Wer vor einigen Wochen erzählt hätte, dass bald beinahe das gesamte öffentliche Leben in beinahe der gesamten Welt eingestellt wird, dem hätte niemand geglaubt. Von heute auf morgen ist der Petersplatz in Rom ebenso leergefegt wie der Timesquare in New York, die Strände Rio de Janeiros oder die Straßen Mumbais. Schulen geschlossen, grenzüberschreitendes Reisen unmöglich. Und alles ausgelöst durch eine neue Viruserkrankung, die sich über die Welt verbreitet. Was unglaublich war, wird heute niemand bestreiten, denn es ist Wahrheit. Und die Wahrheit hat eine solche Kraft, dass man leicht vergisst, dass unglaublich war und unmöglich schien, was nun alltäglich ist.
Jesaja erschien die Botschaft, die er im Auftrag von Gott verkünden sollte, auch völlig unglaublich. Er beginnt das Kapitel 53 über den wahren Knecht Gottes, den kommenden Retter, so: „Wer hat denn unserer Botschaft geglaubt?/ Und an wem hat sich die Macht Jahwes so gezeigt?“ Die Botschaft erscheint völlig unglaublich. Wo hat Gott seine Macht jemals so erwiesen?
Dann hören wir diese unglaubliche Botschaft: Den Retter lässt Gott als Nachkommen einer unbedeutenden Familie auf die Welt kommen. Er hat kein Heldenformat, wirkt sogar abstoßend. Er wird verachtet und das sogar von den Frommen, die auf Gottes Messias warten. Außerdem ist er von Leid gezeichnet, wird gequält und sogar getötet. Das alles erträgt er ohne Widerspruch, weil er weiß, dass er damit stellvertretend für die Sünden anderer sterben kann. Nach einem qualvollen Tod in Verlassenheit erhält er neues Leben, wird von Gott erhöht und viele glauben an ihn, so dass er der König eines weltumspannenden Volkes wird. Unglaublich! Aber so soll es geglaubt werden. Denn nur der Glaube an diesen Retter verbindet mit dem wahren Gott und schenkt uns das ewige Leben.
Die Versuchung, diese unglaubliche Wahrheit irgendwie glaubhafter zu machen, ist groß. Immer wieder wollten Christen die Geschichte ihren Zeitgenossen irgendwie schmackhaft machen. In der Antike machten sie z.B. eine Heldengeschichte daraus mit einem Jesus, der sich verkleidete, um den Teufel zu überlisten und sich in sein Höllenreich einzuschleichen, und der dann die Gefangenen des Teufels herausführt. Heute ist es eher die Geschichte von einem Jesus, der die Bedürfnisse der Menschen erfüllt, weil er sie versteht, alles akzeptiert, was sie tun und ihnen bei dem, was sie als Mangel empfinden, Hilfe anbietet. Ein liebender Gott, der für alle immer da ist und alles gut werden lässt.
Das Problem an den viel glaubhafteren Geschichten ist nur, dass sie nicht wahr sind. Das Evangelium ist anstößig, klingt wie eine Dummheit. Aber es ist wahr. Auch Paulus kannte die Versuchung, aber hatte sich entschieden (2Kor 4,2): „Wir haben uns von allen beschämenden Heimlichkeiten losgesagt, weder arbeiten wir mit Tricks noch verfälschen wir das Wort Gottes, sondern lehren die Wahrheit ganz offen. Dadurch empfehlen wir uns vor den Augen Gottes dem Gewissensurteil aller Menschen.“ Wer die Wahrheit des auferstandenen Herrn Jesus Christus erkennt und glaubt, der wird sie als eine wunderbare Freiheit erleben und leicht vergessen, wie unglaublich sie ist.