ThemenBibelverständnis

Ist die neutestamentliche Textbasis unserer Bibelübersetzungen vertrauenswürdig? – Ein Interview mit Dr. Heinrich von Siebenthal

Kann ich meiner Luther- oder Elberfelder-Bibel noch vertrauen? Sind ihre Übersetzer im Neuen Testament vom „richtigen“ griechischen Text ausgegangen? Oder gibt es Anlass zu Misstrauen? Weist der verwendete Grundtext eine optimale Nähe zum Original auf? Oder ist er irgendwie „verfälscht“, sodass wir uns von den geläufigen Bibeln besser trennen und zu alternativen Ausgaben greifen sollten, deren Textbasis vertrauenswürdiger ist?

Ausgelöst durch eine in der angelsächsischen Welt schon länger andauernde, sich seit ein paar Jahren aber auch im deutschsprachigen Raum ausbreitende Debatte („King-James-Version Debate“), werden in letzter Zeit hierzulande Bibelfreunde, unter ihnen auch manche Leser von „Bibel und Gemeinde“, immer wieder durch Stimmen verunsichert, die behaupten, den gängigen Bibelübersetzungen liege im Neuen Testament ein „verfälschter“ griechischer Text zu Grunde, man solle diese unbedingt durch eine Ausgabe mit „richtiger“ Textbasis ersetzen.

Wir haben Herrn Dr. Heinrich von Siebenthal – als sprachwissenschaftlicher Dozent an der Freien Theologischen Hochschule in Gießen, auch für die Textforschung zuständig – einige zentrale Fragen zur Thematik vorgelegt. Hier seine Antworten:

Bibel und Gemeinde (BuG): Wie schätzen Sie als Fachmann die Qualität des griechischen Grundtextes ein, auf dem die gängigen Bibelübersetzungen basieren?

Heinrich von Siebenthal (HvS): Zunächst eine Klarstellung. Da ich an der Textforschung nicht direkt beteiligt bin, bin ich kein Fachmann im engeren Sinn des Wortes. Dank meiner akademischen Lehrtätigkeit im Bereich der biblischen Philologie bin ich aber mit der neutestamentlichen Textforschung mindestens so gut vertraut, dass ich mir – wie ich meine – ein faires Urteil darüber erlauben kann, wer in diesem Bereich fachmännisch arbeitet, sprich die relevanten Fakten sachgemäß und methodisch sauber berücksichtigt. Bei dem, was ich hier zur angesprochenen Thematik (häufig stark vereinfachend) sage, stütze ich mich also in weiten Teilen nicht auf eigene Forschungen, sondern auf Publikationen solcher, die unzweifelhaft fachmännisch arbeiten (wobei mir natürlich stets daran liegt, die Faktizität des darin Dargelegten nach Möglichkeit selbst nachzuprüfen). Wer sich persönlich in diese (überaus komplexe!) Materie einlesen möchte, sei auf die im Literaturverzeichnis aufgeführten Fachtitel verwiesen.

Nun zu Ihrer Frage. Nach meiner Einschätzung ist die neutestamentliche Textbasis der gängigen Bibelübersetzungen von hervorragender Qualität. Die neutestamentlichen Autographen (die Urschrift, der Urtext) selbst sind uns bekanntlich nicht erhalten. Doch lässt sich der Originaltext mit Hilfe einer fast unüberschaubaren, seit etwa anderthalb Jahrhunderten ständig wachsenden Menge verfügbarer Quellen weitestgehend rekonstruieren. Wir können von der gut begründeten Annahme ausgehen, dass der in den gängigen Bibelübersetzungen verwendete griechische Text bis auf ein paar wenige Textstellen, an denen die Quellen mit all ihren zahlreichen Textvarianten im Blick auf den Originalwortlaut kein eindeutiges Bild vermitteln, mit dem neutestamentlichen Urtext (Original) identisch ist. Etwa 98% des Textes sind durch eine solide Quellenbasis abgesichert.

BuG: Um was für Quellen handelt es sich? Und können Sie den Hinweis auf die „hervorragende Qualität“ der Textbasis gängiger Übersetzungen noch etwas verdeutlichen?

HvS: Die wichtigsten Quellen der neutestamentlichen Textforschung lassen sich sinnvollerweise dreifach unterteilen:

  1. Über 5300 Handschriften (mehr oder weniger vollständig erhaltene Abschriften des Neuen Testaments oder von Teilen davon) in griechischer Sprache, von denen die älteste (Papyrus 52: Joh 18,31-33.37-38) gewöhnlich um 125 n. Chr. datiert wird. Da die älteren in Unzial/Majuskel-Schrift (zunächst auf Papyrus, dann auf Pergament), die späteren – im neunten Jahrhundert einsetzend – in Minuskel-Schrift (auf Pergament) geschrieben sind, unterscheidet man „Papyri“, „Majuskeln“ und „Minuskeln“.
  2. Hunderte von bis ins zweite Jahrhundert zurückreichenden Abschriften früher Übersetzungen in die Sprachen des Mittelmeerraumes (Latein, Syrisch, Koptisch usw.).
  3. Eine große Zahl von Bibelzitaten in den Schriften der frühchristlichen Autoren („Kirchenväter“), die für die zeitliche und räumliche Lokalisierung der in den Handschriften enthaltenen Textvarianten eine wichtige Hilfe darstellen.

Bei Herodot stehen zwischen Original und ältester greifbarer Quelle rund 400-500 Jahre

Diese Quellenlage darf tatsächlich als hervorragend bezeichnet werden. Für keine andere Schrift der Antike begegnen wir etwas wirklich Vergleichbarem. Dies gilt sowohl für die Menge als auch für die Entstehungszeit. Moderne Ausgaben des Werks von Herodot (griechischer Historiker, „ Vater der Geschichtsschreibung“; 5. Jh. v. Chr.) zum Beispiel basieren auf sieben bis zehn Minuskeln, die aus dem Mittelalter (!) stammen; diese werden ergänzt durch einige Papyrusfragmente, die in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten entstanden sind: Zwischen Original und ältester greifbarer Quelle stehen also rund 400-500 Jahre ohne Dokumentation. Mengenmäßig mit der Quellenlage der neutestamentlichen Textforschung noch am ehesten vergleichbar ist diejenige der Homerforschung: Für den Text von Homers „Ilias“ („Bibel“ der alten Griechen; Endgestalt gewöhnlich ins 8. Jh. v. Chr. datiert) kann man sich immerhin auf 2 Majuskeln und 188 Minuskeln sowie auf etwas über 450 Papyrusfragmente (die ältesten aus dem 3. Jh. v. Chr.) stützen (dazu kommen hilfreiche Hinweise in den aus der Antike überlieferten Kommentaren [„Scholien“]). Doch auch hier ist das älteste Fragment 400-500 Jahre nach dem Original entstanden. Im Fall des Neuen Testaments dagegen beträgt der zeitliche Abstand zwischen dem ältesten neutestamentlichen Papyrusfragment (Papyrus 52) und dem Original wahrscheinlich nicht einmal dreißig Jahre.

Der zeitliche Abstand zwischen dem ältesten neutestamentlichen Papyrusfragment (Papyrus 52) und dem Original beträgt wahrscheinlich nicht einmal dreißig Jahre

Was die Qualität der neutestamentlichen Textbasis der gängigen Bibelübersetzungen angeht, möchte ich hier noch auf Folgendes aufmerksam machen: Obwohl die Quellenlage für den Text der Werke der altgriechischen Literatur weniger gut ist als die der neutestamentlichen Textforschung und sie im Einzelfall manches Rätsel aufgibt, stellt das Standardwerk Geschichte der Textüberlieferung der antiken und mittelalterlichen Textüberlieferung Band 1 im Schlussfazit zur griechischen Literatur fest, dass wir in den „maßgebenden Ausgaben aller bedeutenden Autoren“ – allesamt von „verantwortungsbewusst“ handelnden Verfassern herausgegeben – das Original „in nahezu unverfälschter Gestalt besitzen“. Entsprechendes lässt sich guten Gewissens auch im Blick auf die gängigen Grundtextausgaben des Neuen Testaments sagen, für die nicht nur ein um Einiges besseres – wenn auch besonders herausforderndes – Quellenarsenal zur Verfügung stand, sondern die auch von nicht weniger verantwortungsbewusst handelnden Forscherteams erarbeitet worden sind. Die Qualität der neutestamentlichen Textbasis der gängigen Bibelübersetzungen darf also als durchaus hervorragend bezeichnet werden.

BuG: Gibt es denn in der neutestamentlichen Textforschung nicht verschiedene Richtungen und somit auch unterschiedliche „Rekonstruktionen“ des Urtextes?

HvS: In der neutestamentlichen Textforschung gibt es tatsächlich verschiedene methodische Ansätze. Im Wesentlichen geht es dabei um Unterschiede in der Gewichtung der Beurteilungskriterien, die man einsetzt, um darüber zu entscheiden, welche der in den Handschriften gebotenen Textvarianten an einer bestimmten Stelle dem Originalwortlaut entspricht, zum Beispiel in Jak 1,12 a) „den er … verheißen hat“, b)/c) „den [der] Herr … verheißen hat“, d) „den Gott … verheißen hat“ oder e) „den der nichtlügende Gott … verheißen hat“.

Textforscher sehen grundsätzlich in jener Textvariante den Originalwortlaut, die die Entstehung der übrigen Varianten am besten erklärt (im Fall von Jak 1,12 in Variante a). Beim Aufspüren dieser Textvariante kommen zwei Arten von Befund ins Spiel: der „äußere“ und der „innere“ Befund. Beim äußeren Befund treten vor allem Alter, Herkunft und Qualität der jeweiligen Quellen ins Blickfeld (bei Jak 1,12 derjenigen, die hinter a, b, c, d bzw. e stehen). Beim inneren Befund geht es u. a. um die Frage nach der wahrscheinlichsten Veränderungsrichtung beim Abschreiben eines bestimmten Textes, zum Beispiel: Ist bei der Überlieferung von Jak 1,12 (bewusst oder unbewusst) „den der Herr … verheißen hat“ (Variante c) zu „den er … verheißen hat“ (Variante a) verändert worden? Oder ist eher vom Umgekehrten auszugehen? Im Fall von Jak 1,12 sprechen sowohl äußerer als auch innerer Befund deutlich für „den er … verheißen hat“ (Variante a) als Originalwortlaut (über die Identität des „er“ lässt uns der Kontext nicht im Zweifel).

Wer in der Textforschung zu logisch-sachlich solide begründbaren Ergebnissen kommen will, muss sich selbstverständlich nicht nur im Altgriechischen mit allen dazugehörigen Varietäten, sondern auch in der griechischen Kodikologie (Handschriftenkunde – einschließlich der für Kopisten typischen Textveränderungsarten), Paläographie (Formen, Mittel, Entwicklung der Schrift) und dem relevanten kirchen- und kulturgeschichtlichen Hintergrund – in Theorie und Praxis – optimal auskennen. Gar leicht könnten sonst relevante Gesichtspunkte unberücksichtigt bleiben.

Trotz der Ansatzunterschiede weichen die von den jeweiligen »Lagern« erreichten Urtext-Rekonstruktionen nur in wenigen Punkten voneinander ab

Die meisten Textforscher bemühen sich bei ihrer Arbeit um eine ausgewogene Berücksichtigung von äußerem und innerem Befund (die beiden stimmen nicht immer so problemlos überein wie in Jak 1,12!). Man ist sich dabei aber nicht immer einig, welchem der beiden im Zweifelsfall Priorität eingeräumt werden soll. Ein Großteil der Textforscher (Ansatz des „reasoned Eclecticism“) lässt in solchen Fällen gewöhnlich den inneren Befund entscheiden. Für eine Minderheit hat der innere Befund dagegen absoluten Vorrang (Ansatz des „thoroughgoing Eclecticism“).1 Trotz dieser Ansatzunterschiede – und dies ist bemerkenswert – weichen die von den jeweiligen „Lagern“ erreichten Urtext-Rekonstruktionen nur in wenigen Punkten voneinander ab; recht selten schlagen sich diese im Text unserer Übersetzungen nieder.

Dazu kommt, dass die heutigen Standardausgaben des griechischen Neuen Testaments2 – in den Print-Editionen – zumindest alle sich inhaltlich auswirkenden Varianten3 mit sorgfältiger Quellenangabe auflisten und es so jedem Interessierten ermöglichen, die von den Herausgeberteams getroffenen (nicht als endgültig gemeinten) Entscheidungen zu hinterfragen.4 Die für die gängigen Übersetzungen Verantwortlichen haben sich – diese Möglichkeit nutzend – an verschiedenen Stellen etwas anders entschieden, als es der Haupttext der Standardausgaben vorsieht; in den Anmerkungen weisen sie zudem auf die wichtigeren dieser Varianten hin (die revidierte Elberfelder geht dabei wesentlich weiter als die anderen deutschen Übersetzungen).

BuG: Stehen aber nicht manche Forscher diesem weitgehenden Konsens kritisch gegenüber? Wird nicht häufig bemängelt, die gängige Methodik gehe von fragwürdigen Voraussetzungen aus und es sei ein grundsätzliches Umdenken erforderlich?

HvS: Doch, es gibt eine ganze Reihe von Theologen, vor allem in Nordamerika, die meinen, die hinter den Standardausgaben des griechischen Neuen Testament stehenden Textforscher praktizierten einen unsachgemäßen Ansatz im Umgang mit dem vorhandenen Quellenmaterial. Im Zentrum dieser Kritik steht der Vorwurf, die führenden Textforscher würden einen bestimmten Teil dieses Quellenmaterials einseitig bevorzugen und die Mehrheit der Quellen mit deren charakteristischen Textvarianten weitestgehend ignorieren. Es wurde und wird gefordert, die aus der Sicht dieser Kritiker mangelhaften Standardausgaben seien durch Ausgaben zu ersetzen, die den „Mehrheitstext“, einen Text, der sich auf die Quellenmehrheit stützt, bieten, und dieser Mehrheitstext müsste die Basis für alle Übersetzungen bilden. Zwei alternative Ausgaben des griechischen Neuen Testaments sind aus den Kreisen dieser „Mehrheitstext“-Befürworter hervorgegangen.

BuG: Und wie ist dieses Plädoyer für einen Methodenwechsel hin zum Mehrheitsprinzip bei der Textforschergemeinschaft angekommen?

Das Mehrheitsprinzip widerspricht nicht nur bewährten historischen Forschungsprinzipien, sondern auch den relevanten Fakten

HvS: Es ist auf nahezu einhellige Ablehnung gestoßen. So uneinig man sich in dem einen oder anderen Bereich sonst auch sein mag, so offen auch noch manche textgeschichtliche und methodologische Frage, so definitiv steht für die führenden Textforschungsspezialisten jeder Couleur fest, dass das Mehrheitsprinzip völlig inakzeptabel ist. Zu sehr widerspricht es nicht nur bewährten historischen Forschungsprinzipien, sondern auch den relevanten Fakten, wie sie sich aus dem Studium des antiken Schriftwesens allgemein und des neutestamentlichen Quellenmaterials speziell ergeben (Qualität ist auch im Fall von Quellen wichtiger als Quantität!).

BuG: Außerhalb der gängigen Textforschung haben aber doch die Verfechter des Mehrheitstextes besonders unter bibeltreuen Christen auch in unseren Breitengraden eine ansehnliche Zahl von Gefolgsleuten. Es wäre daher gut, noch etwas mehr über diese Sichtweise zu erfahren.

HvS: Ja, eine beachtliche Zahl von bibeltreuen Christen haben sich der Mehrheitstext-Theorie verschrieben, unter ihnen auch der eine oder andere respektable Theologe, obwohl die Zahl der bibeltreuen Anhänger der mit dieser verwandten, aber im methodischen Ansatz von ihr zu unterscheidenden Textus-Receptus-Theorie wesentlich größer sein dürfte (diese steht im Zentrum der „King-James-Version-Debate“, die in jüngerer Zeit aus dem angelsächsischen Raum zu uns herübergeschwappt ist).

Was hat es nun aber mit der Mehrheitstext-Theorie auf sich? Hier einige Hinweise zum Hintergrund:

Das Quellenmaterial wird von den Textforschern gewöhnlich in drei Hauptgruppen – „Texttypen“ – unterteilt, in den „byzantinischen“, den „alexandrinischen“ und „D“-Text (letzterer auch „westlicher“ Text genannt). Für jeden dieser drei Texttypen ist eine bestimmte Kombination von Textvarianten charakteristisch. Nehmen wir den Bereich des Jakobusbriefes als Beispiel. Für den byzantinischen Texttyp charakteristisch ist hier die Kombination von „den der Herr … verheißen hat“ in 1,12 (Variante c) mit der Verwendung des klassisch (hochsprachlich) erwarteten „nicht“ (ou) in 1,5 und einer Anzahl weiterer im übrigen Brief anzutreffender bestimmt gearteter Varianten. Für den alexandrinischen Texttypus ist es die Kombination von „den er … verheißen hat“ in 1,12 (Variante a) mit der Verwendung des volkssprachlich üblichen „nicht“ (mä) in 1,5 usw.

Für unsere Fragestellung von besonderem Interesse ist nun zunächst Folgendes: Der byzantinische Text wird von über 80% sämtlicher verfügbarer Quellen gestützt. Er ist – bei all den auch hier vorhandenen Textvarianten – auffällig homogen überliefert. Vom sechsten oder siebten Jahrhundert an ist er der maßgebliche Text der griechischsprachigen Christenheit. Allerdings reichen die greifbaren Quellen lediglich bis ins vierte Jahrhundert zurück, für den alexandrinischen und den „D“-Text jedoch bis ins zweite Jahrhundert.

De Quellenmenge, die für den byzantinischen Text (eben den Mehrheitstext) spricht, ist zweifellos beeindruckend. Und es ist im Wesentlichen dieser Aspekt, der den Verfechtern des Mehrheitstextes als Basis für ihre Theorie dient.

BuG: Wäre man denn nicht auf der sichereren Seite, wenn man der Quellenmehrheit folgen und beim Übersetzen des Neuen Testaments vom byzantinischen Text ausgehen würde? Was würde dagegen sprechen?

Der byzantinische und der alexandrinische Text geben zweifelsfrei in mehr als 90% des Textes das Original wieder und kommen in jedem Fall dem (nicht mehr vorhandenen) Urtext überaus nahe

HvS: Bevor ich diese Frage beantworte, möchte ich darauf hinweisen, dass die beiden in der Forschung besonders in Erscheinung tretenden Texttypen, der byzantinische und der alexandrinische, in deutlich über 90% des Textes ohnehin miteinander übereinstimmen und zweifelsfrei das Original wiedergeben und in jedem Fall dem (nicht mehr vorhandenen) Urtext überaus nahe kommen. Wer beim Übersetzen des Neuen Testaments der Mehrheit der Zeugen folgt, geht von einem guten Text aus.

Trotz der Quellenmehrheit muss der byzantinische Text unter dem Gesichtspunkt der zeitlichen und inhaltlichen Nähe zum Original als weniger gut bezeichnet werden

Die Textforschungsspezialisten – wie auch alle bibeltreuen Christen – brennen jedoch darauf, nicht nur einen guten, sondern den bestmöglichen Text in die Hand zu bekommen. Gemeinsam mit allen historisch arbeitenden Wissenschaftlern sind sich die Textforscher im Klaren, dass die Qualität auch im Fall von Quellen Vorrang vor der Quantität hat. Eine sorgfältige Prüfung der Quellen durch Leute, die die bereits erwähnten fachlichen Voraussetzungen mitbringen, ist für eine seriöse Wahrheitsfindung unerlässlich. Es gilt zu klären, als wie nah die Quellen der uns interessierenden Wahrheit, dem Originalwortlaut, gelten können. Entscheidend ist dabei nicht nur die zeitliche, sondern auch die inhaltliche Nähe. Und unter diesen beiden Gesichtspunkten ist für das Gros der führenden Textforscher der Schluss unausweichlich, dass der alexandrinische Text eindeutig Anspruch auf größere Originalnähe erheben kann als der byzantinische Typus. Anders ausgedrückt: Trotz der Quellenmehrheit muss der byzantinische Text unter dem Gesichtspunkt der zeitlichen und inhaltlichen Nähe zum Original als weniger gut bezeichnet werden. Beim Übersetzen würde er keine optimale Textbasis darstellen.

BuG: Sie sagen, der Mehrheitstext sei unter dem Gesichtspunkt der zeitlichen und inhaltlichen Nähe zum Original weniger gut. Können Sie hier etwas konkreter werden?

HvS: Zunächst zu der zeitlichen Nähe, dem Entstehungsdatum der Quellen.

Wie bereits erwähnt, reichen die griechischsprachigen Quellen im Fall des alexandrinischen Texttyps (bzw. des nicht ganz mit diesem gleichzusetzenden „Frühtextes“) – wie auch des (weniger häufig in Erscheinung tretenden) „D“-Texts – bis ins zweite Jahrhundert zurück. Der byzantinische Text dagegen ist vor dem vierten Jahrhundert in keiner einzigen der verfügbaren Quellen anzutreffen.

Vertreter der Mehrheitstext- bzw. der Textus-Receptus-Theorie möchten letztere Aussage in Abrede stellen. Zu den wichtigeren Einwänden gehören:

  1. Die Existenz des byzantinischen (Mehrheits-) Texttyps vor dem vierten Jahrhundert werde durch Textvarianten in den frühen Papyri belegt.
  2. Für eine Frühdatierung des byzantinischen Textes sprächen auch bei frühen Kirchenvätern anzutreffende Bibelzitate; dabei wird meist der im neunzehnten Jahrhundert wirkende Textforscher John W. Burgon zitiert.

Wie eine sachgemäße Berücksichtigung der relevanten Fakten zeigt, kann keiner dieser Einwände aufrechterhalten werden:

  1. Zwar trifft man in den frühen Papyri tatsächlich immer wieder auf Textvarianten der Art, wie sie in eindeutig byzantinischen Quellen typischerweise vorkommen (zum Beispiel liest Papyrus 70 [3. Jh.] in Mt 12,4 wie der Mehrheitstext – offenbar in Angleichung an das vorausgehende Verb – „[er] aß“ statt – wie die Majuskeln 01 und 02 sowie wenige [byzantinische] Minuskeln „[sie/David und seine Begleiter] aßen“). Doch nirgends findet sich die für den byzantinischen Typus charakteristische Kombination von Textvarianten.5
  2. Vor dem vierten Jahrhundert war der byzantinische Texttypus offenbar unbekannt

    Seit der Wirksamkeit John W. Burgons ist im Bereich der Patristik (Erforschung der Kirchenschriftsteller) intensiv weitergeforscht worden. U. a. sind neue, zuverlässigere Texteditionen entstanden. Auch ist man mit den Schriftzitaten dieser Autoren sehr viel besser vertraut geworden. Dabei hat sich deutlich gezeigt, dass ihnen vor dem vierten Jahrhundert der byzantinische Texttypus offenbar unbekannt war.

BuG: Wendet man hier nicht manchmal zu Recht ein, da das Nichtvorhandensein eines Beweises noch kein Beweis für das Nichtvorhandensein einer bestimmten Sache sei, könne man doch aus dem Fehlen entsprechender Quellen nicht schließen, es habe vor dem vierten Jahrhundert den byzantinischen Texttypus nicht gegeben?

HvS: Es ist prinzipiell richtig, dass man aus dem Fehlen entsprechender Quellen noch nicht folgern darf, dass dieser Texttypus vor dem vierten Jahrhundert nicht existierte (das so genannte „argumentum e silentio“ beweist für sich nichts). Ein Entstehungsdatum vor dem vierten Jahrhundert ist zweifellos möglich. Wahrscheinlich ist ein solches ohne entsprechende Quellen jedoch nicht. Wenn es darum geht, zu beweisen, dass der byzantinische Text eine größere zeitliche Nähe zum Original aufweist als der schon im zweiten Jahrhundert durch Quellen belegte alexandrinische Text, so muss ein entsprechendes Entstehungsdatum nicht nur als möglich, sondern auch als wahrscheinlich erwiesen werden, was aber eben – bei der gegenwärtigen Quellenlage – nicht gelingen wird.

Doch selbst wenn jetzt oder – bei veränderter Quellenlage – in Zukunft bewiesen werden könnte, dass der Mehrheitstext-Typus bereits im zweiten Jahrhundert existierte, ließe sich daraus noch nicht eine besondere Nähe zum Original im tatsächlich relevanten Sinn, eine besondere inhaltliche Nähe, ableiten. Erst ein sorgfältiges Quellenstudium – im Bereich des inneren Befundes – könnte diese Frage klären. Und auf Grund eines solchen Quellenstudiums, für das das bereits zweimal erwähnte Know-how unerlässlich ist, erweisen sich die Textvarianten des alexandrinischen Textes im Vergleich mit dem jeweiligen Pendant des byzantinischen Textes typischerweise als dem Original näher. Bei Vergleichen zwischen dem alexandrinischen Texttyp und dem genauso frühbezeugten „D“-Text drängt sich übrigens gewöhnlich eine ebenso deutliche Überlegenheit des alexandrinischen Textes auf.

BuG: Können Sie uns kurz anhand von Beispielen vor Augen führen, wie sich auf Grund eines sorgfältigen Quellenstudiums typischerweise der Schluss aufdrängt, die Varianten des Mehrheitstextes wiesen ein geringere inhaltliche Nähe zum Original auf?

Der Textforscherorientiert sich gewissenhaft an den Veränderungsmustern, denen man beim Studium der Textüberlieferung antiker Werke tausendfach klar dokumentiert begegnet

HvS: Ja. Erinnern wir uns an die Kernfrage des inneren Befundes, die Frage nach der wahrscheinlichen Veränderungsrichtung von zwei einander gegenüberstehenden Textvarianten: Welche der beiden lässt sich eher als Veränderung der anderen erklären? Bei der Beantwortung dieser Frage richtet sich der Textforscher nicht nach seinem persönlichen Geschmack. Vielmehr orientiert er sich gewissenhaft an den Veränderungsmustern, wie man ihnen beim Studium der Textüberlieferung antiker Werke tausendfach klar dokumentiert begegnet.

Zu diesen Mustern zählen die zu allen Zeiten (auch heute ständig) beobachtbaren Abschreibefehler (gleicher oder ähnlicher Anfang oder Schluss von Ausdrücken führt zu Auslassungen oder Wiederholungen), die überaus häufig Textstellen entstehen lassen, die schwer oder gar nicht verständlich sind, die sich aber in der Regel mit Hilfe von anderen Quellen korrigieren lassen.

Für unsere Fragestellung relevanter sind die Veränderungsmuster, die zu einem gut verständlichen Text führen. Solche Veränderungen können bewusst oder unbewusst geschehen. Zumeist geht es darum, „dem Text zu helfen“,6 nicht ihn zu verfälschen. Zu dieser Art von Muster zählt zum einen die Verdeutlichung (Beispiel: ein „er“ wird – auf Grund des Kontextes – ersetzt durch eine eindeutige Bezeichnung für die gemeinte Person), zum anderen die Anpassung der Ausdrucksweise an übliche Normen (Beispiel: ein volkssprachliches Wort wird durch ein sinnentsprechendes hochsprachliches ersetzt, ein ungewöhnliches, schwerverständliches durch ein bekannteres, besser verständliches). Das letztere Veränderungsmuster lässt sich häufig in einer Übersetzung ins Deutsche nicht einmal ausdrücken.

BuG: Konkrete Beispiele wären hier eine Hilfe.

HvS: Von zwei durchaus typischen Beispielen war bereits die Rede:

Das erste findet sich in Jak 1,12. Dort lautet Variante a (alexandrinischer Text) „den er … verheißen hat“, Variante c (byzantinischer Text) „den der Herr … verheißen hat“. Eine Veränderung von a zu c lässt sich gut mit dem Verdeutlichungs-Muster verbinden (die anderen Varianten mit „Gott“ bzw. „der nichtlügende Gott“ statt „er“ lassen sich ebenfalls hier einordnen). Für die umgekehrte Veränderungsrichtung findet sich kein passendes Muster (für eine irrtümliche Auslassung fehlen geeignete Indizien). Die wahrscheinliche Veränderungsrichtung von a zu c (bzw. zu b, d und e) spricht auf jeden Fall an dieser Stelle für eine geringere Nähe des byzantinischen Texts zum Original.

Analoges gilt für das zweite Beispiel, Jak 1,5, wo der alexandrinische Text für „nicht“ das in einem solchen Zusammenhang volkssprachlich übliche mä verwendet, der byzantinische dagegen das nach klassischer (hochsprachlicher) Norm erwartete ou. Eine Veränderung vom Volkssprachlichen zum Klassischen (Hochsprachlichen) entspricht einem bestens dokumentierten Muster, das Umgekehrte nicht.

In kaum zu zählenden Fällen lassen sich die Textvarianten des byzantinischen Typs im Vergleich mit dem alexandrinischen mit Hilfe solcher Muster als inhaltlich dem Original weniger nah einordnen; die dabei ins Spiel kommenden Unterschiede sind zumeist ohne Auswirkung auf die Übersetzung. Aus meiner Sicht haben diese sehr zahlreich anzutreffenden – inhaltlich (theologisch!) irrelevanten –, den sekundären Charakter nahelegenden Lesarten, eine besonders starke Beweiskraft. In ihrem Licht erscheint die Schlussfolgerung als so gut wie unausweichlich, dass der Mehrheitstext im Vergleich mit dem alexandrinischen Typus (bzw. dem „Frühtext“) eine geringere Nähe zum Original aufweist. Dazu kommt, dass – wie bereits gesagt – dieser Texttyp (bei der jetzigen Quellenlage) eine geringere zeitliche Nähe zum Original aufweist.

Der Mehrheitstext ist damit kein schlechter Text, doch eine optimale Nähe zum Original hat er nicht

Der Mehrheitstext ist somit kein schlechter Text, doch eine optimale Nähe zum Original hat er nicht. Eine vertrauenswürdige bessere Annäherung daran ist der den gängigen Bibelausgaben zu Grunde gelegte Text, wie er in den Standardausgaben unter verantwortungsbewusster Berücksichtigung sämtlicher Quellen, aber solide begründbar besonders des alexandrinischen Textes bzw. des „Frühtextes“ geboten wird.

BuG: Von manchen Vertretern des Mehrheitstextes wird eingewendet, der innere Befund sei aber wegen der dabei zum Tragen kommenden subjektiven Elemente grundsätzlich suspekt, es sei daher besser, man folge in der Textforschung einfach einem, dem bestbezeugten, sprich byzantinischen Texttypus. Wie stellen Sie sich dazu?

HvS: Erstens: Kompetente Textforscher sind wie alle seriös arbeitenden Historiker selbstverständlich auf der Hut, bei ihrem Quellenstudium dem subjektiven Moment möglichst wenig Raum zu lassen, sich – wie bereits gesagt – nicht nach dem persönlich Geschmack, sondern verantwortungsbewusst, im Gespräch mit anderen Spezialisten nach jenen Gesichtspunkten auszurichten, die sich aus den relevanten Quellen selbst ergeben. Wie bereits mehrmals betont, sind für eine solche Arbeit besondere fachliche Voraussetzungen erforderlich. In den Händen entsprechend kompetenter und verantwortungsbewusst arbeitender Forscher ist der innere Befund daher keineswegs suspekt.

Zweitens: Der innere Befund scheint selbst für die Befürworter des byzantinischen Texttyps unverzichtbar (zu einer mechanischen Anwendung des Mehrheitsprinzips – da offensichtlich zu problematisch – würden sich die wenigsten bekennen). Zwar ist dieser Typus besonders einheitlich überliefert; doch begegnet man auch hier zahlreichen Varianten, bei denen man mit Hilfe bestimmter Kriterien – des inneren Befundes – die wahrscheinliche Veränderungsrichtung zu bestimmen hat

Ohne inneren Befund kommt man also nicht aus. Und wenn dabei kompetent und verantwortungsbewusst gearbeitet wird, wie dies beim Erstellen der neutestamentlichen Textbasis der gängigen Bibelübersetzungen geschehen ist, so ist ein grundsätzliches Misstrauen sachlich völlig unbegründet.

BuG: Noch eine Frage, die sich im Blick auf die numerische Dominanz der byzantinischen Quellen aufdrängt: Wie ist es zu erklären, dass der alexandrinische und der „D“-Text in späterer Zeit nicht mehr bezeugt sind, der byzantinische Text das Feld jedoch völlig beherrscht?

HvS: Die Behauptung der Mehrheitstext-Verfechter, die dem Original am nächsten stehenden Abschriften eines Werks seien grundsätzlich stets am zahlreichsten und der byzantinische Typus sei dank seiner besonderen Nähe zum Original so gut bezeugt, mag theoretisch manchem einleuchten. Sie lässt sich aber durch keine dokumentierten Beispiele belegen.

Viel eher hängt die Dominanz der byzantinischen Quellen in späterer Zeit mit folgenden zwei Hauptfaktoren zusammen:

Erstens: Zur Zeit der Entstehung des Neuen Testaments war Griechisch die internationale Sprache der Mittelmeerwelt (auch der Brief an die Christen in Rom wurde nicht in lateinischer, sondern in griechischer Sprache geschrieben!). Nach der Teilung des römischen Reiches Ende des vierten Jahrhunderts verlor das Griechische seine Vorherrschaft. Schließlich schrumpfte der griechische Sprachraum fast ganz auf das eigentliche Griechenland zusammen, wo die griechische Sprache bis heute weitergepflegt wurde. Eine Folge davon war, dass das griechische Neue Testament mit der Zeit fast ausschließlich im byzantinischen Raum weiterüberliefert wurde, und zwar mit den sich dort einbürgernden Charakteristika.

Zweites: Der alexandrinische und der „D“-Text wurden schließlich nicht nur deshalb nicht mehr weitertradiert, weil das Griechische in den jeweiligen Gebieten nicht mehr heimisch war, sondern besonders auch weil nach der islamischen Eroberung der bis dahin christlich geprägten Länder im siebten Jahrhundert das Christentum und damit auch die Überlieferung der Bibel in der dort charakteristischen Form ein Randdasein fristeten.

Ist die gängige Textforschung nicht eine Hochburg der (negativen) Bibelkritik?

BuG: Noch zu einem Punkt, der in unseren Kreisen häufig zur Sprache kommt: Ist die gängige Textforschung nicht im Grunde eine Hochburg der (negativen) Bibelkritik und daher für uns bibeltreue Christen wenig vertrauenswürdig?

HvS: Diese Frage kann ich – als mit der Sache vertrautes Mitglied des Bibelbundes – mit einem klaren Nein beantworten.

Ich weiß: Nicht so sehr die eigentlichen Mehrheitstext-Verfechter als vielmehr die Befürworter des Textus Receptus – auf die wir noch zu sprechen kommen – vertreten in der Regel die Ansicht, die gängige Textforschung, bei der häufig auch von „Textkritik“ Rede ist, sei grundsätzlich bibelfeindlich, darauf aus, den rechtgläubigen Standpunkt zu torpedieren.

Diese Auffassung entspricht jedoch nicht den Tatsachen. Sie beruht auf Missverständnissen bzw. auf einseitiger Berücksichtigung der relevanten Fakten.

Das Bemühen der Textforscher, mit Hilfe der verfügbaren Quellen eine Textgestalt zu erreichen, die dem Original so nah wie möglich ist, wird in der Fachsprache gewöhnlich „Textkritik“ genannt. Manche Nichteingeweihten meinen, Textkritik sei mit negativer, sachbezogener Bibelkritik gleichzusetzen. Das Wort „Kritik“ wird im Kontext der Forschung allgemein aber meist nicht im Sinn von negativer, verurteilender Kritik, sondern im Sinn von sorgfältiger, alle relevanten „Kriterien“ (!) einbeziehender Erforschung eines Gegenstandes gebraucht. So will auch der Fachausdruck „Textkritik“ verstanden werden. Wer der Bibel als Gottes Wort vertraut, wird negative, sachbezogene (verurteilende) Bibelkritik selbstverständlich ablehnen, die sorgfältige, alles Relevante einbeziehende Erforschung der ursprachlichen Textbasis unserer Bibel jedoch begrüßen.

Andererseits trifft es sicher zu, dass sich auch unter den Textforschern eine ganze Anzahl von Vertretern der historisch-kritischen Forschung finden, die die Sachkritik an der Bibel nicht grundsätzlich ablehnen. Gleichzeitig gehen aber diese Forscher auch von der Überzeugung aus, dass eine solche Kritik im Rahmen der eigentlichen Textforschung keinen Platz hat. Meines Wissens ist keiner von diesen Textforschern – im Rahmen dieser Disziplin – je auf etwas Anderes aus gewesen, als eben Textforschung im vorher beschriebenen Sinn mit ihren transparenten, die interpersonale Überprüfung ermutigenden Methoden zu betreiben. Dass es dabei zu manch unterschiedlichen Einschätzungen kommt (bei denen uns manches Mühe bereitet), ist bei dieser komplexen Materie nicht verwunderlich. Dass der eine oder andere von ihnen auch einmal bissige Bemerkungen u.a. gegen uns Bibeltreue macht, ist zwar bedauerlich, aber sachlich betrachtet, im Grunde nicht relevant. Ob die von solchen Forschern vertretene Sicht in Bezug auf den optimalen Text richtig oder falsch ist, ist anhand der relevanten Fakten zu prüfen. Und erweist sie sich dann als richtig, hat sie als richtig zu gelten, egal ob bestimmte ihrer Verfechter theologisch mit uns übereinstimmen oder nicht. Wir würden ja zum Beispiel unser Engagement für das Recht auf Leben auch nicht schon deswegen aufgeben, weil wir feststellen, dass sich Mormonen oder Mitglieder der Moon-Sekte ebenfalls dafür einsetzen.

Immer wieder sind Verfechter der Glaubwürdigkeit der Bibel als führende Textforscher in Erscheinung getreten

Klar zur Kenntnis nehmen sollten wir auch folgende Tatsache: Im Zuge der allmählichen Etablierung der heute in den gängigen Bibelübersetzungen verwendeten Textbasis während der vergangenen zwei Jahrhunderte bis heute sind immer wieder Verfechter der Glaubwürdigkeit der Bibel als führende Textforscher in Erscheinung getreten. Besonders wichtige Namen des neunzehnten Jahrhunderts sind:

  1. Samuel P. Tregelles, einer der ersten, die den sekundären Charakter des vom Mehrheitstext-/Textus-Receptus-Typus ernst nahmen und beim Erarbeiten von Grundtextausgaben konsequent von den frühen Handschriften ausgingen; er war einer der Gründer der Brüderbewegung und ein kompetenter Kämpfer für die Irrtumslosigkeit der Bibel.
  2. Constantin von Tischendorf, Entdecker des Codex Sinaiticus (wichtige Majuskel aus dem 4. Jh.), Herausgeber der noch heute wichtigsten Großausgabe des griechischen Neuen Testaments; er setzte sich vehement und kompetent gegen die gängige Bibelkritik für die Echtheit der Evangelien ein.

Was unsere Zeit angeht, so ließe sich eine ganze Reihe von positiv wirkenden Persönlichkeiten des In- und Auslandes nennen. Auf Folgendes möchte ich jedoch besonders hinweisen: In einem unlängst erschienenen Sammelband zum neuesten Forschungsstand der neutestamentlichen Textforschung ist ein Drittel der Beiträge von Spezialisten geschrieben, die mir als evangelikal bekannt sind (u.a. Birdsall, Fee, Silva, Wallace, Holmes). Für bibeltreue Christen nicht unwichtig ist auch dies: Forschergemeinschaften, die sich zur Unfehlbarkeit der Bibel bekennen, wie etwa die amerikanische Evangelical Theological Society oder die britische Tyndale Fellowship (allesamt seriöse, sachgerechte und transparente Bibelwissenschaft befürwortend und praktizierend), sowie die Komitees, die hinter den international führenden evangelikalen Bibelübersetzungen, New International Version, New American Standard Bible und New Living Translation stehen, mit jeweils Dutzenden von sorgfältig arbeitenden Spezialisten gehen für das Neue Testament alle wie die Herausgeber der gängigen deutschen Bibelübersetzungen grundsätzlich von derselben Textbasis als der optimalen aus. Dafür sind solide abgesicherte Sachgründe ausschlaggebend und nicht etwa – wie manchmal behauptet – Reputationsgründe.

BuG: Folgt man aber in der gängigen Textforschung nicht häufig Quellen, die von Häretikern (Irrlehrern) verfälscht wurden, von solchen etwa, die den Glauben an die Göttlichkeit Jesu oder dessen Blutopfer ablehnten?

HvS: Das ist eine Behauptung, die man in den Kreisen der Textus-Receptus-Verfechter immer wieder hört.

Keine der Quellen lässt Spuren einer Verfälschung durch Häretiker erkennen

Richtig ist zwar, dass zu allen Zeiten, auch in der Frühzeit der Textüberlieferung des griechischen Neuen Testaments, solche Häretiker den rechtgläubigen Christen das Leben schwer machten.

Falsch dagegen ist die Behauptung, irgendeine der in der Textforschung verwendeten Quellen ließe Spuren einer Verfälschung durch solche Häretiker erkennen. Dafür gibt es keine Beweise!

Ja, ich weiß: Es gibt einzelne Stellen, die manchmal als Beweise genannt werden.

Dazu gehört etwa 1Tim 3,16, wo der Mehrheitstext „Gott ist im Fleisch erschienen“ liest, der von den Forschern als primär erkannte Frühtext dagegen „er, der im Fleisch erschienen ist.“ Die Lesart „Gott“ lässt sich gut als Veränderung im Sinn eines Lesefehlers oder im Sinn eines Verdeutlichungsversuches verstehen: Das „OC“ „er, der“ wurde als „QC“ (mit Abkürzungsstrich darüber) „Gott“ (was auch gut zur sonst bei Paulus bezeugten Christologie passte [vgl. z. B. Phil 2,6ff.]) weitertradiert. Die Textvariante „Gott“ findet sich aber in keiner Majuskel (in unkorrigierter Form) vor dem 8. oder 9. Jh. Und bei keinem frühchristlichen Autor vor dem letzten Drittel des 4. Jh.s enthalten die Zitate von 1Tim 3,16 das Wort „Gott“. Entsprechendes lässt sich auch für die gesamte lateinische Bibelüberlieferung sagen. Die manchmal postulierte Veränderung von (als ursprünglich verstandenem) „Gott“ zu „er, der“ durch Häretiker, die die Göttlichkeit Jesu verneinten, ist kaum glaubhaft zu machen, auch im Licht der Tatsache, dass diese biblisch bestens abgesicherte Lehre durch eine solche Veränderung in keiner Weise zu Fall gebracht worden wäre (man hätte die Texte systematischer manipulieren müssen!).

Wenn man tatsächlich Hinweise auf das Blutopfer Jesu hätte tilgen wollen, weshalb hätte man es nur an dieser Stelle getan?

Ein manchmal angeführtes Beispiel, das die häretische Tendenz des Frühtextes belegen soll, ist Kol 1,14. Hier steht laut Frühtext „in dem wir die Erlösung haben.“ Der Textus Receptus in Übereinstimmung mit verschiedenen anderen Quellen liest statt dessen „in dem wir die Erlösung durch sein Blut haben.“ In der kürzeren Textvariante sieht man dann einen Beweis für einen häretischen Eingriff, bei dem es angeblich darum ging, einen Hinweis auf das Blutopfer Jesu zu tilgen. Dies muss aber als so gut wie unmöglich bezeichnet werden. Zum einen ist nicht nur der gesamte Frühtext ohne den Ausdruck „durch sein Blut“, sondern auch der Mehrheitstext! Zum anderen lässt sich die Textus-Receptus-Lesart gut als (bewusste oder unbewusste) Angleichung an die Parallele in Eph 1,7 verstehen (ein ebenfalls gut dokumentiertes Veränderungsmuster). Und wenn man tatsächlich Hinweise auf das Blutopfer Jesu hätte tilgen wollen, weshalb hätte man es nur an dieser Stelle getan?

Die Behauptung, die von der gängigen Textforschung verwendeten Quellen seien von Häretikern manipuliert worden, entbehrt jeder Grundlage. An der Vertrauenswürdigkeit der von unseren Bibelübersetzern verwendeten neutestamentlichen Textbasis ist auch vor diesem Hintergrund nicht zu zweifeln.

BuG: Wie sollen wir dann mit den größeren Textabschnitten umgehen, die im Textus Receptus zwar erscheinen, die aber durch die unseren Bibelübersetzungen zu Grunde gelegte Textbasis ausgeklammert, in die Fußnoten verbannt oder überhaupt weggelassen werden: Mt 6,13b, Mk 16,9-20, Joh 7,53-8,11, Apg 8,37 und 1Joh 5,7f?

HvS: Dazu nur ein paar kurze Bemerkungen:

  • Mt 6,13b („Denn dein ist das Reich …“) gehört ziemlich sicher nicht zum Original von Mt. Dennoch ist dieser Gebetsschluss inhaltlich wie dem Wortlaut nach biblisch (vgl. 1Chron 29,11-13). Er ist wohl schon bald in Verbindung mit dem Gebet des Herrn von frühen Christen – vielleicht schon von Jesus selbst – verwendet worden.
  • Mk 16,9-20 („längerer“ Markusschluss) sind ziemlich sicher kein ursprünglicher Teil von Mk. Die relativ frühe Bezeugung und die Tatsache der einmütigen Anerkennung als kanonisch (durch die frühen Christen, die in diesem Bereich nachweislich zurückhaltend waren) sprechen für die apostolische (warum nicht petrinische?) Herkunft, die Echtheit und die Verbindlichkeit dieses Abschnittes.
  • Für Joh 7,53-8,11 (Perikope der Ehebrecherin) gilt im Prinzip dasselbe wie für Mk 16,9-20 (die Bezeugung reicht allerdings nicht so weit zurück).
  • Apg 8,37 (die Frage des Philippus an den „Kämmerer“ und dessen Antwort vor der Taufe): Obwohl im „westlichen“ Text früh anzutreffen, ist dieses Textstück wohl nicht ursprünglich. Sein Inhalt – biblisch makellos – könnte aber sehr gut der historischen Wirklichkeit entsprechen.
  • 1Joh 5,7f. lautet nach Textus Receptus (auf Grund einer Handvoll deutlich sekundärer Quellen): „Denn drei sind es, die Zeugnis ablegen im Himmel: Der Vater, das Wort und der Heilige Geist; und diese drei sind eins. Und drei sind es, die Zeugnis ablegen auf der Erde: Der Geist und das Wasser und das Blut; und die drei sind eins.“ Nach fast allen anderen Quellen (einschließlich derjenigen des Mehrheitstextes; auch nach der ersten Fassung des Textus Receptus sowie nach der von Luther selbst stammenden Übersetzung) lautet er: „Denn drei sind es, die Zeugnis ablegen auf der Erde: Der Geist und das Wasser und das Blut; und die drei sind eins.“ Die Lesart des Textus Receptus – obwohl inhaltlich nicht unbiblisch – entspricht hier ziemlich sicher nicht dem Original und sollte auch nicht entsprechend zitiert werden.

BuG: Können Sie noch kurz etwas zum Textus Receptus und seiner Geschichte sagen?

Die letzten sechs Verse des NT übersetzte Erasmus aus der lateinischen Bibel ins Griechische und schuf so Lesarten, die bis heute im Textus Receptus stehen, aber durch keine griechischsprachige Quelle abgedeckt sind

HvS: Der Textus Receptus ist zwar aus dem byzantinischen Texttypus (Mehrheitstext) hervorgegangen; er sollte aber mit diesem nicht gleichgesetzt werden. Hier kurz etwas zu seiner Entstehung: Ausgangspunkt für den Textus Receptus ist die erste Druckausgabe des griechischen Neuen Testaments, die der holländische Gelehrte Erasmus vor allem auf Grund zweier qualitativ nicht besonders hochstehender byzantinischer Handschriften relativ hastig edierte und 1516 in Basel veröffentlichte. Für den Schluss des Neuen Testaments fehlte ihm ein Blatt, sodass er die letzten sechs Verse aus der lateinischen Bibel ins Griechische übertrug und so Lesarten schuf, die bis heute im Textus Receptus stehen, aber durch keine griechischsprachige Quelle abgedeckt sind. Bei der zweiten 1519 erschienen Auflage, von der auch Luther bei seiner Übersetzung ausging, wurden einige (aber bei weitem nicht alle) Fehler der ersten korrigiert. In den darauffolgenden Jahren entstanden auf dieser Grundlage zahlreiche von vielen verschiedenen Herausgebern verantwortete Editionen. Der darin gebotene Text galt dabei allgemein als maßgeblich. Im Vorwort einer 1633 von den Leidener Buchdruckern B. und A. Elzevier produzierten Ausgabe sprach man davon, der Leser habe nun den „Text [›textum‹] … der jetzt von allen übernommen ist [›nunc ab omnibus receptum‹]“, ein Grund, weshalb die Bezeichnung „Textus Receptus“ aufkam. Auch in dieser Zeit wurden immer wieder neutestamentliche Handschriften entdeckt, sodass der berühmte Pariser Buchdrucker Robert Estienne (Stephanus), der später nach Genf übersiedelte und sich von dort aus für die Sache der Reformation engagierte, in seiner dritten Ausgabe des griechischen Neuen Testaments („editio Regia“) von 1550 im inneren Rand zahlreiche Alternativlesarten auflistete. Beim Studium der Handschriften zeigte es sich, dass die große Mehrheit den „Textus Receptus“ stützten. Diejenigen, die ihn nicht stützten, hielt man zunächst einfach für exzentrisch. Dabei zeigte sich aber: Je älter die Quellen waren, umso stärker wichen sie vom Textus Receptus bzw. von der Mehrheit ab. In den darauffolgenden Generationen wurde weiter daran geforscht, bis sich im neunzehnten Jahrhundert in der Textforschung die Überzeugung durchsetzte, dass die frühen Quellen dem Original ziemlich sicher auch inhaltlich näher waren.

Die bis heute wohl am meisten verbreitete englischsprachige Bibelausgabe, die im siebzehnten Jahrhundert zum ersten Mal erschienene „Authorized/King James Version“, basiert ebenfalls auf dem Textus Receptus. Deshalb sind die meisten englischsprachigen Textus-Receptus-Verfechter in der Bewegung engagiert, die ausschließlich diese Bibelausgabe als maßgeblich gelten lassen möchte. Die Debatte um diese Fragen ist daher als „King-James-Version Debate“ bekannt.

BuG: Worauf stützen sich aber die, die den Textus Receptus nach wie vor als Textbasis für den Übersetzungen sehen wollen?

Eine Gleichsetzung von Textus Receptus und Original muss aufgrund der Fakten als völlig inakzeptabel erscheinen

HvS: Die im Zusammenhang mit den Mehrheitstext-Befürtwortern genannten Punkte spielen auch hier eine gewissen Rolle. Bei den meisten Textus-Receptus-Verfechtern stehen die theologischen Gesichtspunkte jedoch im Vordergrund. Man geht in diesen Kreisen davon aus, Gott habe sich uns in der Schrift nicht nur – wie von allen Bibeltreuen bejaht – auf absolut vertrauenswürdige (irrtumslose) Weise offenbart, sondern er habe auch gleichzeitig für eine fehlerfreie Textüberlieferung gesorgt, und diesen mit dem Original völlig übereinstimmenden Text hätten wir im Textus Receptus vor uns. Bei unvoreingenommener Betrachtung der sich aus der Textforschung ergebenden Fakten, nicht zuletzt der mit der Entstehung des Textus Receptus zusammenhängenden problematischen Aspekten, muss eine Gleichsetzung von Textus Receptus und Original aber als völlig inakzeptabel erscheinen. Weshalb sollte ausgerechnet beim Textus Receptus eine solche Identität vorliegen?

Auch der Text dieser Ausgabe stellt gewiss eine gute Annäherung an das Original dar. Diesem jedoch nachweislich um einiges überlegen ist der in den heutigen Standardausgaben gebotene Text. Dennoch sollten die Unterschiede – von der einen wie der anderen Seite – nicht überbetont werden. Knapp 98% des Textes stimmen (mindestens inhaltlich) in den beiden Ausgaben überein (dies lässt sich zum Beispiel mit Hilfe der Genfer Studienbibel des Hänssler-Verlages oder der englischen New King James Version auch vom Uneingeweihten überprüfen!).

BuG: Danke für diese ausführlichen Erläuterungen. Möchten Sie zum Schluss noch einen Wunsch an unsere Leser richten?

Lassen Sie Ihr Leben durch eine kontinuierliche Bibellektüre (»von einem Deckel zum anderen«) von Gottes wunderbarem Wort durchdringen

HvS: Ja! Ich wünsche mir, dass Sie unserem Herrn für die vertrauenswürdige, so solide abgesicherte griechische Textbasis, die den gängigen Bibelübersetzungen zu Grunde liegt, danken und Sie Ihr Leben durch eine kontinuierliche Bibellektüre („von einem Deckel zum anderen“) von Gottes wunderbarem Wort durchdringen und sich zunehmend von ihm und seinen Vorstellungen und Zielen bestimmen lassen. Das liegt mir auch für mich selbst am Herzen.

Literaturauswahl

Textausgaben

  • Nestle-Aland: Novum Testamentum Graece. 27. Auflage. Stuttgart: Deutsche Bibelstiftung, 1993 (verschiedene korrigierte Nachdrucke) (Standardausgabe mit detailliertem Textapparat und umfangreichen Parallelstelle n angaben; in BibleWorks enthalten).
  • UBS-Testament: Aland B. u. a. (eds.). The Greek New Testament. „4th rev. ed.“. Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft/United Bible Societies, 1993 (Ausgabe für Übersetzer mit englischen Zwischentiteln und vereinfachtem Textapparat sowie knapperen Parallelstellenangaben; textgleich mit Nestle-Aland).
  • Novum Testament Graecum: Editio Critica Maior. Aland B. u. a. Band IV. Teile 1 u. 2. 1./2. Lieferung. Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 1997/2000 (erste Lieferungen einer epochalen detaillierten Ausgabe des neutestamentlichen Grundtextes, die „das gesamte Quellenmaterial zur Verfügung [stellt], von dem die Textkonstitution und die Darstellung der Textgeschichte des er sten Jahrtausends ausgehen muß“ [Handschriften, Kirchenväterzitate, die wichtigsten alten Übersetzungen]; bisher abgedeckt sind der Jakobusbrief und die beiden Petrusbriefe).
  • Hodges Z. C./Farstad A. L. The Greek New Testament According to the Majority Text. Nashville: Thomas Ne l son, 2 1985 (Alternativausgabe, die den Mehrheitstext bietet).
  • Robinson M. A. /W. G. Pierpoint. The New Testament in the Original Greek According to the Byza n tine/Majority Textform. Atlanta: Original Word, 1991 (Alternativausgabe, die den Mehrheitstext bietet; eine digitalisierte Version von 1995 findet sich u.a. in Bibl e Works).
  • The New Testament: The Greek Text Underlying the English Authorised Version of 1611. London: Trinitarian Bible Society, 1976 (typographisch gelungene Ausgabe des „Textus Receptus“; in BibleWorks enthalten).

Textforschung

  • Aland K./Aland B. Der Text des Neuen Testaments. Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft, 2 1989 (eine der beiden Standardeinführungen).
  • Metzger B. M. The Text of the New Testament. Oxford: University Press, 3 1991 (deutsche Übersetzung der ersten Auflage: Der Text des Neuen Testaments. Stuttgart: Kohlhammer, 1966) (internationale Standardeinfü h rung).
  • Fee G. D. „The Textual Criticism of the New Testament“ in F. E. Gaebelein (ed.). The Expositor’s Bible Commentary. Vol. 1 (Grand Rapids: 1979), S. 419-433 (nützliche Kurzeinführung eines bibeltreuen Fachmannes).
  • Vaganay L./Amphoux C.-B. An Introduction to New Testament textual criticism. Cambridge: University Press, 1991 (wichtige Einführung).
  • Ehrman B. D./Holmes M. W. The Text of the New Testament in Contemporary Research: Essays on the Status Questionis. Grand Rapids: Eerdmans, 1995 (22 Wissenschafter berichten über den neuesten Stand der Forschung in ihrem jeweiligen Spezialgebiet der neutestamentlichen Textforschung; eignet sich hervorragend als weiterführende Lektüre nach dem Durcharbeiten eines einleitenden Werkes).
  • Epp E. J./Fee G. D. Studies in the Theory and Method of New Testament Textual Criticism. Grand Rapids: Eerdmans, 1993 (wichtige Aufsatzsammlung zur Methodenfrage mit detaillierter Bibliographie aus der Hand zweier führender Textforscher [u. a. ein neuer Artikel von Fee gegen die Mehrheitstexthypothese]; je dem zu empfehlen, der sich in dieses komplexe, aber wichtige Gebiet einlesen möchte).
  • Metzger B. M. A Textual Commentary on the Greek New Testament. London etc.: United Bible Societies, 2 1994 (Begleitband zum Greek New Testament: nach einer Kurzeinführung in die Textforschung bietet er für die textkritischen Entscheidungen des Herausgeberkomitees eine kurze Begründung).
  • Pickering W. N. The Identity of the New Testament Text. Nashville: Nelson, 2 1980 (bekanntestes Werk, das das Mehrheitstextprinzip propagiert; siehe aber die fachmännischen Widerlegungen durch Carson, Fee [in Epp/Fee] und Wallace [in Ehrman/Holmes]).
  • Carson D. A. The King James Version Debate. Grand Rapids: Baker, 1979 (ausgezeichnete Wide r legung der von Pickering u. a. vertretenen Theorie).
  • Hunger H. u. a. Hg. Die Textüberlieferung der antiken Literatur und der Bibel. Zürich: Atlantis, 1961; Nac h druck: München: dtv, 1975 (Standardwerk aus altphilologischer Hand).
  • Nesselrath H.-G. u. a. Hg. Einleitung in die griechische Philologie. Stuttgart/Leipzig: Teubner, 1997 (Standardwerk mit kompetenten einführenden Kapiteln zu Kodikologie, Paläographie und zu anderen für Textforscher grundlegenden Bereichen).

  1. Vom Briten G. D. Kilpatrick begründete Schule. 

  2. Nestle-Aland, 27. Auflage; Greek New Testament, 4. Auflage; Editio Critica Maior (bisher Jak und 1/2Petr). 

  3. Nestle-Aland noch weit mehr; Editio Critica Maior alle bezeugten Varianten (vgl. die zuvor genannten zu Jak 1,12). 

  4. Der Textual Commentary von Metzger dient dabei als nützliches Hilfsmittel. 

  5. Dies gilt auch für Papyrus 70; so trennte er sich in Mt 12,4 bereits beim nächsten Wort vom byzantinischen Typ: der Papyrus liest „was“ (Neutrum Singular), der Mehrheitstext „welche“ (Maskulin Plural Akkusativ). 

  6. Herodian, Spracherforscher, 2. Jh. n. Chr.