Frage:
Warum kann man 1Mo 3,16b so übersetzen wie in der Neuen Evangelistischen Übersetzung: „Dein Verlangen wird sein, deinen Mann zu besitzen, doch er wird über dich herrschen?“
Antwort:
Es ist klar, dass wortgenaue Übersetzungen wie z.B. die Elberfelder es hier einfacher haben. Das hebräische Wort t‘schuwkah heißt eben Begehren oder Verlangen. Und das kann man einfach so stehen lassen. Erst der Leser muss entscheiden, ob ein gutes oder ein böses Verlangen gemeint ist. In sinngenauer Übersetzung wollte ich es dem Leser etwas leichter machen. Das genannte hebräische Wort kommt allerdings nur dreimal in der Bibel vor. Einmal davon wird es eindeutig negativ gebraucht und einmal eindeutig positiv. Ich musste mich nun entscheiden. Meine Gründe sind folgende:
1. Der Begriff steht eindeutig im Gerichtswort über die Frau. Schon von daher ist es unwahrscheinlich, dass hier ein liebendes Verlangen gemeint ist wie in Hohelied 7,10.
2. In nächster Nähe, nur wenige Verse entfernt, steht der Begriff noch einmal im eindeutig negativen Sinn, nämlich 1Mo 4,7 „Die Sünde hat Verlangen nach dir. Aber du musst es sein, der über sie herrscht!“
3. Weder der unmittelbare noch der erweiterte Kontext sprechen also dafür, dass t‘schuwkah hier in einem positiven Sinn gemeint sein könnte.
4. Eine ganze Reihe von vertrauenswürdigen Kommentaren unterstützen die Übersetzung:
Franz Delitzsch: (Zitiert in WStB von Hansjörg Bräumer): Das Wort, mit dem das Verlangen der Frau nach ihrem Mann umschrieben wird, bedeutet auch „Trieb“, „Affekt“ und „Leidenschaft, die zu etwas hintreibt“.
Genfer Studienbibel: „verlangen“. Die Formulierung „Er soll herrschen über dich“ und die ähnlich lautenden Worte in 4,7b deuten auf das Verlangen der Frau hin, selbst Herrschaft auszuüben. Die Eheordnung bleibt bestehen, ist aber durch den Kampf der Geschlechter von Enttäuschungen gezeichnet.
Arnold G. Fruchtenbaum. (Das erste Buch Mose S. 126f.) „Gott spricht hier nicht vom Verlangen einer Frau in geschlechtlicher Einheit. … Relevanter für Vers 16 ist der unmittelbare Kontext des Berichtes in 1. Mose. … Darum muss die Bedeutung von teschukah in diesem Vers dieselbe sein wie in 1. Mose 4 Vers 7. Außerdem wird dieser Begriff beide Male in Genesis mit dem Wort »herrschen« verbunden. Also wird der Frau die untergeordnete Rolle zugewiesen; und die Aussage von Vers 16 ist, dass die Frau nach Herrschaft über ihren Ehemann verlangen wird, der jedoch ihr Meister sein soll. Sie wird danach trachten, Herrschaft über ihren Ehemann auszuüben – ganz, wie die Sünde über Kain herrschen wollte. … Sie wird danach verlangen, den Mann zu kontrollieren und die Herrschaft des Mannes zu hinterfragen. “ vgl. auch Ryrie Studienbibel.