Arnold G. Fruchtenbaum ist durch seine zahlreichen, auch auf Deutsch erschienenen Publikationen hierzulande mehr als bekannt. Auch in diesem umfangreichen Werk lässt er seine messianisch-jüdische Perspektive einfließen, diesmal zu dem Leben des Messias. In der letzten Zeit wurden aus evangelikaler Perspektive verschiedene Darstellungen zum Leben Jesu veröffentlicht, so zum Beispiel Rainer Riesners Messias Jesus oder (in komprimierter Form) Karl-Heinz Vanheidens Jesus – Das Leben. Es ist zu begrüßen, dass dieses umfangreiche Werk eine dezidiert messianisch-jüdische Sichtweise vor Augen führt.
Fruchtenbaum stellt in seinem Werk das Leben Jesu nach der thematischen Methode vor (im Gegensatz zur geographischen Methode). Als wesentliches Thema wird Jeschua als der messianische König benannt. In seiner Gliederung lehnt sich der Autor zum großen Teil an die Chronologie des bekannten Autors J. Dwight Pentecost an, die dieser in seinem Buch The Words and Works of Jesus vorgestellt hat. Insgesamt umfasst seine Darstellung zwölf Teile, angefangen von der Ankunft des Königs bis hin zum Tod, zur Auferstehung und zur Himmelfahrt des Königs.
Das Buch ist eine Fundgrube für neue, hilfreiche Erkenntnisse aus messianisch-jüdischer Perspektive. Folgende Beispiele lassen seine profunde Schriftkenntnis insbesondere des Alten Testaments erkennen, die an vielen Stellen zu überraschenden und oft befriedigenden Lösungen verschiedener Problemstellen führt:
Arnold G. Fruchtenbaum. Jeschua. Das Leben des Messias aus messianisch-jüdischer Perspektive. Düsseldorf: Ariel Ministries Deutschland Christlicher Medienvertrieb Hagedorn 2019 664 S. Hardcover: 24,90 €. ISBN: 978-3-96190-049-7
So deutet er die Begegnung mit Nathanael (Joh 1,45ff.) so, dass Jesus die genaue Schriftstelle wusste, über die Nathanael nachdachte (1Mo 28,12) (S. 103f.). Im Rahmen des Johannesprologs kommt er zu der Schlussfolgerung, dass Jesus nicht kam, „um die Ziele der griechischen Philosophie zu erfüllen, sondern (…) um die messianische Hoffnung der Juden zu erfüllen.“ (S. 26). In der Aussage der syro-phönizischen Frau in Mt 15,27 erkennt Fruchtenbaum die Hoffnung der Heiden im Abrahambund (1Mo 12,3). Dass Jesus in seinem Disput mit den Sadduzäern über die Auferstehung nicht Daniel 12,2, Jesaja 26,19 oder Hiob 19,25f., sondern 2Mo 3,6f. zitiert, wird von ihm damit begründet, dass die Sadduzäer ihre Lehren nur von den fünf Büchern Mose ableiteten.
Auch die Erklärung des Passahfestes mit Jesus als dem Opferlamm haben den Rezensenten beeindruckt.
Auffällig ist, dass Fruchtenbaum viele Bibelstellen wie z.B. Mt 12,31, Mt 10,22 oder Mt 16,25a mit der Zerstörung Jerusalems im Jahr 70 n.Chr. erklärt (S. 209, 242ff., 280, 341, 348f., 401, 416, 431, 435, 451 u.v.m.), was nicht immer überzeugen muss. Die Überzeugung des Autors, dass die Beschneidung für Juden wegen des Abrahambundes nach wie vor obligatorisch sei (S. 61), teilt der Rezensent u.a. wegen Gal 5,1ff. nicht.
Was die messianisch-jüdische Perspektive angeht, ist der Rezensent angesprochen von vielen Forschungserträgen des Autors und steht dem Blickwinkel grundsätzlich positiv gegenüber. Auf der anderen Seite darf die Darstellung nicht dazu führen, dass sich ein Glied aus dem einen Leib (Eph 2,14ff.) herauslöst und besondere Schriftautorität aufgrund der Herkunft für sich beansprucht. Erleuchtung, Weisheit und Verständnis gibt Gott durch seinen Heiligen Geist – die Blutgruppe ist nicht entscheidend.
Zusammenfassend kann dieses Buch trotz verschiedener Anfragen im Detail empfohlen werden, zumal es leicht verständlich ist und auch jungen Lesern einen interessanten Überblick über die Evangelien gibt. Liebe messianisch-jüdische Geschwister, wir brauchen euch als Teil des Leibes Christi!