Böhl, Eduard. (Hrsg. T. Schirrmacher) Dogmatik. Bonn: Verlag für Kultur und Wissenschaft 2004 509 S. Paperback: 23,00 € ISBN 978-3-928929-98-0
Das Herausragende an der Dogmatik des Theologieprofessors Eduard Böhl (1836-1903) ist, dass er als Erster seit 1698 den reformierten Glauben in einem dogmatischen Gesamtentwurf mit biblischer Begründung darstellte.
In der neuen Auflage seiner Dogmatik erhält der Leser als erstes einen Einblick in die Biographie und die theologischen Anliegen von Böhl, wodurch viele Anspielungen in seiner Dogmatik verständlicher werden. Besonders seine immer wiederkehrenden Argumente gegen die Bibelkritik seiner Zeit (Albrecht Ritschel) fallen dem Leser schnell auf und können durch den Teil der Einleitung „Wider die Bibelkritik“ (:33) gut eingeordnet werden. Böhl blieb mit seinem Lehrer und Schwiegervater, dem reformierten Erweckungsprediger Friedrich Kohlbrügge, der festen Gewissheit, dass die Heilige Schrift von Gott inspiriert und somit frei von jedem Irrtum ist. Das macht seine Dogmatik für den bibeltreuen Leser zeitlos interessant. So beschreibt Böhl selbst im Abschnitt „Kurze Kritik der Erkenntnisquellen der neueren Dogmatiker“ seine Hingabe an Gottes Wort mit folgenden Worten: „Wir genießen in vollen Zügen, was die Offenbarung uns aus ihrem nie versiegenden Born in der heiligen Schrift gibt.“ (:73).
Seine Dogmatik teilt er in fünf Abschnitte ein. Der erste Teil befasst sich mit der „Theologie“, der zweite mit der „Anthropologie“, der dritte und vierte Teil mit der „Soteriologie“ und der letzte mit der „Eschatologie“. Auffallend ist dabei, dass im Vergleich der fünf Teile die „Eschatologie“ nur wie ein notwendiger kurzgehaltener Anhang wirkt. Das Hauptstück bildet die Soteriologie, welche in „Lehre vom Erlöser nach seiner Person und seinem Werke“ (3.Teil) und „Die Lehre von der Aneignung der Erlösung durch den Heiligen Geist“ (4.Teil) unterteilt ist.
Böhl befasst sich im ersten Teil intensiv mit der natürlichen Gotteserkenntnis und der Frage nach den Gottesbeweisen, mit denen man die „Atheisten … zur Anerkennung Gottes zwingen könnte“ (:87). Als Resultat seiner Untersuchungen lehnt er alle philosophischen Gottesbeweise für das Dasein Gottes ab und hält allein an der göttlichen Offenbarung als den Königsweg der Erkenntnis des Wesens Gottes fest. Hier befindet sich Böhl ganz klar im Einklang mit der Auffassung der Reformatoren. Mit dieser Klarheit und Konsequenz beschreibt er in der Dogmatik immer wieder seine Erkenntnisse. Der erste Teil befasst sich weiterhin mit den verschiedenen Namen Gottes und ganz intensiv mit Gottes Eigenschaften, der Trinität und seiner Art und Weise mit der Welt in Beziehung zu stehen.
In der Anthropologie liegt sein Schwerpunkt immer wieder auf den klassischen calvinistischen Themen Sünde und Gesetz. Sogar die Lehre von Satan reiht er in den Bereich der Anthropologie ein. Dabei ist ihm sehr wichtig, dass nicht Satan die Ursache für den Fall des Menschen ist, „sondern des Menschen eigener Ungehorsam“ (:217).
Im dritten Teil, dem ersten der „Soteriologie“, befasst er sich intensiv mit der Menschwerdung von Jesus. Er vertritt die Ansicht, dass Jesus seine göttlichen Eigenschaften auf Erden „nicht geltend machte, sondern, obschon im Besitz jener Eigenschaften seiend und bleibend, sie doch nicht anderen aufdringen wollte.“ (:314) Damit stellt er sich deutlich gegen die Lehre der Kenosis. Des Weiteren geht er auf die Lehre der zwei Naturen von Jesus und seine verschiedenen Ämter ein. Dabei legt er einen deutlichen Schwerpunkt auf das hohepriesterliche Amt von Jesus.
Der zweite Teil der Soteriologie befasst sich mit der Aneignung des Erlösungswerkes durch den Heiligen Geist. Die Bekehrung ist für Böhl ganz klar „eine Gottestat, und nicht Menschenwerk“ (:409). Im § 75 kommt er dann auf die Erwählungslehre zu sprechen, wobei er „Vorauserkennen“ und „Vorausbestimmen“ klar unterscheidet. Er vertritt in seiner Dogmatik die Lehre der doppelten Prädestination und sieht sie als „eine starke Waffe wider den allerwärts sich breit machenden freien Willen“ (:461) an. Im Anschluss folgen seine Betrachtungen „Beschneidung und Taufe“ sowie „Das Passah und das heilige Abendmahl“. Diese gemeinsame Betrachtung von Altem und Neuem Bund fällt in dieser Dogmatik immer wieder auf.
In seiner ganz kurzen Betrachtung zur Eschatologie nimmt er getreu der reformatorischen Lehre klar Stellung gegen ein kommendes Tausendjähriges Reich. Genauso lehnt er auch die Lehre der Allversöhnung ab und schreibt deutlich von der „Ewigkeit der Höllenstrafen“ (S.505).
Diese Neuauflage ist eine deutliche Bereicherung für alle, die ein Interesse an der reformierten Theologie haben. Darüber hinaus ist sie ein hilfreiches Arbeitsbuch für diverse Vorbereitungen und Ausarbeitungen zu dogmatischen Themen. Leider fehlt ihr als Arbeitsbuch ein Schlagwortregister, welches den Gebrauch des Buches deutlich erleichtern würde. Die Dogmatik von Böhl setzt nicht nur ein Grundwissen der griechischen, hebräischen und lateinischen Sprache voraus, sondern auch diverse philosophische und theologische Fachtermini.
Insgesamt ist das Buch eine hilfreiche Ergänzung in jeder theologischen Bibliothek und ein besonderer Schatz im Kontext der reformierten Schriften.