Menschen, auch Christen, sind gegenüber spektakulären Versprechungen und Aufsehen erregenden Prophezeiungen durchaus offen. Vielfach wird der Wunsch, das übernatürliche Reden im eigenen Leben zu hören, noch unterstützt durch die Warnung der Propheten selbst, das Wirken des heiligen Geistes keinesfalls durch kritische Anfragen zu behindern.
Die weitverbreitete Leichtgläubigkeit gegenüber „christlichen Propheten“ ist überraschend. Die meisten Personen, die den Propheten zujubeln, würden in ihrem Beruf kaum nach denselben Prinzipien vorgehen. Doch wenn jemand vorgibt, im Namen Gottes zu sprechen, scheinen alle Bedenken und jede Vorsicht außer Acht gelassen zu werden.
Falsche Prophetie in der Bibel
Eine die Zukunft oder den Willen Gottes erklärende Mitteilung durch einen Menschen kann als Prophetie bezeichnet werden. Gott spricht in der Bibel durch Träume, Visionen, Stimmen und auf anderen Wegen zu den Propheten. Sie sollen die Mitteilungen Gottes unverfälscht an das Volk weitergeben. Der Auftrag der Propheten besteht darin, allgemein gültige Erkenntnisse zur offenbarten Wahrheit Gottes und konkrete Weisungen für das jetzt geforderte Handeln und die notwendig zu treffenden Entscheidungen zu geben.
Die für Geld wahrsagenden Berufspropheten Israels werden im Alten Testament heftig von den wahren Propheten Gottes kritisiert (Jes 28,7; Jer 6,13; Mi 3,5.11; 2Kön 5,16).
Die falschen Propheten stehen mit ihren Voraussagen im deutlichen Gegensatz zu den Schriftpropheten Amos, Micha, Jeremia und Hesekiel. Mit Rücksicht auf ihre Stellung und ihr Ansehen verkündigen sie, was die Menge gerne hört (Jer 5,31). Mit Schlagworten und frommen Phrasen kommentieren sie die aktuellen politischen Fragen (Jer 6,14; 8,11; Hes 13,10.16). Darüber hinaus verführen sie das Volk (Jer 14,13-16; 23,17.25-27; 27,10- 15; Hes 13) durch ihre falschen Visionen und Prophetien, die ihren eigenen Gefühlen und Gedanken entspringen (Jer 14,14; 23,25-27; Hes 13,6f.; 22,28). Durch ihre falschen Prophetien können Volk und König verblendet werden (1Kön 22,22f.).
Bileam (4Mose 22-25) ist ein Prototyp des falschen Propheten (2Petr 2,15; Jud 11). Obwohl er sogar echte Botschaften von Gott erhalten konnte, verführte er das Volk Israel zum Götzendienst. Falsche Propheten sind für ihre Voraussagen vor Gott verantwortlich (Jer 23,30ff; Mi 3,6).
Echte Propheten sagen, wozu Gott sie teilweise sogar gegen ihren Willen beruft. Sie geben dem Volk auch unangenehme Ermahnungen Gottes weiter. Sie sind unabhängig von aktuellen Modemeinungen und prophezeien häufig im Gegensatz zur zeitgenössischen militärischen und politischen Lage. Ihre Voraussagen erfüllen sich zur angegebenen Zeit (5Mose 18,22; Jer 28,9). Sie kehren weder ihre Prophetie noch sich selbst besonders herauS. Ein Personenkult ist ihnen fremd.
Selbst die ehrliche eigene Überzeugung, wirkliche Offenbarungen Gottes weiterzugeben, ist keine Garantie dafür, dass tatsächlich Gott für die Aussage verantwortlich zeichnet
Für das Ende der Zeit warnt Jesus die Christen vor dem Auftreten falscher Propheten, die große Zeichen und Wunder vollbringen (Mt 24,24). Sie werden viele anziehen und viele in die Irre führen. Selbst die ehrliche eigene Überzeugung, wirkliche Offenbarungen Gottes weiterzugeben, ist keine Garantie dafür, dass tatsächlich Gott für die empfangene Aussage verantwortlich zeichnet. Jesus erwähnt Propheten, die meinten göttliche Worte empfangen zu haben und doch von Gott nicht gekannt sind (Mt 7,22).
Auch an anderen Stellen des Neuen Testaments wird vor falschen Propheten gewarnt, die Menschen mit falschen Zeichen und Wundern auf ihre Seite ziehen (1Kor 12,3; 1Tim 3,8; 1Joh 4,1-3). Die Ältesten von Ephesus werden von Paulus ermahnt, sich vor Menschen in Acht zu nehmen, die in der Gemeinde auftreten werden, um mit „verkehrten Reden“ die Christen zu verführen und um sich zu scharen (Apg 20,28-31). Um diese zu identifizieren, müssen die Geister unterschieden und die Voraussagen überprüft werden (1Kor 14,29; Hebr 5,14). Falsche Propheten sollen gemieden werden.
Die Erfüllung einer Prophetie ist nicht alleiniges Kriterium für die Göttlichkeit einer Offenbarung (5Mose 18,22). Aber auch Offenbarungen, die eintreten, müssen nicht von Gott eingegeben worden sein (5Mose 13,1-6). Entscheidend ist darüber hinaus, ob sich die Propheten der Bibel unterordnen oder ob sie sich an anderen Göttern orientieren. Natürlich muss auch überprüft werden, ob die entsprechende Prophetie sich im Einklang mit den anderen Aussagen der Bibel befindet. Schon Paulus nennt dieses Kriterium und lehnt jede Offenbarung ab, die anderen Aussagen der Bibel entgegensteht, sei sie auch übernatürlich empfangen oder durch Engel verkündet (Gal 1,8f). Die Grundlagen des Glaubens sind mit dem Abschluss des Neuen Testaments ein für allemal gegeben (Röm 16,26; 2Petr 2,19; Jud 3; Hebr 1,2). Der Heilige Geist offenbart in erster Linie auch keine neuen Wahrheiten, sondern hat die Aufgabe den Christen an die schon offenbarten Worte Jesu zu erinnern (Joh 14,26; 16,13f.).
Falsche Prophetie von Sektenvertretern
Zahlreiche der bekannten Sekten haben sich in der Vergangenheit auf scheinbar von Gott stammende Prophetien berufen, die sich schon bald als Irrtümer herausgestellt haben.
Zeugen Jehovas wurde 1914 der Beginn des Tausendjährigen Reiches angekündigt, statt dessen begann der Zweite Weltkrieg. Auch 1918, 1925 und 1975 erfüllten sich die Hoffnungen auf einen Anbruch des Gottesreiches nicht. Selbst die Zusage, dass zumindest die Generation von 1914 die Wiederkunft Jesu noch zu Lebzeiten erleben würden, hat sich zwischenzeitlich als falsch herausgestellt. Diese Fehlprophetien wurden allerdings nie eingestanden, statt dessen wurden die eigenen Voraussagen umgedeutet oder geleugnet.
Die amerikanischen Adventisten sagten irrtümlich für 1843/44 die Wiederkunft Jesu vorauS. Konsequenterweise verließen nach dieser Falschmeldung zahlreiche Anhänger die Bewegung. Einzelne Gruppen der Adventisten aber hielten an ihren Spekulationen fest. Aus einer dieser Gruppen entwickelten sich nach einigen Jahren die Zeugen JehovaS.
Durch Visionen soll Ellen Gould Harmon erfahren haben, dass die Sonntagsheiligung das „Mal des Tieres“ sei
Eine andere Adventistengruppe scharte sich um Hiram Edson, der 1844 eine Vision erhielt. Darin sei ihm mitgeteilt worden, dass 1844 Jesus Christus ins himmlische Heiligtum eingetreten sei, auf der Erde aber keine heilsgeschichtlichen Veränderungen zu erwarten wären. Auch Ellen Gould Harmon bekam zahlreiche Visionen, in denen ihr unter anderem der Termin der Wiederkunft Jesu, die Rettung von 144 000 treuen Gläubigen und andere endzeitliche Ereignisse mitgeteilt wurden. Durch Visionen soll sie auch erfahren haben, dass die Sonntagsheiligung das „Mal des Tieres“ sei und, dass Christen zur Einhaltung alttestamentlicher Gebote verpflichtet seien.1
Ab 1832 will J. B. Cardale Offenbarungen von Gott bekommen haben. Darin wurde er aufgefordert, zur Vorbereitung der Wiederkunft Jesu eine Gemeinde nach urchristlichen Maßstäben aufzubauen. Unter anderem sollten 12 Apostel berufen werden, zu deren Lebzeiten der Beginn des Reiches Gottes angekündigt wurde. 1901 starb der letzte Apostel der Katholisch Apostolischen Gemeinde, ohne, dass sich die Prophetie erfüllte.2
Stammapostel Bischoff der Neuapostolischen Kirche verbreitete ab 1951 seine Endzeitbotschaft. Dementsprechend hatte er von Gott die Zusage bekommen, dass noch zu seinen Lebzeiten Jesu Christus erneut auf die Erde kommen würde. Als Bischoff schließlich 1960 starb und die Wiederkunft Jesu weiterhin ausstand, gestand sich die neue Leitung keinen Fehler ein, statt dessen sollte Gott seine Meinung geändert haben.3
Auch die Mormonen verweisen auf eine ansehnliche Menge nicht erwartungsgemäß in Erfüllung gegangener Prophetien. Nach einer Offenbarung Gottes begannen sie gegen 1835 mit dem Bau des neuen Zion in Independence, Missouri. Ausgehend von dieser Stelle sollte eines Tages ganz Amerika zu Zion werden. Doch schon wenige Jahre später erübrigte sich diese Vorhersage, die Mormonen wurden vertrieben und gründeten eine neue Gottesstadt in IllinoiS. Durch Gott vermittelte „Neuägyptische Schriftzeichen“ erwiesen sich später als Fälschungen.4
Schon die ersten Mormonen sahen sich alle als die letzte Generation von der Aufrichtung des Reiches Gottes an und nannten sich daher „Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage“. Zwischenzeitlich haben sich diese letzten Tage allerdings schon auf rund 170 Jahre ausgedehnt. Nichts desto trotz sprachen verschiedene Führer der Mormonen seit 1995 von einem Ende des bisherigen Weltsystems um die Jahrtausendwende.5
Gabriele Wittek verkündet im Universellen Leben seit 1987 Offenbarungen GotteS. Ihren Worten entsprechend hat die Endzeit bereits begonnen. Schwere Umweltkatastrophen stünden unmittelbar bevor. Nur die Einrichtungen der Sekte böten die Möglichkeit in der weltweiten Apokalypse zu überleben, bis die Gläubigen von UFOs in Sicherheit gebracht würden. 15 Jahre nach diesen „aktuellen“ Offenbarungen sind Zweifel angebracht, ob sie je in Erfüllung gehen werden.6
Die Prophetin der Sekte Fiat Lux sieht sich als „Sprachrohr Gottes“. Im Jahr 1998 lässt Uriella eine Pressemeldung verbreiten, in der sie den nahenden Weltuntergang ankündigt. Noch im selben Jahr solle der dritte Weltkrieg beginnen. Bis 1999 würden zwei Drittel der Weltbevölkerung sterben. Drei Meteoriten sollen in die Nordsee fallen, ein Regierungsoberhaupt ermordet werden und die Russen in Deutschland einmarschieren usw. Erfreulicherweise ist keine der „göttlichen Prophetien“ eingetroffen.7
Falsche Prophetie von Charismatikern
Immer wieder legitimieren charismatische Leiter ihre Aussagen durch „Gott hat mir gesagt …“, oder „Dann zeigte mir Gott in einer Vision …“. Dadurch wird bei den Zuhörern der Eindruck erweckt, als befänden sich die Sprecher in einem beständigen Dialog mit Gott, der sie zu einem geisterfüllten Dienst befähige. Eine Garantie für die verkündeten Prophezeiungen oder gar eine juristische Haftung für möglichen aus falscher Prophetie entstehenden Schaden übernimmt keiner dieser „Sprachrohre Gottes“. Im Abstand einiger Jahre bleiben meist nur die eingetroffenen, oder später so uminterpretierten Prophetien in Erinnerung. Nicht erfüllte Vorhersagen werden meist vergessen, verändert oder in eine noch fernere Zukunft verschoben.
Nicht erfüllte Vorhersagen werden meist vergessen, verändert oder in eine noch fernere Zukunft verschoben
Während eines Gottesdienstes im Herbst 1998 in Detmold, an dem der Autor teilnahm, wurde an einer psychisch kranken Frau der „Krankheitsdämon“ ausgetrieben. Im Anschluss daran wurde ihr zugesagt, Gott habe sie geheilt. Allerdings wurde diese Frau nur wenige Tage später wegen gravierender Krankheitsverschlechterung in die geschlossene Abteilung einer psychiatrischen Klinik eingewiesen. Die Zusage übernatürlicher Heilung hatte sich nicht erfüllt. Wenige Wochen später, als die Krebserkrankung einer jungen Frau aus der Gemeinde bekannt wurde, meldete sich ein Gemeindeglied zu Wort und versicherte der Erkrankten, dass Gott sie ohne medizinischen Eingriff heilen würde. Nachdem sich aufgrund der verweigerten Behandlung die Metastasen schließlich auch in der Lunge ausgebreitet hatten und die junge Frau nur noch unter Schmerzen atmen konnte, begab sie sich in medizinische Betreuung. Auch hier erfüllte sich die im Namen Gottes zugesagte Heilung nicht.
In einem Leserbrief an das „News-Sentinel“ berichtet ein Mann davon, dass er vor kurzer Zeit einen Brief von Oral Roberts erhielt, in dem dieser behauptete, er habe in der Nacht mit Gott gesprochen und dieser habe ihm versichert, dass die Frau jenes Mannes wieder gesund werden würde. Der verärgerte Mann wies Oral Roberts in einem Antwortschreiben darauf hin, dass seine Frau schon seit einem Jahr verstorben war.8
Dave Hunt erwähnt eine Ben ny-Hinn-Erweckungsveranstaltung Anfang 1996 in Johannesburg. Während des Programms brach ein Besucher zusammen, sodass er hinausgetragen werden musste. Benny Hinn versicherte den Zuhörern, dass Gott ihm gesagt hätte, dieser Mann würde wieder gesund werden. Allerdings verstarb er noch auf dem Weg ins KrankenhauS.9
Während eines Silvestergottesdienstes in Orlando prophezeit Hinn, 1994 würde Gott die homosexuelle Gesellschaft Amerikas zunichte machen. Er werde sie mit Feuer vernichten. Es geschah nichtS.10
1975 kündigte Kenneth Copeland im Namen Gottes an, dass 1976 Gott in nie gekannter Weise den Heiligen Geist ausgießen werde, amputierte Gliedmaßen nachwachsen, Blinde sehend und alte Autos sich mit einem siebentel des bisherigen Benzinverbrauchs fortbewegen würden. Keine der genannten Vorhersagen erfüllte sich.11
Gott würde am Donnerstag, dem 9. Juni 1994, das Böse aus der Welt ausreißen
1993 verkündete Pastor John Hinkle über Fernsehen ein „Wort Gottes“ demnach Gott am Donnerstag, dem 9. Juni 1994, das Böse aus der Welt ausreißen würde. Ganz zu schweigen davon, dass das Böse nach biblischer Ankündigung erst nach der Wiederkunft Jesu gänzlich überwunden wird und dass das Böse nicht pauschal auf der Erde, sondern im Herzen der Menschen anzutreffen ist (Mt 15, 19), konnte bis heute keine Erfüllung dieser Prophezeiung beobachtet werden.12
Robertson hatte keine Probleme den größten Teil des Verkaufserlöses in die eigene Tasche zu stecken
Pat Robertson konnte den Fernsehsender CBN Dank einer falschen Prophetie zu einem riesigen Medienunternehmen wachsen lassen. 1968 erhielt und verbreitete er die Prophetie, dass Gott ihn berufen habe, wie Johannes der Täufer, die Wiederkunft Jesu vorzubereiten. Daraufhin flossen Robertson jahrzehntelang immense Spenden zu. Die Ankunft Jesu ist in den zwischenzeitlich vergangenen 34 Jahren durch den Fernsehsender nicht eingeleitet worden. Statt dessen hat Pat Robertson die aus Spendengeldern aufgebaute Sendeanstalt 1997 für 1,9 Milliarden Dollar an den weltlichen Medienunternehmer Ruppert Murdoch verkauft.
Spätestens jetzt erweist sich die Prophetie, die am Anfang von CBN stand als Irrtum. Darüber hinaus hatte Robertson keine Probleme den größten Teil des Verkaufserlöses in die eigene Tasche zu stecken.13
Mit der Kritik an unbiblischen und nicht erfüllten Prophezeiungen konfrontiert greifen einige Prediger gerne zu Drohungen, indem sie davor warnen „den Gesalbten des Herrn anzutasten“ oder direkt den Zorn Gottes auf ihre Kritiker beschwören. Dabei wird stillschweigend vorausgesetzt, dass es sich bei diesen Propheten tatsächlich um Gesalbte Gottes handelt. Der Gesalbte (Messias) im Neuen Testament ist Jesus, die Warnungen des Alten Testaments beziehen sich auf die von Gott eingesetzten Könige Israels (1Sam 24,9-15).
Benny Hinn warnt seine Kritiker davor ihn anzutasten, anderenfalls würden ihre Kinder sterben.
Kenneth Hagin will von Jesus selbst die Zusage bekommen haben, dass christliche Verkündiger, die ihn als Propheten ablehnten, auf der Kanzel tot umfallen würden.14 Das zu erwartende Massensterben seiner zahlreichen Kritiker hat bisher allerdings noch nicht eingesetzt.
In einer international ausgesendeten Fernsehübertragung rechnet Paul Crouch auf eine nicht sehr christliche Art mit seinen Kritikern ab. Sie seien „eine verdorbene Synedriums-Meute … verdammt und auf dem Weg zur Hölle … keine Vergebung für sie … Zur Hölle mit euch … Gott wird euch abknallen, wenn ich es nicht tue.“15
Ähnlich äußert sich John Kilpatrick, Leiter der Assembly of God in Brownsville 1997. Während eines Gottesdienstes verfluchte er den ihn kritisierenden Hank Hanegraaff und prophezeit ihm den Tod durch den Heiligen Geist innerhalb von 90 Tagen. Glücklicherweise traf auch diese Prophezeiung nicht ein und Kilpatrick entschuldigte sich schriftlich für seine Entgleisung.16
Falsche Prophetie von Endzeitautoren
Mit einigen Jahren Abstand haben sich auch die meisten Vorhersagen bekannter evangelikaler Endzeitautoren nicht erfüllt. In ihren Büchern begegnen wir immer wieder einer tendenziösen Zitatenauswahl, der vorschnellen Identifikation tagesaktueller Politik (Kommunismus, Islamismus) und zeitgeistlicher Überzeugungen (Ökobewegung, Friedensbewegung) mit biblischer Prophetie und die Erklärung der eigenen Meinung zur unabänderlichen Wahrheit.
Wie der Rückblick auf die vergangenen Jahrzehnte endzeittheoretischer Spekulationen jedoch zeigt, kann sich die politische Situation auch durch das Eingreifen Gottes schnell ändern, sodass alle auf die Tagespolitik bezogenen Interpretationen hinfällig werden. Immer wieder meinen die Endzeitautoren auch in den gegenwärtigen technischen Entwicklungen die Erfüllung biblischer Offenbarungen wiederzuerkennen. Auch hier haben sich diese Zuordnungen zu oft als zeitbedingt und falsch herausgestellt, spätestens dann, wenn die Technik sich weiterentwickelte und neue Interpretationen biblischer Prophetie möglich waren.
Auch spekulative Festlegungen können gefährlich sein, weil sie Christen irreführen und dadurch mehr geistlichen Schaden anrichten, als echte Hilfe bieten
Dabei ist kaum umstritten, dass wir uns tatsächlich in der letzten Zeit befinden und die Wiederkunft Jesu erwartet werden soll. Die Erwartung der Wiederkunft Jesu ist ein Teil des Bekenntnisses zum christlichen Glauben. Gefährlich hingegen können spekulative Festlegungen und falsche Prophetien sein, weil sie Christen irreführen und dadurch mehr geistlichen Schaden anrichten, als echte Hilfe bieten.
In den meisten Fällen stimmen die Spekulationen und Interpretationen der Endzeitautoren wenn es die Vergangenheit betrifft, doch bei den mutigen Prognosen für die Zukunft lagen die vermeintlichen Kenner der Endzeit meist falsch.17
Hal Lindseys „Alter Planet Erde wohin?“ wurde seit 1971 über 20 Millionen Mal verkauft. Wenn Lindsey vor mehr als 30 Jahren im Untertitel auf den bevorstehenden Dritten Weltkrieg hinweist, muss das im Nachhinein wohl als Irrtum gewertet werden.
Malgo erwartete den durch Russland ausgelösten Dritten Weltkrieg schon im Jahr 1974
1970 kündigt Lindsey die Erfüllung biblischer Prophetie für „morgen“, also wohl für die unmittelbare Zukunft an. Die meisten seiner Interpretationen warten aber bis heute auf ihre Erfüllung.
Nach Lindsey wird ein bis 1980 geeintes Europa Amerika als westliche Führungsmacht ablösen, dem Kommunismus weltweit Einhalt gebieten und sogar Russland und China kontrollieren.18 Diese Voraussage hat sich auch mehr als 30 Jahre nach Erscheinen von Lindseys Buch nicht verwirklicht.
Afrika wird nach Lindseys Aussage innerhalb kurzer Zeit überwiegend kommunistisch bestimmt sein,19 was sich nachweislich nicht erfüllt hat. Ägypten solle nach Lindsey Israels großer Gegenspieler der Endzeit werden.20 Zwischenzeitlich steht kaum ein arabisches Land so kooperativ zu Israel wie Ägypten, das darüber hinaus wenige Jahre nach dem Erscheinen von Lindseys Buch einen Friedensvertrag mit Israel abschlosS. Auch die Prophetie, dass Israels nächster Krieg nicht gegen arabische sondern gegen russische Feinde geführt würde,21 erfüllte sich nicht.
1970 sieht Lindsey in der westlichen Welt eine durch ungläubige Kirchenführer initiierte Christenverfolgung anbrechen, die zur Bildung einer Untergrundkirche führen soll.22 Trotz einer gewissen Tendenz zur Diffamierung evangelikaler Christen ist diese Vorhersage auch 30 Jahre nach ihrem Erscheinen nicht eingetroffen.
Die USA sieht Lindsey auf dem absteigenden Ast. Wirtschaftlich, sozial und politisch solle sie zunehmend an Einfluss verlieren.23 Doch in den vergangenen Jahrzehnten hat sich eher eine gegensätzliche Entwicklung zur Stärkung der USA gezeigt.
Vor 20 Jahren erschien „Die Apokalypse kommt“ von William Goetz.
Ausgehend von der politischen Lage zu Beginn der 80er Jahre identifiziert er den Zehn- Staatenbund der Offenbarung kurzerhand mit der EG,24 der zwischenzeitlich aber schon 15 Staaten angehören, weitere wollen aufgenommen werden.
Die Zuspitzung biblischer Vorhersagen auf die momentane Situation kann von Gott in kurzer Zeit grundlegend verändert werden
Immer wieder zeigt sich, dass die Zuspitzung biblischer Vorhersagen auf die momentane weltgeschichtliche Situation von Gott in kurzer Zeit grundlegend verändert werden kann.
Den Einfluss der USA sieht auch Goetz unter dem Eindruck des Vietnamtraumas beständig schwinden.25 Golfkrieg, Bosnieneinsatz und Afghanistankrieg scheinen bisher aber in eine andere Richtung zu deuten.
Die dominierende Weltmacht der Zukunft will auch Goetz in Russland erkannt haben.26 Zusammen mit Ostdeutschland, der Türkei und dem Iran soll die Sowjetunion gegen Israel ziehen. Der Einfluss Russlands hat sich in den vergangenen 15 Jahren jedoch beständig verringert, Ostdeutschland existiert nicht mehr und die Türkei steht kaum in der Gefahr kommunistisch zu werden.
Schon der Titel von Klaus Gerths Buch „Der Antichrist kommt. Die 80er Jahre – Galgenfrist der Menschheit?“ suggeriert dem Leser, dass mit der großen Trübsal, dem Auftreten des Antichristen oder der Entrückung in den 80er Jahren, spätestens nach Ablauf der Galgenfrist, in den 90er Jahren, zu rechnen sei. Aufgrund fehlender Erfüllung dieser Erwartung wurde dieser Untertitel bei einer Neuauflage (1989) einfach fallen gelassen, allerdings ohne die eigenen Fehler einzugestehen.
Gerth erwartete schon 1982 einen unmittelbar bevorstehenden heiligen Krieg der Muslime gegen Israel und den christlichen Westen.27 Auch wenn nach 20 Jahren eine schon damals absehbare Konfrontation islamischer und westlicher Kultur auch mit militärischen Mitteln geführt wird, zeigen sich bislang noch keine Anzeichen eines großangelegten Kampfes der Muslime gegen die westlichen Industriestaaten. Gerth ging davon aus, dass die arabischen Staaten den Westen durch einen Ölboykott in die Knie zwingen würden.
Selbst in einer 1989 erschienenen Neuauflage seines Buches verweist Gerth auf die Gefahr durch den sich vorgeblich ausbreitenden KommunismuS.28 Auch wenn kommunistisches Gedankengut angesichts weltweiter Verarmung noch lange Sympathisanten finden wird, ist von einer militärischen oder politischen Vormacht des Kommunismus unter russischer Führung nicht viel zu bemerken. Auch die von Gerth prognostizierte Einmischung Russlands im Nahen Osten, insbesondere die Machtübernahme im Iran,29 haben sich als falsch herausgestellt.
Die Drangsal der antichristlichen Zeit sieht Gerth 1982 unmittelbar bevorstehen, zwanzig Jahre später scheint die Trübsalszeit noch nicht begonnen zu haben.
In seinem Buch erwartet Gerth den Bau eines Tempels in Jerusalem mit großer Sicherheit für die „nächsten Jahre“.30
In „einigen Jahren“ nähme die chinesische Armee an der Schlacht von Harmagedon teil, schreibt Gerth 1982.31
Da die 1982 mit Hinweis auf Offb 6,12 angekündigte Planetenkonstellation ohne nachhaltigen Einfluss auf die Endzeitereignisse vorübergeht, wird sie in der Neuauflage des Buches einfach kommentarlos gestrichen.32
Schnell und scheinbar sicher ordnet Gerth biblischer Prophetie der Tagespolitik zu
In der Zuordnung biblischer Prophetie zur Tagespolitik kommt Gerth schnell zu scheinbar sicheren Ergebnissen. Die große Hure Babylon (Offb 17) ist für ihn der Islam, der wiederum die Welteinheitskirche begründet. Die große Stadt Babylon (Offb 18) sind die arabischen Ölstaaten, die in der Bibel auch König des Südens genannt werden.33 Das in Offenbarung 9 genannte riesige Heer von 200 Millionen Soldaten müsse natürlich aus China kommen, folgert Gerth weiter.34 Dabei wäre es rein theoretisch doch durchaus möglich ein Heer gleicher Größe in Indien zu mobilisieren, welches allerdings nicht kommunistisch wäre und so weniger in Gerths Rolle der Bösen passt. Möglicherweise bildet sich bis zu apokalyptischen Schlacht aber auch noch ein neuer Staat oder eine Koalition verschiedener asiatischer Staaten.
David Wilkerson veröffentlicht 1974 „Die Vision“, die auf eine Offenbarung Gottes zurückgehende Sicht der unmittelbar bevorstehenden Endzeit. „Eine Prophezeiung über die Endzeit! Dinge die jetzt geschehen!“ 28 Jahre später ist kaum eine seiner vorgeblich prophetisch empfangenen Endzeitinformation eingetroffen.
Inmitten der Ölkrise sieht Wilkerson eine unmittelbar bevorstehende Wirtschaftskrise auf die westliche Welt zukommen, in der einige der bekanntesten Industriegesellschaften zusammenbrechen würden.35 Der Dollar würde stark abgewertet, der Goldpreis würde erst stark steigen und dann deutlich fallen, die meisten christlichen Radio- und Fernsehprogramme müssten aus wirtschaftlichen Gründen den Betrieb einstellen. In seinem Buch „Wetterleuchten des Gerichts“ bezieht Wilkerson die Schweiz in seine Unheilprophetie mit ein. Demnach solle das Schweizer Bankensystem zusammenbrechen und die Schweizer Währung stark an Wert verlieren.36 Bis auf den kurzzeitigen Preisanstieg des Goldes zur Zeit der Abfassung von Wilkersons Buch erfüllte sich keine seiner angeblich von Gott stammenden Vorhersagen.
1973 kündigt Wilkerson für die USA das schwerste Erdbeben seit Menschengedenken an, das unmittelbar bevorstünde und die USA an den Rand des Zusammenbruchs bringen werde. Dazu kämen zahlreiche Überschwemmungen und Dürreperioden in Nordamerika, die der Landwirtschaft schweren Schaden zufügen würden.37 Ein Drittel der USA müsste zum Katastrophengebiet erklärt werden.38 Glücklicherweise ist auch diese Prophetie bisher unerfüllt geblieben.
Solange die Endzeitautoren sich an die Aussagen damals gängiger Trendbücher hielten, trafen zumindest einige ihrer Prognosen halbwegs zu, aber gerade dann, wenn sie meinten durch ihre Bibelauslegung darüber hinausgehende Aussagen machen zu können, irrten sie sich in den meisten Fällen.
Eine religiöse Erweckung erwartet Wilkerson in Russland durch Finnland ausgelöst, in China sollen durch japanische und koreanische Christen viele zum Glauben finden. Zwar wurden in Russland und China viele Menschen Christen, jedoch nicht auf den von Wilkerson vorhergesehenen Wegen.
Durch seine zahlreichen Fehlprognosen scheint Wilkerson nicht erschüttert zu sein
Durch seine zahlreichen Fehlprognosen scheint Wilkerson nicht erschüttert zu sein. Obwohl seine Prophetien noch ausstanden, legte er 1987 mit dem Buch „Lass die Posaune erschallen“ nach. In baldiger Zukunft sollten weite Teile der USA durch eine nukleare Katastrophe ausgelöscht werden.39
Steven Lightle veröffentlicht 1983 eine vorgeblich 10 Jahre zuvor erhaltene Offenbarung unter dem Titel „Der II. ExoduS. Norden gib heraus“. Demnach sollen innerhalb weniger Jahre alle in der Sowjetunion lebenden Juden über Finnland, die DDR und über die Niederlande per Schiff nach Israel kommen. Sowohl bezüglich der Reiseroute als auch bezüglich der Länderbezeichnungen bietet die Vision wenig ZukunftsweisendeS. Statt dessen scheint sie sich überwiegend an der damaligen politischen Situation zu orientieren. Der Wunsch, Russland zu verlassen, besteht bei den russischen Juden schon seit Jahrzehnten, sodass eine Auswanderung nicht neu ist. In dem von Lightle beschriebenen Ausmaß hat sie jedoch bisher nicht stattgefunden, auch nicht über die von ihm beschriebenen Routen. Die von ihm genannte DDR als Transitland existiert gar nicht mehr. Darüber hinaus zieht es viele der russischen Immigranten eher in die USA statt ins unsichere Israel. Israel selbst hat Quoten für Einwanderer verfügt, sodass es selbst wenn alle russischen Juden nach Israel wollten, noch Jahre dauern würde, ehe alle dort aufgenommen werden könnten. Bis 1982 hatte Lightle zahlreiche Christen überzeugt, sich konkret auf diesen Massenexodus russischer Juden vorzubereiten. Einige kauften riesige Mengen Nahrungsmittel, mieteten Lagerhallen, gaben ihren Beruf auf und richteten ein Krankenhaus ein. 20 Jahre später hat die von Lightle prophezeite Flüchtlingsflut immer noch nicht stattgefunden, die Nahrungsmittel sind nicht mehr brauchbar und die Häuser werden zwischenzeitlich anders genutzt.
Wim Malgo hat durch zahlreiche Veröffentlichungen auf seine Sicht und Interpretation der biblischen Endzeit aufmerksam gemacht. Malgo geht davon aus, das seine Interpretation der Endzeitereignisse durch die Bibel selbst autorisiert werden: „Lieber Leser, nicht wahr, du hast innerlich gespürt, dass das, was du bis dahin gelesen hast, die Wahrheit ist, zumal es die Bibel so sagt“.40
In seinem Buch „Der beschleunigte Aufmarsch Russlands nach Israel“ (1980) geht Malgo wie selbstverständlich davon aus, dass ein sowjetischer Angriff auf Israel unmittelbar bevorstünde. An anderer Stelle geht er davon aus, dass sich Russland in Afghanistan, dem Iran und Pakistan festsetzen wird, um seinen Angriff auf Israel vorzubereiten. Diesen zwischenzeitlich in weite Ferne gerückten Krieg sieht Malgo durch Hes 39,6 und Joel 2,19f belegt. Schnell meint Malgo auch in einer UNO Resolution von 1975 eine politische Erfüllung von Sacharja 14,2 zu erkennen, dem Kampf der Nationen gegen Israel.41
Malgo erwartete den durch Russland ausgelösten Dritten Weltkrieg schon im Jahr 1974.42 Doch nach nunmehr 28 Jahren hat dieser glücklicherweise noch nicht stattgefunden.
Angesichts der unmittelbar bevorstehenden Entrückung fordert Malgo seine Leser dazu auf, sich von ihrem bald überflüssig werdenden Geld zu trennen, um es dem Reich Gottes, das heißt seinem Missionswerk zur Verfügung zu stellen.43 Auch eine Absicherung des Alters sei überflüssig, da mit der Wiederkunft Jesu noch zu Lebzeiten seiner Leser gerechnet werden müsse.44 Mittlerweile sind jedoch nicht nur zahlreiche seiner Leser, sondern auch Malgo selbst gestorben.
Interessant, wenn auch überraschend, ist Malgos Interpretation der UFOs als göttlichen Helfern Israels.45 Offen bleibt allerdings warum sie so selten in Israel und Umgebung gesichtet werden und warum sie nach neueren Spekulationen Tausende Menschen entführen und anatomisch untersuchen.
Malgo zieht ebenfalls biblische Autorität heran, wenn er prognostiziert, dass es keine deutsche Einheit geben wird
In seinem Buch „Im Schatten von Harmagedon“ zieht Malgo ebenfalls biblische Autorität heran, wenn er prognostiziert, dass es keine deutsche Einheit geben wird. Demnach gehöre Westdeutschland zum wiederhergestellten Römischen Reich und die DDR wird mit Russland gegen Israel ziehen. Beide Vorhersagen müssen heute als fehlerhaft beurteilt werden.
Tatsächlich hat Malgo in einer Neuauflage von „Was sagt die Bibel über das Ende der Welt?“ die meisten seiner Fehlprognosen bezüglich Russlands und seiner Verbündeten, DDR, Finnland, Schweden usw. fallen gelassen, doch ein Eingeständnis seines Irrtums war nicht zu hören. Statt dessen spekuliert er über Kriegspläne der neuen russischen Führung.
Relativ unkritisch übernimmt Malgo die Vorhersagen spiritistischer Medien. So stimmt er beispielsweise Jeane Dixon in ihrer Feststellung zu, der Antichrist sei im Februar 1962 geboren worden.46
Wie selbstverständlich übernimmt Malgo die Zuordnung: Römisches Reich gleich EG. Staaten die nicht zum antiken Rom gehörten, wie die skandinavischen Länder, würden sich innerhalb kürzerer Zeit sowohl aus der NATO als auch aus der EG verabschieden. Deutschland müsse aus dem selben Grund geteilt bleiben. Der ehemals auch nicht von Rom besetzte Norden Deutschlands würde schließlich noch von den Russen besetzt.47
Manche Ausleger meinen eine apokalyptische Heuschreckenarmee als Flugzeuggeschwader oder als Atomraketen zu interpretieren.48 Rasselnde Wagen werden automatisch zu Panzern oder Truppentransportern. Diese aktualisierten Interpretationen biblischer Prophetie versteigen sich bis zu einer genauen Zuordnung eschatologischer Symbole zu einzelnen vorzugsweise sowjetischen Waffengattungen und -typen.
Die Konsequenzen falscher Prophetie
Schon nach diesem kleinen Einblick in die große Zahl unerfüllter Vorhersagen müssten die betreffenden Autoren eigentlich als falsche Propheten bezeichnet werden, ohne dabei an ihren guten Motiven oder gar an ihrem Glauben zu zweifeln. Wenn jemand im Namen Gottes spricht, kann man kaum von unbedeutenden Fehlern oder Versehen sprechen. In solchen Fällen liegt Irrlehre und falsche Prophetie vor, die im Alten Testament hart bestraft wurde.
Jeder Leser und Hörer solcher und ähnlicher Prophetien sollte, ausgehend von diesen Erfahrungen zukünftigen Offenbarungen kritischer und prüfend gegenüberstehen, um nicht selbst verführt zu werden oder einer solchen Irreleitung Vorschub zu leisten.
Prophetien, die im Namen Gottes verbreitet werden, können eine gefährliche Dynamik entwickeln
Die veröffentlichten Prophetien haben Auswirkungen, für die jene Autoren mit verantwortlich zeichnen, auch wenn ihnen das im Alltag wenig bewusst zu sein scheint. Im Namen Gottes verbreitete Prophetien können eine gefährliche Dynamik entwickeln.
- Falsche und überflüssige Feindbilder können Christen dazu animieren Muslimen, Katholiken oder Freimaurern diskriminierend und distanziert gegenüberzutreten, weil wohlmöglich der Antichrist aus ihrer Gemeinschaft stammen könnte. Dabei werden die grundsätzlichen Kategorie der Nächstenliebe und der Mission vollkommen außer Acht gelassen, und das ohne jeglichen verifizierbaren Hinweis, aufgrund bloßer Spekulation.
- Wenn Prophezeiungen zur Untermauerung ihrer Autorität sich auf Gott und die Bibel berufen, ist für den wohlwollenden Beobachter die Glaubwürdigkeit der Heiligen Schrift stark infragegestellt, wenn sich diese scheinbar göttlichen Offenbarungen nicht erfüllen.
- Die offensichtliche Nichterfüllung im Namen Gottes ausgesprochener Voraussagen können auch bei Christen Resignation und Zweifel an der Wahrheit biblischer Prophetie auslösen.
- Es kommt zur Abstumpfung gegenüber den echten Zeichen der Endzeit und den geistlichen Gefahren in aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen.
- Wer der Botschaft vom unmittelbar bevorstehenden Ende der Welt vorschnell Vertrauen schenkt, wird sich nur noch halbherzig für die gegenwärtige Welt und die mit uns lebenden Menschen einsetzen. Möglicherweise werden leichtfertig Berufsausbildungen nicht abgeschlossen, Krankenbehandlungen aufgeschoben, Rentenversicherungen in den Wind geschrieben.
- Prophetische Aussagen können auch im größeren gesellschaftlichen Rahmen verheerende Auswirkungen haben. Sie verführen Christen und Verantwortliche in Politik und Gesellschaft zu verantwortungslosem Handeln. Glaubt ein hoher amerikanischer Politiker den Voraussagen der Endzeitpropheten, müsste er seine Politik darauf einstellen und beispielsweise einen Krieg gegen Russland beginnen, um der drohenden Vernichtung der USA zuvorzukommen oder er legt riesige Vorratslager mit Lebensmitteln an. Findet die angekündigte Missernte nicht statt, sind Landwirtschaft und Handel stark geschädigt. Natürlich wären solche Fehlentscheidungen auch die notwendige Folge der Befolgung der oben genannten Voraussagen im persönlichen Leben. So versterben Menschen, weil ihnen fälschlicherweise die übernatürliche Heilung Gottes zugesagt wurde.
- Christen gewinnen durch das selbstsichere Auftreten darüber hinaus eine vollkommen verzerrtes Bild vom normalen Christenleben. Scheinbar ist es vollkommen normal, ständig akustisch hörbar Anweisungen von Gott zu empfangen, Visionen und Träume zu erhalten und übernatürliche Wunder zu erleben. Viele Christen werden verunsichert, zweifeln entweder an ihrem Glauben oder an der Wahrhaftigkeit des christlichen Glaubens, weil sie diese Erfahrungen nicht machen.
- Häufig ist mit den öffentlich verbreiteten „Prophetien Gottes“ auch ein vollkommen unbiblischer Personenkult verbunden, der den betreffenden Personen aber durchaus genehm zu sein scheint.
- Die vorschnelle Festlegung auf die „von Gott legitimierte“ Interpretation einer biblischen Prophetie kann dazu führen, dass die echte Erfüllung nicht beachtet wird.
Durch das selbstsichere Auftreten der „Propheten“ gewinnen Christen eine vollkommen verzerrtes Bild vom normalen Christenleben
Angesichts der zahlreichen Fälle von Fehlprophetien, sollte eine gesunde Skepsis gegen ständig neue Offenbarungen und „geisterfüllte Voraussagen“ geboten sein. Auch eigene „Eindrücke“ und Wünsche sollten nicht vorschnell als „Reden Gottes“ ausgegeben werden.
Wenn wir nicht davon ausgehen müssen, dass viele der selbsternannten Propheten bewusst ihr Publikum täuschen, müssen wir annehmen, dass sie selbst einer Täuschung erlegen sind. Es drängt sich dabei der Eindruck auf, als ob hier eigene Überlegungen und Wünsche leichtfertig als Reden Gottes ausgegeben werden, um den eigenen Gedanken eine höhere Glaubwürdigkeit zu verleihen. Doch ein solches Verhalten muss von der Bibel ausgehend als Sünde bezeichnet werden, die bekannt und vergeben werden muss, davon scheinen die meisten Offenbarungsempfänger jedoch noch weit entfernt zu sein.
Vgl. Rüdiger Hauth: … Neben den Kirchen, Konstanz 1995, S. 168-175. ↩
Ebd. S. 247ff. ↩
Ebd. S. 255f. ↩
Vgl. Helmut Obst: Apostel und Propheten der Neuzeit, Berlin 1980, S. 176ff. ↩
Vgl. Hugo Stamm: Im Bann der Apokalypse, Zürich 1998, S. 291ff. ↩
Ebd. S. 242ff. ↩
Lars A. Fischinger, Roland M.Horn: UFO Sekten, Rastatt 1999, S. 260ff. ↩
Vgl. Dave Hunt: Die okkulte Invasion, Bielefeld 1999, S. 486. ↩
Ebd. S. 486. ↩
Vgl. G.Richard Fisher, M.Kurt Goedelman u.a.: The Confusing World of Benny Hinn, Personal Freedom Outreach, 1997, S. 172. ↩
Vgl. Dave Hunt: Die okkulte Invasion, Bielefeld 1999, S. 487. ↩
Ebd. S. 487. ↩
Vgl. Dave Hunt: Die okkulte Invasion, Bielefeld 1999, S. 492f. ↩
Ebd. S. 490. ↩
Praise a Thon, TBN, 2.4.1991, zitiert nach: Dave Hunt: Die okkulte Invasion, Bielefeld 1999, S. 491. ↩
Videoaufnahme des Gottesdienstes vom 6.4.1997, zitiert nach: Dave Hunt: Die okkulte Invasion, Bielefeld 1999, S. 491. ↩
Vgl. Franz Stuhlhofer: Das Ende naht!, Gießen 1992. ↩
Vgl. Hal Lindsey, Carole C.Carlson: Alter Planet Erde wohin?, Wetzlar 1971, S. 219. ↩
Ebd. S. 79. ↩
Ebd. S. 85-89. ↩
Vgl. Hal Lindsey, Carole C.Carlson: Alter Planet Erde wohin?, Wetzlar 1971, S. 67. ↩
Ebd. S. 218. ↩
Ebd. S. 219. ↩
Vgl. William Goetz: Die Apokalypse kommt!, 1983, S. 107. ↩
Ebd. S. 101, 137. ↩
Ebd. S. 112, 124. ↩
Vgl. Klaus Gerth. Der Antichrist kommt. Die 80er Jahre – Galgenfrist der Menschheit?, Aßlar 1981, S. 67. ↩
Vgl. Klaus Gerth. Der Antichrist kommt, Aßlar 1989, S. 90-92. ↩
Vgl. Klaus Gerth. Der Antichrist kommt. Die 80er Jahre – Galgenfrist der Menschheit?, Aßlar 1981, S. 98. ↩
Ebd. S. 163. ↩
Ebd. S. 170-173. ↩
Ebd. S. 22. ↩
Ebd. S. 134f. ↩
Ebd. S. 170f. ↩
Vgl. David Wilkerson: Die Vision, Erzhausen 1973, S. 22. ↩
Vgl. David Wilkerson: Wetterleuchten des Gerichts, Erzhausen 1978, S. 76. ↩
Vgl. David Wilkerson: Die Vision, Erzhausen 1973, S. 43. ↩
Ebd. S. 45. ↩
Vgl. David Wilkerson: Lass die Posaune erschallen, Erzhausen 1987, S. 9. ↩
Vgl. Wim Malgo: Was sagt die Bibel über das Ende der Welt?, Pfäffikon 199014, S. 103. ↩
Vgl. Wim Malgo: Im Schatten von Harmagedon, Pfäffikon 1977, S. 46. ↩
Vgl. Wim Malgo: Israel – das Zeichen an der Wand, Pfäffikon 1974, S. 155. ↩
Vgl. Wim Malgo: Der beschleunigte Aufmarsch Russlands nach Israel, Pfäffikon 1980, S. 65. ↩
Ebd. S. 72. ↩
Vgl. Wim Malgo: Heilsgeschichtliche Konstellationen von 1948 bis 1982, Pfäffikon 1980. ↩
Vgl. Wim Malgo: Was sagt die Bibel über das Ende der Welt?, Pfäffikon 199014, S. 82f. ↩
Ebd. S. 84ff. ↩
Vgl. Wim Malgo: Offenbarung Jesu Christi, Bd. 1 Pfäffikon 1980, S. 270f, 276ff., 180. ↩