LiteraturKommentare zur Bibel

Apokalypsis

Der Verfasser, der sein Buch bei einem Self-Publishing-Verlag publiziert hat, geht von der guten Voraussetzung aus, dass die Bibel Gottes Wort ist. Mit Recht polemisiert er auch gegen die sogenannte Ersatztheologie, die Aussagen über Israel einfach auf die Kirche bezieht. Stutzig wird man allerdings schon im Vorwort, wo er auf S. 15 schreibt: „Bisher ist es m.E. keinem Ausleger gelungen, eine in sich stimmige Auslegung vorzuweisen.“ Meint der Autor etwa, selbst diese eine in sich stimmige Auslegung zu verfassen? Sehr demütig klingt das nicht.

Leider verstärkt sich dieser Eindruck beim weiteren Lesen. In recht überheblicher Weise polemisiert er gegen alle möglichen Auslegungen der Offenbarung, manchmal mit Recht, aber doch fast immer sehr unqualifiziert. Auch seine eigene Sicht der Dinge wird dem Leser nur mühsam klar. Man findet viele Behauptungen und Thesen, aber nirgends einen eindeutigen Schriftbeweis. Der Autor wirkt wie jemand, der mit anderen diskutiert und unbedingt Recht behalten will. Seine Argumente sind von überall hergeholt, nur selten von der Stelle, die er gerade bespricht. Eine echte Exegese der biblischen Texte findet man nirgendwo.

Roman Nies. Apokalypsis. Eine heils­geschichtliche Auslegung des Buches der Offenbarung. tredition GmbH, Hamburg 2018. 698 S. eBook: 2,99 € (Paperback 22 €, Hardcover 29,01 €) ISBN: 978-3-7469-4372-5.

Nies will allerdings nur schwerpunktmäßig der Frage nachgehen, ob der Inhalt der Offenbarung etwas hergibt zu dem Thema Israel und die Nationen oder um die Gemeinde Christi. Letzteres lehnt er ab. Er bezeichnet seine umfangreiche Arbeit als kirchenkritisch und meint, dass der Anti-Israelismus sowie die Verfolgung der Juden durch die christliche Kirche das große Thema der Offenbarung darstellt. So behauptet er, dass die Sendschreiben alle an jüdisch-messianische Gemeinden (mit einem kleinen Anteil von nichtjüdischen Gläubigen) gerichtet seien. Heftig polemisiert er auch gegen die Bezeichnungen Sonntag, Weihnachten und Ostern in einer Bibelübersetzung.

Der Autor hat durchaus einige interessante Ideen, aber seine Haltung wirkt arrogant und über alle anderen Auslegungen erhaben. Die ganze Arbeit ist verwirrend und so polemisch, dass sie schon sektiererisch wirkt, die Argumente sind wenig logisch, der Aufbau unklar, sodass man sie nicht empfehlen kann.