LiteraturBuchbesprechungen

In Wolken dem Herrn entgegen in die Luft – Rezension des Buches „Siehe, ER kommt mit den Wolken …“

Dirk Schürmann, Stephan Isenberg. In Wolken dem Herrn entgegen in die Luft. Rezension des Buches „Siehe, ER kommt mit den Wolken …“ von Manfred Schäller. Daniel-Verlag 2012, Taschenbuch 72 S. 5,95 €. ISBN: 978-3-935955-71-3

In Wolken dem Herrn entgegen in die LuftNach der Entscheidung von Manfred Schäller, seine Sicht, die dispensationalistische Vorentrückungslehre durch historische Informationen und biblische Einwände als „Sonderlehre“ J.N. Darbys hinzustellen, jetzt (2011) auch als Taschenbuch zu veröffentlichen, nachdem diese Schau schon zu DDR-Zeiten dort zu Auseinandersetzungen im „Brüderkreis“ geführt hatte, konnte es nicht ausbleiben, eine Gegendarstellung von Andersdenkenden (hier: extrem Konservativen) auf den Buchmarkt zu bringen. (Ich frage mich: Warum eigentlich?)

Punkt um Punkt werden die Ausführungen Schällers infrage gestellt. Da der Ablauf der Endzeit und darin eingeschlossen natürlich auch der Wiederkunft von Christus vor oder nach der „Großen Drangsal“ erfolgen kann und die besondere Erkenntnis Darbys in der Kirchengeschichte bis 1830 anscheinend erstmalig und bis dahin einmalig ist, dieser Zeitpunkt jedoch in Verbindung mit der theologischen Gesamtschau der Kontrahenten (allgemein in der Wissenschaft anerkannte Theologie sowie Brüdertheologie auf der anderen Seite) verstanden werden muss, sind die Themen Verfallstheorie, Israel und die Gemeinde des NT eine oder zwei Heilskörper, Evangelium des Reiches oder allgemeines Evangelium; Parusie und Epiphanie, Endzeitablauf etc. zum Verständnis eines Ergebnisses (Zeitpunkt der Wiederkunft von Christus) ebenfalls auszulegen. Das haben schon manche Autoren versucht und sind zu unterschiedlichen Ergebnissen gekommen.

Schon auf Seite 8 des Schürmann/Isenberg-Buchs werden – beginnend mit Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehlern und der Behauptung uneinheitlicher Formatierung in Schällers Buch – dort fünf falsche Ansätze aufgezählt und damit dem Leser klar gemacht, dass alle weiteren Ausführungen des Autors die unbiblische Schau Schällers nur beweisen können und werden.

Wie kann man in einer Stellungnahme zu einer Publikation damit beginnen, diese völlig zu verurteilen, statt dass man zuerst Fakten vorträgt und es letztlich dem Leser überlässt, sich für die besseren Argumente zu entscheiden? Wenn dann aber auf Seite 9 steht, dass die Lehre von der „geheimen Entrückung“, wie Darby sie sieht, d.h. der Entrückung vor der „Großen Drangsal“ und 1000 Jahre vor der Wiederkunft von Christus in Macht und Herrlichkeit, so direkt nicht aus dem Wort Gottes hervorgeht, fragt sich der Leser, ob nicht doch nur das verbindlich ist, was in der Bibel steht. Was so nicht in der Bibel steht, gestattet doch wohl auch Unterschiede in der Erkenntnis. Nach einer dann folgenden Verurteilung des Herausgebers und seines Verlags, aber auch des Leiters der FTH Gießen sowie einer Publikation in IDEA, die Schäller nicht verurteilt, wird erneut vor Schällers Buch und einer „Verführung“ der Leser gewarnt, weil eine der „Säulen unseres Glaubens“ (gemeint ist die Hoffnung) nicht nur angegriffen, sondern „umgestoßen“ wird. (Ist eine solche Warnung gerechtfertigt, zumal sie in Oberlehrerart unter völliger Herabwürdigung der Meinung eines andersdenkenden Bruders formuliert wird und so eindeutig gar nicht in der Bibel steht?)

Es kann nicht Aufgabe einer Kurz-Rezension sein, auf die unterschiedlichen Argumente und Bibelauslegungen der beider Sichten einzugehen. Jede Seite behauptet, die andere werte die ohnehin sehr schwachen historischen Fakten falsch und unterstellt ihr unlautere Motive. Ganze Buchregalreihen können mit „Pro“ und „Contra“ zu den hier strittigen Haupt- und Nebenthemen gefüllt werden. Wer will sich anmaßen, das, was die Bibel unklar lässt, richtig zu stellen? Es fehlt insgesamt an sauberer Argumentation und wird oft peinlich persönlich. Wenn Schürmann/Isenberg z.B. ein Dokument aus dem Jahr 125 n.Chr. dadurch abwerten oder als unmöglich hinstellen wollen, weil es vorschlägt, zwei Tage vor der Taufe zu fasten oder dreimal am Tag das Vateruser zu beten, ist das primitives Niveau, um den Mangel der fehlenden Entrückungslehre vor der „Großen Drangsal“ in diesem Schriftstück als allgemeinen Verfall der christlichen Lehre nach so wenigen Jahren zu beweisen. Ist es notwendig, zum Abschluss der Rezension (Seite 64) nochmals mit einem Rundumschlag Schällers Publikation als Irreleitung, Verwirrung der Leser und Verführung zu verurteilen? Wie dumm und unfähig zu einer eigenen Prüfung wird der Leser doch hingestellt! Wie mag ein Nicht-Gläubiger solche Auseinandersetzungen empfinden? Sicher nicht mit dem Wunsch, sich einem solchen Kreis von Christen anschließen zu wollen.

Gipfel für mich ist der vielfache Hinweis, das Werk der Autoren „Der vergessene Reichtum“ zu studieren, um dann offensichtlich alle Fragen, die auch in der Rezension reichlich offen bleiben, beantwortet zu bekommen. Es ist für mich bedauerlich, welchen Eindruck solche Publikationen und unbrüderlichen Streitgespräche mit unfairen Beurteilungen bei biblisch nicht gefestigten Lesern erwecken. Dient das zur Verherrlichung unseres Herrn oder führt das einen Menschen unter das Kreuz? Menschliche Urteile in einer Frage, die die Bibel offen lässt, können nie den Anschein erwecken, der Heilige Geist habe hier Erkenntnisse geschenkt, die die Bibel ergänzen.