ThemenPredigten und Bibelarbeiten

Das Wunder der Geburt unseres Herrn

Der Glaube an die wunderbare Geburt von Jesus Christus als Sohn Gottes und Kind der Jungfrau Maria kann nicht aufgegeben werden. Wollen wir angesichts aktueller Infragestellungen konsequent bleiben, sollten wir den biblischen Sinn der Berichte über die Geburt von Jesus genau verstehen.

In einem Interview hat der frühere EKD-­Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider gegenüber idea die Aussage im Glaubens­bekenntnis, dass Jesus Christus von einer Jungfrau geboren wurde, als für den Glauben „nicht entscheidend“ bezeichnet. Im Neuen Testament gebe es auch ein anderes „Modell“. Danach sei der Evangelist Markus der Ansicht gewesen, Gott habe Jesus erst bei der Taufe als seinen Sohn adoptiert. Den Einwand, dass die Adoptionslehre bereits von den Kirchenvätern als Irrlehre abgelehnt worden sei, tat Schneider mit dem Wort „geschenkt“ ab. Denn dann hätten die Kirchenväter auch den Bericht des Markus als Irrlehre verwerfen müssen.“1

Da die Jungfrauengeburt öffentlich­keits­wirk­sam regelmäßig vor Weih­nach­ten von Journalisten und verirrten Theologen infrage gestellt wird, ist es sinnvoll, sich mit dem Thema zu befassen, und zwar so, dass es auch Christen ohne theologisches Studium verstehen.

Allgemeiner Ausgangspunkt

Die Umstände der Geburt von Jesus sind von vielen Wundern begleitet, die die heilsgeschichtliche Bedeutung der Menschwerdung des Gottessohnes Jesus Christus besonders herausheben.

Da ist die Geburt im damals kleinen Ort Betlehem. Betlehem musste der Geburtsort von Jesus sein. Das war durch den Propheten Micha für Betlehem angekündigt:

„Und du, Bethlehem Efrata, die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist.“ Mi 5,1

Also fügte es Gott so, dass die damalige Obrigkeit gerade in der Zeit der Geburt von Jesus eine Volkszählung durch­führen ließ, die jede Familie in den Ursprung­sort ­ihrer Sip­pe führte (Luk 2,1-2).

Die Flucht der Fa­milie des Herrn nach Ägypten, die spätere Rückkehr nach Na­zareth in Galiläa und selbst der grausame Kindermord Herodes I. waren Erfüllungen uralter Prophezeiungen (Hos 11,1, Jer 31,15, Mt 4,15.16, vgl. Mt 2.13ff).

Die Verkündigung der Geburt durch himmlische Boten (Luk 2,9-13), viele Begleitumstände der Geburt des Herrn sind übernatürlich und wunderbar.

Allerdings wurde und wird kaum ein biblisches Wunder so oft infrage gestellt, verlästert und bespöttelt wie das Wunder dieser Geburt, der sogenannten „Jungfrauengeburt“. Theologen wie Rudolf Bultmann und seine Nachfolger verbannten sie in das Reich der Mythologie.

Zwar wird die Jungfrauengeburt in weihnachtlichen Liedern, biblischen Text­lesungen, kirchlichen Glaubens­bekennt­­nissen und Liturgien besungen und genannt. Aber wenn sie erläutert werden soll, wird sie von liberalen Theologen bestritten, meist nur symbolisch gedeutet oder einfach nur ignoriert. Präses Schneider steht, wie viele heutige Theologen fast aller Konfessionen, in deren Tradition.

Bibeltreue Christen gehen zwar von der Wahrheit der Jungfrauengeburt aus, aber auch ihnen ist die Wichtigkeit dieses Wunders und seiner Bedeutung für Gottes Erlösungswerk oft nicht klar. Um Hilfe zum Verstehen dieser Lehre zu geben, möchte ich hier in einfachen Worten den Hintergrund erläutern.

1. Die Bibel bezeugt die Jungfrauengeburt mit vielen Aussagen

Auch wenn mancher Theologe meint, die Jungfrauengeburt sei eine Randlehre der Bibel oder gar dem Heidentum entlehnt (Bultmann), finden wir sie sowohl im Alten wie im Neuen Testament häufig angedeutet oder auch klar bezeugt. Hier einige wichtige biblische Belege:

1.1 Die prophetische Ankündigung der Jungfrauengeburt im AT

Schon im Paradies wird der Erlöser angekündigt, der die Menschen aus der Macht des Teufels und der Gefangenschaft der Sünde befreit. Er wird beschrieben als der, welcher der Schlange (Satan) den Kopf zertritt. Er wird als Nachkomme einer Frau benannt. Ein menschlicher Vater wird anders als bei allen sonstigen Geburten in der Bibel nicht genannt:

„Und ich will Feindschaft setzen zwischen dir und dem Weibe und zwischen deinem Nachkommen und ihrem Nachkommen; der soll dir den Kopf zertreten, und du wirst ihn in die Ferse stechen.“ 1Mo 3,15

Am deutlichsten wird die Jungfrauengeburt bei Jesaja ca. 700 Jahre vor Christus erwähnt:

„Darum wird euch der HERR selbst ein Zeichen geben: Siehe, eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie nennen Immanuel.“ Jes 7,14

Die von liberalen Auslegern erwähnte Übersetzungsmöglichkeit des Wortes Jungfrau mit „junge Frau“ ist total abwegig, weil eine Geburt durch eine junge Frau kein Zeichen wäre. Die Geburt durch eine alte Frau wie Sara, der Frau Abrahams, oder Elisabeth, der Mutter Johannes des Täufers, wäre eventuell ein Zeichen, aber nicht die Geburt durch eine junge Frau.

1.2 Die historische Ankündigung in den Berichten der Evangelisten

Matthäus, der als Jesusjünger Infor­mationen sowohl von Maria wie auch von Jesus hatte, wusste von den Zweifeln Josefs an dem Wunder der Empfängnis Marias und von der Offenbarung durch einen Engel, indem er Josef den Hintergrund der Schwangerschaft von Maria erklärt:

„Als er das noch bedachte, siehe, da erschien ihm der Engel des Herrn im Traum und sprach: Josef, du Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen; denn was sie empfangen hat, das ist von dem heiligen Geist.“ Mt 1,20

Lukas, ein Arzt (Kol 4,14), der schon aufgrund seines Berufes kritisch nachfragte und genaue Quellenstudien (Luk 1,3) für die Erstellung seines Evangeliums betrieben hatte, erwähnt Marias Frage, wie sie ohne sexuellen Kontakt schwanger werden kann, und die Antwort darauf:

„Da sprach Maria zu dem Engel: Wie soll das zugehen, da ich doch von keinem Mann weiß? Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren wird, Gottes Sohn genannt werden.“ Lk 1,34-35

1.3 Der Hinweis auf dieses Wunder bei Paulus

Paulus erwähnt im Rückblick auf die Geburt von Jesus ebenfalls nur seine Mutter: „Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan.“ Gal 4,4

2. Die Notwendigkeit der Jungfrauengeburt für unser Heil

2.1 Nur ein sterblicher Mensch war in der Lage, uns von der Verdammnis zu retten

Die Strafe für die Sünde der Menschen ist der Tod (Ps 90,7, Röm 6,23), der irdische und der ewige Tod (Offb 20,6). Die Todesstrafe, zu der wir sündigen Menschen verurteilt sind, konnte nur ein sterblicher Stellvertreter auf sich nehmen. Die Bibel redet im AT vom Blut eines Opfers, das nötig ist, um die Schuld der Sünder auf sich zu nehmen. Jesus wird vom Propheten Johannes dem Täufer als dieses Lamm Gottes bezeichnet (Joh 1,29). Jesaja erklärt die Übernahme der Strafe durch den Menschen Jesus prophetisch (Jes 53,5). Gott hätte in einer göttlichen Gestalt, in der er unsterblich ist (1Tim 6,16), diese Strafe nicht übernehmen können, da er ja nicht sterben kann. Deshalb musste Gott in Jesus Mensch werden (Joh 1,1.14). Durch seine Menschwerdung wurde der Gott Jesus fähig, für uns zu sterben.

2.2 Nur ein sündloser Mensch konnte die Sünde der Welt auf sich nehmen

Ein normaler Mensch hätte nie die Strafe für die Sünden eines anderen Menschen tragen können. Jeder Mensch muss für die eigenen Sünden bezahlen, weil jeder Mensch ein todeswürdiger Sünder ist (Ps 14,3; Röm 3,23).

2.3 Nur der ewige Gott war in der Lage, die Menschheit zu retten

Selbst wenn es einen sündlosen Menschen gäbe, hätte dieser doch nur die Schuld eines einzigen Mitmenschen übernehmen können. Denn sein Leben wäre nicht mehr wert als das Leben des Gegenübers. Gottes Leben aber ist mehr wert als das Leben der ganzen Welt. Und Gott wählte diesen Weg (2Kor 5,19).

Um uns zu erlösen, legte Jesus seine göttliche Unsterblichkeit ab und nahm einen menschlichen, sterblichen Körper an. In diesem Körper, den er im Leib der Maria bekam, konnte er für uns den nötigen Dienst des stellvertretenden Sterbens übernehmen.

Paulus erklärt es so:

„Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt. Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.“ Phil 2,6-8

3. Die Bindung an die Sünde ist uns Menschen von unseren Vorfahren vererbt

Nun steht die Frage, ob Jesus nicht auch durch natürliche Zeugung in die Welt hätte kommen können.

3.1 Alle Menschen sind seit Zeugung und Geburt Sünder

An der menschlichen Sexualität ist an sich nichts Sündiges. Sie ist von Gott miterschaffen und wird, wenn sie nicht in sündigen Zusammenhängen praktiziert wird, in der Bibel nur positiv erwähnt (1Mo 1,31). Das Problem ist nicht die Sexualität an sich. Das Problem ist, dass durch die natürliche Zeugung die sündige – menschliche Art der Eltern weitergegeben wird. Jeder Mensch hat von Kind auf den Hang zum Sündigen in seinem Fleisch (Röm 7,21-24):

„Ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das widerstreitet dem Gesetz in meinem Gemüt und hält mich gefangen im Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern ist.“ Röm 7,23

Menschen ererben von ihren Eltern körperliche und seelische Eigenschaften, zum Beispiel Augenfarbe, körperliche Gestalt usw. Ebenso erben sie auch das „Sünder-sein“.

3.2 Empfängnis und Geburt tragen die Sünde in die nachfolgenden Generationen

Natürliche Zeugung bringt die Zeugung eines Sünders hervor. Von Menschen kommen Menschen. Von Sündern kommen Sünder: „Siehe, ich bin als Sünder geboren, und meine Mutter hat mich in Sünden empfangen.“ Ps 51,7

Durch eine natürliche Zeugung hätte Jesus das „Sündigen müssen“ geerbt und wäre unfähig geworden, für die Sünde anderer zu sterben. Er hätte für seine eigene Sünde sterben müssen.

4. Damit Jesus der Erlöser werden konnte, durfte er keinen Vater und auch keine normale Mutter haben

Wäre Jesus wie wir geboren, hätte er uns nicht erlösen können.

4.1 Die Bibel bezeugt die Schwangerschaft der Maria ohne sexuellen Kontakt zu einem Mann

Jesus ist weder durch das sündige Fleisch eines Mannes noch durch das sündige Fleisch einer Frau geworden. Vielmehr hat ihn Gott durch seinen Geist in Maria geschaffen.

Maria selbst betont die Ungewöhn­lichkeit ihrer jungfräulichen Schwanger­schaft: „Da sprach Maria zu dem Engel: Wie soll das zugehen, da ich doch von keinem Mann weiß?“ Lk 1,34

Der Engel Gabriel erklärt die Zeugung von Jesus im Leib der Maria durch den Heiligen Geist:

„Der Engel antwortete und sprach zu ihr: Der heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten; darum wird auch das Heilige, das geboren wird, Gottes Sohn genannt werden.“ Lk 1,35

Das heißt, dass Gottes Geist in Maria Jesus entstehen lässt.

4.2 Die Bibel bezeugt, dass auch Maria nur eingeschränkt Mutter war

Schon im Schöpfungsbericht, dessen Höhepunkt die Schaffung Adams war, wird das Wirken des Heiligen Geistes genannt (1Mo 1,2; 2,7).

Jesus existierte die neun Monate vor seiner Geburt bereits im Leib der Maria. Der heilige Geist hat ihn in ihr geschaffen. So erbte Jesus, geschaffen vom heiligen Geist, von seiner Mutter eben auch nicht ihr sündiges Wesen, das ihm zum Sünder gemacht hätte:

„Als er das noch bedachte, siehe, da erschien ihm der Engel des Herrn im Traum und sprach: Josef, du Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria, deine Frau, zu dir zu nehmen; denn was sie empfangen hat, das ist von dem heiligen Geist.“ Mt 1,20

Die alte Lutherübersetzung macht es noch deutlicher, dass Jesus weder durch männlichen Samen noch durch ein weibliches Ei erschaffen wurde. Luther übersetzte: „denn das in ihr geboren ist, das ist von dem heiligen Geist.“

Maria war nur die Person, die durch den natürlichen Vorgang des Wachsens von Jesus in ihrem Leib und die danach folgende natürliche Geburt, den allein aus Gott kommenden Menschen- und Gottessohn Jesus in die Welt bringt.

Sie ist das Gefäß gewesen, in dem der Gottes- und Menschensohn wurde. Nur so konnte er von jeder sündigen Erbschaft frei zur Welt kommen und die Sünden der anderen auf sich nehmen. Das Psalmwort: „Er hat zu mir gesagt: ‚Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt’“ (Ps 2,7), bezieht sich nicht nur auf die Präexistenz von Jesus, sondern prophetisch auch auf seine Menschwerdung in Maria.
Ambrosius von Mailand (339-397 n.Chr.) drückte es so aus:

„Es lenke niemand auf die Jungfrau ab; Maria war der Tempel Gottes, nicht der Gott des Tempels; folglich ist allein der anzubeten, der im Tempel war.“2 

4.3 Jesus blieb ein sündloser Mensch

Obwohl Jesus die härtesten Versuchungen zu bestehen hatte, fiel er nie in Sünde.

„Denn wir haben nicht einen Hohen­priester, der nicht könnte mitleiden mit unserer Schwachheit, sondern der versucht worden ist in allem wie wir, doch ohne Sünde.“ Hebr 4,15

Satan versuchte, Jesus bis zum letzten Atemzug zu Fall zu bringen. Aber Jesus fiel nie. Auch seine ärgsten Feinde konnten ihm keine Sünde nachsagen (Joh 8,46).

Zusammengefasst: Die Sünde, die jeder Mensch durch die Generationen in sich hat, brachte den Tod über alle Menschen. Gott aber hat sich mit diesem Verhängnis seiner Geschöpfe nicht abgefunden. Er hat einen Heilsweg gefunden. Gott gab seinen sündlosen Sohn für uns in den Tod (Joh 3,16). Sein Sohn war Gott und Mensch und konnte durch sein menschliches Wesen für uns sterben und durch sein göttliches Wesen eine Rettung für alle Menschen schaffen. Sündloser Mensch aber konnte er nur werden durch das Wunder seiner Geburt. Die Jungfrauengeburt ist eine Voraussetzung für das Erlösungswerk unseres Herrn, das am Kreuz vollendet wurde.


  1. http://www.zeltmacher-nachrichten.eu/content/ekd-vorsitzender-schneider-hinterfragt-die-jungfrauengeburt 

  2. Zitiert nach: Schnepper, Arndt. Zank­äpfel der Kirche – 99 Streitigkeiten der Kirchengeschichte. Wuppertal: R. Brockhaus: S. 48.