ThemenWeltanschauungen

Religiöse Sehnsucht und Sciencefiction Praxis

Ein Beitrag zum Verhältnis zwischen Science Fiction, Fantasy und Glaube.

Wer kennt sie nicht, die Bücher von Jules Verne! Damals träumte man von einer Reise um die Erde in 80 Tagen. Ein atemberaubendes Abenteuer, in welchem zahlreiche Widrigkeiten zu überwinden waren. Heute lächeln Manager nur müde über derartige Zeiträume. Aber immerhin, viele Phantasien Jules Vernes gehören heute zu vertrauten Alltäglichkeiten:

„So finden sich in seinen Werken Vorgriffe auf Entwicklungen wie Raumschiffe, Unterseeboote, Hubschrauber, Klimaanlagen, ferngelenkte Geschosse und bewegte Bilder“1

Deswegen ist es unpassend, ihn in die Kategorie „Spinner“ einzuordnen. Zu seiner Zeit widerfuhr ihm dies bestimmt. Obwohl es damals eine regelrechte Aufbruchsstimmung gab. Naturwissenschaften und technische Entwicklungen fanden in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ein allgemeines Interesse und faszinierten regelrecht. Man erwartete einen ständig voranschreitenden Fortschritt, der zur Besserung der Lebensbedingungen beitragen würde.

Wohin würde die Entwicklung gehen? Was würde sie an „Produkten“ hervorbringen? Angesichts eines gewaltigen Fortschritts wie er im 19. Jahrhunderts eingeleitet wurde und ungebrochen anhält, sind diese Fragen durchaus naheliegend und berechtigt. Was würde dem Menschen wohl alles möglich sein? Interessant ist die Tatsache, dass die Romanfigur der englischen Schriftstellerin Mary Wollstonecraft Shelley, nämlich der legendäre „Frankenstein“, den Glauben an die Leistungsfähigkeit der Wissenschaft zur Schaffung eines künstlichen Menschen voraussetzt. Stand damit eine gesicherte glanzvolle Zukunft dank der menschlichen Erfindungsgabe offen? Man versuchte sich in Antworten. Bald schon mischten sich gesellschaftskritische Töne darunter, etwa durch den englischen Schriftsteller Herbert George Wells. Dieser gilt übrigens neben Jules Verne als eigentlicher Begründer der Sciencefiction-Literatur (SF).

SF wird unterschieden von einer ähnlichen Literaturgattung, nämlich der Fantasy. Diese befasst sich weniger mit technischen und wissenschaftlichen Bereichen, sondern weist eher märchenhaft-phantastische Züge auf. Bekannte Autoren sind John R. R. Tolkien und Stephen King.

Unübersehbar erfolgte im ausgehenden 20. Jahrhundert in den Medien, vor allem im Fernsehen, eine Verschiebung in den Programmen zum Bereich der Fantasy- bzw. SF-Filmen. Zum einen wird der Bedarf an Gruseleffekten in der Begegnung mit dem Unheimlichen bedient. Zum anderen erfreuen sich SF-Themen ungetrübter Beliebtheit. Das alte Thema von Jules Verne, nämlich die rasche Fortbewegung, die Überwindung der Barriere Raum und Zeit ist geblieben. Neben anderen kann die Frage nach technischen Lösungen dazu als klassisches Thema von SF betrachtet werden. Man beschäftigt sich ernsthaft oder spielerische mit der Frage, wie sich die Welt einmal darstellen wird.

Zeitmaschinen und Zeitreisen in Vergangenheit oder Zukunft sind ein beliebtes Thema. In Büchern und Filmen (beispielsweise „Zurück in die Zukunft“ mit Michael J. Fox und Christopher Lloyd) führen Autoren und Regisseure die mehr oder minder turbulenten Umstände und Folgen vor. Stets die technische Machbarkeit durch menschliche Genialität vorausgesetzt.

Angesichts der Einsicht in die unendlichen Weiten des Universums, in dem sich der Mensch immer mehr als verloren und preisgegeben erkannte, kommt der verständliche Wunsch nach Überbrückung des Raumes auf.

Angesichts der Einsicht in die unendlichen Weiten des Universums, in dem sich der Mensch immer mehr als verloren und preisgegeben erkannte, kommt der verständliche Wunsch nach Überbrückung des Raumes auf. Jules Vernes Begrenztheit auf die Erde mit ihren Unwegsamkeiten war zu seiner Zeit sicherlich eine Herausforderung. Doch nimmt sie sich geradezu bescheiden aus gegenüber den Millionen von Lichtjahren, die uns selbst von der nächsten Galaxie, dem Andromedanebel, trennen.

Im Klartext hieße das: Selbst wenn uns der Bau eines Raumschiffes gelänge, das sich mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegt, dann würde es 2,2 Millionen Jahre dauern, bis es in dieser Galaxie ankäme. Von allen Unwägbarkeiten auf der Reise gänzlich abgesehen.

Damit findet menschliches Denken sich nicht einfach ab. Zum einen vertraut es auf die Weiterentwicklung technischer Konzepte, oder auf Forschungsergebnisse zur rascheren Fortbewegung (z. B. die Idee vom Tachyonenraum mit dem Tachyonen, der Geschwindigkeiten weit oberhalb der Lichtgeschwindigkeit zulassen würde). Zum anderen brechen die Fragen nach Ursprung und Ziel der Menschheit überhaupt und natürlich auch des Einzelnen auf. Sinngebung soll daraus erlangt werden können. Diese Hoffnung besteht und wird wohl auch bestehen bleiben.

Doch immer, wenn diese Fragen gestellt werden, bricht aus dem menschlichen Inneren seine Neigung zur Religiosität hervor. Denn diese Fragen verlangen auch eine Antwort darauf, was wir zu befürchten haben und worauf wir hoffen dürfen. Alles unverzichtbar fundamentale Fragen für menschliche Existenz.

In den SF-Filmen wird teilweise die Existenz eines Gottes recht unbeschwert vorausgesetzt, andererseits kategorisch abgelehnt.

In den SF-Filmen wird teilweise die Existenz eines Gottes recht unbeschwert vorausgesetzt, andererseits kategorisch abgelehnt. Vor allem in der beharrlichen Suche nach den außerirdischen Wurzeln der menschlichen Rasse kommt dies sehr deutlich zum Ausdruck. Es „erscheint wie die zeitgemäße Variante der Suche nach Gott.“2 Außerirdische Intelligenzen, ließen sie sich finden, ermöglichten dem modernen Menschen mit seinem zwischen Rationalismus und Esoterik angesiedeltem Lebensgefühl einen entsprechenden Glauben. Unvermittelbare Gegensätze wären überbrückt, die Selbstachtung erhalten und gleichzeitig ein großer Gewinn erzielt: man könnte an etwas glauben. Kaum wird allerdings darüber nachgedacht, welche Konsequenzen derartige Kontakte nach sich ziehen könnten. Dass man dieses Risiko eingeht, verrät die tiefe Abneigung gegen den wahren Gott, wie er in der Bibel geschildert wird. Man will zwar glauben, auf keinen Fall aber an diesen Gott. Der Mensch ist religiös aber gottfeindlich eingestellt. Zu beidem ist er verurteilt und hat keine Wahlmöglichkeit.

Nachfolgend soll anhand einer überaus erfolgreichen und bekannten Film- und Fernsehserie die typische Sicht der modernen SF von Welt und Mensch, mit seinen Möglichkeiten und Grenzen, der Zukunft in den verschiedensten Varianten dargestellt werden. Es handelt sich um die „Star Trek“-Serie (nicht zu verwechseln mit „Star Wars“).

1966 erfolgte die erste Ausstrahlung der in Deutschland unter „Raumschiff Enterprise“ bekannten Serie im amerikanischen Fernsehen. Bis 1968 wurden insgesamt 78 Filme gedreht. Nach mehr als 30 Jahren gehören diese immer noch zu den beliebtesten und bekanntesten der Serien der Fernsehgeschichte überhaupt. Unter den SF-Anhängern genießt sie Kultstatus. Im Internet findet der Interessierte jede Menge Informationen. Beispielsweise zu Raumschiffen, Personen aus den Serien und deren Bilder, Rangabzeichen der Klingonen3 und eine Liste der 78 Folgen mit Inhaltsangaben usw.

Wie groß die Fangemeinde ist, vermag man nicht einmal zu schätzen. Mit viel Mühe veranstalten sie ihre „Conventions“ oder einfach „Cons“. Bekannt sind in Deutschland besonders die in Köln, Bonn und Frankfurt (im Zusammenhang mit der Buchmesse; wegen der hohen Kosten außerhalb der Stadt).

Angesichts der riesigen Resonanz entsteht begreiflicherweise die Frage nach deren Ursachen. Zuerst muss man die Person des Schöpfers von Star Trek, den Amerikaner Eugene Wesley „Gene“ Roddenberry nennen. Dieser, Jahrgang 1921, entdeckte schon als 13jähriger sein Interesse für SF-Literatur. Davon kam er nicht mehr los. Im Krieg Pilot bei der U.S. Air Force arbeitete er in Los Angeles bei der Drogenfahndung, bevor er sich als Drehbuchschreiber, Autor und Produzent versuchte. Bereits frühzeitig trat eine Stärke Roddenberrys hervor: er passte sich souverän in technischer und weltanschaulicher Hinsicht dem gesellschaftlichen Wandel an. Seine konzeptionelle Flexibilität brachte „Star Trek“ in der Unterhaltungsbranche ganz nach oben und ließ es zu einem florierendem Wirtschaftsunternehmen werden.

Auch in anderer Hinsicht trug Roddenberrys Beweglichkeit und Gespür zum Erfolg bei:

„Diese Pilotfilme wurden von anderen Leuten produziert und keiner von ihnen verkaufte sich. Ich fand heraus, dass es nicht reicht, eine Idee zu entwickeln und die Geschichte zu schreiben. Die Geschichte ist erst fertig, wenn sie auf Zelluloid gebannt ist. Um diese Geschichte zu erzählen, benötigt man Ton, Musik, Besetzung, Kostüme und all die Dinge für die ein Produzent verantwortlich ist. Ich begriff, dass ein Film die Gefühle, die man beim Schreiben des Drehbuchs hatte, nur korrekt reflektieren kann, wenn man diesen Film selbst produziert.“

Er übernahm zu einem Teil auch die Rolle des Produzenten. Ein Entscheidung mit enormem Erfolg.

Dabei ist die Serie alles andere als eine der üblichen seichten Actionserie der 60er Jahre. Durchaus tiefgründig und philosophisch durchdacht ist das Konzept der Flüge in die unendlichen Weiten. Roddenberry gab zu:

„Die wirkliche Macht hat man, wenn man eine Serie wie Star Trek macht, die von den meisten für ein nichtsagendes kleines Action-Abenteuer gehalten wird … Dort muss man seine Ideen einschmuggeln.“4

Er gibt ganz offen zu, nach Einfluss zu streben und seine Ideen zu verbreiten. Das ist nicht neu, nichts besonderes und auch nicht automatisch verwerflich. Man lernt daraus Roddenberry als geschickten Taktierer kennen, der seine Vorgehensweise geschickt plant und durchaus ein präzises Empfinden für erfolgreiche Konzepte aufweist. Ihn als Spinner zu bewerten wäre in mehrfacher Hinsicht verfehlt. Ganz allgemein kann man sicher die amerikanische Pionierart anführen, die vor Jahrhunderten die Trecks nach Westen auslöste und in paar Jahrhunderten die Trecks ins Universum. Wie der Westen lockte, wird einmal der Kosmos locken. Doch das ist es nicht allein.

Sein Konzept traf und trifft wohl noch immer den Nerv vieler. Was ist die Ursache dafür? Gibt es so etwas wie ein Erfolgsgeheimnis? Gewöhnliche Filmklischees werden erstaunlicherweise kaum bedient: Gewalt, Sex und Horror. Hinsichtlich Sex geht es ausgesprochen puritanisch zu. Frauen kommen zwar als Besatzungsmitglieder vor, aber nicht in uns vertrauten Beziehungen zu Männern. Unerwähnt bleibt die Frage, welche Bedeutung Ehen im 23. Jahrhundert überhaupt noch ausweisen. Trotz allem nimmt die Fan-Gemeinde nicht ab, sondern eher zu.

Gewöhnlich verweist man auf zwei Säulen des Erfolgs.

  1. „Star Trek gehörte zu den ersten friedlichen Science-Fiction im Fernsehen. Ein paar blutrünstige Weltraumschlachten fanden sich erst in den modernen Folgen der letzten Jahre. Die Captains der Enterprise Kirk und Picard waren beide friedliebende, aufrechte und kontaktoffene Charaktere. So zeigt sich in allen Begegnungen mit fremden Rassen oder Wesenheiten, dass ihnen Toleranz, Achtung und ein friedliches Miteinander wichtiger sind, als ein scheinbarer politischer oder militärischer Erfolg. Ihre Waffensysteme werden einzig und allein zur Verteidigung verwendet. Es gibt eine ‚Oberste Direktive‘ der Nichteinmischung in fremde Kulturen. Dieses Gesetz wird als das höchste Gesetz geachtet.“
  2. Gedanken und Themen aus einer geistigen (spirituellen) Welt sind mehr oder minder hintergründig verarbeitet.

Der neue Typus Mensch steht für Gerechtigkeit, Toleranz und Frieden.

Wenn diese Einschätzung zutreffend ist, dann lassen sich die grundlegenden Ideen Roddenberrys daraus ableiten. Mit dem ersten Schwerpunkt erfüllt sich ein uralter Menschheitstraum, nämlich die Sehnsucht nach Frieden und Harmonie. In der Fiktion der Machbarkeit dieses Traumes, in die der Film seine Zuschauer mitnimmt, erlebt er die Erfüllung dieser Sehnsucht. Bedrohungen mögen zwar noch von außen an das Raumschiff dringen und es zuweilen sogar existenzbedrohend attackieren. Im Inneren jedoch herrscht ein neuartiger Lebensraum, der Leben im eigentlichen Sinn ermöglicht. Das Raumschiff Enterprise und später seine Nachfolger stehen für die gesamte Erde. Sie ist nicht länger Ausgangspunkt von Machtstreben, Gier, Unterdrückung und Gewalt. Der neue Typus Mensch steht für Gerechtigkeit, Toleranz und Frieden. Vorstellungen der alten Visionäre wie Feuerbach, Marx und Freud gelangten zur Wirklichkeit. Endlich fand die Menschheit zur Vernunft. Religion erübrigt sich aber damit.

Mit genau dieser Einstellung gelingt der Sieg über alle Angriffe und Bedrohungen. Selbst technisch weit überlegene Gegner verzichten letztlich auf Anwendung ihrer Vernichtungsmittel. Sogar dem Superfeind, den Borg, kann man widerstehen. Deren Übermacht konnte sich nichts und niemand entziehen oder widersetzen.

Aus den neuen Qualitäten der Besatzung, allen voran natürlich die jeweiligen Capitains, erwächst die Befähigung zum Triumph. Sie sind mit der neuen Art die geborenen Sieger. Alle Versuche der Vergangenheit dazu finden endlich ihr Ziel, ihre Vollendung. Das Menschengeschlecht hat es endlich erreicht und sich gleichsam erlöst. Einen Erlöser benötigt es nicht mehr. „Star Trek“ trifft auf derartige Wesen. Man fürchtet sie nicht und man verehrt sie nicht. Irgendwie begegnet man ihnen auf gleicher Ebene. Der Unterschied ist nur noch graduell und auf bestimmte Möglichkeiten und Fähigkeiten begrenzt. Welche eine spektakuläre Veränderung! Hier geht es nicht mehr um technische Machbarkeiten und Phantasien. Roddenberry greift Träume auf und lässt sie real werden.

Höchst bemerkenswert, wie Roddenberry den veränderten Menschen filmisch umsetzt. Drei Personen tragen die Handlung: Kapitän James T. Kirk, der erste Offizier Spock und der Schiffsarzt „Pille“ Dr. McCoy. Roddenberry verfolgte damit ein klares Konzept:

„Also dachte ich, wenn ich den perfekten Menschen nehme und in drei Personen teile, dann hätte ich den verwaltenden, mutigen Teil als Captain, den logischen Teil als Wissenschaftsoffizier und den humanistischen Teil als Arzt. Wenn dann irgendetwas passiert, könnte der Captain sagen: ‚Ich weiß nicht, Leute. Wir müssen es tun.‘ und Spock würde sagen: ‚Es wäre logischer, wenn …‘ und der Doktor würde sagen: ‚Ja, aber es geht um die Menschlichkeit.‘ und sie könnten darüber reden, ohne dass man den Bewusstseinsstrom benötigt, und es funktioniert.“5

Roddenberry hat einen neuen, den perfekten Menschen vor Augen. Auf außerordentlich geschickte Weise verwendet er ihn zur Gestaltung der neuen Welt mit ihren neuen Regeln. Allerdings verrät er nicht die Entstehung dieses perfekten Menschen. Aber der neue Mensch gefällt schon. Stets gelingt es ihm, auch in sehr brenzligen Situationen, dem Guten und Richtigen zum Sieg zu verhelfen.

Eine neuen Welt mit neuen Menschen, das ist es, was fasziniert.

Eine neuen Welt mit neuen Menschen, das ist es, was fasziniert. Obwohl jeder Zuschauer weiß, das es sich nur um eine Fiktion handelt, um einen Film, erscheint sie in gewisser Weise machbar, wirklich, funktionierend. Man hofft darauf. Roddenberry bietet eine hoffnungsvolle Sicht der Zukunft und keiner fragt nach der Berechtigung für solchen Zukunftsoptimismus. Aus negativen Gesellschaftsverhältnissen, ja aus der ganzen von Kriegen, Gewalt und Unterdrückung belasteten Vergangenheit scheint es tatsächlich einen akzeptablen Weg zu geben. Dass die Realisierung niemand der nächsten Generationen erlebt, scheint wenige zu stören. Denn wie es im Vorspann der Classik-Serie heißt, führt „Star Trek“ zu Ereignissen in das 23. Jahrhundert.6

Die Bedeutung der zweiten Säule lässt sich natürlich vor dem Hintergrund esoterischer Blüte leicht behaupten. Schwierig ist es mit dem Beweisen. Man verweist auf zahlreiche Berichte über Roddenberrys mediale Begabungen. Welcher Art diese im Detail sind, bleibt aber unklar. Ferner meint man in esoterischen Kreisen, eine Vielzahl spiritueller Botschaften erkennen zu können. Aus diesem Grund rechnete man Roddenberry zu einen der ihren. Mit welchem Recht, sei dahingestellt.

Allerdings sind in die Filme tatsächlich spirituelle Elemente eingebaut. Mit welcher Absicht dies geschah, ist eine andere Frage. Immerhin könnte es auch als Gegengewicht zur hypermodernen und allgegenwärtigen Technik geschehen.

Unter den Besatzungsmitglieder befindet sich Councellor, eine hellfühlende Person. Sie kann Gefühle anderer Personen, auch außerirdischer, wahrnehmen. Gedanken kann sie jedoch nicht lesen. In brenzligen Situationen bedient sich Picard dieser besonderen Fähigkeiten, um beispielsweise Informationen über unbekannte Wesen zu erhalten. Auf keinen Fall lässt sich diese Fähigkeit mit technischem Fortschritt erklären. Hier sind unzweifelhaft andere Erklärungen erforderlich.

„In einigen Folgen verlassen Menschen oder Wesen anderer Rassen ihren Körper, transformieren sich zu Lichtwesen und Telepatie ist nicht nur bei den Vulkaniern eine ganz normale Kommunikationsmethode. Die Teleportation wird von so manchen fremden Wesenheiten verwendet, eine technisierte Lösung dieser Thematik ist für mich der nicht mehr wegzudenkende Transporter-Strahl.“7

Weil sich diese spirituellen Vorgänge in einem eher technischem Umfeld befinden (beamen, Transporterraum, Energie), ordnet der Zuschauer sie selbstverständlich auch in diese Kategorien ein. Deswegen reagiert er gewiss mit einigem Unverständnis, weist man ihn auf die spirituelle Ebene hin. Denn all diese Ereignisse wie Teleportation und Telepatie sind längst bekannt und beschrieben aus der Welt spiritueller Sitzungen und Vorgänge. Auf die gewaltigen technischen Konflikte beim Beamen, soll hier gar nicht erst eingegangen werden.8 Mittlerweile ging der Begriff „beamen“ oder „Beamer“ in den alltäglichen Sprachgebrauch ein. Damit werden die Übergänge fließend. Obwohl dieses Beamen noch nicht einmal in der Theorie funktioniert, hält man es schon für naheliegend wie Navigationssysteme und ähnliche Errungenschaften.

Jule Verne und andere scheinen fasziniert von der Leistungsfähigkeit menschlichen Erfindergeistes. Ob das da und dort nicht auch schon über Grenzen hinausging und Hochmut und Stolz förderte, lässt sich immerhin vermuten.

Allerdings liegt dies auf einer völlig anderen Ebene wie die philosophischen Konstruktionen von Roddenberrys Story in „Star Trek“. Wobei sich die Schwerpunkte von der „Classik-Serie“ hin zu „Voyager“ erkennbar änderten. Besonders lässt sich das am Vorkommen und der Verarbeitung des Religiösen erkennen.

Eigentlich müsste es sich ja erledigt haben, wo doch der Mensch erneuert ist und die Vernunft siegte. Jedenfalls sollte man dies meinen. Dennoch begegnet uns eine ständige Spannung. Es ist die Spannung vom „schon“ und „noch nicht“. Einerseits wurde der uralte Traum schon Wirklichkeit. Andererseits fühlt man sich immer noch in einer Fremde und Leere, die das Neue nach wie suchen lässt. Erst dann, wenn alle Fragen nach dem Woher und Wohin beantwortet sind, erst dann wenn es keine Sorgen mehr gibt, dann ist man am rechten Ort angelangt. Dort ist man zuhause. Man geht nicht fehl, diesen Ort als Paradies zu bezeichnen.

Mehrfach werden Versuche unternommen, dorthin zu gelangen, wo man das Paradies vermutet.

Mehrfach werden Versuche unternommen, dorthin zu gelangen, wo man das Paradies vermutet. Die Risiken sind nicht gering und schwer kalkulierbar. Dennoch unternimmt etwa „Sybok“ einen derartigen Versuch. Ohne Rücksicht auf die Mannschaft der „Enterprise“ kapert er Raumschiff und Besatzung für sein Ziel. Immerhin bemerkenswert, wo doch eigentlich so viel greifbares Glück vorhanden ist. So beginnt seine Suche nach Gott und dem verlorenen Paradies. Was erwartet er davon? Dort ist der „Ort, wo man auf jede Frage eine Antwort findet.“9 Hinter einer Energiebarriere findet er jedoch nicht das Paradies, sondern den Tod.

Überhaupt ist allen Versuchen das Ergebnis gemeinsam: die Unauffindbarkeit des Paradieses. Obwohl es nicht nur die Menschen finden wollen. Auch andere Völker und Kulturen träumen davon.

Kapitän Kirk sagt einmal, darüber grübelnd, wo Gott sein könnte:

„Vielleicht nicht dort draußen, sondern hier drin, in unseren Herzen.“

Obwohl er in unendliche Weiten vorstieß, die noch nie ein menschliches Auge sah. Ein Zuhause fand er nicht. Er fand kein Zuhause, weil er keinen Gott fand.

Pessimismus von einer kompetenten Person. Schließlich ist Kirk ja auch sonst derjenige, der für alles und jedes die Lösung weiß. Laut Drehbuchautor dreht sich der Mensch doch nur immer im Kreis. Bei allem Fortschritt in der Technik, in der Erneuerung der menschlichen Rasse, bleibt er auf der Suche. Er bleibt religiös. Aber er ist verdammt, immer nur Fragen zu stellen, nie die Antworten zu finden. Er ist verdammt zur Suche. Obwohl er in unendliche Weiten vorstieß, die noch nie ein menschliches Auge sah. Ein Zuhause fand er nicht. Er fand kein Zuhause, weil er keinen Gott fand.

In engem Zusammenhang, darauf sei hier nochmals hingewiesen, steht ein Schöpfungsglauben. Evolution als Modell zur Erklärung des Lebens schied bereits aus. Unbekümmert um die Entstehungsfrage vor allem der Menschheit lässt dies nicht bleiben. Roddenberry kennt keine Schöpfung „aus dem Nichts“. Seine Erklärungsmodelle klären weniger als sie an neuen Fragen aufwerfen. Denn, wenn ein holografisches Bild die Erläuterung abgibt, sein Volk habe vor langer langer Zeit genetisches Material über die Galaxie verstreut. Daraus entstandene verwandte Lebensformen sollten in Frieden miteinander leben können.

Das mag alles nicht weiter schlimm scheinen. Schließlich handelt es sich nur um einen Film. Aber dieser vermittelt Inhalte. Wer sie kennt, der weiß bereits, wie es kommen wird. Er weiß, dass alle Religion zu nichts führt, keine von ihnen eine Lösung kennt, eine Antwort weiß. Dies Dilemma trägt der Mensch mit sich und nimmt es im Film mit in die Weiten des Universums, in die Begegnungen und Bewährungen. Vielleicht könnte man sogar sagen, dass Roddenberry das Wissen um das bohrende Gefühl der andauernden Leere dem Menschen als dezente Qual verordnet. Umgang mit Glauben erübrigt sich als unnütze Zeitverschwendung. Roddenberry schafft Sterilität aller Religiosität gegenüber.

Das heißt aber auch, der Heiligen Schrift gegenüber, die uns Jesus Christus offenbart. Zur Erlösung in diesem wird der Zugang erschwert oder gar verhindert! Dieser Feststellung kommt ein großes Gewicht zu. Denn damit wird aus einer harmlos scheinenden Unterhaltungssendung unversehens eine konkurrierende Art von Religion.

Ob dieser Effekt gewollt ist, darüber kann nur spekuliert werden. Letztlich ist der Nachweis einer Absicht gar nicht so wichtig. Beachtendwert ist bereits die Tatsache.

Was heißt das nun? Soll man gegen das gesamte SF-Genre Position beziehen? Ist es überhaupt für Christen erlaubt? Nachdenklichkeit ist angeraten. Klagen wir doch fortwährend über Zeitmangel. Hier ist jeder in seiner eigenen Verantwortung angefragt, ob er sich damit beschäftigt (Frage des Inhalts und der Zeitverwendung). Man darf sicher sein, dass sich (wie so oft) lohnendere Möglichkeiten finden lassen.

Doch wir finden auch Anlass zur Klage über mangelnde Resonanz dem Evangelium gegenüber. Es wird verkündigt und verkündigt, man fragt nach veränderten Methoden, dennoch bleibt das erhoffte Hören und Antworten aus. Keiner wird nun behaupten, dafür sei SF verantwortlich. Dennoch darf die Möglichkeit nicht außer Betracht gelassen werden, dass SF ein Hindernis unter vielen anderen in heutiger Zeit darstellt.


  1. Verne, Jules. Microsoft® Encarta® Enzyklopädie 2001. © 1993-2000 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten. 

  2. EZW-Texte. Nr. 157. S. 19. 

  3. Übrigens gibt es ein Wörterbuch für Deutsch und Klingonisch/Deutsch aber auch einen Audio-Sprachkurs auf CD aus dem Heel-Verlag Königswinter. 

  4. Aus http://www.str_trek_classik.de. 

  5. Aus http://www.str_trek_classik.de. 

  6. „Der Weltraum, unendliche Weiten … Wir schreiben das Jahr 2200. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs En-terprise, das mit seiner 400 Mann starken Besatzung 5 Jahre lang unterwegs ist, um neue Welten zu erforschen, neues Leben und neue Zivilisationen. Viele Lichtjahre von der Erde entfernt, dringt die Enterprise in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat.“ 

  7. Aus http://www.lichtdimension.de. 

  8. Energiemengen und Speicherung von Atomkoordinaten bei den bekannten Problemen der Heisenbergschen Unschärferelation. 

  9. EZW-Texte. Nr. 157. S. 39.