ThemenFrage & Antwort

Frage und Antwort – Sagt die Bibel selbst, dass ihr Text verfälscht wurde?

Frage:

Muslime behaupten, dass die Bibel verfälscht wurde. So lesen sie es im Koran, aber sie sagen auch, dass die Bibel selbst das schreibt und verweisen auf Jeremia 8,8. Muss man diese Stelle tatsächlich so verstehen, dass schon zur Zeit Jeremias die Tora, also die 5 Bücher Mose, verfälscht waren?

Antwort:

Tatsächlich ist dieser Vers schwierig zu übersetzen. Man lese die nachstehenden vier Übersetzungen aus neuerer Zeit und versuche herauszubekommen, worauf sich die Verfälschung der Schriftgelehrten bezieht. Hatten sie zur Zeit Jeremias tatsächlich das von Gott gegebene Gesetz verfälscht?

Das hebräische Wort für Gesetz heißt Tora und bezieht sich im strengen Sinn auf die fünf Bücher Mose, kann aber auch größere Teile der Bibel meinen. Haben die Schrift­gelehrten also die Worte Gottes selbst verfälscht oder haben sie es durch ihre Auslegung (schriftlich oder mündlich) getan?

Jer 8,8 Wie könnt ihr sagen: Wir sind weise, und das Gesetz des HERRN ist bei uns? In der Tat! Siehe, zur Lüge hat es der Lügengriffel der Schriftgelehrten gemacht. ELB06

Jer 8,8 Wie könnt ihr sagen: „Wir sind weise und haben das Gesetz des HERRN bei uns”? Ist‘s doch lauter Lüge, was die Schreiber daraus machen. Luther 2017

Jer 8,8 Wie könnt ihr sagen: Wir sind weise, und bei uns ist die Weisung des HERRN! Wahrlich, seht, das hat der Griffel zur Lüge gemacht, zur Lüge der Schreiber. Zürcher 2007

Jer 8,8 Wie könnt ihr sagen: Wir wissen Bescheid, / wir haben doch Jahwes Gesetz! / Gewiss! Aber deine Gelehrten / haben es völlig verfälscht. NeÜ bibel.heute

Zwei sehr wörtliche Über­setzungen des zweiten Satzes im obigen Vers lauten so:

Zum Trug hat [sie/ es /alles?] gemacht der Truggriffel von Schreibern. (Georg Fischer)

Zur Lüge hat gearbeitet der Lügengriffel der Schriftsteller. (Carl Friedrich Keil)

Hebräischer Konsonantentext und vokalisierter Text

Vom hebräischen Konsonantentext her ist zunächst nicht klar, worauf sich das lügnerische Handeln der Schreiber oder Gelehrten bezieht. Wenn es sich auf die Tora beziehen sollte, dann müsste aber das assah = machen anders vokalisiert und ausgesprochen werden, als es jetzt im Text vorgegeben ist.

Das liefert uns ein erstes Ergebnis: Vom vorliegenden hebräischen Text her bezieht sich das Handeln der Schreiber nicht auf den Text der Tora. Der wurde also von den Schriftgelehrten nicht manipuliert.

Der Textzusammenhang

Wenn wir in den Zu­sammenhang schau­en, wird uns eine weitere Hilfe angeboten. In Vers 9 wird gesagt, dass die sogenannten Weisen Jahwes Wort abgelehnt oder verworfen haben. Sie haben es also nicht direkt verändert, sondern durch ihre mündlichen oder schriftlichen Auslegungen so verdreht, dass die Leute mit gutem Gewissen weiter sündigen konnten. Propheten und Priester haben das Volk getäuscht, wie es Vers 10+11 noch deutlicher macht.

Schauen wir noch auf den Anfang von Vers 8. Hier behaupten die sogenannten Weisen nicht, dass das Gesetz falsch wäre und sie es ändern müssten, sondern sie rühmten sich, das Gesetz zu besitzen(!). Aber ihre Auslegung wiegte die Menschen in falscher Sicherheit, wie Jeremia immer wieder kritisieren musste.

Kritische Wissenschaft

Schließlich liefert selbst die historisch-kritische Bibel­auslegung, die ja gern zeigen möchte, dass der Bibeltext im Lauf der Zeit verändert wurde, einen (schwachen) Beleg. Denn inzwischen ist auch diesen Theologen klar, dass sich Jeremia 8,8 nicht als Beweis für eine Änderung des Bibeltextes eignet.

Fazit

Wir können also vier Gründe dafür nennen, dass Jeremia 8,8 kein Beleg für eine Manipulation des Bibeltextes ist, sondern es sich um eine Verfälschung durch mündliche oder schriftliche Auslegung handelte, wie es leider auch heute noch vielmals geschieht.