Diesen Kommentar zur Bergpredigt schrieb der evangelikale Theologe John Stott, der 2011 im Alter von 90 Jahren starb. Er war wesentlich bei der Erarbeitung der Lausanner Verpflichtung und dem Manifest von Manila beteiligt. Insgesamt zählt er zu den einflussreichsten Theologen des 20. Jahrhunderts.
Der Kommentar ist von seiner leicht lesbaren Schreibweise und den gut nachvollziehbaren Gedanken mit Stotts Kommentar „Die Botschaft der Apostelgeschichte“ vergleichbar.
In 14 Kapiteln beschreibt Stott die einzelnen Teile der Bergpredigt. Dabei stehen für ihn die Empfänger dieser Rede fest: „Die hohen Maßstäbe gelten nur für die Kinder Gottes“ (S.26). Sehr kurz geht er auch auf andere Ansätze ein, die Bergpredigt zu verstehen, wie etwa Darbys Verständnis für das zukünftige Königszeitalter. Insgesamt hält er sich jedoch stark zurück, verschiedene Auslegungen zu erwähnen, sondern legt den Fokus viel mehr auf die praktische Relevanz der Bergpredigt für die Christen heute. Seine Betrachtungsweise untermauert er immer wieder mit kurzen und passenden Zitaten verschiedenster Theologen. Der Schwerpunkt seiner Exegese ist es, den Text praktisch werden zu lassen. Dadurch wird auf der einen Seite das Lesen sehr leicht, aber auf der anderen Seite vermisst man weitere Informationen, z.B. warum andere erwähnte Sichtweisen nicht stimmig sein sollen. So erscheinen seine Ablehnungen anderer Auffassungen zum Thema Todesstrafe eher etwas voreilig getroffen, was man jedoch einem Theologen vom Format Stotts nicht so einfach unterstellen sollte.
Stott, John R.W. Die Botschaft der Bergpredigt. Worms: pulsmedien 2010. 284 S. Paperback: 14,95 €. ISBN 978-3-939577-03-4
An anderen Stellen fordert der Verfasser den christlichen Leser mehrfach persönlich heraus, oder bringt Aussagen, die im ersten Moment als falsch abgetan würden. So schreibt er „Tatsache ist, dass man Verachtung und Blasphemie heraufbeschwört, wenn man über einen gewissen Punkt hinaus Menschen das Evangelium anbietet“ – also kann ich als missionarischer Christ auch Menschen zur Gotteslästerung führen? Es sind Aussagen, die den Leser hinterfragen und gleichzeitig dafür sorgen, dass er mit einem wachen Geist weiterliest.
Sehr hilfreich sind die zusätzlichen Anmerkungen des Übersetzers. Immer wieder bringt er Vergleiche zu deutschen Bibelübersetzungen und erreicht somit den Leser besser in seinem Kontext. Es wurden sogar die Fragen im anschließenden Gesprächsleitfaden auf die jetzige Zeit angepasst, jedoch müssten sie vor jedem Gesprächskreis modifiziert werden. Beim persönlichen Lesen wäre es hilfreicher gewesen, die einzelnen Fragen dem entsprechendem Kapitel zur Vertiefung folgen zu lassen.
Das große Thema von Stott ist die christliche Gegenkultur, wie sie in der Bergpredigt sichtbar wird. Das Buch ist sehr lesenswert und eine hilfreiche Unterstützung für die praktische Gemeindearbeit. Für exegetische Arbeiten bedarf es jedoch der Ergänzung tiefgehender Kommentare.