Als Paulus und Silas in Philippi in den innersten, also fensterlosen Raum, des Gefängnisses geworfen und dort aus Sicherheitsgründen noch extra in einen Holzblock gespannt werden, da ist ihre Missionstätigkeit zweifellos in die Krise geraten. Bisher waren wohl nur wenige Frauen zum Glauben gekommen und dass darunter eine versklavte Wahrsagerin war, hatte Paulus und seinen Mitarbeitern, unter denen auch Lukas war, den Ärger eingebracht (Apg 16,12-40). Er konnte da noch nicht wissen, dass durch diese Krise hindurch nicht nur der Gefängnisdirektor, seine Familie und Mitarbeiter zum Glauben finden würden, sondern später sogar eine Beziehung zu einer Gemeinde daraus würde, der er schreibt (Phil 4,1): „Ich sehne mich nach euch, denn ihr seid meine Freude und die Belohnung für meine Arbeit.“ Der einzige, der den Ausgang jeder Krise kennt, ist unser Gott, der das gute Werk, dass er anfangen hat, auch sicher zum Ende führen kann und wird (Phil 1,6). Wir aber können bis dahin einige Entdeckungen machen.
1. Krisen sind der Normalzustand in einer gefallenen Schöpfung. Wir müssen nicht überrascht sein, dass es nicht immer weiter aufwärtsgeht, die Gemeinde weiter wächst, der Wohlstand zunimmt oder alles besser wird. Die Corona-Krise hat allen vor Augen geführt, dass die Gesellschaft Glaube und Kirche nur noch einen Platz vergleichbar der Unterhaltungsindustrie zubilligt. Die Stimmen, die den christlichen Glauben für schädlich halten, werden lauter. Das sollte für Bibelkenner keine Überraschung sein, auch wenn wir das lieber verdrängen.
2. Das Lob Gottes verstummt nicht in der Krise. Es dauert für Paulus und Silas zwar bis Mitternacht, aber dann stimmen sie in ihrem dunklen Loch Loblieder an. Sie besingen nicht die Gemütlichkeit des Gefängnisses, sondern das wunderbare Wesen Gottes und seine Taten. Sie besingen die Rettung durch Christus. Es gehört zu den wichtigsten Lektionen in einer Krise, dass wir über die momentane Situation hinaussehen auf den Anfänger und Vollender unseres Glaubens. Paulus beschwert sich nicht am Anfang über die Verletzung seiner Bürgerrechte, sondern erst am Ende, nach dem Lob Gottes, nach der Verkündigung des Evangeliums. Wundenlecken ist vielleicht unvermeidlich, aber wir sollten schnell zu unserem „Mitternacht“ kommen.
3. Das Evangelium hat in der Krise nicht weniger Kraft. Ich rede nicht über das Wunder der geöffneten Gefängnistüren und abgefallenen Ketten. Ich rede davon, dass keiner der Gefangenen die Gelegenheit zur Flucht sucht, sondern alle dem Zeugnis von Paulus zuhören. Das ist ein Element der Überzeugungskraft des Evangeliums für den Gefängnisdirektor. Die Botschaft ist voller Kraft und sie wird unterstrichen durch die Früchte im Leben der Glaubenden. Das Evangelium wird wichtiger als die schnelle Besserung. Jesus und unser Zeugnis sind wichtiger als die Diskussion um Maskenpflicht.
Gott weiß, was am Ende der Krise steht! Jetzt kommt es auf unsere Haltung an. Die Bibel erinnert uns an Gottes Wesen und Taten, damit wir genug zu Loben haben. Die Botschaft der Bibel erfüllt uns mit Gewissheit, dass Gott zu seinem Ziel kommt. Das Wort Gottes legt uns Wörter in den Mund, die wir in jeder Lage zuversichtlich weitersagen können.