Der emeritierte Professor für Systematische Theologie und Religionsphilosophie an der Philipps-Universität Marburg setzt sich in diesem Buch mit einigen sehr wichtigen und aktuellen Fragestellungen auseinander. Ausgehend von der religiösen, areligiösen und atheistischen gesellschaftlichen Situation in Deutschland, stellt er u.a. die Frage an die Kirchen: „Wie können sie in dieser teils religiös, teils areligiös bestimmten Situation ihre Botschaft vermitteln?“ (S. 5) Eine solche Fragestellung weckt Hoffnung auf den Inhalt des Buches.
Nachdem er etliche Worte etwas kompliziert definiert, greift er eine wesentliche These wieder auf: „Christlicher Glaube muss … in höherem Maße als bisher mehrsprachig … werden“ (S. 61). Dieser These kann man erst einmal zustimmen, fragt sich aber im nächsten Moment: Was meint der Autor damit? Barth baut sein Argumentationsfundament auf, indem er die Erkenntnisse verschiedenster Theologen, Philosophen, Soziologen und sonstiger Wissenschaftler in Erinnerung ruft. Dabei kommen Menschen von Dietrich Bonhoeffer bis Karl Marx zu Wort. Es ist ihm offensichtlich wichtig die wissenschaftliche Grundlage seiner Sichtweise zu belegen. Deutlich wird dabei immer wieder, die verschwimmende Grenze zwischen den religiösen, areligiösen und atheistischen Lebensweisen. Bei den wissenschaftlichen Ansätzen sind ihm besonders der evolutionstheoretische und der empirische relevant. Er schreibt: „Lebendiger Glaube braucht Bekenntnisfreiheit!“ (S. 179) und zeigt im Weiteren auf, wie er das Glaubensbekenntnis formulieren würde, damit ein areligiöser Mensch versteht, was Christen eigentlich damit meinen. Natürlich ist in diesem Bekenntnis „Miriam“ eine Frau und die wissenschaftliche Theorie wichtiger als die biblische Glaubensgrundlage, wenn wir bekennen sollen: „Immer neu davon angerührt, weiß ich mich geborgen im Größeren, wie es sich verwirklicht in der Evolution des Kosmos und in der Geschichte der Menschheit“ (S. 181). Eine Hoffnung über den Tod hinaus findet man darin natürlich nicht.
Da er bereits mit Kritik derer gerechnet hatte, die die Bibel noch uneingeschränkt als Lebensfundament betrachten, ohne sie dem Mainstream der Gesellschaft anzupassen, schreibt er ganz deutlich: „Der Fundamentalismus ist u.a. auch ein Bildungsproblem“ (S. 216).
Barth, Hans-Martin. Konfessionslos glücklich. Auf dem Weg zu einem religionstranszendenten Christsein. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2013 272 S. Hardcover: 19,99 €. ISBN: 978-3-579-08161-8
Natürlich sind dann auch Bibelverse, wie Mk 16,16 nicht mehr dazu da, „etwa den Glauben als Bedingung für das Heil zu fordern“, da sie „nicht die heidnische Umgebung bedrohen und ängstigen“ sollen (S. 188). Barths Sicht dazu lautet: „Der Glaube an Jesus Christus wird sie [Anm. alle Menschen!] auf eine uns verborgene Weise in Gottes erlösendes Wirken einbezogen sehen, und der Glaube an den Heiligen Geist wird sie von den unendlichen, fantasiereichen Möglichkeiten der Liebe Gottes umfangen wissen“ (S. 188f). Was ist das anderes als eine All-Erlösung und ein Zurechtbiegen der biblischen Wahrheiten nach dem Zeitgeist.
Das Buch ist leider für alle Menschen, die dem biblischen Zeugnis uneingeschränkt glauben, eine große Enttäuschung. Nicht nur, dass das Evangelium zeitgemäß angepasst wird, sondern auch, dass die sogenannten Fundamentalisten pauschal abgewertet werden und wissenschaftliche Theorien (!) höher gewertet werden als das biblische Zeugnis.
Ich beschließe die Rezension mit dem Wort eines theologischen Namensvetters des Verfassers:
„Ich will euch das alles in unserer Sprache übersetzen. Der falsche Prophet ist der Pfarrer, der es den Leuten recht macht … Er träumt davon, er rede im Namen Gottes; aber er redet ja doch nur im Namen der Kirche, im Namen der öffentlichen Meinung, im Namen der ‚anständigen Leute‘, im Namen seiner eigenen kleinen Person. Er weiß, daß jetzt und in alle Zukunft alle Wege, die nicht mit Gott anfangen, keine Wege sind“ (Karl Barth. Wir haben ja das Wort. S. 73f).