ThemenFrage & Antwort

Frage und Antwort: Ratschlag in Ehefragen

In dieser Folge unserer Rubrik steht eine seelsorgerliche Frage im Mittelpunkt. Bei einer Antwort geht es also nicht nur darum, die biblische Lehre gut darzustellen, sondern sie auch auf eine bestimmte Situation anzuwenden.

Ich gehe davon aus, dass missionarische Gemeinden die gestellte Frage immer öfter beantworten müssen. Denn im Osten Deutschlands kommen bereits mehr als die Hälfte aller Kinder zur Welt, während ihre Eltern nicht oder noch nicht verheiratet sind und auch in den westlichen Bundesländern geht es auf diese Quote zu (insgesamt sind es rund 35 %). Und da Männer und Frauen immer später heiraten (erste Eheschließung bei Männern im Alter von fast 34, bei Frauen im Alter von 31), kann man für viele davon ausgehen, dass sie vorher zusammengelebt haben. Und die unverheirateten Frauen bringen dann im Durchschnitt im Alter von 29 ihr erstes Kinder zur Welt. Auch an dieser Frage zeigt sich, dass Gottes Wort von diesen und anderen Entwicklungen nicht überrascht oder überholt wird, sondern in jede Zeit, in jede gesellschaftliche und moralische Situation hineinsprechen kann und gehört werden will.

Frage:

Was sagt die Bibel darüber, was man einem frisch Bekehrten raten soll, der unverheiratet mit der Mutter seiner Kinder zusammenlebt?

Antwort:

  1. Motivation für den Ratschlag
    1. Vorauszusetzender Ausgangspunkt

      Der frisch bekehrte Mann hat vor seiner Bekehrung offensichtlich ohne konkrete Orientierung an Gottes Wort und ohne festen Bezug zu einer geistlich vitalen christlichen Gemeinde gelebt.

      Auch ohne sich u.U. intensiv mit den ethischen Normen von Gottes Wort zu beschäftigen und diese ausdrücklich zu kennen, hat er mit seinem freizügigen Sexualleben Schuld auf sich geladen.

      Mit seiner Bekeh­rung hat er nun sein altes Leben unter der Macht der Sünde beendet. Christus ist dafür gestorben. Er wurde von Jesus erlöst und dazu befreit, ein Leben im Gehorsam und zur Verherrlichung Gottes zu führen.

      Aus Röm 5,17.21; 6,4-6.11-14; 1Joh 5,4 und anderen Stellen kann man ableiten, dass jeder Christ in jeder Situation grundsätzlich zu einem solchen Leben befähigt ist, ohne aber auf dieser Erde insgesamt vollkommene Makellosigkeit erringen zu können: Es gibt keine Situation mehr, die ihn ausweglos zum Sündigen zwingt. Das gilt auch für jeden Aspekt im Leben dieses Mannes. Alles andere würde Jesu Erlösungskraft leugnen.

    2. Anstehende Herausforderungen

      In diesem Sinne möchte er auch die Sünden in Verbindung mit seiner unehelichen Partner­schaft bereinigen.

      Dabei steht er nun vor großen praktischen Herausforderungen mit u.U. drastischen Konsequenzen:

      Anstatt dem bisherigen äußerlich konventionellen „Familien“-Leben kann jeder Bereinigungs­schritt zum Bruch der Beziehung, dem Verlust der Kinder, erheblichen Unterhalts­forderungen mit zusätzlich zu bezahlendem Wohnraum und zusätzlich großen Verstimmungen in der beiderseitigen Verwandt­schaft führen.

      In dieser persönlichen Krise will er sich zudem als Christ mit geistlichem Lebensstil bei allen anstehenden Gesprächen und Auseinandersetzungen bewähren – alleine das wäre auch für jeden gereiften Christen keine kleine Herausforderung!

    3. Die Unterstützung von der Gemeinde

Diese komplexe Situation kann er mit seinem noch eingeschränkten geistlichen Verständnis und Bibelwissen wahrscheinlich nicht zuverlässig selbst überblicken und sucht deshalb den biblisch begründeten Rat vertrauenswürdiger Geschwister. Wenn er um seines Glaubens willen so viel wagt, möchte er auf keinen Fall einen falschen Weg einschlagen.

  • Wer hier geistlichen Rat geben kann, wird sich evtl. trotzdem noch genötigt sehen, bei den Brüdern seiner Gemeinde um Überprüfung seiner Einschätzung zu bitten. Schließlich ist das keine vom grünen Tisch aus zu erledigende Aufgabe, sondern Anlass zur Fürbitte, evtl. zu längerfristiger seelsorgerlicher Begleitung und ggf. darüber hinaus auch für ganz praktische Hilfestellungen zur Alltags­be­wäl­tigung. Da ist auch für den Seel­sorger der Rückhalt durch die Einbindung in die Gemeinde hilfreich. Von dieser kann es auch weitere Hilfestellungen geben, die er allein nicht bieten kann.
  1. Situationsbewertung

    Anmerkung: Ich gehe in meiner Argumen­tation davon aus, dass bei keinem beteiligten Partner eine vorherige Ehe bestand! In solchen Fällen hätte im Grundsatz die versprochene Treue gegenüber dem noch lebenden Ehepartner Vorrang, auch wenn die Ehe kinderlos war und/oder geschieden wurde. Die folgende Argumentation kann also nicht als Empfehlung für Wiederheirat herangezogen werden! Die wäre nach der Lehre von Jesus ein Ehebruch der ersten Ehe.

    (Allerdings ist in der angesprochenen Situation eine eventuelle frühere Ehe bereits durch die neue Partnerschaft gebrochen worden. Anmerk. T.J.)

    1. Die Kinder

      Die Situation wird durch die aus der Partnerschaft hervorgegangenen Kinder nicht grundsätzlich anders.

      Die primär zu lösende und bereinigende Sünde liegt zwischen den nicht legitimen Geschlechtspartnern vor und muss zwischen diesen nach den Maßgaben der Schrift für die Ehe bereinigt werden.

      Allerdings muss der Mann auch seine Sünde gegenüber jedem seiner so gezeugten Kinder bereinigen, sobald sie das verstehen. Zudem bleibt er stets wie jeder andere Vater umfassend für das Wohl seiner Kinder verantwortlich.

      Seit seiner Bekehrung obliegt ihm auch die Sorge für deren geistliche Entwicklung und Prägung.

    2. Unehelicher Beischlaf ist Sünde

      Konkret ausgeführt ist das nur im Alten Testament (2Mo 22,15; 5Mo 22,28.29). Wenn es heimlich bzw. im gegenseitigen Einvernehmen geschah, stand darauf die Todesstrafe (5Mo 22,21). Das galt auch schon vor der Gesetzgebung am Sinai außerhalb von Israel (1Mo 38,24).

      Nachdem Jesus aber die Verbindlichkeit der Ehe für das intime Verhältnis zwischen Mann und Frau und das Ein-Fleisch-Prinzip aus dem AT bekräftigt, ist ausreichend begründet, dass diese Sicht Gottes auch noch in der NT-Gemeinde Gottes besteht (Heb 13,4):

      Die Ehe soll in Ehren gehalten werden und das Ehebett unbefleckt; denn Unzüchtige und Ehebrecher wird Gott richten.

      Die Stellen, die von Keuschheit und einer ordentlichen Eheführung als Voraussetzung für die Einsetzung zum Gemeindedienst sprechen, bekräftigen dies.

    3. Uneheliches Zusammenleben widerspricht Gottes Ordnungen

      In der Zeit des AT und im Judentum zur Zeit Jesu beginnt die Ehe mit der offiziellen (zivilrechtlichen) Hochzeit und beinhaltet die Heimholung der Braut durch den Bräutigam.

      Zuvor untersteht die Jung­frau der Aufsicht und dem Schutz ihres Vaters, der erforderlichenfalls die Reinheit nach­weisen können muss (5Mo 22,15-17). Dazu muss die Tochter stets im Auf­sichtsbereich des Vaters bleiben.

      Diese Fürsorge des Vaters wird wohl auch von Paulus gegenüber Heidenchristen als selbstverständlich vorausgesetzt und zur Veranschaulichung verwendet (vgl. 2Kor11,2).

    4. Partnerbindung durch geschlechtliche Vereinigung ohne Heirat

      Zumindest aus 1Kor 6,16.18 geht eindeutig hervor, dass beim Geschlechtsakt sogar bei Hurerei, also ohne Absicht, eine weitergehende Bindung zwischen den Partnern entsteht. Aus dem AT (1Mo 2,24) und von Jesus (Mt 19,5 par) ist dasselbe Prinzip der Vereinigung („ein Fleisch“) für die Ehe bekannt.

      Nach Gottes Ordnungen im AT verpflichtete der erzwungene voreheliche Ge­schlechts­verkehr zur Heirat ohne Schei­dungs­option (5Mo 22,29).

      Nur der Vater der Frau konnte diese Heiratspflicht abwenden und stattdessen nur das Heiratsgeld als Entschädigung verlangen (2Mo 22,15.16).

      Durch Analogie­schluss kann abgeleitet werden, dass die geschlechtliche Ver­einigung eine dauerhafte Bindung mit Pflicht zur gegenseitigen Treue begründet, auch wenn diese nicht formal erklärt bzw. versprochen wurde.

      Allerdings ersetzt das nicht die ordentliche offizielle Eheschließung.

    5. Ehe eines Christen mit einem ungläubigen Partner

Grundsätzlich dürfen Christen keine Ehe mit Ungläubigen eingehen (2Kor 6,14).

Bei einer Bekehrung bei bereits bestehender Ehe soll der Christ lt. Paulus die Ehe beibehalten, sofern der ungläubige Partner zustimmt (1Kor 7,12).

Nachdem im Falle des dauerhaften Zusammenlebens faktisch eine eheähnliche Partnerschaft mit gegenseitigen Verpflichtungen auch ohne das zugehörige Treueversprechen besteht, liegt es nahe, dass hier auch die von Paulus formulierte Regel nach 1Kor 7 angewandt und die Legitimierung durch nachträgliche Heirat angestrebt wird.

Diese Per­spektive wird zusätzlich durch die Ver­antwortung für die gemeinsamen Kinder bekräftigt (1Kor 7,14).

Man könnte anders argumentieren, dass die neue Bindung an Jesus die alte Bindung aufgrund der Sünde aufhebe, weil sie gewichtiger sei. Damit ließe sich die Aufforderung zur Eheschließung mit dem Ungläubigen aushebeln.

Dagegen spricht wiederum pragmatisch, dass der Mann bei nicht geordneter Ehe sowieso niemals die geistlichen Voraussetzungen für den offiziellen Gemeindedienst erfüllen kann, während er in seiner eigenen Familie jedenfalls eine geistliche Aufgabe hat. Insgesamt kann man hier wohl nur Ratschläge, aber keine verbindlichen Ordnungen formulieren.

  1. Guter Rat

    Der gute Rat beginnt mit der Klärung des Schriftbefundes zu den angesprochenen Themen.

    Damit stehen der Seelsorger und der Betroffene gemeinsam vor Gottes Anspruch an das Zusammenleben von Mann und Frau. Und der Seelsorger macht deutlich, dass er nicht etwa eine Meinung vertreten, sondern nach bestem Wissen zur geistlichen Bewältigung der Situation beitragen will.

    1. Die Sünde des unehelichen Beischlafs beenden

      Der Mann lebt, eingeleitet durch seinen sündigen Lebenswandel vor seiner Bekehrung, nach wie vor in Sünde.

      Das ist unabhängig davon, dass er heute keine derartige Partnerschaft mehr beginnen würde. Deshalb wird er erst nach vollzogener Eheschließung wieder zum Beischlaf bereit sein.

      Stattdessen wird er seine Partnerin um Verzeihung dafür bitten, dass er in unverantwortlicher Art und Weise mit ihr eine Beziehung gegen Gottes Willen gelebt und sie in die Sünde hineingezogen hat.

    2. Die Zukunft der Partnerschaft klären

      Der Mann erklärt seiner Partnerin ausführlich, dass er von jetzt an ein Leben in der Nachfolge Jesu führt. Da er nicht mehr in einem unehelichen Verhältnis leben kann, bittet er sie, ihn zu heiraten.

      • Die Zukunft der Partnerschaft ist auf menschlicher Ebene von der Entscheidung der (noch ungläubigen?) Partnerin abhängig, nachdem der Partner ihr seine aufgrund des Glaubens geänderten Lebensprinzipien erläutert hat.

Als Folge davon ergeben sich verschiedene Möglichkeiten, wie es weitergeht:

  1. Die Partnerin bekehrt sich auch

    Der wünschenswerte, einfachste Fall: Heirat und verspäteter Start in eine christliche Ehe und Familie.

  2. Die Partnerin bekehrt sich (vorerst) nicht, möchte ihn aber heiraten

    Aufgrund der schon geschehenen leiblichen Vereinigung stimmt der Mann zu.

    In seiner Eheführung ringt er darum, seine Partnerin durch Güte zu gewinnen.

    Er lebt seinen Glauben auch in der Familie und mit den Kindern, übt aber keinen Druck auf seine Frau aus.

  3. Die Partnerin möchte die Partnerschaft unehelich weiterführen

    Der Mann darf diesem Wunsch um des Herrn willen nicht zustimmen, sondern muss die Lebensgemeinschaft mit der Frau aufkündigen und eine getrennte Wohnung suchen.

  4. Die Partnerin möchte sich von ihm trennen

    Der Mann lässt sie gehen.

  5. Für den Fall der Trennung
    • Weil der Mann bereits die leibliche Vereinigung mit dieser Partnerin vollzogen hat, bleibt er an diese Frau gebunden, auch wenn es (vorerst) zur Trennung kommt. Deshalb geht der Mann keinesfalls eine andere Partnerschaft ein. Vielmehr erklärt er der Frau aufrichtig, dass er sie liebt, auf ihre Rückkehr wartet und sie gerne heiraten will.
    • Um seiner Verantwortung willen erklärt er sich nach Möglichkeit bereit, nach der Trennung für die gemeinsamen Kinder zu sorgen, sobald diese alt genug sind, dass sie ohne Mutter leben können.
    • Wenn die Mutter die Kinder erziehen möchte, unterstützt er sie weiterhin wohlwollend und stellt so gut wie möglich Mittel für das Auskommen der Kinder und der Ex-Partnerin während der Erziehungsphase (u. evtl. auch darüber hinaus) bereit.