ThemenFrage & Antwort

Töten der Glieder?

Frage:

Wie soll man die Aufforderung von Paulus verstehen, die eigenen „Glieder“ zu „töten“ (Kol 3,5)?

Antwort:

Der Gedankengang in Kol 3 ist Folgen­der: In der Haltung, dass wir mit unserem Herrn Jesus zu einem neuen Leben auferweckt worden sind, sollen wir das suchen, was himmlisch ist (Kol 3,1). Wir sollen daher auch auf das sinnen, was seinem ewigen Heiligtum und seiner Heiligkeit entspricht (Kol 3,2). Wir werden schon jetzt als Gestorbene betrachtet – unser Leben hängt felsenfest an unserem Herrn, der uns dieses neue Leben in ihm ermöglicht hat (Kol 3,3). In der herrlichen Ewigkeit wird jeder an ihm und an uns dieses neue, ewige Leben sehen (Kol 3,4). Auch wenn wir schon Gestorbene sind, sollen wir jetzt und hier auf der Erde die irdischen Glieder töten (Kol 3,5: Hurerei, Unreinheit etc.).

Hilfreich finde ich hier die Unter­scheidung zwischen Stellung und Zustand. Von unserer Stellung her sind wir in dem Herrn Jesus Gestorbene. Doch soll unser Leben, unser Zustand, auch dieser Stellung entsprechen.

Was genau ist mit den Gliedern gemeint? Es sind einzelne Kennzeichen des Fleisches, die den alten Menschen ausmachen (Kol 3,9). Röm 8,13 sowie Gal 5,24 sind in diesem Zusammenhang sehr hilfreiche Parallelstellen, die ebenfalls von dem Fleisch sprechen.

Was ist nun mit „töten“ gemeint? Auch hier sind Röm 8,13 und Gal 5,24 sehr wertvolle Parallelstellen. Als Gestorbene (Kol 3,3) sind wir mit Christus gekreuzigt (Gal 5,24). Unser Herr hat uns neues Leben durch die Neugeburt geschenkt, gewirkt durch seinen Geist. Dennoch werden wir aufgefordert, beständig die einzelnen Glieder (Eigenschaften, Wesenszüge etc.) des alten Menschen bzw. des Fleisches zu töten, d.h. zum Erliegen zu bringen (Röm 8,13). Dies geschieht aber nur in der Abhängigkeit von unserem Herrn selbst. Sein Geist hilft, die einzelnen Eigenschaften zu töten. Außerdem fällt in Kol 3 auf, dass es nicht nur darum geht, die fleischlichen Glieder zu töten, sondern auch darum, die neuen, geistlich-himmlischen Wesenszüge anzuziehen (Kol 3,12ff.). Je mehr wir nach Güte, Erbarmen, Sanftmut etc. streben, desto mehr werden womöglich auch die Handlungen des Fleisches getötet.

Im Griechischen wird der Imperativ Aorist verwendet, weshalb es wahrscheinlich um die Vollständigkeit der Handlung (des Tötens) zu gehen scheint. Bei Sünde bzw. dem Fleisch gibt es sozusagen keine Kompromisse. Die Heiligung ist enorm wichtig! Wir sollen auf keinen Fall so weiterleben, wie wir vor unserer Neugeburt gelebt haben! Es erfordert eine entschlossene, beständige Haltung.

In jedem Fall ist die Aufforderung nicht so zu verstehen, als müsse man seinen Leib körperlich töten – so wie Origenes meinte, der sich selbst kastrierte infolge seiner Interpretation von Mt 19,12. Es geht Paulus hier nicht um rein körperliche Askese, sondern um entschlossenes Leben in dem neuen Menschen (Kol 3,10) bei gleichzeitiger kompromissloser Bekämpfung des alten Menschen. Eine enorme Herausforderung, die m.E. bis zum Lebensende niemals perfekt sein wird. Wir werden leider bis zum Lebensende immer wieder mit Sünde zu kämpfen haben.