LiteraturBuchbesprechungen

Die Varusschlacht: Rom und die Germanen

Ein informatives Buch, das allerdings mehr die Überblicksfragen im Blick hat, als die Details der Varusschlacht zu darzustellen, wie sie unter Historikern diskutiert werden

Wer ein informatives und flüssig geschriebenes Buch der Schlacht zwischen dem Cherus­ker Arminius und dem römischen Statthalter Varus zur Hand nehmen will, dem sei der vorliegende Titel empfohlen. Der promovierte Historiker und Germanist Ralf-Peter Märtin legt mit seinem Buch über die Varusschlacht eine kenntnisreiche Rekonstruktion der Zeit, Personen und Ereignisse vor, in der wissenschaftliche Ergebnisse mit einem angenehmen journalistischen Schreibstil verbunden sind. Besonders interessant macht das Buch, dass es zahlreiche Einblicke in die römische Politik, das tägliche Leben und das Militär zur Zeit von Kaiser Augustus und damit zur Zeit der Geburt von Jesus Christus gibt. Und auch Varus selbst war vor seinem Dienst in Germanien um 6 v.Chr. in der Provinz Syria Statthalter und hatte mit Herodes dem Großen zu tun. Viele Informationen des Buches erhellen also auch die Umwelt des Neuen Testaments, jedenfalls soweit es die römische Herrschaft betrifft. In den reichen Hintergrundinformationen liegt die Stärke des Titels. Die Kapitel sind übersichtlich gestaltet und lassen sich auch einzeln lesen. Hilfreiche Grafiken, Landkarten und s/w-Fotographien ergänzen den Text. Zahlreiche Anmerkungen am Ende des Buches, eine Literaturliste und ein Register helfen, wenn man an einzelnen Stellen tiefer einsteigen möchte.

Ralf-Peter Märtin. Die Varusschlacht: Rom und die Germanen. Frankfurt: S. Fischer 2008. 461 S. 22,90 Euro. ISBN: 978-3100506122.

Märtin vertritt in seinem Buch die These, dass sich die entscheidende Schlacht zwischen den drei römischen Legionen und den Germanen unter der Führung von Arminius auf dem 1989 bei Kalkriese gefundenen Schlachtfeld abgespielt hat. Er beschreibt aber auch ausreichend die alternativen Möglichkeiten der Einordnung. Mit Recht kann man ihm hier vorhalten, dass er auf die vielen Wenns und Abers der Dis­kussion kaum eingeht. Aber es ist eben bisher nicht geklärt, warum sich Varus mit seinen Legionen auf den Weg machte. Und auch die Umstände des Kampfes, der sich wahrscheinlich über eine längere Marschstrecke mit mehreren Schlachten hinzog, sind nicht eindeutig zu erhellen. Letztlich geht es bei der Diskussion der His­toriker um eine unterschiedliche Gewichtung der schriftlichen Überlieferung und der archäologischen Funde. Erstaunlich ist sowieso, dass es nach 2000 Jahren überhaupt noch so viele gut erhaltene Zeugnisse gibt. Wer allerdings weniger an „Rom und die Germanen” interessiert ist und eher einen Einblick in den Stand der Diskussion zur Varusschlacht sucht, wird von Märtins Buch enttäuscht sein, denn mit dem eigentlichen Schlachtverlauf befasst er sich nur auf 40 Seiten. Märtin legt dabei eine angenehm nüchterne Deutung der Ereignisse vor, die Varus nicht zum großen Versager stempelt und Arminius nicht zum Helden. Ohne große Spekulation gelingt es ihm, ein plausibles Bild davon zu zeichnen, wie es gewesen sein könnte damals 9 n.Chr. bei der Varusschlacht. Ergänzt wird das Buch durch einen 75seitigen Anhang, der schildert, wie aus Arminius Hermann wurde und wie der zum Urvater der Einigung der deutschen Stämme stilisiert wurde.