Unter dem Eindruck des 11. September thematisiert der SPIEGEL1 unter der Überschrift „Gott will es“2 Mord und Terror als Folge von religiösem Wahn und übt auch heftige Kritik an der Bibel und am Christentum. Kennzeichnend für Religion können u. a. Gewalt, Fanatismus, Irrationalität, Wissenschaftsfeindlichkeit sein. Religion als Grundlage für weitreichende (z.B. politische) Entscheidungen gilt daher in Europa nicht nur als irrelevant, sondern auch als gefährlich. Kein Wunder, dass das Christentum vom SPIEGEL und von vielen Zeitgenossen – offensichtlich gern – unter das Phänomen „Religion“ eingeordnet wird! Aber ist diese Kategorisierung sachlich wirklich gerechtfertigt? In welch einem Verhältnis steht christlicher Glaube zur Religion und zur Vernunft? Stellt Religion eine Gefahr dar? Vielleicht sogar eine Bedrohung für Christen? Doch zunächst: Wie und in welcher Haltung geht der SPIEGEL mit der Bibel um? Lassen sich Einwände gegen die SPIEGEL-Kritik erheben?
Intoleranz der Bibel oder des SPIEGEL?
Eine Mitschuld an dem durch Religion verursachten Unheil gibt der SPIEGEL auch der Bibel. Er stellt sie auf eine Ebene mit dem Koran, indem er versucht, auch im Neuen Testament Aussagen zu finden, die von Gewaltbereitschaft und Intoleranz zeugen (und die nach Auffassung des SPIEGEL im Widerspruch zu den Bibelstellen stehen, die zu Friedfertigkeit aufrufen). Er zitiert das Wort Jesu:
„Ich bin nicht gekommen, um Frieden zu bringen, sondern das Schwert.“ (Mt 10,34)
Im modernen Sprachverständnis bedeutet diese Aussage, dass Jesus nicht Frieden bringen wollte, sondern Krieg. Und so sollen es wohl auch die Leser des SPIEGEL verstehen, um sich empört vom christlichen Glauben fernzuhalten. Tatsächlich aber ist diese Schriftstelle anders zu verstehen und sie befindet sich auch nicht im Widerspruch zu anderen Stellen. Eigenheiten biblischer Ausdrucksweise müssen berücksichtigt werden. Das Schwert ergreifen nicht Nachfolger Jesu, sondern die Gegner des christlichen Glaubens. Wer in der Nachfolge Jesu steht, muss mit Verfolgung rechnen. Das meint dieses Wort Jesu. Die Geschichte gibt ihm Recht: Bisher haben 43 Millionen Christen als Märtyrer ihr Leben verloren.
Der SPIEGEL behauptet, dass auch Mt 10,35.37 Belege für eine vermeintliche biblische Intoleranz seien. Mt 10,35:
„Ich bin gekommen, um den Sohn mit seinem Vater zu entzweien und die Tochter mit ihrer Mutter.“
Das richtige Verständnis: Wenn jemand in die Nachfolge Jesu tritt, werden sich oft Familienangehörige gegen ihn wenden. Das Wort Jesu erfüllte sich u.a. darin, dass viele, die Christen geworden waren, aus ihrer Familie ausgestoßen wurden. V. 37:
„Wer Vater und Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig.“
Die Eltern mehr lieben bedeutet einem im Widerspruch zum Willen Jesu befindlichen Elternwillen zu folgen, beispielsweise im Falle der Intoleranz der Eltern Jesus Christus gegenüber sich ebenfalls für Intoleranz ihm gegenüber zu entscheiden. Dieser Vers muss mit dem V. 35 in einem Zusammenhang gesehen werden. Prof. Adolf Schlatter kommentiert Vers 37:
„Aus der Zerklüftung der Familie, die sich in grimmiger Feindschaft entzweit, entsteht dieser höchste Anspruch an die Jünger mit Notwendigkeit. Der Anschluss an Jesus hebt jede andere Gebundenheit auf.“3
Unmittelbar nach dem Zitat der Jesusworte schreibt der SPIEGEL auf S. 160:
„Auch der Prophet Mohammed übermittelt grausame Anweisungen Allahs“.
Abgesehen von der unzutreffenden Identifizierung Gottes mit Allah unterstelltdiese Formulierung mit Hilfe desWortes „Auch“ verleumderisch, Jesus habe grausame Anweisungen gegeben. Durch das Lesen von Mt 10,16.39 im Zusammenhang – es geht in diesem Text um Ermutigung zum Bekenntnis in Verfolgungen – hätte das falsche, verunglimpfende Verständnis der Jesusworte mit Leichtigkeit vermieden werden können.
In den betrachteten Bibelstellen hat der SPIEGEL das richtige Verständnis in sein Gegenteil verkehrt, um Waffen gegen die Bibel zu schmieden. Diese Stellen machen deutlich, dass Intoleranz und Gewalt der Feinde Jesu dessen Nachfolger treffen wird.
Der SPIEGEL, intolerant gegenüber der Bibel, tut ihr in seiner „Auslegung“ Gewalt an und macht gleichsam aus Opfern Täter
Doch der SPIEGEL, intolerant gegenüber der Bibel, tut ihr in seiner „Auslegung“ Gewalt an und macht gleichsam aus Opfern Täter. Damit bestätigt der SPIEGEL, ohne es sich bewusst zu sein, die Wahrheit dieses Bibeltextes.
Stößt auch das Alte Testament (AT) auf die Voreingenommenheit des SPIEGEL?
„Am widersprüchlichsten offenbart sich der alttestamentarische Gott, der laut Bibel als ethische Formel auch die Maxime ausgegeben hat …: ‚Auge um Auge, Zahn um Zahn.‘“ (S. 160)
Diese Verordnung ist nicht Ausdruck von Grausamkeit (wie es weithin angenommen wird), sondern steht für Gerechtigkeit. Die Durchführung der Bestrafung sollte auf das gerechte Maß beschränkt werden. Die Verordnung wurde nur bei Mord in die Tat umgesetzt, sonst aber durch eine entsprechende Zahlung oder Ersatzleistung angewandt. Sie galt nur für öffentliche Gerichtsverfahren; private Racheakte waren ausgeschlossen.
Offenbart sich der Gott des AT wirklich am widersprüchlichsten? „Auge um Auge …“ steht nicht im Widerspruch zu den Liebesgeboten des AT. In erster Linie muss die Liebe potentiellen Opfern gelten und deshalb sollten abschreckende Gesetze Verbrecher von ihrer Tat abhalten. Dass es im AT echte Widersprüche gibt, ist vom biblischen Selbstverständnis her auszuschließen. Es konnten auch keine nachgewiesen werden.
Gottlosigkeit als Heilmittel gegen religiösen Wahn und religiöse Gewalt?
Der SPIEGEL beklagt die Verantwortlichkeit der meisten Religionen für Völkerhass, Folter, Mord und Krieg und meint:
„Der Absolutheitsanspruch der abrahamitischen Religionen hat in der Geschichte immer wieder Fanatiker verführt, den eigenen Glauben gegen Ungläubige und Dissidenten durchzusetzen – notfalls mit Feuer und Schwert.“ (S. 160f.)
Aus dieser Behauptung ergibt sich in logischer Konsequenz, dass der SPIEGEL anscheinend auch Jesus Christus für einen Verführer von Fanatikern hält. Jesus hatte ja seine eigene Absolutheit als Sohn Gottes und als einzigen Weg zu Gott gelehrt.
Die konsequente Anerkennung der Absolutheit Jesu Christi führt gerade zur Vermeidung des religiösen Wahns, des Fanatismus und der Gewalt
Die Anerkennung der Absolutheit Jesu Christi verführt jedoch niemanden; sie führt folgerichtig zu Ende gedacht zu einer Ablehnung des Gebrauchs von Feuer und Schwert – exakt im Gegensatz zur Aussage des SPIEGEL! Genau die Anwendung dieser beiden Mittel gegen Andersdenkende hatte Jesus seinen Jüngern verboten (Feuer: Lk 9,54-56, Schwert: Mt 26,52)! Die konsequente Anerkennung der Absolutheit Jesu Christi führt gerade zur Vermeidung des religiösen Wahns, des Fanatismus und der Gewalt und zur Stärkung von Sachlichkeit, Friedfertigkeit und personaler Toleranz!
Doch das scheint der SPIEGEL nicht wahrzunehmen. Er hat seine eigene Vorstellung von einem Heilmittel gegen den religiösen Wahn:
„… die Idee einer vom Glauben an Gott unabhängigen, auf dem Konsens der Gesellschaft basierenden Ethik“ (S. 161) Und weiter zur religiösen Gewalt: „Es war die Bewegung der Aufklärung, die dem mörderischen Treiben ein Ende machte. Deren Ideale – Vernunft, Menschenwürde, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz – … zerbrachen die indoktrinäre Macht der Kirchen.“ (S. 170)
Hat die Aufklärung Europa die Verwirklichung dieser Ideale gebracht und religiösen Wahn und Gewalt überwunden? Wohin führt eine von Gott unabhängige Ethik tatsächlich?
a) Eine von Gott unabhängige Ethik führt den Menschen als religiöses Wesen gerade in den religiösen Wahn! Denn der religiöse Wahn ist doch – wie oben erwähnt – gerade Ausdruck einer Unabhängigkeit von Gott! Ausdruck einer Ablehnung der Lehre Jesu Christi! Er ist Folge des Überschreitens der Grenzen, die die Bibel setzt! Die Gewalt, der Wahn und der Fanatismus in der Kirchengeschichte waren und sind unabhängig von Gott, im Widerspruch zur Bibel, religiös, nicht christlich im neutestamentlichen Sinn! Der religiöse Wahn als Folge einer von Gott unabhängigen Ethik kann in verschiedener Gestalt in Erscheinung treten, am radikalsten im Satanismus mit seinem Gebot „Tue, was du willst!“
b) Eine „aufgeklärte“, von Gott unabhängige Ethik führt in den ideologischen (= ersatzreligiösen) Wahn! Marxismus, Nationalismus, (rassischer) Antisemitismus, Kommunismus, Nationalsozialismus u. a. waren und sind von Gott unabhängige, antichristliche Ersatzreligionen. Ihre im Widerspruch zum christlichen Glauben befindlichen Menschen-, Welt- und Geschichtsbilder führten in den Untergang, beschworen den Tod von rund 150 Millionen Menschen herauf.
c) Eine von Gott unabhängige Ethik führt in den pseudointellektuellen Wahn! Die Hybris autonomer Erkenntnis, Lieblosigkeit, Vorurteile, Unsachlichkeit, Irrationalität, Verblendung und Hass gedeihen vornehmlich im Klima einer Gottlosigkeit. Falschaussagen, Ausblendung missliebiger Tatsachen, Unterstellungen, Verdrehungen, Einseitigkeit und Verunglimpfungen sind besonders bei Autoren zu finden, die eine von Gott abhängige Ethik ablehnen. Man biegt sich die (geschichtliche) Wirklichkeit zurecht, wie man sie aufgrund seiner ideologischen Vorentscheidungen haben will. Die Bibel und ihre Botschaft, deren Mittelpunkt der Sohn Gottes Jesus Christus ist, wird mit unsachlicher Kritik überschüttet, z. B. mit einseitiger Argumentation in „Jesus Menschensohn“ von dem SPIEGEL-Herausgeber Rudolf Augstein. Seine Ablehnung der Gottessohnschaft Jesu Christi wie auch dessen Auferstehung scheint das Zentraldogma des SPIEGEL zu sein, das seine Denk- und Arbeitsweise gut erklären würde. Man will Jesus tot haben(!), nicht als lebendigen Herrn und Retter, nicht als Auferstandenen und zukünftigen Richter der Menschheit. Die vermeintliche Rationalität des SPIEGEL erweist sich bei näherer Betrachtung angesichts seiner Unsachlichkeit und Voreingenommenheit als Irrationalität.
d) Eine von Gott unabhängige Ethik führt in den Tötungswahn an ungeborenen Menschen! Im 20. Jahrhundert dürften Hunderte Millionen Ungeborener getötet worden sein.
Eine von Gott unabhängige Ethik führt in den
Tötungswahn an ungeborenen Menschen
Nochmals: Dazu führt eine von Gott unabhängige, „aufgeklärte“ (!), auf dem Konsens der Gesellschaft basierende Ethik, wie sie der SPIEGEL befürwortet. Heutige aktive Gegner von Abtreibung sind fast nur noch Menschen, die an Gott glauben. Der Film „Der stumme Schrei“ von N. B. Nathanson zeigt: Der Embryo will leben! Wird an ihm ein Mord am Mutterleib eingeleitet, reagiert er schon ab einem Lebensalter von wenigen Wochen mit (filmisch dokumentiertem) Entsetzen. Fast alle schauen weg. Für den SPIEGEL scheint die Tötung von ungeborenen Menschen sogar ein ethisches Ideal zu sein, denn er schreibt:
„… in Fragen der Moral ist auch Johannes Paul ein Fundamentalist, der von der Wiederauferstehung religiöser Werte träumt. Es kommt nicht von ungefähr, dass der Vatikan bei der Uno-Konferenz zur Familienplanung … mit radikalen Islamisten paktiert hat, um eine Resolution zu Empfängnisverhütung und Abtreibung zu verhindern.“ (S. 171)
Damit wird das Eintreten gegen die Tötung unschuldiger Ungeborener mit der abscheulichsten Kategorie, die es für den religiösen Bereich gibt, nämlich „Fundamentalismus“, beschrieben. (Was im Politischen ein Nazi ist, das ist im Religiösen ein Fundamentalist!) Der SPIEGEL findet kein Wort der Kritik an diesen Massentötungen, nur Kritik am Versuch, diesen Massentötungen gegenzusteuern. Das Lebensrecht ungeborener Menschen ist offensichtlich nur noch ein„religiöser Wert“; von einem fundamentalen Menschenrecht ist nicht mehr die Rede. – Der Philosoph Peter Singer plädiert in der Internetausgabe des SPIEGEL dafür, „Kindern erst 28 Tage nach der Geburt (!) das volle Lebensrecht zuzuerkennen, um zum Beispiel geborene behinderte Kinder vor dieser Frist noch töten zu können. Erstaunlich, dass ein solch lebensfeindlicher Extremist überhaupt ein öffentliches Forum bekommt“4, findet idea Spektrum. Kennern des SPIEGEL jedoch dürfte das Staunen darüber schon vergangen sein!
Zum Phänomen „Religion“
Für „Religion“ gibt es keine allgemein akzeptierte Definition. Nach Karl Barth steht Religion grundsätzlich im Widerspruch zum Evangelium von Jesus Christus. In der Religion setzt sich das religiöse Ich götzendienerisch gegen Gottes Willen durch. Dagegen ist geistliches Leben Gabe Gottes und vollzieht sich im Vertrauen auf Jesus Christus im Hören und Tun des Wortes Gottes. Sein Heiliger Geist führt in die Wahrheit. Der SPIEGEL hat das Phänomen „Religion“ auf erschreckende Weise dargestellt und das nicht zu Unrecht! Eine Unterscheidung von Religiosität und geistlichem Leben ist dem SPIEGEL aber offenbar fremd. Er ordnet den christlichen Glauben bibeltreuer Prägung unter das Phänomen „Religion“ ein und hat somit eine Handhabe, ihn verleumderisch als etwas Unvernünftiges, Irrationales, sogar Gefährliches zu bekämpfen.
Überschreitet das Christentum die Grenzen der Bibel, wird es zur Religion. Mt 4,1-11 liefert den Schlüssel zum Verständnis.
Überschreitet das Christentum die Grenzen der Bibel, wird es zur Religion
Dort versucht der Teufel mit fromm klingenden, religiösen Argumenten Jesus zum Überschreiten der von Gott gesetzten Grenzen zu verführen. In der Kirchengeschichte einschließlich der Theologiegeschichte ist man immer wieder dem Teufel gefolgt, indem man fanatisch das Heil mit Macht, Gewalt, Krieg durchsetzen wollte und biblische Lehre mit aus Religionen, Philosophien und Ideologien stammenden Irrlehren vermengte. Viel zu wenig beachtet wird die wiederholte Voraussage des Neuen Testamentes von der Verführung vieler aus der Christenheit. Nicht wenige Theologen haben Philosophien und Weltanschauungen zum Maßstab erhoben für die Entscheidung, was vom Wort Gottes noch wahr sein kann und was nicht, und sie tun es bis zum heutigen Tag. Das zur Religion entartete Christentum hat Christen, die im Sinne Jesu Christi glaubten und lebten oder sich darum ernsthaft bemühten, oft verfolgt, unterdrückt, auf Scheiterhaufen verbrannt, als „Ketzer“ diffamiert und verketzert solche Christen heute nicht selten als „Fundamentalisten“. Entlarvend und m.E. weitgehend zutreffend schreibt der jüdische Autor Thomas Cahill über das religiös entartete Christentum:
„Es kann mit gutem Grund behauptet werden, dass sowohl der mittelalterliche Antihebräismus als auch sein moderner Abkömmling, der Antisemitismus, nichts anderes als Hass auf Gott sind … Der Hass der Christen auf die Juden mag in letzter Instanz Hass auf Gott sein, und zwar ein Hass, den der Hassende vor sich selbst unter allen Umständen geheim halten muss.“5
Vernunft durch den christlichen Glauben!
Ist dem SPIEGEL eigentlich bewusst, dass seine Propagierung der von Habermas (Frankfurter Schule) stammenden Idee einer von Gott unabhängigen, auf dem gesellschaftlichen Konsens basierenden Ethik die Möglichkeit einer demokratischen Entscheidung für die Abschaffung der Demokratie und der Errichtung eines Religionsstaates wie Saudi-Arabien oder eines ideologisch begründeten Terrorregimes einschließt? Verbindliche Werte sind nötig, aber woher kommen sie? Die Werte der Vernunft, der Menschenwürde, der Freiheit, der Gleichheit, der Brüderlichkeit, der Toleranz, die der SPIEGEL der Aufklärung zuschreibt, kommen – recht verstanden – aus der Bibel!
Wahre Vernunft ist ohne Sittsamkeit nicht zu erreichen
Ein Beispiel ist der im griechischen Neuen Testament erscheinende Begriffsophrosyne. Er meint Besonnenheit, vernünftiges Denken, das im Dienst für Gott eingesetzt werden soll, Sittsamkeit. Im Widerspruch dazu stehen Raserei, Fanatismus, Geringschätzung anderer, Hybris.6 Interessant ist, dass im Griechischen derselbe Begriff sowohl für vernünftiges Denken als auch für Sittsamkeit steht! Trennt man beides voneinander, verfällt die Vernunft, wird zur Pseudovernunft. (Vernunft soll hier und sollte m. E. überhaupt verstanden werden als sowohl auf zeitliches als auch auf ewiges Wohl bzw. Heil ausgerichtete Erkenntnis und Praxis. Um zeitliches Wohl zu erreichen, sind u. a. Ethik, sachlich richtige Natur- und Geschichtskenntnis notwendig.) Aber wie ist der grundsätzlich zu Unwahrhaftigkeit und Unmoral neigende Mensch zur Sittsamkeit in der Lage? Er braucht die Orientierung am Willen Gottes, an seinem Wort. Von daher wird deutlich, dass nach Spr 1,7 Gottesfurcht Voraussetzung für Erkenntnis ist, denn ohne wahre Erkenntnis gibt es keine Vernunft.Auf die Gesamtwirklichkeit bezogene Erkenntnis kann nicht ohne Glaube an Jesus Christus erreicht werden (vgl. Kol 2,3).
Der Aufschwung von Wissenschaft und Technik und Wohlstand für breitere Bevölkerungsschichten ist durch den christlichen Glauben erheblich gefördert worden.
Der Aufschwung von Wissenschaft und Technik ist durch den christlichen Glauben erheblich gefördert worden
Die Grundwerte, die unsere gegenwärtige Demokratie ermöglichen, haben also nicht von Gott unabhängige Menschen erdacht, sondern sie entstammen der Bibel. Die Soziale Marktwirtschaft ist wesentlich von Theologen mitkonzipiert worden, die vom biblischen Menschenbild ausgingen. Unsere noch vergleichsweise hohe Lebensqualität ist im Letzten auf die Lehre Jesu Christi zurückzuführen.7 Martin Luther hatte mit seiner Zwei-Reiche-Lehre schon lange vor der Aufklärung das Gewaltmonopol des Staates aus dem Neuen Testament abgeleitet. Christen haben aus dem Geist der Heiligen Schrift heraus entscheidende Fortschritte erzielt wie die Abschaffung der Sklaverei und die Aufhebung der Rassentrennung in den USA oder die Einführung der allgemeinen Schulpflicht in Preußen. Christen, die ihren Glauben im Sinne der Bibel ausüben, leisten weithin unbeachtet einen wertvollen Dienst an der Gesellschaft in Wort und Tat, verbreiten Liebe und Wärme in der Diakonie, im sozialen Einsatz, spenden große Summen für Notleidende, stiften Frieden, sind Bollwerke gegen Extremismus. Christliche Werte und Ordnungen vermitteln hohe soziale Kompetenz. Sie führen zu mehr Gesundheit und Leistungsfähigkeit, höherer Zufriedenheit und Lebenserwartung, zu weniger Kriminalität, zu mehr Gerechtigkeit und Frieden.
Unvernunft im Widerspruch gegen den christlichen Glauben
Indem aber der SPIEGEL den christlichen Glauben durch Bekämpfung des Zeugnisses von der Gottessohnschaft und Auferstehung Jesu zu vernichten trachtet, leistet er seinen Beitrag zur Verrohung der Gesellschaft. Je weniger bibeltreue Christen, desto mehr Rücksichtslosigkeit, Mobbing, Kor ruption, Drogensucht, Gewalttätigkeit! Ein diffamierender Kampf gegen den christlichen Glauben, gegen die Bibel, wie ihn der SPIEGEL praktiziert, führt früher oder später in das Überhandnehmen der Ungerechtigkeit, in das Erkalten der Liebe und in Unfreiheit trotz der Propagierung einiger übrig gebliebener guter Werte. (Der böse Zeitgeist schmückt sich mit einigen guten Werten. Sie ermöglichen ihm die Illusion gut zu sein. Ein schlechtes Gewissen würde ja den Fortschritt in die Gottesferne hemmen!)
Die bürgerliche Gesellschaft lügt sich in die eigene Tasche, wenn sie glaubt, sie könnte an dieser Moral festhalten und gleichzeitig den Glauben an den Grund dieser Moral vergessen
Die Französische Revolution, die „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ im Munde führte und antichristlich eingestellt war, richtete ein grausames Blutbad an (was der SPIEGEL nicht erwähnt)! Der Sozialismus, beruhend auf einem im Widerspruch zur Bibel befindlichen Menschenbild, hat ins Elend getrieben. Eine sich vernünftig wähnende Gesellschaft, die Kinder nicht mehr als Gabe Gottes (Ps 127,3) sehen will, schafft sich in ihrer Kinderfeindlichkeit letztlich selbst ab und hat dabei nahezu unlösbare und leidvolle Probleme zu bewältigen. In den letzten Jahren hat der Sozialphilosoph Prof. Günter Rohrmoser in mehreren Büchern, z.B. in „Nietzsche als Diagnostiker der Gegenwart“ ausführlich die zerstörerischen Folgen der Entchristlichung und der aus ihr resultierenden Unvernunft in Gestalt von Ideologien für Politik, Kultur und Gesellschaft dargestellt. Zur vorherrschenden Ansicht, man könne auch ohne Gott eine gute Moral praktizieren und in autonomer (also von Gott unabhängiger) Vernunft die Probleme bewältigen, sagt Rohrmoser:
„Die bürgerliche Gesellschaft lügt sich in die eigene Tasche, wenn sie immer noch glaubt, sie könnte an dieser Moral und ihren Konsequenzen festhalten und gleichzeitig den Glauben an den Grund dieser Moral auf sich beruhen lassen.
Die Marxisten wurden in diesem Glauben ja bereits widerlegt, aber wir werden es noch erleben, dass auch unser liberaler Pragmatismus daran scheitern wird. Auf die Dauer kann der Verlust des Glaubens an den Grund der Moral auch durch Pragmatismus nicht kompensiert werden.“8
Der Gottes-Verlust führt langfristig zum Werte-Verlust. Humanität ohne Gott verfällt leichter zur Inhumanität.9
Zur zeitgenössischen „Vernunft“ gehört es offensichtlich, die positiven, NOTwendigen Wirkungen des biblisch begründeten Glaubens zu ignorieren. Bibelkenner sind davon nicht überrascht. Die „Vernunft“ des Menschen ist keine absolute, unabhängige Größe, sondern gefangen in menschlicher Subjektivität. Das Innerste der menschlichen Person, der Ort der grundlegenden Entscheidungen, ist nach der Bibel unmoralisch, verlogen, feindselig gegen Gott und somit auch religiös und unvernünftig. Hier ist die Quelle der zunehmend unsachlichen massenmedialen Darstellungen des christlichen Glaubens und christlicher Standpunkte. (Übrigens: Ist dem SPIEGEL bewusst, dass er mit solchen Darstellungen die Bibel bestätigt, biblische Prophetie erfüllt? Vgl. Mt 5,11f. und 24,9; Lk 6,22!)
Am Horizont türmen sich dunkle Wolken auf: Das Abendland verfinstert sich zum Nachtland
Das bisher dargestellte Denken des SPIEGEL ist keine Singularität. Es ist repräsentativ für einen Großteil der sog. „intellektuellen Elite“, der Mächtigen und Einflussreichen und darüber hinaus für zahlreiche Zeitgenossen. Zum Beispiel nannte der Philosoph Herbert Schnädelbach in der ZEIT das Christentum einen Fluch und legte ihm die Selbstaufgabe nahe10 und einer der führenden Naturwissenschaftler, Hubert Markl, forderte, dass es bei der Bestimmung von Werten keine Vorherrschaft des Christentums mehr geben dürfe.11 In bedeutenden Medien (die Mehrzahl der Medienschaffenden sind Atheisten!) wird der Ton gegen den christlichen Glauben und gegen bibeltreue Christen immer schärfer: „christliche Taliban“, „extrem-religiös“, „religiöse Rechte“, „frauenfeindlich“, „Fundamentalismus“ und der Vorwurf des geistigen Terrorismus. Der Begriff „Fundamentalismus“ beinhaltet heute religiös-ideologischen Fanatismus, Intoleranz, Gewaltbereitschaft, Borniertheit, Wissenschaftsfeindlichkeit und ist deshalb nicht nur völlig unpassend für biblisch orientierte Christen, sondern geradezu verleumderisch. Ignoranz und Vorurteil sind in unserer aufgeklärten Informationsgesellschaft so weit verbreitet, dass heute extra darauf hingewiesen werden muss: Auch Extremismus, rechte Ideologie, Frauenfeindlichkeit und geistiger Terrorismus sind gänzlich unvereinbar mit der Bibel. Die Kette unsachlicher, verunglimpfender Darstellungen christlicher Standpunkte und bibeltreuer Christen will nicht abreißen. Der SPIEGEL meint:
„Tumbe Heilsgewissheit gibt es freilich nicht nur in Sudan, Algerien oder Afghanistan, sondern auch in Deutschland und den USA. Sie darf nicht toleriert werden: nicht an unseren Schulen, nicht in der Öffentlichkeit.“12
Mit „tumber Heilsgewissheit … in Deutschland und den USA“ ist hier zweifellos nicht Errettungsgewissheit durch den Glauben an Jesus Christus gemeint, sondern die angeblich dumme Gewissheit, dass Jesus alleiniger Retter ist. Dummheit, Grausamkeit, Terrorismus, Massenmord – auf diese Ebene werden bibeltreue Christen gestellt!
Dummheit, Grausamkeit, Terrorismus, Massenmord – auf diese Ebene werden bibeltreue Christen gestellt
Das heute schon seltene Bekenntnis zu Jesus Christus soll in den Schulen und in der Öffentlichkeit völlig verstummen! Es darf noch nicht einmal in Schulen und Öffentlichkeitgedachtwerden (wenn man die Formulierung des SPIEGEL genau nimmt)! Je mehr christlicher Glaube aus den Schulen gedrängt wird, desto mehr Gewalt und Terror dringen hinein. Diejenigen, die die höchste Ethik vertreten, nämlich die Ethik Jesu Christi, und die diese Ethik auch am ehesten in die Praxis umsetzen, werden am meisten verleumdet und vor ihnen werden die furchtbarsten Warnungen ausgesprochen! Das ist ein Beispiel dafür, dass mit der Ethik immer auch Vernunft zerstört wird! Es ist ein Kennzeichen der Unvernunft, dass sie sich selbst als solche nicht wahrnimmt.
“Intoleranz gegenüber dem Christlichen und Toleranz gegenüber dem Antichristlichen!” scheint in Europa die Devise einflussreicher Kräfte zu sein
Der antichristliche Medienkampf in seinen Vorurteilen, Einseitigkeiten, Unsachlichkeiten, Verleumdungen lässt an die antisemitische Literatur des 19. Jahrhunderts denken. Deren Saat folgte eine Ernte des Grauens im 20. Jahrhundert. Es will scheinen, dass der SPIEGEL und andere Medien den Boden für eine künftige Christenverfolgung vorbereiten. Hatte man früher biblisch orientierte Christen eher ignoriert oder für irrelevant erachtet, stuft man sie inzwischen als Gefahr ein. In gesunden Demokratien werden sie im Allgemeinen nicht als Gefahr gesehen, wohl aber in religiös oder ideologisch bestimmten Diktaturen. Das ist bemerkenswert und deutet an, wohin die Reise geht: Es lässt nämlich (wie auch weitere Beobachtungen) befürchten, dass unsere Demokratie mittel- oder langfristig in einer Diktatur endet. Abgesehen von dem viele Christen betreffenden massenmedialen Diskriminierungsdruck stehen manche Christen aus Glaubensgründen auch beruflich unter Druck oder haben ihren Arbeitsplatz schon verloren, und der Leidensdruck wird sicher noch zunehmen. „Intoleranz gegenüber dem Christlichen und Toleranz gegenüber dem Antichristlichen!“ scheint in Europa die Devise einflussreicher Kräfte zu sein.
„Die äußerlich so kuschelige Toleranzgesellschaft errichtet hinter ihren Kulissen eine existentielle Bedrohung für evangeliums- und bekenntnisgemäße Identität. Medienwirksam wurde im vergangenen Jahrzehnt unter dem Etikett ‚Fundamentalist‘ eine Projektionshülse aufgebaut, in die ein Sammelsurium von Negativa verfrachtet wird. Wenige haben bisher das dämonische Gewaltpotential wahrgenommen, das hinter der pluralistischsentimentalen Oberfläche der westlichen Konsumgesellschaft existiert.“13
Dazu kommt, dass der Islam, der in der Gegenwart der Hauptverursacher für Christenverfolgung ist, in den Massenmedien erheblich verharmlost wird. Während Christen wenig geschont werden, wagt es heute kaum einer, die religiösen Gefühle von Moslems zu verletzen. Letzteres kann bestraft werden. Praktisch dürfen Christen beleidigt werden, denn eine Beleidigung von Christen gefährdet ja nicht den öffentlichen Frieden, da sie auf Beleidigungen friedfertig reagieren! Wird dagegen eine gewaltbereite Religion kritisiert, können dies deren Anhänger als Beleidigung empfinden und eine Demonstration veranstalten, auf der der öffentliche Frieden gefährdet wird. Wehe dem Kritiker vor deutschem Gericht (siehe §166 des Strafgesetzbuchs)!14
Im Nahostkonflikt stehen viele Politiker und die Massenmedien im Allgemeinen eher auf der Seite des Islam. Letztere berichten und kommentieren einseitig und unfair zu Ungunsten Israels – schon lange vor Ariel Scharon! (Zahlreiche Berichte und Kommentare sind nach folgendem Schema gestaltet: Hauptsächlich wird die Reaktion Israels und der USA auf den Terror kritisiert, sehr viel weniger jedoch die palästinensische und arabische Terrorpolitik. Stark wird das Leiden der Palästinenser herausgestellt, erheblich weniger das Leiden und die Bedrohtheit der Israelis. Fast gar nicht wird der Vernichtungswille von Palästinensern und von arabischen Staaten gegenüber Israel und dessen Wurzeln im radikalen Islam dargestellt geschweige denn kritisiert. Die Haupthindernisse für einen Frieden werden nicht deutlich, nämlich der eben genannte Vernichtungswille der Radikalen wie auch die ungeheuren Hass auf Israel provozierende einseitige, z. T. unsachliche Darstellung in arabischen Medien. Kurz und etwas vereinfacht: Europas Medien kritisieren die Reaktion auf das Böse, viel zu wenig aber das Böse selbst. Durch eine solche Haltung fördert Europa letztlich den Terror.) Obwohl viele Politiker und Journalisten das Existenzrecht Israels befürworten und Antisemitismus ablehnen, ist deren Handeln und Berichten dennoch zu einem beträchtlichen Teil unfair gegenüber Israel. Das lässt auf einen weit verbreiteten ins Unbewusste verdrängten Antisemitismus schließen. Es ist nicht überraschend, wenn der kontinuierlich gepflegte Antiisraelismus der Medien den Antisemitismus entflammt. Kürzlich wurde in Deutschland z.B. eine Jüdin, die einen Davidsstern als Schmuck trug, mit Faustschlägen ins Gesicht malträtiert. – Diese und andere Gründe könnten als Hinweise dafür gewertet werden, dass Europa beginnt, mit dem islamischen Nahen Osten religiös-kulturell und vielleicht sogar politisch zu verschmelzen. Übrigens wird in Europa bei gleichbleibender Entwicklung der Islam bis zum Jahr 2014 zweitstärkste Religion nach dem Katholizismus.15
Ebenso wie der Islam wird der Buddhismus beschönigt, der nach dem Islam und dem Kommunismus gegenwärtig der drittgrößte Verursacher von Christenverfolgung ist. Prof. Rohrmoser:
„Wir stehen erst am Anfang der Eroberung des ehemals christlichen Abendlandes durch den Buddhismus und andere Formen asiatischer Religionen.“16
Die Rede des Dalai Lama vor dem Europaparlament in Straßburg wurde mit lang anhaltendem, stehendem Applaus beantwortet. Die Parlamentspräsidentin Fontaine nannte den Dalai Lama in der Begrüßung ein „Symbol für Frieden und Toleranz zwischen Nationen und Religionen für eine überwältigende Mehrheit der rund 380 Millionen Bürger der EU.“17
Als Vertreter der höchsten Ethik wird nicht mehr Jesus Christus verstanden, sondern der Dalai Lama
Als Vertreter der höchsten Ethik wird nicht mehr Jesus Christus verstanden, sondern der Dalai Lama. Im Oktober 2002 will der Dalai Lama in Österreich ein Kalachakra-Tantra-Ritual durchführen. Kritiker weisen darauf hin, dass dieses Ritual zur Vorbereitung eines buddhistischen Weltreiches diene und einen Religionskrieg von Buddhisten gegen Nicht-Buddhisten um die Weltherrschaft fördere.18 Der Christen verfolgende Buddhismus wird willkommen geheißen; der Weg, die Wahrheit und das Leben, Jesus Christus (vgl. Joh 14,6), wird verabschiedet. Orientierungslosigkeit, Unwahrheit und Tod greifen um sich. Dunkle Wolken ziehen am Horizont herauf. Das Abendland verfinstert sich zum Nachtland.
Diese Momentaufnahme gegenwärtiger Entwicklungen soll im Folgenden theologisch gedeutet werden.
Gesamtschau aus theologischer Perspektive
Kein Buch der Weltliteratur beschreibt den Menschen so schonungslos und zugleich realistisch wie die Bibel.
Kein Buch der Weltliteratur beschreibt den Menschen so schonungslos und zugleich realistisch wie die Bibel
Der Mensch ist in seinem Wesen zutiefst Gott ablehnend, unmoralisch und verlogen, ohne inneren Frieden. Er kann sich daraus nicht selbst erlösen.
Doch der heilige und liebende Gott hat sich dem in Sünde gefallenen und von Ihm getrennten Menschen offenbart und in Jesus Christus das Werk der Erlösung vollbracht, dessen glaubende Annahme Voraussetzung ist für die ewige Gemeinschaft mit dem dreieinen Gott und für die Verschonung vor dem Gericht. Dieses Gericht hatte der sündlose Gottessohn in freiem Willen stellvertretend für die sündige Menschheit erlitten. Doch die große Masse der Menschen verharrt in der Feindschaft gegenüber Jesus Christus, lehnt damit das Rettungsangebot und den Frieden Gottes ab und verfällt seinem gerechten Gericht. Des Menschen Alternative zum Heilsweg Gottes ist Religion, in der er sich selbst und/oder sein Heil durch eigenes Bemühen zu verwirklichen hofft. Gegen Gott setzt der Mensch seine Götzen, auch in Gestalt falscher Gottesvorstellungen. Zum Bereich des Religiösen sind auch das nicht biblisch sich begründende Christentum, der Humanismus19 und der Atheismus20 zu zählen.
Gott müht sich um den Menschen: Die Welt als gefallene Schöpfung fordert den Menschen heraus, Gott zu suchen. Doch der Mensch will dieser Herausforderung entgehen, indem er die Schöpfungslehre zurückweist (Antikreationismus) und die Weltproblematik durch eigene Philosophien und Ideologien zu erklären bzw. zu lösen sucht.
Gott erwählt sich ein kleines Volk, die Juden, um sich durch dieses der Menschheit zu offenbaren und ihr sein Rettungsangebot bekannt zu machen („Das Heil kommt aus den Juden.“ Joh 4,22). Doch der Mensch reagiert mit Antisemitismus und National-Antisemitismus (Antiisraelismus).
Gott ließ sein Wort, die Heilige Schrift, durch Juden niederschreiben. Aber der Mensch antwortet darauf mit Bibelkritik.
Gott sandte seinen Sohn Jesus Christus in die Welt, sie zu erlösen, doch der Mensch reagiert darauf mit der Kreuzigung, mit der Ablehnung der Gottessohnschaft und Auferstehung Christi.
Die christliche Gemeinde, die die Liebe Gottes durch seinen Sohn Jesus Christus der Menschheit bezeugt, erfährt Verachtung, Hass und Martyrium.
Das Recht auf das sehr kleine Land Israel, Ort des Offenbarungshandelns Gottes an und durch das Volk Israel, wird diesem teilweise oder ganz bestritten (Antizionismus).
Antisemitismus, Antiisraelismus, Antizionismus, Feindschaft gegenüber dem biblisch begründeten Christentum, Bibelkritik, Antikreationismus – all das stammt aus derselben Quelle: der die grundlegenden Entscheidungen fällenden Primärinstanz, dem unwahrhaftigen gottfeindlichen religiös-irrationalen Wesen des Innersten der menschlichen Person. Das religiöse Ich bunkert sich mit Hilfe der oben aufgezählten Feindseligkeiten gegen die göttliche Herausforderung ein und verweigert sich so der Retterliebe Gottes. Das religiöse Ich ist nicht wahrhaftig und steht nicht auf der Seite der Wahrheit, deshalb eignet all diesen Feindseligkeiten immer eine verzerrte Wahrnehmung des Gegenstands, etwa des Judentums oder der Bibel, mit der Folge immer zahlreicher werdender feindseliger, verzerrender, halbwahrer Darstellungen in der Öffentlichkeit.
Alle diese Spielarten der Gottesfeindschaft bergen antijüdische Aspekte in sich
Bemerkenswerterweise bergen alle diese Spielarten der Gottesfeindschaft jeweils antijüdische Aspekte in sich und diese sind kennzeichnend nicht nur für ideologisches Denken, sondern auch für religiöses einschließlich eines religiös verfälschten Christentums! Die antijüdische Haltung ist anthropologische Fundamentalkomponente und -konstante, aber im Glauben an Jesus Christus überwindbar. Wer diese grundlegende Feindschaft des Menschen gegen das Jüdische verstehen will, muss die bekanntlich von jüdischen Autoren geschriebene Bibel zur Kenntnis nehmen! Doch ihrer Botschaft verschließt man sich durch Bibelkritik. Und diejenigen, die die Bibel gegen Kritik verteidigen, werden kurzerhand „Fundamentalisten“ genannt. So bleibt der Mensch, wie es schon Martin Luther formulierte, in sich selbst verkrümmt. Er verweigert die offene Begegnung mit der notwendigen Erkenntnisquelle.
Die europäische Philosophietradition hat sich weitgehend aus christlichen Wurzeln gelöst. Von daher scheint die Schlussfolgerung zwingend, dass das europäische Denken auch jüdische Erkenntnis zurückweist. Der Berliner evangelische Theologe Prof. Friedrich-Wilhelm Marquardt bestätigt sie:
„Das jüdische Volk klagt … eine Israel- und Gottesbestimmtheit der Vernunft ein, die sie aus philosophischen Wurzeln, im Naturrechtsdenken oder in irgendeinerreligio naturalisnicht hat. Im Gegenteil. DieabendländischeVernunfttradition entsteht immer wieder in einem antijüdischen Affront … Die antijüdischen Konstitutionsbedingungen der klassischen deutschen Philosophie sind bisher in ihrer philosophisch-methodischen Bedeutung m. W. nicht eruiert worden. Und schon gar nicht das essentiell (wenn auch nicht immer ausdrücklich) Antijüdische in der Entwicklung des abendländischen Menschheitsgedankens … Es ist, als müsse das Judentum in seiner Eigenart geopfert werden, um die Menschheit in ihre Einheit führen zu können.“21
Die abendländische Philosophie speist sich somit auch aus religiös-gottfeindlichen Quellen. In der Verneinung der jüdisch-christlichen Perspektive, der Definition der Vernunft von Gott her, liegt die Verneinung Gottes durch die einflussreichsten Geistesmächte Europas.
Das jüdische Volk bleibt bis an das Ende ein in seiner Existenz bedrohter Fremdkörper
Besonders in den letzten Jahrhunderten ist der intellektuelle Widerspruch gegen Gott immer stärker zur Entfaltung gekommen in Gestalt pseudosachlicher und pseudomoralischer Argumentationsgebäude. In religiös-philosophischer Selbstbestimmtheit will der Mensch seinen Weg durch die Geschichte schreiten und sein Reich in selbstbestimmter Vernunft gestalten. Dieser Weg wird nach biblischer Prophetie in einem apokalyptischen Einheits-Weltreich des Antichristen gipfeln, der schließlich einen Großteil der Menschheit in den Abgrund reißt. Vorzeichen des nahenden Endes sind nach der Bibel u.a. Kriege, Erdbeben, Epidemien, Diffamierung und Verfolgung von Christen, Verkündigung des christlichen Glaubens in allen Nationen, trotzdem Unglaube vieler, gegen Jesus Christus gerichtete Religion, Verführung, jüdische Rückkehr nach Israel, politisches und religiöses Einheitsstreben. Das jüdische Volk ist und bleibt bis an das Ende mehr oder weniger ein in seiner Existenz bedrohter Fremdkörper, dem Integration nur unter der Bedingung der Preisgabe seiner Eigenart gewährt würde. Im Finale kommt es um Jerusalem zu einem Weltkrieg. Der wiederkehrende Jesus Christus, der Sohn Gottes, beendet ihn und hält Gericht über die Völker. Die Überlebenden Israels werden als ganzes Volk Jesus Christus als ihren Messias erkennen und gerettet.
Die Möglichkeit der Rettung steht aber schon heute jedem Menschen offen, der seine Schuld und sein Leben Jesus Christus anvertraut.
„Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzig geborenen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.“ (Joh 3,16)
Vereinfachung?
Wer – wie in diesem Beitrag – politische, gesellschaftliche oder kulturelle Entwicklungen von Gott her deutet, muss sich oft den Vorwurf der Vereinfachung gefallen lassen. Aber ist dieser Vorwurf wirklich berechtigt? Zweifellos ist er eine Immunisierungsstrategie, um der Frage nach Gott aus dem Wege zu gehen. Die Komplexität der Erscheinungen und ihrer oft vielfältigen Ursachen darf nicht geleugnet werden, denn ein Problem hat oft eine primäre Ursache, aus der sich sekundäre Ursachen abzweigen und aus ihnen vielleicht sogar tertiäre. Doch Christen können deutlich machen, dass die Problematik des Menschen in seinen Weltbezügen, in seinen zwischenmenschlichen und sozialen Bezügen und in seiner Beziehung zu sich selbst ihren primären Grund in der gestörten Beziehung zu Gott hat. Wenn Christen deshalb auf Gott hinweisen, vereinfachen sie nicht, sondern stoßen zum Kern der Problematik vor. Tatsächlich sind diejenigen die Vereinfacher, die die primäre Ursache der Schwierigkeiten in der selbstverschuldeten Trennung des Menschen von Gott ignorieren und in zweitrangige Details ausweichen.
Auflagenhöhe: 1,1 Millionen während des 4. Quartals 2001. ↩
Ausgabe vom 8.10.2001 auf S. 160ff. Verfasser: Dr. Erich Follath, Manfred Müller, Ulrich Schwarz, Dr. Stefan Simons. ↩
Adolf Schlatter: Der Evangelist Matthäus. Seine Sprache, sein Ziel, seine Selbständigkeit, Stuttgart 19827, S. 350. ↩
Idea Spektrum 5/2002, S. 10. ↩
Thomas Cahill: Abrahams Welt. Wie das jüdische Volk die westliche Zivilisation erfand, Köln 2000, S. 138. ↩
Elberfelder Studienbibel mit Sprachschlüssel NT, Wuppertal 19983, S. 1002. ↩
Ingo Resch (Hrsg.): Mehr als man glaubt. Christliche Fundamente in Recht, Wirtschaft und Gesellschaft, München 2000 (URL: http://www.iavg.org/text 17.htm). ↩
Günter Rohrmoser: Nietzsche als Diagnostiker der Gegenwart, München 2000, S. 380. ↩
Vgl. Erhard Berneburg: Ein Tabubruch, der zur Menschentötung führt, in: DIAKRISIS 1/2 2002, S. 6. ↩
Idea Spektrum 42/2000, S. 8. ↩
TOPIC Nr. 1/2002, S. 5. ↩
Zitiert nach TOPIC, a.a.O. ↩
Christfried Kulosa: Mitteldeutsche Perspektiven protestantischer Fusionen und Konfusionen nach der Wendezeit, in: Herbert H. Klement (Hrsg.): Theologische Wahrheit und die Postmoderne, Wuppertal 2000, S. 342f. ↩
Vgl. TOPIC Nr. 4/2002, S. 6f. ↩
Vgl. Stimme des Trostes, April 2002, S. 6. ↩
Günter Rohrmoser: a.a.O., S. 354 (nach einer Vorlesung im Sommersemester 1989!). ↩
Zitiert nach factum 1/2002, S. 10. ↩
Idea Spektrum 13/2002, S. 12. ↩
Der Humanismus ist sicherlich die fundamentale Weltanschauung des gegenwärtigen Europa: Der Mensch ist höchster Wert, der sich unabhängig von Gott selbst bestimmt und verwirklicht. Die Verfallenheit gegenüber dem Bösen und die Erlösungsbedürftigkeit des Menschen wird im Widerspruch gegen Gott verkannt. So vertrat schon 1977 der Psychoanalytiker Erich Fromm die heute für viele immer noch aktuelle „Utopie … einer in diesseitiger, nichttheistischer Religiosität lebenden humanen Gesellschaft.“ (Werner Strombach: Einführung in die Systematische Philosophie, Paderborn 1992, S. 165). ↩
Der Atheismus lässt sich letztlich nur religiös begründen. ↩
Friedrich-Wilhelm Marquardt: Perspektiven der Noah-Tradition für die Weltgestaltung aus der Sicht des Christentums, in: Ulrich Dehn (Hg.): Noah – Allianz unter dem Regenbogen? EZW-Texte Nr. 163, 2002, S. 34f. ↩