ThemenOrientierung

Der Davidstern, ein okkultes Symbol?

  • Symbole sollten grundsätzlich nicht aus äußerlichen Ähnlichkeiten gedeutet werden. Das gilt auch für den Davidstern.
  • Einzelne Freimaurerzirkel haben sich den Davidstern erst nachträglich zum okkulten Symbol gewählt.
  • Die israelische Fahne sollte ein stolzes Bekenntnis zum Judentum nach langer schmachvoller Unterdrückung zeigen.

In spekulativen Internet­veröffent­lichungen finden sich allerlei mysteriöse Ableitungen christlicher und jüdischer Symbole, die deren vorgeblich heidnischen Hintergrund belegen sollen. Der Leser soll dadurch verunsichert werden. Vertraut er den jeweiligen Autoren, dann befindet er sich inmitten einer weltweiten „satanischen Verschwörung“, deren vorgeblich eindeutige Symbole er überall zu erkennen meint. Zumeist wird den Lesern mit großer Sicherheit eine Mischung aus Halbwahrheiten und sehr spekulativen Interpretationen aufgetischt. Stellvertretend für zahlreiche solche Pamphlete soll hier auf eine vorgeblich sichere Deutung des bekannten Davidsterns eingegangen werden. Um nicht unnötig unseriöse Spekulationen zu fördern, bleibt der hier zitierte Text ohne Namensnennung.

„Heute sieht man den Davidstern an Synagogen, jüdischen Gräbern und auf der Flagge von Israel. […] Das auch den alten Ägyptern, Griechen, Indern, Chinesen, Peruanern und Skandinaviern (in der Steinzeit) vertraute Zeichen findet sich in byzantinischen Zaubertexten und Zauberschriften des Mittelalters (Alchemisten), sowie als Steinmetzzeichen im Wappen der Freimaurer, Theosophen, und Rosenkreuzer. Mythologisch sollte der Sechsstern das Hervorgehen des Mikrokosmos aus dem Makrokosmos darstellen. Er ließ sich aber auch dazu benutzen, um die Anordnung der 7 Planeten als Herren der Wochentage auszudrücken. Der Davidstern läßt sich so zerlegen, dass das sechseckige Mittelstück als vollkommenste Figur den Sabbat symbolisiert und die sechs Dreiecke (die Spitzen) die Wochentage symbolisieren. […] Die Anthroposophen behaupten, das Dreieck, das nach unten zeigt, stelle das weibliche Geschlechtsorgan, die Scheide, dar und das Dreieck, das nach oben zeigt, das männliche. Beide miteinander im Hexagramm zusammengefügt, stellten den Beischlaf oder die geschlechtliche Vereinigung dar; die Vereinigung der aktiven und passiven Kräfte der Natur. Auf diese Weise gehörte das Hexagramm zu den Riten und Symbolen der sexuellen Anbetung Satans und zu den sexuellen Riten und Zeremonien des Baalkults (Nimrod, Semiramis, Astarté, Baal, Vénus (Aphrodite) und Bacchus. […]Das Zeichen des Hexagramms mit seinen beiden Dreiecken, die ineinander verschachtelt sind, trifft man bei vielen Völkern an und dann oft mit einem anderen Zeichen in Verbindung, nämlich dem Pentagramm. […].“

Eine äußerlich oberflächliche Ähnlichkeit darf ohne weitere Gründe nicht als inhaltliche Ähnlichkeit gedeutet werden. Symbole sind immer für eine mehrfache Deutung offen, wenn man den Zusammenhang nicht beachtet.

Diese Ausführungen über die Symbolik des Davidsterns sind auf den ersten Blick als sehr spekulativ und einseitig zu erkennen. Das Ziel des Autors steht offensichtlich von vornherein fest. Das Hauptproblem seiner Argumentation ist die vollkommen unzulässige Parallelsetzung ähnlicher Symbole. Nur allein zu zeigen, dass ähnliche Symbole in unterschiedlichem historischem und kulturellem Zusammenhang benutzt worden sind, sagt eben noch gar nichts über deren inhaltliche Verwandtschaft aus. Weil die alten Hindus das Hakenkreuz als Sonnen- und Lebenssymbol benutzt haben, müssen die Nationalsozialisten, die ein ganz ähnliches Zeichen gebrauchten, eben keine Hindus sein. Eine oberflächliche Ähnlichkeit darf ohne wirklich triftige Gründe nicht als genetische Ähnlichkeit gedeutet werden. Zum einen können Menschen unabhängig voneinander ähnliche Zeichen erfinden und mit Inhalten verbinden, die ihnen wichtig sind. – Das trifft beispielsweise auf den weltweiten symbolischen Gebrauch von Wasser, Brot, Wein usw. zu. – Zum anderen können Menschen Symbole von anderen übernehmen und vollkommen neu interpretieren, ohne dass deren frühere Bedeutung notwendig erhalten bleibt. Symbole haben nie eine feste Bedeutung an sich, sondern bekommen diese immer erst durch den Kontext, in dem sie angetroffen werden. Das Zeichen des Fisches kann ebenso auf einen Fischer hinweisen als auch auf ein Geschäft für Anglerbedarf oder auf eine christliche Gruppe oder auf einen Tempel des sumerischen Gottes Dagan oder des assyrischen Kulullu (Gott für Meer und Fische). Entscheidend für die sinnige Deutung eines Symbols ist immer der jeweilige Zusammenhang.

Zoigl-Stern seit dem Mittelalter für die Brauerei verbreitet

Im weiteren Verlauf des oben zitierten Aufsatzes wird der Davidstern unter anderem als magisches Zeichen des mystischen Judentums interpretiert. Der Davidstern ist allerdings schon relativ früh als jüdisches Symbol nachweisbar, deutlich vor dem offiziellen Aufkommen der Kabbala (12. Jahrhundert). Die Kabbala kann auch nicht einfach als „okkult“ bezeichnet werden, es ist eine mystische und symbolverliebte Interpretation des Judentums. Viele der von ihr benutzten Symbole kommen auch in anderem religiösen Kontext vor.

Äußerlich sehr ähnlich dem bekannten Davidstern ist der sogenannte „Braustern“. Inhaltlich und von ihrem Vorkommen her haben beide Symbole aber kaum etwas miteinander zu tun. Besonders häufig trifft man den Braustern an Gaststättenauslegern in Baden, Franken und der Oberpfalz. Diese Wirtshauszeichen sind vergleichbar mit heute verwendeten Leuchtreklameschildern. Es finden sich Belege, dass der „Zoiglstern“ das Recht des Bierbrauens nach außen dokumentierte.

Hier werden zwei sehr ähnliche Zeichen mit deutlich unterschiedlicher Bedeutung benutzt, weshalb eine vorschnelle Parallelsetzung von Symbolen jeweils kritisch untersucht werden sollte. Eine inhaltliche Verbindung zwischen jüdischen Gemeinden und deutschen Bierbrauereien ist trotz fast gleicher Symbole eher unwahrscheinlich.

Einzelne Freimaurerzirkel haben den Davidstern im 18. Jhdt. nachträglich umgedeutet und als okkultes Symbol übernommen.

Nachdem der Davidstern in Europa bereits seit längerem als Zeichen des Judentums etabliert war, wurde er im 18. Jahrhundert auch von Freimaurern und einzelnen okkulten Zirkeln übernommen und uminterpretiert. Ebenso eigneten sich diese Gruppen christliche Symbole wie das Kreuz und das Abendmahl an. Deren nachträg­liche Um­deu­tungen lassen aber keinen zuverlässigen Schluss auf den ursprünglichen Gebrauch dieser Symbole im christlichen und jüdischen Umfeld zu.

Detlef David Kauschke äußert sich in der Jüdischen Allgemeinen (8. Mai 2008) über den Gebrauch und die Geschichte des Davidsterns in Israel:

„Rabbinische Quellen verweisen darauf, dass es ein Symbol des Stammes Juda gewesen sein könnte. Zudem habe David mit einem Schild gekämpft, das vielleicht die Form des Sterns hatte oder es als Emblem trug. Im 18. Psalm und auch im 2. Buch Samuel (22,36) ist der „Schild deines Heils“ erwähnt, der David schützte. Als Symbol taucht der sechszackige Stern im jüdischen Kontext erstmals mit einem archäologischen Fund – dem Siegel eines Joshua ben Asayahu – aus der Zeit des Zweiten Tempels auf. Auch wurde das Hexagramm auf einem Fries einer vermutlich aus dem 4. Jahrhundert stammenden Synagoge in Kfar Nachum am See Genezareth entdeckt. […] Erst später wurde es eindeutig zum jüdischen Symbol, wohl auch, um im Mittelalter der christlichen Symbolik etwas entgegenzusetzen. So taucht das Davidsschild auf einem jüdischen Grabstein aus dem 3. Jahrhundert in Süditalien auf […]“

Bei der Deutung der Fahne des Staates Israel sollte man lieber auf die Absichten der Staatsgründer hören. Danach wollte man sich nach der Verfolgung unter der Naziherrschaft nicht länger des Judentums schämen.

Bei der Deutung der Fahne des Staates Israel sollte man nicht zu viel spekulieren, sondern besser auf die Aussagen der Initiatoren hören. Absicht war es, in dem neugegründeten Staat Israel allen weltweit verfolgten und unterdrückten Juden eine Heimstatt zu geben (so auch in der Urkunde der Staatsgründung aus dem Jahr 1948). Das natio­nal­sozialistische Regime als In­begriff des damaligen Anti­semi­tismus hatte alle Juden gezwungen, den Davidstern als Erkennungszeichen an der Kleidung zu tragen. Das war der wesentliche Grund, warum der Davidstern bis heute auf der israelischen Fahne zu sehen ist. Man wollte sich der eigenen jüdischen Tradition nicht länger schämen, sondern das Symbol des jahrelangen Spottes mit Stolz benutzen.

Der im Judentum gebräuchliche Davidstern zeigt zwei ineinander verwobene gleichmäßige Dreiecke, die zusammen ein gleichmäßiges Sechseck bilden. Manche Juden sehen das Symbol unter anderem als symbolhafte Verbindung zwischen dem Menschen als Ebenbild Gottes und seinem Schöpfer. Dabei steht die untere Spitze für die Abstammung des Menschen von Gott und die obere Ecke für den Weg des Menschen zu Gott.

Abgesehen von aller Spekulation über die „wahre“ Bedeutung des Davidsterns sollte nicht vergessen werden, dass auch die blau weiße Fahne Israels eine symbolische Bedeutung hat. Der weiße Stoff mit den zwei blauen Streifen symbolisiert den jüdischen Gebetsmantel. Auf dem offiziellen israelischen Wappen sind eine Menora (siebenarmiger Leuchter aus dem Jerusalemer Tempel, 2Mose 25, 31-39) und zwei Ölzweige als Zeichen des Segens und Friedens Gottes abgebildet, eine direkte Referenz an die alttestamentliche Erwählung Israels durch Gott (Jeremia 11, 16). Ganz häufig tauchen in Israel auch die stilisierten Kundschafter unter Josua auf (vgl. 4Mose 13-14); an fast allen Sehens­würdigkeiten und auch als Zeichen des Tourismus­mi­nis­teriums. Eine Vielzahl der heute in Israel benutzten Symbole verweisen deutlich auf einen geistlichen oder biblischen Zusammenhang.