Im vergangenen Jahr erschien unter dem Titel „Religion in der Moderne“ eine sehr kluge wissenschaftliche Studie, die sich mit dem Auf und Ab des Christentums in vielen Ländern der Welt beschäftigt. Aus den gründlichen Untersuchungen ziehen die Autoren einige bedenkliche Schlüsse. Sie meinen, dass es keine echte Wiederkehr der Religion gebe. Die Säkularisation werde weiter fortschreiten. Wenn das Christentum nicht mit der schleichenden Abwendung vom Glauben bedeutungslos werden wolle, müsse es aus den Aufbrüchen lernen. Menschen würden sich immer dann der Religion zuwenden, wenn sie sich einen praktischen Vorteil in ihrem diesseitigen Leben versprächen. An den Glaubensinhalten seien sie kaum interessiert. Deswegen sollten die Kirchen nicht darauf setzen, ihre Botschaft an den Mann und an die Frau zu bringen, sondern sie sollten überlegen, wie sie den Menschen einen Mehrwert verschaffen könnten. Dann würden sie auch „glauben“.
So viel Richtiges in der ernüchternden Analyse steckt, so fatal falsch ist die Konsequenz. Wer diesen Weg geht, leugnet die Kraft Gottes. Er fördert den Hang des Menschen, seinen Bauch zu seinem Gott zu machen. Er produziert damit einen Scheinglauben, der am Ende ohne Hoffnung sterben wird.
Paulus zieht in 2Kor 6 eine ganz andere Konsequenz. Weil Gott seine Gnade durch Jesus Christus schenkt und die Zeit der Gnade da ist, müssen wir es mit dem Dienst der Versöhnung ganz genau nehmen und dürfen die Botschaft unter keinen Umständen verdunkeln. Wir wollen treue Diener Gottes „im Wort der Wahrheit“ und „in der Kraft Gottes“ sein (V. 7).
Leider lassen wir uns leicht darüber täuschen, wo und wie die Kraft Gottes am gewaltigsten wirkt. Das ist nämlich nicht da, wo es kracht und blitzt, wo spektakuläre Wunder geschehen oder Menschen durch Gottes Segen sichtbar reicher werden. Gottes Kraft schlägt dort wie ein Hammer ein, der Felsen zerschlägt, wo Menschen aufgrund seines Wortes von der Rettung durch das Kreuz auf Jesus Christus als ihren Retter hoffen. Jemanden reich oder gesund zu machen, ist für Gott ein Kleines. Den verdrehten, widerspenstigen Menschen zu überzeugen, ihm zu vertrauen und zu lieben, was er sagt und tut, das ist die Schwerstarbeit Gottes. Die tut er eher unscheinbar und ohne Blendwerk mit wahren Wörtern. Darum ist uns das Wort vom Kreuz die Kraft Gottes. Wem es als Dummheit erscheint, auf die er nicht bauen will, wird verloren gehen (1Kor 1,18). Dem Wort hat Gott die Macht gegeben, uns ewig zu retten (Jak 1,21).
Es ist die tiefste innere Freude, die ich kenne, wenn ich Gott beim Wirken sehen darf und ein Mensch zum Glauben findet. Das kann aber nur geschehen, wenn die Wahrheit Gottes mit seinem Wort im Herzen ankommt. Niemand wird Christ, wenn er sich nur kurzfristige Vorteile sichern möchte. Er wird es, weil er mit ganzem Herzen Gott glaubt und ihn liebt.