ThemenFrage & Antwort

Meint „ewig“ nur lange Zeit?

Nach Psalm 104,5 oder Pred 1,4 scheint das Erdreich ewig zu bestehen. Wie ist das gemeint, wenn doch z.B. 2Pet 3,10 etwas anderes sagt? Wenn „ewig” im AT aber nur „sehr lange Zeit” meint, dann schränkt das auch solche Verheißungen wie Ps 89,36 ein, oder?

Antwort:

Wie in der Frage angedeutet, hängt das Problem mit dem Bedeutungsspektrum des hebräischen und griechischen Wortes zusammen, dass mit „ewig” übersetzt wird. Hebräisch ‚ôlam und Griechisch aiôn bedeuten – von der Gegenwart aus gesehen – die entfernte Vergangenheit oder die entfernte Zukunft. Die ist eventuell gar nicht so weit in Jahren entfernt. Sie erscheint dem Betrachter aber als „graue Vorzeit”. So ist es etwa 1Mo 6,4 bei den Helden der Vorzeit, die vor der Sintflut lebten. Aber auch die Ermahnung in 5Mo 32,7 meint offensichtlich die menschliche Geschichte, die wir von unseren Vorfahren erfragen sollen. Wenn Hanna ihren Samuel nach Silo bringt, damit er „für ewig” dort bei der Stiftshütte dient, dann ist sicher nicht an mehr als ein ganzes Menschenleben gedacht, aber diese Grenze kommt nicht zur Sprache (1Sam 1,22). Sie wird absichtlich ausgeblendet. Dies ist auch bei dem Freundschaftsschwur zwischen David und Jonathan der Fall. Die Verbindung soll für immer gelten und das heißt ausdrücklich jetzt und auch für die Nachkommen (1Sam 20,42). Aber ein Schwur über die menschliche Begrenztheit hinaus ist wohl nicht gemeint. Jes 58,12 und 61,4 sind die Trümmer der Vorzeit die der vergangenen Generationen, d.h. die zerstörten Städte Israels. Dazwischen (59,21) ist mit dem gleichen Wort ‚ôlam von dem ewigen neuen Bund die Rede, den Gott schließt von jetzt an für immer. Die Trümmer scheinen bereits ewig dort zu liegen, obwohl man weiß wie lange. Der versprochene neue Bund wird, weil er ein durch Gottes Geist garantierter Bund sein soll, für immer gelten.

Im nachgefragten Psalm 104 ist es nicht unähnlich. „Gott der Herr hat die Erde gegründet, dass sie allzeit bestehen soll“ (4). Das entspricht der Zusage an Noah in 1Mo 9,12-17 (‚ôlam in 12+16). Aber gerade diese Zusage macht deutlich: Solange die Erde besteht (8,22) wird es keine völlige Zerstörung ihrer Oberfläche mehr geben, was ein Ende der Erde gerade einschließt. Ps 104,31 preist dann die Herrlichkeit des Jahwes, dass sie ewig bleiben soll.

Bei einzelnen biblischen Aussagen über ein ewiges Bleiben sind die eventuellen Grenzen ausgeblendet

Man könnte so sagen: Das hebräische und griechische Wort für „ewig” heißen für sich allein noch nicht „ewig” im theologischen Sinn. Bei einzelnen biblischen Aussagen über ein ewiges Bleiben sind die eventuellen Grenzen, die etwas hat, ausgeblendet. Sie kommen nicht zur Sprache, auch wenn das nicht notwendig eine Aussage darüber bedeutet, ob etwas prinzipiell Grenzen hat oder nicht. Dem Beter in Psalm 104 sind die Tatsachen nicht aus den Augen verloren: Die Erde hat Anfang und Ende, Gott der Herr hat weder Anfang noch Ende. Aber nun ist die Beständigkeit der Erde im Blick. Sie bleibt bestehen, während Blumen blühen und verwelken, Generationen von Menschen kommen und gehen. In diesem Sinn ist auch die Zusage an David in Ps 89,36ff an die Dauerhaftigkeit von Sonne und Mond gebunden.

Wenn von Gott selbst als dem Ewigen die Rede ist (1Mo 21,33; Jes 40,28; Röm 16,16), dann ist Er der alle Zeit und alles Dasein Umfassende. Er ist der „Ich bin der ich bin” (2Mo3,14) und der „Alles in Allem” (1Kor 15,28). Gottes Ewigkeit besteht ausdrücklich über alle Schöpfung hinaus. Er war vor aller Schöpfung und bleibt von Ewigkeit zu Ewigkeit (Ps 90,2). Dass Himmel und Erde vergehen können und werden, ist mehrfach in der Bibel gesagt (Ps 102,26+27; Jes 51,6; Mt 5,18; 24,35; Lk 21,33; 2Pt 3,10). Gott selber ist der, der allein alle Zeiten überragt. Gott ist der ewige König und der Unvergängliche (1Tim 1,17). Von der Ewigkeit Gottes her kann auch von einer Ewigkeit gesprochen werden, die alle Zeit umfasst und über die Grenzen der Zeit hinausgeht – vor aller Zeit und nach aller Zeit der Welt. Und an dieser Ewigkeit sollen wir sterbliche Menschen Anteil bekommen im ewigen Leben, das Leben aus dem Leben Gottes ist (Joh 5,24; 6,51.54).