Auslegende Apologetik, also Einwände gegenüber dem christlichen Glauben mit der Kraft von Gottes Wort zu beantworten, ist eine Sache für jedermann.
Sie ist erstens eine Sache für Menschen, die nicht glauben. Also für diejenigen, die unwissend oder sogar feindlich gegenüber dem Evangelium eingestellt sind. Diese Zielgruppe erfordert einen Evangelisten.
Zweitens braucht es die auslegende Apologetik für die Kirchgänger. Das sind Leute, die bekehrt oder unbekehrt, regelmäßig Predigten und Lehren aus dem Wort aufnehmen. Diese Zielgruppe erfordert einen Prediger oder Lehrer.
Drittens ist sie etwas für Jünger Jesu. Das sind die Neulinge im Umgang mit den Dingen, die Gott betreffen. Es sind die Kinder, die in der Zucht und Ermahnung des Herrn (Eph. 6,4) aufgezogen wurden oder die frisch Bekehrten, für die das Erlernte noch nicht tief verwurzelt ist. Diese Zielgruppe erfordert einen Leiter.
1. Der Evangelist als auslegender Apologet
Der Evangelist ist zuversichtlich, dynamisch, gewinnend und rastlos dabei, das Evangelium in den Gesprächen mit Nichtchristen zur Geltung zu bringen. Für ihn ist die auslegende Apologetik ein Werkzeug von unschätzbarem Wert. Er muss dazu ausgestattet und dafür vorbereitet sein, den Ideen, die der christlichen Weltanschauung entgegenstehen, die Stirn zu bieten.
Ob wir nun Evangelisten, Prediger, Lehrer oder Leiter sind, unser Ziel ist das gleiche. Als auslegende Apologeten zeigen wir den Leuten Jesus Christus und rufen sie zur Buße und zum Glauben auf. Wir zeigen ihnen unaufhörlich, wie töricht und gefährlich es ist, irgendjemand anderem außer Ihm zu vertrauen. Im Grunde genommen ist jeder auslegende Apologet ein Evangelist.
Evangelisation ist mehr als der Versuch, die Leute von der Richtigkeit des Christentums zu überzeugen und sie dazu zu bringen, an einen Altar zu gehen und ein Gebet zu sprechen. In der Evangelisation geht es darum, Jünger zu machen, also Menschen aus dem Reich des Irdischen in das Reich Gottes zu rufen. Dieser ‚Herrschaftswechsel‘ steht im Zentrum der auslegenden Apologetik.
Für den Evangelisten sind die wichtigsten Aspekte der auslegenden Apologetik folgende: Er weiß erstens, woher der Unglaube kommt; zweitens versteht er, wie man ein Gespräch zu einer Gelegenheit für die auslegende Apologetik hinlenkt. So ist der Evangelist zwar der offensichtlichste Kandidat für die Anwendung auslegender Apologetik, aber ironischerweise ist er nicht der wahrscheinlichste Kandidat, das auch tatsächlich konsequent zu tun.
2. Der Prediger oder Lehrer als auslegender Apologet
Jahrelang haben Menschen das Besondere meiner Art zu predigen kommentiert. Die meisten bedankten sich einfach nett. Andere jedoch haben auf den Punkt gebracht, was sie wahrnahmen. Einer von ihnen hat es besonders treffend ausgedrückt: „Es ist, als ob Sie als Außenseiter an den Text herangehen.“
Was er damit sagen wollte, ist, dass ich dazu neige, nichts vorauszusetzen. Oft diskutiere ich mit mir selber während einer Predigt, indem ich in die Rolle von jemandem schlüpfe, der mit meiner Aussage nicht übereinstimmt. Dann beantworte ich diesen Einspruch. Psychologen haben dafür vermutlich einen Namen und Psychiater eine Medizin. Ich habe es irgendwie lange genug geschafft, einer ärztlichen Behandlung auszuweichen, um das, was ich all die Jahre getan habe, zu verstehen und zu benennen. Ich nenne es „auslegende Apologetik“.
Ich will andere Lehrer dazu ermutigen, einen Text anzuschauen und zu fragen: „Welche Fragen wirft der Text auf? Welche Lehre stelle ich dar und welche Einwände werden üblicherweise vorgebracht? Was dächte ein Gegner des Evangeliums, wenn er mich hörte?“ Das sind nur ein paar der Fragen, die jede Predigt oder Lehreinheit zu einer Übung in der auslegenden Apologetik verwandeln können.
Nun, das heißt nicht, dass alles, was wir tun, auf den Ungläubigen zugeschnitten sein sollte. Tatsächlich rede ich hier gar nicht über die Ungläubigen. Anders als beim Evangelisten hat es der Pastor oder Lehrer meistens mit Christen zu tun.
Christen sind ständig umgeben von Nachrichten, die ihr Denken beeinflussen. Sie brauchen Hilfe, damit sie inmitten von andauernder Opposition glauben können.
Aber auch Christen haben Lebensbereiche, in denen Unglaube und Zweifel zu finden sind. Sie leben in einer Welt, die ihre Denkweise fortwährend in Frage stellt. Sie sitzen vor dem Fernsehgerät, gehen zur Schule, lesen Zeitungen und Zeitschriften, surfen im Internet und haben ständig mit Leuten und Dingen zu tun, die ihr Denken beeinflussen. Sie müssen wiederholt an die Ermahnung des Apostels erinnert werden:
„Passt euch nicht diesem Weltlauf an, sondern lasst euch [in eurem Wesen] verwandeln durch die Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist“ (Röm. 12,2).
Das zu tun, erfordert ständige Wachsamkeit. Der Pastor oder Lehrer muss jederzeit dazu bereit sein, „sowohl mit der gesunden Lehre zu ermahnen, als auch die Widersprechenden zu überführen“ (Tit. 1,9). Er muss darauf vorbereitet sein, wenn …
„… die Zeit kommt, da sie die gesunde Lehre nicht ertragen werden, sondern sich selbst nach ihren eigenen Lüsten Lehrer beschaffen, weil sie empfindliche Ohren haben und sie ihre Ohren von der Wahrheit abwenden und sich den Legenden zuwenden werden“ (2Tim 4,3–4).
Auslegende Apologetik ist ein Bollwerk gegen die Tendenz, zu vergessen, wie schwer es ist, inmitten von andauerndem Widerstand zu glauben.
3. Der Leiter als auslegender Apologet
Interessanterweise ist derjenige, dem die Rolle des Apologeten eher nicht zugetraut wird, genau der, der sich am wahrscheinlichsten mit auslegender Apologetik beschäftigt. Weder der Evangelist noch der Pastor oder Lehrer wird so viel mit der auslegenden Apologetik beschäftigt sein wie ein Leiter. Der Leiter ist wie ein Elternteil, das Kinder aufzieht oder ein gefestigter Gläubiger, der junge Gläubige an die Hand nimmt und ihnen die Fundamente des Glaubens vorstellt.
Apologet zu sein heißt, zu wissen, was und warum wir das glauben. Und dann fähig zu sein, es in klarer, überzeugender und einnehmender Art zu vermitteln.
Denke darüber nach: Apologetik heißt, zu wissen, was wir glauben und warum wir es glauben, und fähig zu sein, dies in klarer, überzeugender und einnehmender Art zu vermitteln. Es geht um die Beantwortung von Fragen, die Skeptiker uns stellen. Was sind unsere Kinder? Einige von ihnen glauben nicht. Sie sind unwissend. Sie sind neugierig. Sie stellen Fragen – mehr und mehr Fragen. Und wir müssen bereit sein, ihre Fragen zu beantworten. Wir müssen also auslegende Apologeten sein! Als Eltern haben wir eine fantastische Möglichkeit, den Glauben unserer Kinder zu gestalten. Das können wir in einer guten oder schlechten Weise tun, aber wir tun es in jedem Fall. Für den Leiter ist die auslegende Apologetik eine Sache des Gehorsams: „Und ihr Väter, reizt eure Kinder nicht zum Zorn, sondern zieht sie auf in der Zucht und Ermahnung des Herrn“ (Eph. 6,4).
Unsere Verantwortung als Eltern ist es, unsere Kinder die Dinge zu lehren, die unter uns mit Gewissheit geglaubt werden. Unser Anliegen sollte es dabei sein, dass sie „allezeit bereit sind zur Verantwortung gegenüber jedermann, der Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in ihnen ist“ (1. Petr. 3,15). Das ist das Ziel auslegender Apologetik.
Aber was ist mit Leitern, die mit Leuten arbeiten, die nicht ihre Kinder sind, seien es nun frisch oder noch nicht ganz Bekehrte? Die Antwort ist einfach: Behandle sie wie die Kinder. Mit anderen Worten: Erwachsene, die neu im Glauben sind, brauchen Antworten auf ihre Fragen, so wie Kinder sie brauchen. Sie benötigen geordnete Landkarten vor ihren Augen. Deshalb tun wir das, was wir tun, wenn wir unsere Kinder lehren.
Die Umstände sind egal, es ist nur wichtig, die Ansprüche des Evangeliums deutlich und einprägsam zu machen. Lasst uns als Leiter nie vergessen, den Leuten dabei zu helfen, stets gute Gründe für den Glauben zu haben.
Der Artikel ist ein Auszug aus seinem Buch Expository Apologetics und wurde zuerst in der E21 Ressourcen Bibliothek veröffentlicht. Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Evangelium21