Der Autor, derzeitiger Leiter der Konferenz für Gemeindegründung (KfG) versucht einen Weg zwischen den Extremen des Calvinismus und des Arminianismus zu zeigen. In fünf Blöcken und 20 Kapiteln geht er zunächst auf Hermeneutik und die Gefahren von Systemdenken ein, erklärt anschließend das theologische System des Arminianismus, danach das des Calvinismus mit seinen Schwächen, das den größten Raum einnimmt.
Im vierten Block „Weder Arminianismus noch Calvinismus“ versucht er, seine Stellung deutlich zu machen, was die Verderbtheit des Menschen betrifft, seine Erwählung in Christus, die unbegrenzte Sühne, die angebotene Gnade und die sichere Bewahrung. Im letzten Block versucht der Autor zu vermitteln, wie man in Gnade miteinander umgehen kann.
Weiterführende Literatur pro und kontra Calvinismus und ein Schriftstellenregister beschließen das Buch.
Grundsätzlich teilt der Rezensent das Anliegen des Autors, wundert sich aber, dass dieser alle Vermittlungsmodelle von moderater calvinistischer Seite vehement ablehnt, die sowohl die Erwählung Gottes vor Grundlegung der Welt betonen als auch die Verantwortung des Menschen. Er bezeichnet dieses „zwei-Schienen-Modell“ sogar als Augenwischerei. Von Komplementarität (Zusammengehörigkeit widersprüchlicher aber einander ergänzenden Aussagen), wie bei der menschlichen und göttlichen Natur unseres Herrn, will der Autor in diesem Zusammenhang nichts wissen.
Plock, Wilfried. Warum ich weder Calvinist noch Arminianer bin. Verbindende Gedanken zu einem trennenden Thema. Hünfeld: CMD 2017. 187 S. Paperback: 9,50 €. ISBN: 978-3-945973-09-7.
Stattdessen argumentiert er: „Sobald jemand lehrt, Gott habe vor Grundlegung der Welt bereits einzelne Individuen für den Himmel erwählt, sagt er gleichzeitig, dass er die anderen Individuen nicht erwählt hat“ (S. 142). Diese hätten dann keine Chance der Hölle zu entgehen. Für den Rezensenten ist das aber eine sehr rationalistische Logik, die auch nicht besser ist als die mancher Calvinisten. Solch eine Logik mag zwar auf der Erde ihren Sinn haben (und kommt schon da an ihre Grenzen) sie passt aber nicht zu den Gedanken, die schon vor Grundlegung der Welt in der göttlichen Trinität bewegt wurden.
Immer wieder versucht der Autor, die fünf Punkte des Calvinismus, manchmal sogar mit polemischer Schärfe, zu widerlegen. Zum Beispiel S. 85: „Diese Verse lehren also nicht, dass Gott vor Grundlegung der Welt diese paar Hände voll Heiden durch ein geheimnisvolles Dekret zum ewigen Leben verordnet hat …“ S. 74: „Sie wurden nicht von Nicht-Söhnen zu Söhnen erwählt, sie wurden als Erwählte zur Sohnschaft bestimmt.“ Wie soll man sich das vorstellen? S. 98: „Diese Behauptung ist unbrüderlich, ungeistlich – aber vor allem unwahr.“ Hier verlässt der Autor die Sachlichkeit und wird persönlich.
So etwas tut dem Anliegen des Buches nicht gut, zumal auch einige Argumente des Autors schwächeln. So fehlen manchmal die Belege wie z.B. S. 48f: „In den ersten vier Jahrhunderten hat kein Lehrer der Christenheit an eine individuelle Erwählung zum Heil geglaubt.“ Woher weiß er das? Wer hat das untersucht? So ist es nur eine Behauptung. Bei anderen Argumenten nennt er nur eine biblische Gegenstelle, unterschlägt aber die, die man doch als Erwählung verstehen könnte oder deutet sie kollektivistisch, erklärt dann aber nicht, was das überhaupt bedeuten kann. Auf diese Weise bekommt der Leser den Eindruck, dass der Autor doch ein eigenes, kollektivistisches System aufstellt, in das er alle Bibelstellen hineinpresst. Aber das wollte er doch gerade vermeiden.
Zugutehalten sollte man dem Autor, dass er offenbar schlechte Erfahrungen mit Calvinisten gemacht hat und deshalb emotional reagiert. Und außerdem will er ja allgemeinverständlich schreiben und kann deshalb auch nicht auf alle Argumente ausführlich eingehen. Manches ist auch nur aus der unschönen amerikanischen Diskussion herübergeschwappt, zum Beispiel S. 111f das freie Zitat von Norman Geisler. So etwas muss man nicht übernehmen, zumal dieser Autor auch sehr viel Gutes geschrieben hat. Trotz allem sollte man um die Gefahren eines strengen Systemdenkens wissen und die grundsätzlichen Prinzipien und Schwächen der beiden konträren und eventuell auch der eigenen Systeme kennen.