ThemenIslam und Christentum, Kultur und Gesellschaft

Erobert der Islam die Welt? Einblicke in Pläne und Strategien

Ein Gespräch mit Prof. Dr. William Wagner.

William Wagner ist Professor für Theologie am Golden Gate Baptist Theological Seminary in San Francisco, USA, und hat über Jahrzehnte für die Mission seiner Kirche, die „Südlichen Baptisten“, in Europa, dem Nahen und Mittleren Osten sowie Nordafrika gearbeitet. Sein Buch „Erobert der Islam die Welt? Einblicke in Pläne und Strategien“, das 2004 erschien und inzwischen mehr als 10.000 mal verkauft wurde, ist 2006 in deutscher Übersetzung beim Hänssler-Verlag, Holzgerlingen, herausgekommen (ISBN 978-3-7751-4481-0). Mit Professor Wagner haben wir aus Anlass einer seiner deutschen Gastdozenturen im Juni sprechen können.

Frage: Herr Professor Wagner, Sie haben ein in Amerika sehr erfolgreiches Buch über den Islam und seine religiösen und politischen Ambitionen herausgebracht. Was hat Sie konkret als Christ und wissenschaftlich arbeitender Theologe  veranlasst, dieses Buch zu schreiben?

Wagner: Vor sechs Jahren habe ich angefangen, mich systematisch mit der Frage zu beschäftigen, warum bestimmte religiöse und andere Gruppierungen expandieren, andere nicht. Konkret habe ich dabei folgende Religionen und Bewegungen untersucht: die Baptisten, die Pfingstler, die Zeugen Jehovas, die Mormonen, die Homosexuellen und die Muslime. Mich hat dabei sehr schnell der Islam fasziniert, weil seine Strategien von außen betrachtet weltweit scheinbar die erfolgreichsten sind.

Frage: In Europa ist die Meinung verbreitet, der Islam könne zwar zu einer realen Gefahr für die Länder Westeuropas, nicht aber für Amerika werden. Was ist Ihre Meinung zu diesem Punkt?

Die Islamisierung Westeuropas ist eines der offen erklärten Ziele bestimmter islamischer Organisationen

Wagner: Was Europa betrifft, halte ich die Gefahr, die der Islam darstellt, für durchaus reell, ja für sehr groß. Die Islamisierung Westeuropas ist eines der offen erklärten Ziele bestimmter islamischer Organisationen, so etwa der „Muslimischen Welt-Liga“ in Mekka, die von Saudi-Arabien unterstützt wird und die schon heute ankündigt, die ersten Länder Europas, die in die Hand des Islams fallen würden, würden die Niederlande und Belgien sein.

Ein Imam hat mir gegenüber andererseits einmal erklärt, der Schlüssel zu Europa sei Großbritannien, der Schlüssel zu Großbritannien sei London. In London gibt es heute bereits 687 Moscheen, im Jahre 1963 war es erst eine einzige.

Der Bau von Moscheen und die Zerstörung von Kirchen wird als Beweis für den Sieg des Islam angesehen

In Amerika spielt sich diese Entwicklung mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung ab, aber auch hier ist Wachsamkeit geboten. Der erste Bundesstaat, der unter islamische Kontrolle geraten könnte, dürfte meiner Prognose nach Michigan sein, in dessen Hauptstadt Detroit heute bereits 50% der Einwohner Muslime sind, während in Dearborn, dem Sitz der Ford-Automobilwerke, der mohammedanische Bevölkerungsanteil bereits 90% erreicht hat. Diese Dinge werden im Ausland oft nicht wirklich wahrgenommen und führen zu Fehleinschätzungen der Lage in den Staaten.

Frage: In Ihrem Buch schildern Sie eindrücklich, wie es dem Islam gelungen ist, den symbolischen „11. September“ zu seinen Gunsten zu wenden, so dass der Islam heute in der öffentlichen Meinung besser dasteht als vor diesem Ereignis. Wie konnte es kurz zusammengefasst zu dieser Umpolung kommen?

Wagner: Zunächst möchte ich betonen, dass der 11. September 2001 aus der Sicht des Islams wahrscheinlich eine sehr viel geringere Rolle spielt als aus unserer Sicht; seine Strategien wären wohl auch ohne dieses Datum im wesentlichen die gleichen gewesen. Tatsache aber ist, dass der Islam in den USA sehr geschickt auf die Terroranschläge reagiert hat. Vier Tage nach dem 11. September gab es zum Beispiel landesweit bei fast allen Moscheen einen „Tag der offenen Tür“, der von Amerikanern stark besucht wurde. Bei diesem Anlass haben die Muslime bewusst christliches Vokabular benutzt und der Bevölkerung erklärt, der Islam sei eine Religion des Friedens, der Versöhnung und der Liebe. Diese Botschaft war so erfolgreich, dass alleine im Laufe der ersten sechs Monate nach dem 11. September 50.000 Amerikaner zum Islam übergetreten sind. Auch die Rolle der Medien ist nicht zu unterschätzen, die zwar dem Islam gegenüber gespalten sind, aber zunehmend dem Islam die Möglichkeit bieten, von sich ein positives Image zu erzeugen.

Frage: Sie vertreten die These, dass der Islam inzwischen vielfach generalstabsmäßige Strategien zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung und zur Ausdehnung seines Einflusses benutzt. Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Komponenten dieser Strategien?

Wagner: Der Islam baut heute auf drei parallele Strategien: 1. Die Mission (Da’wah), 2. den „heiligen Krieg“ (Dschihad) und 3. den Bau von Moscheen. Was viele nicht wissen, ist, dass die erste Strategie die erfolgreichste ist. So befinden sich heute mehr islamische Missionare in Deutschland als deutsche Missionare in allen islamischen Ländern zusammen. Was viele auch nicht wissen, ist, dass der Islam den Bau von Moscheen als Beweis für den Sieg des Islam bewertet, genauso, wie er die Zerstörung von Kirchen als einen solchen Beweis ansieht. In den letzten 20 Jahren sind rund 20.000 Moscheen neu entstanden, aber abgesehen von einigen interreligiösen Zentren wie in Kuwait konnte keine einzige Kirche, kein einziges Gemeindehaus in einem islamischen Land eröffnet werden.

Frage: Der Islam ist inzwischen die am schnellsten wachsende Religion auf der Erde; von diesem Faktum sind vor allem viele traditionell christlich geprägte Länder betroffen. Sehen Sie in den Erfolgen des Islam eher einen Ausdruck der Stärke dieser Religion oder gar des hinter ihr stehenden kulturellen Systems oder nicht vielmehr ein Symptom der Schwäche und der inneren Ausgehöhltheit der westlichen Kultur?

Wagner: Zunächst eine kleine Korrektur: Der Islam wächst in der Tat sehr schnell, wenn man aber im christlichen Bereich die Evangelikalen und Charismatiker isoliert, wachsen diese weltweit noch schneller. Es kommt hinzu, dass der Islam vor allem wegen des eigenen Kinderreichtums wächst. Die UNO geht davon aus, dass im Jahre 2050 weltweit 50% der unter 21-jährigen Muslime sein werden. Auf der anderen Seite müssen wir auch sehen, dass die Christen durch den Kampf mit dem Säkularismus in der Tat sehr geschwächt sind. Aber auch der Islam fürchtet den Säkularismus, das darf man nicht unterschätzen.

Frage: In Ihrem Buch weisen Sie auch auf Misserfolge und andauernde Schwächen des Islams und seiner Missionstätigkeit hin. Wo liegen die größten Schwachpunkte?

Wagner: Die größte Schwäche des Islam ist meiner Meinung nach, dass er zur Selbsttäuschung neigt und auch bei den Erfolgsmeldungen häufig übertreibt. Man sollte beileibe nicht alles glauben, was Vertreter des Islams über Missionserfolge, zahlenmäßiges Wachstum usw. angeben, einer kritischen Nachprüfung halten die Zahlen oft nicht stand. Auch ist es dem Islam nicht gelungen, die Moscheen, die er seit Jahren weltweit errichtet, tatsächlich mit Menschen zu füllen; in vielen Teilen der Welt stehen sie leer.

Frage: Wie sollten sich Ihrer Meinung nach die christlichen Kirchen und auch die einzelnen Christen in der Lage, wie sie ist, verhalten?

Wagner: Das Wichtigste ist, dass wir uns bei der Beschäftigung mit dem Islam niemals in Angst versetzen lassen. Der Islam ist eine Religion der Angst und er verbreitet sie auch, im Christentum aber ist die Angst überwunden. Daher können wir auf Muslime wirklich freundlich zugehen und auch versuchen, sie als Freunde zu gewinnen. Muslime sagen häufig, bis 1990 sei ihr größter Feind der Kommunismus gewesen, seither sei es die christliche Mission. Das rührt daher, dass Muslime bei glaubwürdigen Christen eine Kraft entdecken, die sie nicht verstehen und einordnen können  die Kraft des Heiligen Geistes. Und so, wie es im Islam keine Liebe im Sinne des Neuen Testaments gibt, verstehen Muslime auch nicht, wie Menschen aus Liebe statt aus Angst heraus handeln, ja, große Dinge vollbringen können. Das kann für uns nur bedeuten, dass wir auf keinen Fall die Liebe verlassen dürfen: gerade auch den Muslimen gegenüber nicht, denen wir sie vielleicht sogar in besonderem Maße schulden.

Herr Professor Wagner, wir danken Ihnen für das Gespräch!