Der BibelbundNachrichten

Aus Liebe zur Wahrheit

Aus Liebe zur Wahrheit“ – unter diesem Motto trafen sich vom 27. Oktober bis 1. November 2017 wieder viele Geschwister zur 8. Bibelbund-Konferenz im Christlichen Gästezentrum Rehe. Anlässlich des Reformationsjubiläums und begünstigt durch den zusätzlichen Feiertag hatten wir diesmal sogar an sechs Tagen die Gelegenheit, in Vorträgen aus der Kirchengeschichte zu lernen, Predigten aus Gottes Wort zu hören, uns in Seminaren in einzelne Themen zu vertiefen und uns in der Zwischenzeit mit vielen lieben Geschwistern auszutauschen.

Ein besonderer roter Faden durch die Konferenz waren die Vorträge über das Leben verschiedener Reformatoren und die Lehren, die wir heute daraus für unsere Situation ziehen können. Hiervon möchte ich einige Impressionen weitergeben:

Im Eröffnungsvortrag von Armin Schönebeck hörten wir über das Leben des Vorreformators John Wycliff. Wycliff lebte im 14. Jahrhundert in einer sehr bewegten Zeit in England, in der unter anderem ein Konflikt betreffs der päpstlichen finanziellen Ansprüche an sein Heimatland die politische Situation prägte. Von der Bibel her fing er an, die katholische Lehre und Praxis zu untersuchen, und schrieb gegen die politische Macht des Papstes und die Steuern an ihn an. In immer mehr Fragen fand er Widersprüche zwischen der Kirche und Gottes Wort und kritisierte lange vor Luther den unbiblischen Reichtum und Amtsanspruch des Papstes – 1377 nannte er ihn sogar schon einen Antichristen. Auch der Heiligen- und Reliquienverehrung, dem Zölibat, dem Ablasshandel, der katholischen Sakramentenlehre und der Eucharistielehre setzte er biblische Ar­gumente entgegen. Damit das Volk selbst in Gottes Wort lesen könne, initiierte er eine Bibelübersetzung in der Lan­dessprache.Eine Reihe Volks­prediger griffen seine Gedanken auf und zogen durchs Land, um Christi Botschaft zu verkündigen. In einer Synode verurteilte die Kirche seine Lehre. Die Prediger wurden verfolgt und Wycliffs Leichnam nach seinem Tod wieder ausgegraben und verbrannt, um seine Gedanken zu tilgen – doch stattdessen folgte 100 Jahre später die große Reformation.

Über deren berühmtesten Vertreter Martin Luther und eines seiner Hauptwerke – „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ – berichtete uns Dr. Berthold Schwarz. Er erzählte, wie Luther als Mönch versuchte, sich mit großer Anstrengung durch religiöse Werke Gottes Gunst zu erarbeiten, aber dabei keinen Frieden erlangte. Er wurde Theologie-Professor, litt aber die ganze Zeit unter der Angst vor Gott, weil er merkte, dass er es nicht schaffte, Gott zu lieben. Nachdem er lange mit der Frage gekämpft hatte, wie Gott ihn annehmen könnte, schenkte ihm der Herr Verständnis, was es heißt: „Der Gerechte wird aus Glauben leben“. Er verstand, dass er im Glauben seine Sünde auf Christus ans Kreuz werfen kann, und ihm dann Christi Gerechtigkeit angerechnet wird. Anfangs versuchte er, über die akademische Debatte in der Kirche wieder die gesunde Lehre von Gottes Gnade durchzusetzen. Als ihm stattdessen der Papst den Bann androhte, antwortete Luther mit seiner Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“, in der er erklärt, wie das Evangelium uns frei macht von der Angst vor Gott.

Im Kern stehen seine zwei sich ergänzenden Thesen: ein Christ ist ein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan – aber gleichzeitig ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan. Er ist in Christus ohne Werke aus Gnade ganz frei gemacht von der Knechtschaft der Schuld und Sünde, aber frei, um nun für Gott und die Menschen zu leben.

Anregungen aus dem Umgang Johannes Calvins mit Leid gab uns Dr. Hanniel Strebel in seinem Vortrag. Calvin erlebte tiefes persönliches Leid auf vielerlei Weise. Er hatte starke gesundheitliche Probleme, verlor sein einziges Kind und seine Frau. Auch Konflikte mit anderen Reformatoren und seinen Gegnern erlebte er, zeitweise wurde er vertrieben. An seinem Umgang mit diesem Leid können wir einige Dinge lernen. Insbesondere in seinem Psalmenkommentar spricht er davon, auch im Leid Gott in den Mittelpunkt zu stellen. Die Gefühle im Leid sollten nicht abgeblockt, sondern im Glauben eingeschlossen und geheiligt werden. Oft schiene es, als ob Gott nicht da wäre, wenn wir leiden, aber Gottes Verborgenheit ist nur vorübergehend und er wird uns helfen. In der Verzweiflung solle man Gottes Wort nach Antworten bedrängen. Dem Glaubenskampf müsse sich der Christ stellen, aber nicht versuchen, aus eigener Kraft zu überwinden, sondern mit seiner Not zum Herrn kommen. Und auch in schweren Zeiten ist es am besten, die Ehre Gottes als höchstes Ziel auch über persönliches Wohlbefinden zu stellen, wie auch der eifrige Dienst Calvin Stabilität im Leid gab. Nicht zuletzt verstärkte das Leid bei ihm die sehnsüchtige Erwartung, nach der Erdenzeit zum Herrn heimzukommen.

Jürgen Thielmann hielt uns einen Vortrag über Leben und Wirken Huldrych Zwinglis. Zwingli wurde als junger Mann zum Priester ausgebildet und mit der Zeit ein bekannter Prediger. Prägend für ihn war das Beobachten der gesellschaftlichen Situation und das Erforschen der Bibel nach einer Bewertung, die er dann von der Kanzel verkündigte. Beispielsweise trat er gegen die in der Schweiz seiner Zeit übliche Sitte ein, die jüngeren Söhne als Söldner zu vermieten. Auch gegen Wucherzinsen und hohe Abgaben sprach er sich aus und hinterfragte kirchliche Traditionen. Er lernte Griechisch und Hebräisch, um die Schrift genauer kennenlernen zu können. In der Messe begann er fortlaufende Texte zu predigen statt die von der katholischen Kirche vorgeschriebenen Einzelstellen. Auch die politischen Gremien in seiner Gegend beriet er. Er wagte es, sowohl die kirchlichen wie auch die politischen Führer anzugreifen. Lange Zeit bewirkte Zwingli viel in seinem Umfeld und schuf der Reformation Raum in der Schweiz, begann später aber leider Krieg als Mittel der Reformation zu unterstützen, wobei er dann auch umkam.

Im nächsten kirchengeschichtlichen Vortrag stellte uns Michael Kotsch die Stärken und Schwächen der Täuferbewegung vor. Einige Anhänger Zwinglis wandten sich von der Kindertaufe ab, und da die Reformatoren sich nicht diesem Verständnis anschlossen, begann für sie bald Verfolgung. In vielen Fragen hatten die Täufer bereits ein Gemeindeverständnis ähnlich der heutigen Freikirchen. Statt durch einen Priester ließen sie Gemeinden durch Älteste leiten und führten die Laienpredigt ein. Sie predigten eine Absonderung von der Welt und kooperierten nicht mit dem Staat. Leider schoss ein Teil der Bewegung über das Ziel hinaus und vertrat sehr radikale Sonderlehren bis hin zum Gottesstaat in Münster.

Besonders hervorgehoben als lehrreiche Punkte aus ihrer Geschichte wurden einerseits das Vorbild ihrer Bereitschaft, auch bei Widerstand standhaft zu bleiben; sodann dass sich unter ähnlichem Gewand einerseits gesunde Gemeinden und gleichzeitig schlimme Irrlehrer wie die Spiritualisten verbergen können, was damals auch zu fälschlich pauschalisierten Angriffen durch die Reformatoren führte; und drittens sehen wir an ihrer weiteren Geschichte, wie auch lebendige Bewegungen mit den Generationen leicht im Traditionalismus erstarren und eine neue Erweckung brauchen.

Thomas Jeising stellte uns den Reformator Martin Bucer vor, der eine wichtige Rolle in der Reformation spielte, aber lange Zeit in der Kirchengeschichte vernachlässigt wurde. Insbesondere wurde die Rolle Bucers als Brückenbauer zwischen den Reformatoren betrachtet. Er setzte sich eifrig dafür ein, dass man sich bei verschiedenen Ansichten in theologischen Fragen zusammensetzte und eine Einigung anstrebte. Wir können heute von ihm lernen, wie er sich einerseits mit sehr viel Engagement um Einheit unter den Kindern Gottes bemühte, aber dabei andererseits auch nicht die Wahrheit der Beliebigkeit opfern wollte, sondern ein gemeinsames Ringen um die Wahrheit förderte.

Aber auch Bucer musste vorher einen Lernprozess durchlaufen, bei dem er damit scheiterte durch Falschdarstellung oder Herunterspielen der anderen Positionen, eine Einheit zu fördern, bevor er dann Erfolge in der Einigung der Reformatoren erreichen durfte.

Im abschließenden Vortrag berichtete uns Michael Kotsch von Luthers bekanntestem Mitarbeiter, Philipp Melanchthon.Mit 15 Jahren schloss der hochbegabte junge Mann sein Studium ab und begann Vorlesungen zu halten. 1518, ein Jahr nach der Veröffentlichung von Luthers Thesen, kam er an die Universität in Wittenberg und schloss sich bald Luthers Ansichten an, obwohl er dadurch unter Druck kam. Er wurde ein wichtiger Mitarbeiter Luthers und konnte insbesondere nach dessen Ächtung in der Öffentlichkeit die neuen Erkenntnisse vertreten. Uns wurden drei Punkte vorgestellt, in denen Melanchthon als Vorbild dienen kann: Erstens hätte er mit seiner Begabung die Möglichkeit gehabt, in der katholischen Kirche eine große Karriere zu machen, aber er lehnte diese Angebote ab und hielt stattdessen trotz Widerständen an der Reformation fest. Zweitens unterschied er zwischen der absoluten Wahrheit, die umzusetzen unser Ziel bleiben muss, und den Schritten dorthin, die aktuell machbar sind; und drittens unterschied er auch zwischen den biblischen Wahrheiten einerseits und bloßen Traditionen andererseits.

Etliche weitere Vorträge waren Bibelarbeiten zu Abschnitten des Römerbriefes, wobei Karl-Heinz Vanheiden, Dr. Daniel Facius, Prof. Dr. Helge Stadelmann, Hartmut Jaeger und Thomas Jeising mit uns in Gottes Wort eintauchten und gut bekannte Texte wieder frisch in unser Leben sprechen durften.

An weiterem Programm war ein Reformations-Stadtrundgang durch Her­born, ein Konzert mit Simon Georg und weiteren begabten Musikern sowie zwei Gastvorträge von Udo Vach und Dr. Heinrich Derksen geboten.

Nach einer sehr intensiven und lehrreichen Zeit kehrte man am Mittwoch reich beschenkt wieder nach Hause zurück, und ich bin sicher, dass viele der Besucher auf der Konferenz nächstes Jahr wieder mit dabei sein werden!

von Johannes Lang