ThemenFrage & Antwort

Israels Feste feiern?

Frage: Kann man sagen, ob und wann die Prophezeiung aus Daniel 7,25 über die Abschaffung der Festzeiten erfüllt wurde? Und ergibt sich daraus eine Verpflichtung die alten Feste wieder zu feiern?

Der antichristliche Herrscher der letzten Zeit soll nach beinahe allen deutschen Übersetzungen von Daniel 7,25 (Ausnahme Zürcher und NEÜ) als ein Kennzeichen seines Handelns versuchen, die Festzeiten zu ändern. Das hat bei einer bestimmten Gruppe von Christen zu der Annahme geführt, dass die Festordnung des Alten Testamentes mit den 7 Festen aus 3 Mose 23 auch für die christliche Gemeinde eine „ewige Ordnung“ (Verse 14.21.31.41) darstellt. Dass sich die Christen ohne jüdische Wurzeln weitgehend seit Beginn der Gemeinde nicht danach gerichtet haben, betrachten sie als ein Zeichen des antichristlichen Einflusses auf die Gemeinde. Vor diesem Hintergrund ist auch die vorliegende Frage entstanden. Dazu ist Folgendes zu sagen:

  1. Die Prophezeiung aus Daniel 7,25 kann noch nicht erfüllt sein, da sie offenbar der allerletzten Zeit vor dem Wiederkommen des Herrn Jesus zugerechnet werden muss. Nimmt man den ganzen Zusammenhang, so scheint hier das letzte Aufbäumen des Teufels mit dem von ihm gesteuerten Antichristus geschildert zu werden. Nach dieser Prophetie und auch im Einklang mit der Offenbarung des Johannes steht das im Zusammenhang mit dem Entstehen eines neuen Weltreiches. Daniel 7 schildert die Abfolge der Weltreiche Babylon, Medien-Persien, Griechenland und Rom. Zur Zeit der römischen Herrschaft entsteht nach Daniel 2,44f ein anderes Reich durch das Kommen des Messias. Jesus bestätigt das: das Reich Gottes ist zu euch gekommen (Lk 11,20; 17,21). Ab dieser Zeit steht nicht mehr das Zueinander des Volkes Israels zu den Reichen dieser Welt im Fokus der Geschichte Gottes, sondern es dreht sich alles um Jesus Christus und seine Heiligen, die durch den Glauben zu ihm gehören. Erst zum Ende aller Zeiten, wenn sich das letzte Gericht ankündigt, wird ein letztes Aufbäumen vom Teufel gesteuerter weltlicher Herrschaft gegen Christus und seine Heiligen sichtbar werden. Vorläufer dessen lassen sich aber durch die ganze Geschichte beobachten und so bleibt es berechtigt zu fragen, ob die Prophezeiung aus Daniel 7,25 schon eine vorläufige Erfüllung gefunden hat.
  2. Die deutsche Übersetzung „Festzeiten“ für das aramäische Wort im Grundtext (Daniel 2,4b-7,28 sind in aramäischer Sprache, der Rest hebräisch), ist eine Deutung, die durch nichts gestützt wird. Das Wort zeman kommt an folgenden Stellen vor (Esra 5,3; Daniel 2,9.16.21; 3,7.8; 4,33; 6,11.14; 7,12.22.25). Es meint immer einen bestimmten Zeitpunkt oder eine Frist, die an einem bestimmten Zeitpunkt zu Ende geht. Die Übersetzung „Festzeiten“ ist wahrscheinlich dadurch zustande gekommen, dass das hier geschilderte Handeln mit der Prophetie in Daniel 8,13 verbunden wurde. Das ist aber nicht möglich, weil dort von den Ereignissen während der griechisch-ptolemäischen Herrschaft die Rede ist und es dort außerdem um die Abschaffung des Opferdienstes im Tempel geht. Was sind dann die antichristlichen Kennzeichen? Der aufkommende Herrscher wird sich über jedes Recht erhaben fühlen und versuchen, eigenes Recht zu etablieren. Außerdem wird er versuchen, Gottes Souveränität (2,16) dadurch anzutasten, dass er die Zeiten und Fristen, die Gott allein in der Weltgeschichte gesetzt hat, zu ändern. Aber Vers 25b sagt, dass ihm das nicht gelingt, sondern ihm eine von Gott begrenzte Frist von zwei Zeiten und einer Zeit und einer halben Zeit gegeben ist.
  3. Betrachtet man die Geschichte Israels, in der die Einhaltung der Festzeiten lange Zeit nicht genau genommen wurde (2Kön 23,22) und dann während der Wegführung kaum möglich war, weil sowohl für das Passa als auch für den Versöhnungstag der Tempel notwendig war, dann erscheint es auch nicht logisch, dass gerade der Versuch die Festzeiten zu ändern, ein besonderes Zeichen des Antichristen sein sollte. Es liegt also ein Übersetzungsfehler vor, der irreführende Konsequenzen haben kann.
  4. Sollen Christen unabhängig von der Bedeutung von Daniel 7,25 aber die „ewige Ordnung“ der 7 jüdischen Feste halten? Nein, weil die Feste ihre Erfüllung in Jesus Christus gefunden haben und zum Teil noch finden werden. Das Passa hat mit dem wahren Passalamm Jesus seine Erfüllung (Joh 1,29.35.36). Das Fest der ungesäuerten Brote hat seine Erfüllung mit der Sündlosigkeit des Opfers von Jesus und der Zurechnung seiner Heiligkeit an die Glaubenden. Das Fest der Erstlingsfrüchte ist erfüllt mit dem Erstling von den Toten Jesus Christus (1Kor 15,20ff). Das Wochenfest (Pfingsten) fand seine Erfüllung mit der Ausgießung des Heiligen Geistes. Das Versöhnungsfest hat Jesus mit seinem Blut erfüllt (Heb 9,7). Das Posaunenfest (rosch haschana) wird seine Erfüllung mit der letzten Posaune beim Wiederkommen des Christus erhalten. So hat es auch Paulus zum Ausdruck gebracht (Kolosser 2,16-17) „So richte euch nun niemand wegen Speise oder Trank oder betreffs eines Festes oder Neumondes oder Sabbats, die ein Schatten der künftigen Dinge sind, der Körper selbst aber ist des Christus“. Es ist sicher nicht verboten, die Feste zu feiern, aber es sollte im Blick auf Christus geschehen. Aber selbst dann muss man eingestehen, dass mit dem Ende des Tempels einige Feste nicht mehr gemäß der Ordnung des AT gefeiert werden können, so dass auch Juden weder Passa noch Versöhnungstag (jom kippur) feiern, wie es Gott gefordert hat. Christen aber wissen, dass Jesus sich selbst und die Gemeinde als seinen Leib zum Tempel Gottes bestimmt hat.
  5. Wenn wir also das Leiden, Sterben, Auferstehen und zukünftige Wiederkommen von Jesus Christus in seiner Gemeinde feiern, erfüllen wir damit das alttestamentliche Gesetz über die Festzeiten.