ThemenKultur und Gesellschaft

Religionsunterricht an öffentlichen Schulen ist sinnvoll

Ein Plädoyer für einen christlichen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen.

Durch den Religionsunterricht werden Kinder und Jugendliche mit der Bibel vertraut gemacht, von christlichen Werten und Normen geprägt und in ein Bewusstsein christlich abendländischer Kultur geleitet. So war der Religionsunterricht sicher einmal ursprünglich konzipiert. In der von wenig motivierten Lehrern und ideologisch überfrachteten  Lehrplänen   geprägten

Realität entspricht er diesen Forderungen jedoch kaum noch. Ausgenommen davon ist die religiöse Unterweisung von der 1. bis zur 5. Klasse, da hier zumeist biblische Berichte ohne ausufernde theologische Interpretation weitergegeben werden oder Kenntnisse über die Geographie Israels, den Inhalt christlicher Feste oder das Leben kirchengeschichtlich wichtiger Personen vermittelt werden.

Bei jedem, der sich mit dem Zustand des evangelischen Religionsunterrichts in Deutschland auseinandergesetzt hat, besteht kaum Zweifel an der geistlichen Ausrichtung zahlreiche Religionslehrer, die selbst nicht mehr glauben was Bibel und kirchliche Bekenntnisschriften vorgeben. Leider besuchen viele Jugendliche nur gelangweilt den schulischen Religionsunterricht. Wenig ansprechend werden unverständliche Glaubensinhalte unverständlich vorgestellt, wenn überhaupt. Viele Schüler werden mit oberflächlichen

Auch in anderen Staaten, die auf eine Verbannung der Religion aus den öffentlichen Schulen setzen, ist kein größeres Interesse an Glaubensfragen zu verzeichnen

 Ergebnissen der historischen Bibelkritik gegen eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Anspruch des Wortes Gottes immunisiert.

Allzu oft verkommt der Religionsunterricht zu einer ziellosen Diskussionsstunde oder einer Werbeveranstaltung für platten Pluralismus und ignorante Toleranz. Die Schüler kennen die hier vermittelten Thesen meist schon aus der Gesellschaftskunde, aus der Sozialkunde, der Erziehungswissenschaft usw.: Umgang mit Außenseitern, Ausländern, Behinderten, allgemeine Akzeptanz, Toleranz anderen Meinungen und Religionen gegenüber, Umweltprobleme, Friedensförderung, Konfliktlösung, Kritik am Nationalismus oder Einsatz für die Dritte Welt.

Gelegentlich werden auch fremdreligiöse Überzeugungen beworben. Bekannt geworden sind auch Beispiele von indischen Meditationen oder okkulten Beschwörungsritualen im Religionsunterricht.

Wenige werden diesen durchaus beklagenswerten Zustand des deutschen Religionsunterrichts ernsthaft bestreiten wollen.

Doch welche Alternativen bieten sich dazu aus heutiger Sicht?

Der gänzliche Verzicht auf den Religionsunterricht nach französischem Modell, wo eine strenge Trennung von Staat und Kirche favorisiert wird, ist wohl kaum erstrebenswert, herrscht doch unter französischen Jugendlichen und in französischen Großstädten eine noch weit größere Opposition gegen Kirche, Gott und Bibel als in deutschen Landen.

Das Nachdenken über ethische Werte ist aus christlicher Sicht durchaus zu begrüßen

Auch in anderen Staaten, die auf eine Verbannung der Religion aus den öffentlichen Schulen setzen, ist kein größeres Interesse an Glaubensfragen zu verzeichnen, es sei denn das Land verfügt schon über einen hohen Prozentsatz überzeugter Christen, die Glaubensfragen durch ihre Präsenz einen Platz im öffentlichen Bewusstsein sichern. Das ist jedoch im Gegensatz zu den USA oder Kenia in Deutschland nicht der Fall.

Die Bedeutung der Freikirchen und der pietistischen Kreise in der evangelischen Kirche ist in diesem Zusammenhang bei weitem zu gering, um eine vergleichbare Breitenwirkung des, wenn auch bescheidenden Religionsunterrichtszu erreichen. Die Alternative besteht zwischen totaler Gottlosigkeit und einem ethisch- zeitgeistlich- bibelkritischen Religionsunterricht.

Ich hatte die einmalige Möglichkeit, zahlreichen Schülern über mehrere Jahre hinweg Inhalte christlichen Glaubens zu vermitteln

In der Diskussion um den Religionsunterricht an deutschen Schulen lassen sich meinem Eindruck nach einsichtige und überzeugende Argumente für dessen Fortführung nennen:

  1. Mir scheint eine wie auch immer geartete Existenz des Religiösen im Leben eines Jugendlichen noch besser als gar nichts oder massiv die durch Massenmedien verbreitete Begeisterung für esoterische oder exotische Glaubensformen.
  2. Darüber hinaus muss ehrlich eingestanden werden, dass die Lehrpläne der meisten Bundesländer durchaus das Ziel haben, Grundkenntnisse biblischer Überlieferung und eine Auseinandersetzung mit Grundzügen christlicher Ethik zu vermitteln.Selbst wenn der durchschnittliche Schüler auch viele bibelkritische Aussagen im Religionsunterricht verdauen muss, bekommt er die Möglichkeit sich mit der christlichen Prägung seiner Gesellschaft auseinanderzusetzen. Nur so wird er in die Lage versetzt zu erkennen, welchen umfassenden Einfluss der christliche Glaube auf Malerei, Dichtung, Musik, Architektur, Städtebau, Gesetzgebung, Brauchtum usw. hat. Dieses Wissen hilft jedem Schüler sich in seiner Welt besser zu orientieren und einen Eindruck von der Bedeutung des christlichen Glaubens zu bekommen. Auch das Nachdenken über ethische Werte wie Toleranz, Nächstenliebe und Solidarität ist aus christlicher Sicht durchaus zu begrüßen, handelt es sich dabei doch um wichtige biblische Werte. Natürlich sind diese Inhalte alleine bei weitem zu wenig für einen positiv prägenden Religionsunterricht.
  3. Neben dem Wert der Kenntnisse über biblische Zusammenhänge an sich ist auch ein Wissen über die christliche Kultur des Abendlandes ein Wert an sich. Grundkenntnisse über das Christentum und seine Dogmen gehören zur wenig verzichtbaren Allgemeinbildung. Christlicher Glaube ist ein wichtiger Bestandteil westeuropäischer Geschichte, die Grundlage der Rechtsprechung und Voraussetzung zum Verständnis der bestehenden Gesellschaft. Christliche Werte sind Stabilisatoren der gegenwärtigen Demokratie. Vor diesem Hintergrund müsste der Staat ein ausgeprägtes Interesse an der Vermittlung christlichen Grundwissens haben.
  4. Wer sich nach christlichen Werten richtet ist im Allgemeinen ein besserer Staatsbürger. Er wird von Gott und Kirche zum Gehorsam der Regierung gegenüber, zu Gesetzestreue, Ehrlichkeit, Wahrhaftigkeit und sozialer Verantwortung animiert. So ist es für die Öffentlichkeit durchaus von Vorteil, wenn im Religionsunterricht diese staatstragenden Tugenden positiv vermittelt und beworben werden. Unabhängig von der persönlichen Hinwendung des Menschen zu Gott haben diese christlichen Verhaltensweisen für den Staat einen Wert an sich.
  5. Auch die schulische Auseinandersetzung mit den Glaubensgrundsätzen des Buddhismus oder des Islam, die zum obligatorischen Lehrplan gehört, hilft den Jugendlichen sich in einer multikulturellen Gesellschaft besser zu orientieren und ein Gespür für die Wichtigkeit religiöser Fragen zu entwickeln. Gläubige Schüler können hier auf zukünftige Partner im evangelistischen Gespräch vorbereiten.
  6. Bei aller berechtigter Kritik am bestehenden System des Religionsunterrichts muss festgehalten werden, dass insbesondere in der Unterstufe nach wie vor schätzenswerte Kenntnisse über die Kirche, grundsätzliche Glaubensinhalte und einzelne biblische Geschichten vermittelt wird. Die je nach persönlichem Interesse und Länge des besuchten Religionsunterrichts geprägte Grundkenntnis christlicher Inhalte bei allen Schülern dient auch vielen Christen als Ausgangspunkt ihrer evangelistischen Gespräche. So weiß ein großer Teil der Menschen in Westdeutschland etwas mit den Begriffen Jesus, Bibel oder Gott anzufangen.Ob Menschen, die vollkommen ohne Religion aufwachsen und der Bibel gegenüber weniger vorbelastet sind, sich deshalb eher auf den Glauben hin ansprechen lassen, kann bezweifelt werden. Die schwierige geistliche Situation in Ostdeutschland weist wohl eher in eine andere Richtung. Ohne Religionsunterricht verschwinden Glaubensfragen für den Großteil der Bevölkerung vollständig aus ihrem Bewusstsein und aus ihrer Wahrnehmung der Wirklichkeit.
  7. Bei der Diskussion sollte auch nicht die gute, engagierte Arbeit von hunderten von gläubigen Religionslehrern verschwiegen werden, die sich um eine adäquate Vermittlung biblischer Inhalte bemühen. Ich selbst habe mit großer Freude rund fünf Jahre als Religionslehrer an Grundschulen und in der Sekundarstufe I unterrichtet. Neben manchen frustrierenden Erfahrungen mit vollkommen demotivierten Schülern und Auseinandersetzungen mit Fachlehrern anderer Bereiche kann ich eine durchaus positive Bilanz ziehen. Ich hatte die einmalige Möglichkeit zahlreichen Schülern, die nie sonst in Kontakt mit evangelikalen Gemeinden gekommen waren, über mehrere Jahre hinweg Inhalte christlichen Glaubens zu vermitteln. Mir sind namentlich einige gläubige Religionslehrer bekannt, die aufgrund ihres glaubwürdigen Unterrichts und Lebens zum Ansprechpartner für suchende Schüler wurden, sodass indirekt über den Religionsunterricht junge Menschen zum Glauben an Jesus Christus fanden.Einer Illusion sitzt der auf, der meint jeder gläubige Fachlehrer habe dieselbe Möglichkeit seine Schüler mit dem christlichen Glauben zu konfrontieren. Sicher ist das persönliche Lebenszeugnis eines jeden Pädagogen nicht unterzubewerten, kein Lehrer hat aufgrund der ihm vorgegebenen Unterrichtsinhalte seines Fachbereichs jedoch so viel Freiheit, Fragen des christlichen Glaubens zu diskutieren und Aussagen der Bibel mit der Lebenswelt der Jugendlichen zu konfrontieren wie der Religionslehrer.
  8. Durch den überwiegend bibelkritischen Religionsunterricht, den ich in meiner eigenen Schulzeit genossen habe, wurde ich herausgefordert mich intensiver mit dem mir überlieferten Glauben auseinanderzusetzen. Im Durchdenken bibelkritischer Thesen und der Formulierung eigener Überzeugungen wurde schlussendlich mein eigener Glaube gefestigt und ich wurde befähigt, auch anderen, säkular geprägten Menschen, vor dem Hintergrund ihrer Weltanschauung, meinen Glauben bekennen zu können.
  9. Zumeist bietet der Religionsunterricht motivierten Schülern ein geeignetes Forum in der Klasse offen für ihren Glauben einzustehen. Hier werden religiöse Themen besprochen und persönliche religiöse Stellungnahmen haben vor allem hier ihren Platz. Natürlich muss der Schüler dabei seine Angst vor der Gruppe überwinden, denn populär sind bibeltreue Positionen in der Klasse zumeist nicht. Wird die eigene Meinung jedoch nicht dogmatisch aggressiv, sondern verständlich und mit nachvollziehbaren Argumenten vorgebracht, werden sie zumeist sowohl von Lehrern als auch von Mitschülern akzeptiert.
  10. Allzu oft ist die Kritik am Religionsunterricht eigentlich eine Kritik an nicht zufriedenstellenden Inhalten des Unterrichts und an Lehren, die nicht glauben, was in der Bibel steht. Diese Kritik sollte jedoch nicht zur Abschaffung des Religionsunterrichts beitragen. Statt dessen sollte eher gefordert werden, dass sich mehr überzeugte Christen im Religionsunterricht engagieren, die aufgrund der auch positiv biblische Inhalte umfassenden Lehrpläne deutlich christliche Akzente in der Schule setzen könnten. Die Probleme des Religionsunterrichts könnten sicher eher durch eine größere Zahl engagierter gläubiger Religionslehrer als durch eine Abschaffung desselben behoben werden.

Reli bietet motivierten Schülern ein geeignetes Forum in der Klasse offen für ihren Glauben einzustehen

Trotz aller berechtigter Bedenken der religionspädagogischen Ausbildung und den Lehrplänen der Bundesländern gegenüber, muss erwähnt werden, dass Religionslehrer eine verhältnismäßig große Freiheit bei ihrer Unterrichtsgestaltung haben. Natürlich dürfen Schüler nicht bedrängt oder manipuliert werden, doch kann der Lehrer durchaus seine eigene Position vertreten und glaubhaft machen, ohne auf größeren Widerstand zu stoßen. Wer die Grundregeln der Pädagogik und die Rahmenbedingungen des staatlichen Schulwesens berücksichtigt, kann auch ungehindert zentrale Glaubensinhalte vermitteln und begründete Kritik an der historischen Bibelkritik üben.

Manche wollen statt des schulischen Religionsunterrichts eine außerschulische Unterweisung in Kirchen und Gemeinden verstärken. Dabei handelt es sich allerdings um keine ernstzunehmende Alternative, vertreten doch die meisten Pfarrer dieselbe bibelkritische Theologie wie ihre Lehrerkollegen in den Schulen. Darüber hinaus sind sie pädagogisch nicht adäquat ausgebildet, wobei durch die nachmittägliche Freiwilligkeitsstunde der Kreis der erreichten Schüler noch einmal stark schrumpfen würde.

Die lediglich in Randbereichen der deutschen Gesellschaft agierenden Freikirchen haben in diesem Zusammenhang noch bei weiten nicht genügend Ressourcen ein zufriedenstellendes Gegengewicht zu einem abgeschafften Religionsunterricht zu schaffen.

Die Wahl besteht also lediglich zwischen einem zeitweilig bedürftigen Religionsunterricht oder einer vollkommenen Gottlosigkeit im öffentlichen Schulsystem. Aufgrund dieser Alternative kann ich mich nur für den Erhalt des Religionsunterrichts als ordentliches Unterrichtsfach einsetzten. Gleichzeitig möchte ich deshalb junge Christen ermutigen, die enormen Chancen des staatlichen Religionsunterrichts zu erkennen und sich von Gott in eine solche Aufgabe berufen zu lassen, in der sie mehr junge Menschen mit dem christlichen Glauben konfrontieren können als in irgendeiner anderen Form gemeindlicher Jugendarbeit. Dabei bieten die gültigen Lehrpläne durchaus Spielraum für christliche Stellungnahmen des Lehrers und deutlich biblische Unterrichtsinhalte. So ist der Religionsunterricht kein überflüssiges religiöses Krebsgeschwür, sondern eine realistische Herausforderung für engagierte und geistlich motivierte Christen.