Am Montag den 3.9.2018 trat der amtierende deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mit seinem Vorschlag an die Öffentlichkeit, nach dem Vorbild Österreichs jeden Bürger zum potentiellen Organspender zu erklären; es sei denn dieser wehre sich aktiv dagegen.
Aufgrund verschiedener Ursachen, darunter auch Skandale bei der Vergabe von Spenderorganen, ist es in Deutschland während den vergangenen Jahren zu einem deutlichen Rückgang der Bereitschaft Organspende gekommen. Diese Bereitschaft drückt man normalerweise dadurch aus, dass man einen Organspende-Ausweis bei sich trägt, auf dem der Wille zur Spende erklärt ist. Spahn sieht aber in der sogenannten „Widerspruchslösung“ den optimalen Weg hin zu mehr Spenderorganen. Demnach solle künftig davon ausgegangen werden, dass jeder Bundesbürger mit einer Organspende einverstanden ist. Anderenfalls müsse er dann rechtzeitig ein Dokument unterzeichnen, mit dem er eine spätere Organentnahme ablehnt. Aktuelle Meinungsumfragen in der Bevölkerung scheinen dem Minister in seiner Forderung Recht zu geben.
Der Bibelbund lehnt eine staatliche Verpflichtung zur Organspende in aller Deutlichkeit ab. Sie höhlt das Recht auf die Verfügungsgewalt des Menschen über seinen eigenen Körper aus. Indirekt hoffen die Befürworter offensichtlich auf eine mangelnde Informiertheit der Bürger, die dann stillschweigend, ohne bewusste Entscheidung, zu Organspendern werden.
Noch entscheidender sind für den Bibelbund allerdings die ethischen Bedenken gegen diese Form von Organspenden. Zwar kann aus der Bibel keine klare Ablehnung der Organspende abgeleitet werden. Organspenden, die das Leben der Spender nicht beenden (z.B. bei Blutspende, Knochenmarkspende, die Spende einer Niere usw.) können – je nach Umständen – ethisch sogar als positiv betrachtet werden. Organspenden, die sozusagen als „Nebenwirkung“ den Tod des Spenders herbeiführen, müssen aus biblischer Sicht aber deutlich abgelehnt werden, auch wenn sie anderen Menschen gesundheitliche Hilfe ermöglichen.
Um lebende Organe transplantieren zu können, wurde 1968 das Hirntodkriterium eingeführt. Demnach gilt ein Mensch als tot, wenn in dessen Gehirn keine Aktivität mehr gemessen werden kann. In den vergangenen Jahrzehnten wurde die dazu notwendige Diagnostik allerdings ständig verbessert, weshalb Menschen die vor 30 Jahren als hirntot galten nach heutigem Wissenstand noch als lebendig angesehen werden müssten. Noch 2010 wurde im Deutschen Ärzteblatt das Hirntodkriterium aus weiteren fachlichen Gründen massiv kritisiert.
Aus biblischer Sicht erscheint es als unzulässiger Schluss, dass vom mutmaßlichen Tod eines Organs (hier des Gehirns) auf den Tod des ganzen Menschen geschlossen wird. In manchen Länder mit erheblich höheren Transplantationzahlen wird auch vom Herztod als Kriterium ausgegangen. Das wird im Zusammenhang der Organspendediskussion oft unterschlagen. Nach biblischer Sicht ist der Mensch eine Einheit. Insofern muss konsequent ein Ganztodkriterium angewandt werden. Erst nach dem Tod des ganzen Menschen (z.B. bei dauerhaftem Herz-Kreislauf-Stillstand und bei einsetzender Verwesung) darf eine Person für tot erklärt werden. Ist nur das Gehirn möglicherweise tot, befindet sich der Mensch lediglich im Prozess des Sterbens, ist aber noch nicht wirklich tot. 95% des Körpers funktionieren zu diesem Zeitpunkt noch, dazu gehören die Verdauung, die Körperwärme, der Zellstoffwechsel usw. In gewissem Umfang verfügt ein Hirntoter sogar noch über ein Schmerzempfinden. Lediglich eine rationalistische Verkürzung des Menschen auf sein Denken und damit auf das Gehirn hat für Viele diese Reduktion des Menschseins plausibel gemacht. Wenn man den Menschen hingegen, wie in der Bibel vorgegeben, als Einheit betrachtet, dann wird mit der Organentnahme der Patient / Organspender definitiv getötet. Die Tötung eines schwerkranken Menschen ist ethisch allerdings deutlich abzulehnen. Auch ist aus biblischer Sicht das Sterben mehr ist als die Beendigung der Körperfunktionen.