, das Zehnte soll für den Herrn heilig sein.” (3.Mose 27,30.32; ganz ähnlich: 2Mo 22,29; 23,19; 3Mo 27,30ff; 5Mo 14,22; 23,21ff).

Eigentlich taucht der ‘Zehnte’ als regelmäßige, fest geregelte Abgabe erst in den Gesetzen für das Volk Israel auf. Zwar wird auch erwähnt, dass Abraham dem Priester­könig Melchisedek 10% seines Hab und Guts anbot (1Mo 14,20) und Jakob Gott für den Fall seiner glücklichen Heimkehr 10% seines Besitzes versprach (1Mo 28,22), doch handelte es sich dabei ausschließlich um freiwillige und einmalige Zahlungen, die sich darüber hinaus auch nicht auf das jährliche Einkommen, sondern den gesamten Besitz bezogen. Das änderte sich mit den Gesetzen am Sinai. Da die meisten Israeliten von der Landwirtschaft lebten, werden im Alten Testament insbesondere Naturalienabgaben erwähnt: Korn, Wein und Öl (2Mo 22,28; 4Mo 18,21ff; 5Mo 14,22ff; 26,12ff; Amos 4,4), aber auch alle weiteren Ernteerträge (2Chr 31,5; Mt 23,29) einschließlich der Tiere (3Mo 27,32ff), von denen eigentlich schon die Erstgeburt Gott geopfert werden sollte.

Von dem alttestamentlichen ‘Zehnten’ wurden vor allem die Priester und Leviten unterhalten (2Chr 31,4; Neh 10,38ff; 13,5.10ff; Mal 3,8.10). Neben den Priestern und Leviten hatte scheinbar auch der israelitische König einen Rechtsanspruch auf eine 10% Zahlung (1Sam 8,15ff). Insgesamt werden drei ‘Zehnte’ erwähnt:

    • Für Priester und Leviten (4Mo 18,21-28),
    • Für Gott (5Mo12 6-7. 17-18),
    • Für Arme und Fremde (alle drei Jahre 5Mo 12,17ff; 14,27ff).

Ganz so günstig kamen die Israeliten allerdings nicht weg. Außer dem ‘Zehnten’ erwähnt das Alte Testament noch andere Steuern und Abgaben für die Sache Gottes und für den König. ‘Freiwillige’ Geschenke an den Herrscher (1Mo 43,11), Abgaben der besiegten Feinde (Jos 16,10; Ri 1,28-35), das Schekel-Opfer, eine Kopfsteuer für den Unterhalt der Stiftshütte (2Mo 30,11-16; Neh 10,32), Gratisarbeit auf den Feldern und Baustellen des Königs (1Sam 8 10-18; 1Kön 5,13-18), Vermögenssteuer (1Sam, 17,25), Erstlingsgaben (2Mo 23,19; 3Mo 2,12; 4Mo 18,12) und weitere Dank- und Festopfer (3Mo 22,21; 23,1-44; 5Mo 27,7f). Alle sieben Jahre sollten Felder und Weinberge nicht bebaut werden, sodass die Menschen auch hier aufgrund ihres Glaubens auf mögliche Einkünfte verzichten mussten. Über den ‘Zehnten’ hinaus wurde auch ein großer Teil aller anderen Einkünfte dem Tempel und seinen Priestern zugesprochen (2Sam 2.7.8.10-12). Schließlich wurde die Gesamtzahl der Abgaben so hoch, dass die Propheten im Namen Gottes vehement Einspruch dagegen erhoben (Jes 3,14; Am 5,11; Mich 3,1-4).

Da die Zahlungsmoral der Israeliten wohl nicht so vorbildlich war, erinnerte Maleachi sie daran, das sich Gott nichts schenken lässt und jeden, der gerne und großzügig gibt reich zu beschenken verspricht (Mal 3,7-12).

3. Die 10% Regel im Neuen Testament

Neben den staatlichen Steuern, die nach Jesus gezahlt werden müssen (Mt 9,9; 22,17. 21; Lk 20,22-25), kannten auch die neutestamentlichen Juden die Kopfsteuer für den Tempel (Mt 17,24) und den ‘Zehnten’ für Priester und Leviten (Lk 11,42; 18,12). Diese gilt aber wohlgemerkt für die Juden, nicht für die neutestamentlichen Christen. Die Kopfsteuer für den Tempel beispielsweise hebt Jesus für die Kinder Gottes bewusst auf (Mt 17,24-27).

Manche Christen legen großen Wert auf die ungebrochene Gültigkeit der 10%-Regel, obwohl sie weder aus dem NT noch aus der frühen Kirche bekannt ist.

Obwohl sich im Neuen Testament keinerlei Hinweise auf eine 10% Regel finden lassen und auch aus der frühen Kirchen­geschichte keine solche Sitte bekannt ist, legen manche Christen großen Wert auf die ungebrochene Gültigkeit der 10% Abgabe heute. In diesem Zusammenhang verweisen sie auf das Recht der Prediger, von der Verkündigung zu leben so wie die Priester vom Altar (1Kor 9,12-14). Doch bezieht sich dieser Vers wohl weniger auf den ‘Zehnten’ als darauf, dass Priester vom Opfertier essen durften (4Mo 18,18). Obwohl dabei nirgends von der 10% Regel die Rede ist, argumentieren 10% Befürworter auch aus der Tatsache des sonntäglichen Spenden­sammelns (1Kor 16,1f), dass die Christen hier wie im Alten Testament den ‘Zehnten’ zusammenlegen würden.

Die erwähnten Spendensammlungen des Neuen Testaments kommen allein den Armen zugute.

Diese Argumentationen erscheinen recht künstlich. Wurde der alttestamentliche ‘Zehnte’ vor allem für die Unterhaltung des Tempels und der Opferdienste der Priester verwendet, entfällt dieser Zweck heute offensichtlich, da es keinen Tempel und keine Opferriten mehr gibt und mehr geben muss (Hebr 9). Lokale Synagogen als Vorläufer der heutigen Gemeinden sind sowieso erst viel später entstanden und werden in der Widmung der 10% Abgabe nicht erwähnt. Auch verzichten alle uns bekannten Gemeindeangestellten des Neuen Testaments weitgehend auf Entlohnung (Apg 20,33; Tit 1,11). Die erwähnten Spenden­sammlungen kommen allein den Armen zugute. Für diese Sozialarbeit zeichnet heute aber weitgehend der Staat verantwortlich, der sich kaum scheut, auch deutlich mehr als 10% Steuern für seinen Einsatz abzukassieren.

Außerdem wurde der ‘Zehnte’ im Alten Testament an eine zentrale Sammelstelle, nämlich den Tempel in Jerusalem abgeliefert, nicht an lokale Gemeinden. Wo diese Zentrale entfällt, entfällt wohl oder übel auch die entsprechende Abgabe.

Wo viel Wert auf die 10% Forderung gelegt wird, tauchen häufig gewisse Verteilungs­probleme auf, schließlich bewerben sich viele fromme Kandidaten um die begrenzten finanziellen Ressourcen. Zumeist wird in den Gemeinden gefordert, alles müsse ihnen anvertraut werden, wie es zumeist im Neuen Testament üblich war (Im Alten Testament kassierten die Priester des zentralen Tempels in Jerusalem). Wobei Missionswerke, christliche Be­ra­tungs­organisationen oder theologische Ausbildungs­stätten zu Recht darauf hinweisen, dass es sie damals noch gar nicht gegeben hat und sie deshalb in der Zeit der Apostel nicht berücksichtigt wurden. Jede Spende wird Gott gegeben, nicht irgendeiner Organisation. Auch wenn die Gemeinde als Gemeinschaft der Gläubigen im Neuen Testament eine zentrale Rolle einnimmt, kann wohl kaum daraus abgeleitet werden, dass nicht auch Einzelpersonen oder Glaubenswerke, die die Arbeit der Gemeinden unterstützen, finanziell unterstützt werden dürfen. Geht es in dieser Auseinandersetzung wohl um die Suche nach wahrer biblischer Erkenntnis oder eher um die Wahrung eigener monetärer Interessen.

Natürlich ist die 10% Regel weiterhin eine wertvolle Richtlinie und hat eine gewisse Vorbildfunktion. Schließlich ist es allemal besser, 10% des Einkommens Gott zu überlassen, als aus dem Ende des ‘Zehnten’ den irrtümlichen Schluss zu ziehen, alles Geld verbliebe am besten in meinem Portemonnaie.

4. Spenden, Opfer und der Wille Gottes

Vorbildlich ist es nach Jesus, alles oder zumindest einen großen Teil vom eigenen Besitz und Einkommen Gott zur Verfügung zu stellen. So will der frisch bekehrte Zachäus als Zeichen der Dankbarkeit und der Wiedergutmachung die Hälfte seines Besitzes den Armen überlassen (Lk 19,8). Den reichen Jüngling fordert Jesus auf, sein gesamtes Eigentum zu verkaufen und damit die Armen zu beglücken (Mt 19,21). Auch die arme Witwe wird von Jesus gelobt, weil sie es mit ihrer Spende nicht bei den geforderten 10% bewenden lässt, sondern Gott alles überlässt, was sie besitzt (Mk 12,42f).

Jesus warnt vor Menschen, die sich so sehr um ihren eigenen Besitz drehen, dass sie Gott weitgehend vergessen (Lk 12,21). Die Sorge ums Geld stellt einen Misstrauensantrag an Gott dar (Lk 8,14). Schließlich täuscht der erstrebenswerte Reichtum den Menschen immer wieder über die eigentlich wichtigen Lebens­inhalte hinweg (Mt 13,22). Geld bildet eine beständige Gefahr, den Christen von Gott abzulenken (Mt 6,24); deshalb soll so wenig wie möglich an ihm hängen bleiben. Es soll möglichst weitgehend für die Sache Gottes eingesetzt werden (Lk 16,9). Bei der Aussendung seiner zwölf Jünger achtet Jesus darauf, dass sie kein überflüssiges Zeug und auch kein Geld mitnehmen (Mk 6,8). Auch Paulus will in seiner Missions- und Gemeindearbeit keinen ‘Zehnten’ für sich oder die Gemeinde einsammeln (Apg. 20,33; 1Thess 2,9).

Die ersten Christen der Apostel­ge­schichte praktizierten eine Art kommunistischer Gütergemeinschaft. Alles Hab und Gut, nicht nur 10%, wurde der Gemeinde zur Verfügung gestellt, um jedem zu geben was er benötigt (Apg 4,34; 5,2). Geldsammlungen für die Armen werden im Neuen Testament schon erwähnt (Apg 4,32; 6,1; 2Kor 9), nicht aber regelmäßige 10% Abgaben für die Gemeinde. Geld soll für den Christen ausschließlich Mittel zum Zweck sein: Die eigenen Grundbedürfnisse zu stillen, notleidende Glaubensge­schwister zu unterstützen und darüber hinaus allen übrigen Menschen Gutes zu tun (Gal 6,10).

Der Zusammenhang von Spende und Segen Gottes wird auch im Neuen Testament festgehalten. Paulus fordert die Christen dazu auf, nicht nach irgendwelchen Minimumforderungen zu spenden, weil das letztlich eine Form von Geiz sei, sondern Bedürftige großzügig zu unterstützen, allerdings ohne Zwang:

„Wer da kärglich sät, der wird auch kärglich ernten; und wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen. Ein jeder, wie er’s sich im Herzen vorgenommen hat, nicht mit Unwillen oder aus Zwang: denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.” (2Kor 9,6f; vgl. Röm 12,8).

Immer wieder werden die Christen ermahnt, nicht geizig mit ihrem Eigentum umzugehen, sondern großzügig auch über die 10% Regel hinaus mit ihrem Geld Gutes zu bewirken (Eph 5,3; Kol 3,5; 1Tim 6,10). Wer viel spendet, ist aktiv in der Mission und begibt sich in eine direkte Abhängigkeit von Gott, durch die er Gottes Eingreifen und Versorgen hautnah erlebt.

Natürlich soll der Christ sein Ein­kommen nicht nur für eigene Zwecke verwenden. Auch wenn keine konkreten Prozente erwähnt sind, werden wir aufgefordert, Armen und Bedürftigen ganz praktisch unter die Arme zu greifen (Mt 25,31-46; 2Kor 9; 1Tim 5,16; Jak 2,15f). Paulus erwähnt das sogar als eigentliche Motivation für die tägliche Arbeit (Eph 4,28). Sinnvollerweise empfiehlt Paulus, dieses Geld schon frühzeitig im Monat zurückzulegen, damit am Ende des Monats nicht überraschenderweise alles verbraucht ist (1Kor 16,1f).

5. Top Spender John Wesley

„Verdiene, soviel Du kannst. Spare, soviel Du kannst. Gib, soviel Du kannst.”

Der englische Erweckungsprediger John Wesley sorgte sich weniger darum, Gott so wenig Geld wie möglich abzugeben, um mehr für sich selber zu behalten. Schon als Schüler übte er sich darin, mit einer möglichst geringen Summe auszukommen, um mehr zur Unterstützung der noch Ärmeren und der Kirche übrig zu behalten. So ernährte er sich eine Zeitlang ausschließlich von Brot und Wasser, trug im Gegensatz zur damaligen Mode weder Perücke noch Hut und versuchte, nur selten neue Kleidung anzuschaffen. Später verfasste er sogar ein Buch über den Umgang des Christen mit seinem Geld: ‘Der rechte Gebrauch des Geldes’. Sein Leitwort daraus lautete: „Ver­diene, soviel Du kannst. Spare, soviel Du kannst. Gib, soviel Du kannst.” Diese Prinzipien versuchte Wesley in seinem Alltag umzusetzen. Er warb um Spenden, verlegte die zahlreichen von ihm verfassten Bücher selbst und scheute auch vor staatlichen Zuwendungen nicht zurück. Selbst versuchte er mit einem Minimum an Geld auszukommen. In seinem Tagebuch macht er sich Gedanken über seine Einnahmen und Ausgaben. Als Student verbraucht er für seine eigenen Belange jährlich 28 von 30 Pfund. Wenig später erhält er 40 Pfund, einige Jahre danach verdient er als Pfarrer 60 Pfund und gegen Ende seines Lebens beträgt sein jährliches Gehalt 120 Pfund. Trotz des wachsenden Einkommens bleibt er konsequent bei 28 Pfund Ausgaben für die persönliche Lebensführung. Alle übrigen Finanzen wurden von Wesley nicht für schlechte Zeiten aufgespart, sondern direkt für Evangelisation, Mission und Unterstützung der Armen eingesetzt. John Wesley am 17.2.1744 in London:

Auch kann man tatsächlich nicht von jemand sagen, er spare etwas, wenn er es nur anhäuft. Du kannst genauso gut dein Geld ins Meer werfen wie in der Erde vergraben. … Geld nicht gebrauchen heißt in Wirklichkeit es verschleudern. Wenn du in der Tat Freude mit dem ungerechten Mammon machen willst, … gib alles, was du kannst. … Der, der Himmel und Erde sein eigen nennt und dich ins Dasein rief, setzte dich in diese Welt nicht als Eigentümer, sondern als Verwalter. … und er hat dir aufs klarste und bestimmteste gesagt, wie du es für ihn verwenden sollst und Er hat verheißen, diesen leichten, geringfügigen Dienst mit einer ewigen und wichtigen Herrlichkeit zu belohnen.1


  1. John Wesley, Sermon 50, Text von 1872, Thomas Jackson (Hrsg.) / Vgl. Julius Roessle: Johannes Wesley. Der Vater der methodistischen Erweckungsbewegung, Gießen, Brunnen Verlag1954, S. 63f, 67.