ThemenKritik der Bibelkritik

Panthera – der wirkliche Vater Jesu?

Ein römischer Soldat namens Panthera sei der wirkliche Vater von Jesus Christus: Das gibt der vielbeachtete Theologe Professor Gerd Lüdemann als Ergebnis neuester wissenschaftlicher Forschung aus. Die Behauptung ist aber ein alter Hut.

Die Behauptung, Jesus sei das Kind von Maria und einem römischen Legionär, wird erstmals Ende des 2. Jahrhunderts in jüdischen Spottschriften über den christlichen Glauben aufgestellt. Der christenkritische Philosoph Celsus greift diese Idee später in seinem Buch „Die wahre Lehre“ auf. Seitdem wurde diese Geschichte von vielen zitiert, die über den biblischen Bericht der Jungfrauengeburt spotten wollten.

Im späteren Judentum wird Jesus deshalb gelegentlich auch der Beiname ben Pantera (= Sohn des Pantera) gegeben. Im Mittelalter erschien ein jüdisches Gegenevangelium mit dem Titel „Toledot Jeschu“. Darin gibt sich ein sittenloser Josef Panderi als der fromme Verlobte der Maria aus und vergewaltigt sie. Aus dieser Verbindung sei dann Jesus entstanden.

Seit dem 19. Jahrhundert stellen bibelkritische Theologen mittels der Pantheralegende die historische zuverlässigkeit der Bibel in Frage. So untermauerte der Professor David Friedrich Strauß seine Kritik an der Jungfrauengeburt mit dem Hinweis auf Panthera. In der Zeit des Nationalsozialismus warb der Theologieprofessor Walter Grundmann für die Idee eines „arischen Jesus“. In seinem Buch „Jesus der Galiläer und das Judentum“ (1940) behauptet er, der lateinische Familienname Panthera zeige, dass Josefs Familie zum Judentum gezwungen worden sei. In seinem Buch „Zum Wesen des Christentums“ (1939) kommt auch der Theologe Emanuel Hirsch zu dem Schluss, dass Jesus wahrscheinlich „keinen Tropfen jüdisches Blut“ hatte.

Die antisemitische Variante der Panthera-Geschichte kam aus der Mode. Heute geben vor allem Verschwörungstheoretiker allerlei neue „Wahrheiten“ über das Leben Jesu zum Besten. In seinem Buch „Die Jesus Dynastie“ (2006) behauptet der amerikanische Theologe James D. Tabor, den historischen Vater Jesu in Deutschland gefunden zu haben: ein römischer Bogenschütze namens Tiberius Julius Abdes Pantera, dessen Grab man 1859 nahe von Bingen am Rhein fand. Allerdings war der Name Panthera (=Panther) im Römischen Reich durchaus beliebt, insbesondere bei Soldaten. Mit dem Panthera jüdischer Spottschriften hat der römisch-deutsche Panthera höchstwahrscheinlich gar nichts zu tun. Und beide Pantheras haben keinerlei Bezug zum Jesus der Bibel.

Solche Spekulationen, die Jahrhunderte nach dem Ereignis erfunden werden, sagen nichts über den wirklichen Jesus aus, sondern nur etwas über die Gegner des christlichen Glaubens.