ThemenFrage & Antwort

Zu den Vätern versammelt?

Frage: Wie kann man die Aussage verstehen „Er starb und wurde zu seinen Vätern/Völkern versammelt“?

Antwort:

Hat man den Wunsch Josefs im Kopf („Ich will liegen bei meinen Vätern“ 1Mo 47,30), der sich bei seinem Sterben versprechen ließ, dass seine Knochen nicht in Ägypten bleiben sollten, sondern beim Auszug mit nach Kanaan genommen würden, dann könnte man denken der Ausdruck bedeute so viel wie „im Familiengrab beigesetzt werden“. Das ist aber in der Formulierung „zu den Vätern versammelt werden“ nicht die eigentliche Bedeutung. Die Sitte des Familiengrabes ist umgekehrt ein sichtbares Zeichen der Überzeugung, dass mit dem Sterben der Menschen zu denen geht, die schon vor ihm lebten und bereits gestorben sind, seine Vorfahren oder Väter. Sonst wäre der Ausdruck für Abrahams Sterben ganz unangebracht, denn sein Leichnam wurde doch in Kanaan und nicht im Land seiner Vorfahren bestattet. Auch für Mose wäre der Ausdruck sonst unpassend (5Mo 32,50), wurde er doch von Gott selbst an unbekannter Stelle, aber sich nicht in einem Familiengrab bestattet.

Dass bei dieser Ausdrucksweise aus der frühen Zeit des Alten Testaments das Versammelt werden zum Volk (1Mo 25,8.17 ; 35,29; 49,33; 4Mo 20,24; 5Mo 32,50) oder zu den Vätern (1Mo 49,29; 4Mo 20, 26; 27,13; 31,2; Ri 2,10; Apg 13,36) synonym gebraucht wird, ist ein weiterer Hinweis dafür, dass die Redeweise ganz im Sinn der Lehre vom Sterben des Menschen im AT gedeutet werden muss. Weil die Väter/Vorfahren oder das eigene Volk Israel bei Gott bzw. im Totenreich aufbewahrt sind, geht auch der Gestorbene dorthin. Für uns erscheint das so ungewöhnlich, weil wir durch das NT geprägt sind. Wie Paulus steht für Christen die Begegnung mit Christus im Vordergrund („Ich will sterben und bei Christus sein“ Phil 1,23) und weniger die Gemeinschaft mit den Vorfahren. Das ist aber kein Widerspruch, sondern durch die Offenbarung des Evangeliums von Jesus Christus bedingt.

„Versammelt werden zu den Vätern“ ist also eine Redeweise, die zur Lehre der Schrift passt, aber nicht unbedingt heute von Christen benutzt werden sollte. Das würde ich aber auch vom Ausdruck „entschlafen“ sagen, weil normalerweise nicht mehr wie früher das bevorstehende Aufgewecktwerden mitgehört wird.

Man könnte fragen, welche bildhafte Redeweise vom Sterben heute angebracht wäre. Ich würde die Begegnung mit Gott und Christus bevorzugen, wie es auch Paulus sagt: „Wir müssen alle vor dem Richterstuhl des Christus erscheinen“ (2Kor 5,10). Vielleicht könnte man wieder häufiger sagen „vor seinen Schöpfer treten“ oder etwas Ähnliches.