Aus einer Entfernung von 500 Jahren will ich vier Spots, vier Punktlichter, auf den Messias werfen. Vier kurze Szenen werden dabei sichtbar, die uns ein halbes Jahrtausend vor dem eigentlichen Geschehen einen Blick auf das Wesen des Messias, seine Wirkung und sein Erleiden erhaschen lassen.
Vier Spots, es sind keine Werbespots. Sie zielen nicht auf unser Geld, sondern auf unser Leben.
Als Pontius Pilatus am 7. April des Jahres 301 Jesus von Nazaret vor eine tobende Menschenmenge führte, hatte er vielleicht auf Mitleid spekuliert. Denn er hatte Jesus von seinen Soldaten mit der schweren Lederpeitsche geißeln und auch sonst schwer misshandeln lassen, sodass Jesus wohl kaum noch stehen konnte. Pilatus hielt ihn nämlich für unschuldig.
„Da, seht den Menschen“, sagte Pilatus. Doch als die Hohen Priester und ihre Leute Jesus erblickten, schrien sie: „Kreuzigen! Kreuzigen!“
Sie hatten sich gegen ihn entschieden. Und Pilatus, der eigentlich neutral bleiben wollte, lieferte ihn aus. Immerhin hatte er auf die Beschuldigungstafel schreiben lassen: „Der König der Juden“.
Für uns heute kann es keinen Zweifel geben: Jesus war schon damals der Messiaskönig der Juden, auch wenn die führenden Juden das damals nicht wahrhaben wollten. Sie wollten ihn aber nicht haben. Sie hätten die Wahrheit über Jesus herausbekommen können. Sie hätten nur ihre eigenen heiligen Schriften lesen und deren jahrhundertealte Weissagungen über den Messias am Leben von Jesus überprüfen müssen. Doch sie wollten nicht.
Messias heißt auf Griechisch Christus. Ja, es handelt sich um denselben, an den auch wir glauben. Deshalb können diese Spots auch für uns bedeutungsvoll sein.
Als der Prophet Sacharja sein Buch schrieb, leitete Gottes Geist ihn an, es ganz künstlerisch aufzubauen, sodass die wichtigsten Aussagen sich mehrfach im Buch spiegeln und schon die Anordnung der Texte deren Wichtigkeit unterstreicht. Man nennt solch einen symmetrischen Aufbau nach dem griechischen Buchstaben Chi (X) Chiasmus (siehe Grafik). In allen Teilen Sacharjas finden sich mehrere solcher Gegenüberstellungen. Zwei mal zwei davon wollen wir uns genauer anschauen: vier Spots auf den Messias. (Siehe die markierten Zeilen der Grafik!)
Der erste Spot (Kap 9) zeigt dem Volk Israel, dass es sich auf seinen Messias freuen darf. Er wird als König zu ihnen kommen, freilich als König ganz anderer Art.
Dem stellt der Prophet (Kap 11) das Bild vom Hirten gegenüber, der gerade solche Schafe weidet, die keiner haben will, und dessen Dienst man schließlich mit einem erbärmlichen Lohn abtut. Dann wird ein schlimmer Hirte kommen, der die Schafe in jeder Hinsicht ausnutzt und zugrunde richtet. Damit sich die Leute diese Geschichte gut merken konnten, sollte der Prophet wie ein Sonntagsschullehrer das Ganze in einer Art Gegenstandslektion vorführen.
Das dritte Bild Sacharjas (Kap 12) zeigt uns einen blutüberströmten König, obwohl vom Blut gar keine Rede ist. Doch sein Blut wird eine Quelle zum Heil für das ganze Volk.
Alles wird schließlich noch einmal (Kap 13) bestätigt vom Bild des Hirten, den das Schwert trifft und dessen Schafe sich alle verlaufen.
Wir wollen uns jetzt diese vier Szenen etwas genauer ansehen. Dabei werden wir hoffentlich feststellen, dass auch wir dem Messais Jesus gegenüber nicht unbeteiligt bleiben können, zweitens werden wir sehen, wie sich die Weissagungen Sacharjas im Leben von Jesus Christus und an seinem Volk erfüllt haben. Drittens werden wir feststellen, dass sich die Erfüllung dieser Weissagungen nicht nur auf die Zeit von vor 2000 Jahren bezieht, sondern dass sie auch schon die Zeit im Blick haben, wo Jesus Christus, unser Herr, als der Messias Israels wiederkommen wird.
Unser Blick geht also von 500 v.Chr. bis zu Christus im Jahr 30, dann bis 2009 n.Chr. und noch darüber hinaus.
Mit den messianischen Weissagungen ist es nämlich wie mit einer Brücke, deren Pfeiler sich mehrfach in den Strom der Geschichte senken bis der letzte Bogen dann im Unsichtbaren verschwindet.
Erste Szene: Der König auf dem Esel
Freue dich du Zionsstadt! Jubelt laut, ihr Leute von Jerusalem! Seht, euer König kommt zu euch! Er ist gerecht vor Gott, und er bringt die Rettung. Er ist demütig und reitet auf einem Fohlen, dem männlichen Jungtier einer Eselin. (Sach 9,9-10)
Mit den messianischen Weissagungen ist es wie mit einer Brücke, deren Pfeiler sich mehrfach in den Strom der Geschichte senken bis der letzte Bogen dann im Unsichtbaren verschwindet
Das hat sich genau erfüllt, als Jesus am Sonntag, dem 2. April des Jahres 30 in Jerusalem einzog. Alle vier Evangelien berichten davon. Ich lese aus dem Bericht des Matthäus (21,1-5):
Als sie in die Nähe von Jerusalem kamen, kurz vor Betfage2 am Ölberg, schickte Jesus zwei Jünger voraus. „Geht in das Dorf“, sagte er, „das ihr dort vor euch seht! Gleich, wenn ihr hineingeht, werdet ihr eine Eselin angebunden finden und ein Fohlen bei ihr. Bindet sie los und bringt sie her. Sollte jemand etwas zu euch sagen, dann antwortet einfach: ‚Der Herr braucht sie und wird sie nachher gleich wieder zurückbringen lassen.’“ Das geschah, weil sich erfüllen sollte, was der Prophet gesagt hat: „Sagt der Tochter Zion3: / Dein König kommt zu dir. / Er ist sanftmütig und reitet auf einem Esel, / und zwar auf dem Fohlen, dem Jungen des Lasttiers.“
Der Prophet erklärt dann (Sacharja 9,10) weiter, was der Messias-König tun wird. „Ich vernichte die Streitwagen aus Efraim4 und die Pferde aus Jerusalem!“, sagt er. Die Waffen werden zerstört. Er wird den Völkern Frieden gebieten! Von Meer zu Meer reicht seine Herrschaft, vom Strom des Euphrat bis zu den Enden der Erde.
Als römischen Frieden, Pax Romana, bezeichnet man in der Geschichte eine lange Friedenszeit, die im Jahr 27 v.Chr. mit der Herrschaft des römischen Kaisers Augustus begann und etwa 200 Jahre andauerte. Das war natürlich kein absoluter Frieden, aber innerhalb der Grenzen des Römischen Reiches herrschte Frieden und Wohlstand.
Der Messias Jesus Christus wird einmal solch einen Frieden in der ganzen Welt herstellen, denn die ganze Welt wird sein Reich sein. Das wird dann geschehen, wenn er in Macht und Herrlichkeit wiederkommt und auf dem Ölberg bei Jerusalem erscheint, wie es Sacharja Kapitel 14,4 sagt.
Doch einen gewissen inneren Frieden gibt es jetzt schon, und zwar da, wo Menschen Jesus Christus in ihr Leben aufgenommen haben, wo sie sich ihm unterworfen haben, ihm gehorchen und folgen. Diese Menschen haben Frieden mit Gott. Es sind Menschen des Friedens5 geworden, Menschen, von denen Frieden ausgeht, weil sie ihn im Herzen haben. – Woran liegt es, dass Christus noch nicht in deinem Leben herrscht? Du brauchst Frieden mit Gott, Frieden vor Gott und Frieden mit deinem Nächsten. Werde ein Mensch des Friedens!
Zweite Szene: Der gute Hirt, den keiner will
Der Gegensatz zu dem König, der demütig, aber keineswegs schwach ist und einmal den Frieden durchsetzen wird, ist der gute Hirt, den keiner haben will. Zunächst beschreibt Gott dem Propheten den Zustand des Volkes. Kapitel 11,4-6:
Jahwe, mein Gott, sagte zu mir: „Weide die Schafe, die zum Schlachten bestimmt sind!“ Ihre Besitzer schlachten sie ab und fühlen sich doch ohne Schuld; ihre Verkäufer stoßen sie ab und sagen noch: ‚Preis sei Jahwe, ich bin jetzt reich!‘ Keiner der Hirten schont seine Tiere. Darum werde auch ich die Bewohner der Erde nicht mehr verschonen. Ich lasse sie in die Hand ihrer Mitmenschen fallen und liefere sie ihren Königen aus. Und selbst wenn diese das ganze Land verwüsten, ich befreie niemand aus ihrer Gewalt.“
In der Bibel sind mit den Hirten gewöhnlich die Führer des Volkes gemeint. Diese Führer kümmern sich aber nicht mehr um ihr Volk, im Gegenteil, sie verkaufen es. So hat es Israel mehrfach in seiner Geschichte erlebt, auch in der Zeit der beiden Aufstände in den Jahren 66-70 und 132-135 n.Chr. Doch lesen wir weiter bei Sacharja 11,7-14:
Da weidete ich die zum Schlachten bestimmten Schafe der Viehhändler. Ich nahm mir zwei Hirtenstäbe, den einen nannte ich „Freundschaft“ und den anderen „Verbundenheit“. Als ich nun die Herde weidete und in einem Monat drei Hirten beseitigt hatte, verlor ich die Geduld mit den Schafen, und auch sie wollten nichts von mir wissen. Da sagte ich: „Ich will euch nicht mehr weiden. Was stirbt, mag sterben und was verkommt, mag verkommen, und der Rest mag sich gegenseitig auffressen.“Dann zerbrach ich meinen Stab „Freundschaft“, um den Bund zu zerbrechen, den ich mit allen Völkern geschlossen hatte. Von diesem Tag an hatte er keine Gültigkeit mehr. Da erkannten die Viehhändler, die mich beobachteten, dass ich im Auftrag Jahwes gehandelt hatte. Ich sagte zu ihnen: „Wenn ihr wollt, gebt mir meinen Lohn, wenn aber nicht, lasst es bleiben!“ Da zählten sie mir einen Lohn von 30 Silberstücken6 hin. Jahwe aber sagte zu mir: „Das also bin ich ihnen wert! Wirf die großartige Summe dem Töpfer hin!“ Ich nahm die 30 Silberstücke und warf sie im Tempel dem Handwerker hin, der das Gold und Silber einschmolz. Dann zerbrach ich meinen zweiten Stab „Verbundenheit“, um die Bruderschaft zwischen Juda und Israel zu zerbrechen.
Erfüllt hat sich das einerseits in dem Verrat des Judas, der genau 30 Silberstücke für seinen Vertrauensbruch bekommen hat. Matthäus berichtet Kapitel 27,3-10:
Als Judas nun klar wurde, dass sein Verrat zur Verurteilung von Jesus geführt hatte, bereute er seine Tat und brachte den Hohen Priestern und Ältesten die dreißig Silberstücke zurück. „Ich habe gesündigt“, sagte er. „Ich habe einen Unschuldigen verraten.“ – „Was geht uns das an?“, erwiderten sie, „das ist deine Sache.“ Da nahm Judas das Geld und warf es in den Tempel. Dann ging er weg und erhängte sich. Die Hohen Priester nahmen die Silberstücke an sich und sagten: „Das Geld darf man nicht zum Tempelschatz tun, weil Blut daran klebt.“ Sie beschlossen, den sogenannten „Töpferacker“ dafür zu kaufen, als Friedhof für die Ausländer. Deshalb heißt dieses Stück Land heute noch „Blutacker“. So erfüllte sich die Voraussage des Propheten Jeremia: „Sie nahmen die dreißig Silberstücke – die Summe, die er den Israeliten wert war – und kauften davon den Töpferacker, wie mir der Herr befohlen hatte.“7
Andererseits hat sich das Wort Sacharjas erfüllt, als Jerusalem im Jahr 70 von etwa 60.000 Mann belagert wurde. Das waren vier römische Legionen und entsprechende Hilfstruppen aus verschiedenen Ländern. Da hatte Gott seinen Stab „Freundschaft“ zerbrochen, um seinen Bund aufzuheben, den er mit allen Völkern geschlossen hatte.
Und dann hatte Gott offenbar auch den zweiten Stab „Verbundenheit“ zerbrochen und die Bruderschaft zwischen Juda und Israel aufgelöst. Damals schlachteten sich in Jerusalem die Belagerten gegenseitig ab. Zum Beispiel brannten sie noch vor dem endgültigen Einschluss durch die Römer die Getreidespeicher der Stadt nieder.
Es gibt für diesen am weitesten verbreiteten und bösartigsten Hass keine wirkliche Erklärung
Eine dritte Erfüllung für Israel steht noch aus, wenn sich wirklich alle Völker gegen Israel stellen. Wir erleben es allerdings schon in unserer Zeit, wie der völlig irrationale Judenhass in der ganzen Welt zunimmt. Überall breiten sich Antisemitismus und Antiisraelismus aus. Heute ist er auf seinem höchsten Stand seit unmittelbar vor dem Holocaust. Es gibt für diesen am weitesten verbreiteten und bösartigsten Hass keine wirkliche Erklärung. Man kann ihn weder auf das Christentum zurückführen (wie erklärt man dann den vorchristlichen und den muslimischen Antisemitismus) noch auf die Sündenbocktheorie (warum werden immer die Juden beschuldigt) noch darauf, dass die Juden das ganze Geld hätten (über die Jahrhunderte zählten die Juden zu den ärmsten Menschen in ihrer Gesellschaft).8
Offenbar ist der Zeitpunkt nicht mehr fern, wo Jesus Christus, unser Herr, auch als der Messias Israels wiederkommt.
In diesem Zusammenhang wird sich wohl auch der zweite Teil jener Lektion erfüllen, die Sacharja vorführen sollte. Sach 7,15-16:
Nun sagte Jahwe zu mir: „Nimm noch einmal Hirtengeräte in die Hand und verhalte dich wie ein schlechter Hirt! Denn ich werde einen Hirten im Land auftreten lassen, der die Vermissten nicht sucht, die Zerstreuten nicht sammelt, die Verwundeten nicht heilt und die Gesunden nicht versorgt, sondern das Fleisch der besten Tiere verschlingt, nachdem er ihnen die Klauen zerrissen hat.9
Rabbi Akiba glaubte, dass Bar-Kochba nach der Weissagung Bileams der Messias sei
Erfüllt hat sich das einerseits dadurch, dass Israel seinen Messias ablehnte und ihn von den Römern lebendig an ein Holzkreuz annageln ließ. Andererseits hat sich die Geschichte mit dem bösen Hirten erfüllt, als im Jahr 132 n.Chr. Rabbi Akiba einen Mann namens Bar-Kosiba zum Führer des Aufstands bestimmte und ihm den Namen „Bar-Kochba“, Sternensohn, gab, weil er glaubte, dass nach der Weissagung Bileams (4Mo 24,17) dieser Mann der Messias sei. So wagten sie einen zweiten Aufstand gegen die Römer und vernichteten dadurch ihr ganzes Land. Damals bekam es den Namen Palästina, weil die Erinnerung an Israel nach dem Willen des römischen Kaisers Hadrian ausgelöscht werden sollte.
Zum Dritten wird es sich erfüllen, wenn Israel den falschen Messias annehmen wird, den Johannes in seinen Briefen den „Antichristus“ nennt.
Für uns ist der Messias der gute Hirt geworden, der die, die wirklich zu ihm gehören, beim Namen nennt. Und die Schafe, die ihm gehören, hören auf seine Stimme und werden seiner auch nicht überdrüssig. Sie möchten ihm gern gehorchen, weil sie wissen, er führt sie auf gute Weide, er versorgt sie und gibt ihnen alles, was sie brauchen. Und in seiner Nähe sind sie immer sicher. Solche wollen wir doch sein – oder?
Dritte Szene: Der Gehenkte, zu dem man aufblickt
Die dritte Szene Sacharjas handelt von dem Messias, dem man Hände und Füße durchbohrt hat und dem ein Soldat auch noch den Speer in die Seite rammte, um zu sehen, ob er auch wirklich tot war. Johannes berichtet in seinem Evangelium Kapitel 19,17:
Jesus wurde abgeführt. Er trug sein Kreuz selbst aus der Stadt hinaus bis zu dem sogenannten Schädelplatz. Auf Hebräisch heißt er „Golgota“. Dort nagelten sie ihn ans Kreuz, ihn und noch zwei andere links und rechts von ihm. Jesus hing in der Mitte.
Als Jesus dann wegen dem Anbruch des Sabbats abgenommen werden sollte, mussten die Soldaten noch einmal aktiv werden. Vers 32: Die Soldaten gingen nun zunächst zu dem einen, der mit Jesus gekreuzigt war, und brachen ihm die Beine und dann zu dem anderen. Als sie an Jesus vorbeikamen, merkten sie, dass er schon gestorben war. Deshalb brachen sie ihm die Beine nicht. Einer von den Soldaten stach ihm allerdings mit dem Speer in die Seite. Da kamen Blut und Wasser heraus.
Dieser Bericht stammt von einem Augenzeugen. Was er sagt, ist zuverlässig, und er weiß, dass es wahr ist. Er bezeugt es, damit auch ihr zum Glauben findet. Denn das alles geschah, damit die Voraussagen der Schrift erfüllt würden: „Es wird ihm kein Knochen gebrochen werden.“10 Und an einer anderen Stelle: „Sie werden auf den schauen, den sie durchbohrt haben.“
Der letzte Satz stammt aus dem Propheten Sacharja, der ein halbes Jahrtausend vorher weissagte, dass gerade durch dieses Geschehen in Israel etwas ausgelöst werden würde (Sach 12,10 – 13,1):
Doch über die Nachkommen Davids und die Einwohner Jerusalems werde ich den Geist der Gnade kommen lassen, dass sie um Gnade flehen. Dann werden sie zu mir aufblicken, den sie durchbohrt haben. Sie werden um ihn trauern und klagen wie man um den einzigen Sohn trauert; sie werden bitter um ihn weinen wie um einen Erstgeborenen …
An jenem Tag wird für die Nachkommen Davids und die Einwohner Jerusalems eine Quelle als Mittel gegen Sünde und Unreinheit vorhanden sein. Ja, die Kreuzigung von Jesus hat in Israel Buße ausgelöst und Klagen über die eigene Sünde, allerdings noch nicht bei allen. Das erstaunlichste steht im letzten Vers: Auf einmal ist eine Quelle da, in der man Sünde und Unreinheit abwaschen kann. An dieser Stelle verwirklicht sich die Gnade Gottes.
Auch wenn sich das später noch einmal für Israel erfüllen wird, wenn der Messias in Macht und Herrlichkeit kommen wird, so gilt es doch schon jetzt. Die Quelle für die Erlösung ist vorhanden, der Zugang ist offen für jeden, egal wie jung oder alt er ist.
Nur einer, der begreift, dass er schmutzig ist, geht zur Quelle und wäscht sich
Aber nur einer, der sieht, dass er schmutzig ist, wäscht sich. Nur einer, der begreift, dass er schuldig ist, geht zu dieser Quelle. Hoffentlich warst du schon dort, weil du deine Schuld eingesehen hattest! Wir alle müssen tief im Inneren begriffen haben, wie schuldig wir sind, verdorben bis auf die Knochen. Auch Christen müssen solche Menschen sein, die um das Böse in sich wissen, die ein feines Gewissen haben, die Sünde nicht verdrängen oder sich darüber hinwegsetzten. Wir müssen Menschen sein, die demütig immer wieder die Vergebung ihres Herrn in Anspruch nehmen.
Vierte Szene: Der Hirt, den man totschlägt
Sacharja 13,7-9: „Schwert, stürze dich auf meinen Hirten, auf den, der mir am nächsten steht!“, sagt Jahwe, der allmächtige Gott. „Schlag den Hirten tot, dass die Schafe auseinander laufen! Auch die Schwachen werde ich nicht verschonen. Zwei Drittel aller Menschen im Land werden umkommen, nur ein Drittel wird überleben. Doch auch dieser Rest muss die Feuerprobe bestehen. Ich werde ihn läutern wie Silber geläutert wird und auf Echtheit prüfen, wie man das mit Gold macht. Dieser Rest wird dann meinen Namen anrufen und ich werde ihm antworten. Ich werde sagen: ‚Ihr seid mein Volk‘, und er wird erwidern: ‚Jahwe ist unser Gott.‘“
Wer ist der, der hier Gefährte Jahwes genannt wird? Das kann niemand anders sein als unser Herr Jesus Christus. Und im Neuen Testament bezieht er diese Weissagung auf seine unmittelbar bevorstehende Gefangennahme:
„In dieser Nacht werdet ihr mich alle verlassen“, sagte Jesus zu ihnen, „denn es steht geschrieben: ‚Ich werde den Hirten erschlagen, und die Schafe werden sich zerstreuen.’“
Matthäus und Markus berichten davon und auch darüber, wie diese Weissagung sich kurz darauf erfüllte:
„Da ließen ihn alle Jünger im Stich und flohen.“11
Jesus wusste, was mit ihm geschehen würde, weil er wusste, dass Gottes Wort sich immer erfüllt. Ein Teil der Weissagung Sacharjas steht noch aus. Doch beim Wiederkommen unseres Herrn wird es sich erfüllen, dass der Rest des Volkes Israel, der dann noch am Leben sein wird, den Namen des Herrn anruft. Dann wird Israel endgültig sein Volk sein und er ihr Gott.
Aber mit Sicherheit gilt auch heute schon: Jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet und lebt dann im Frieden mit Gott. Jeder, der schon jetzt um seine Schuld weiß, findet Vergebung, wenn er Jesus Christus darum bittet. Und das gilt dann für Zeit und Ewigkeit.
Zum Datum vgl. Vanheiden, Bibelchronik Bd. 4: Jesus und seine Zeit. Dillenburg 2008. ↩
Betfage. „Haus der unreifen Feigen“, Dorf am östlichen Abhang des Ölbergs, 1,5 km von Jerusalem entfernt. ↩
Zion. Einer der Hügel von Jerusalem, oft als Bezeichnung für die ganze Stadt gebraucht. ↩
Efraim. Der Name des Stammes stand oft stellvertretend für das ehemalige Nordreich Israel. Jetzt offenbar für die Israeliten, die nördlich von Juda lebten. ↩
Eirenopoioi in Mt 5,9 sind Täter des Friedens, Menschen, von denen Frieden ausgeht (nicht „Friedensstifter“). ↩
30 Silberstücke. Nach 2. Mose 31,32 die Entschädigungssumme für einen toten Sklaven. ↩
Es handelt sich hier um ein Mischzitat, bei dem nur der bekannteste der zitierten Autoren genannt wird. Der Wortlaut findet sich in Sacharja 11,12-13. Doch Matthäus findet auch Parallelen in Jeremia 19,1-13 und 32,6-15. ↩
Vgl. Michael L. Brown, Handbuch Judentum, Witten 2009. ↩
Vielleicht: Damit sie nicht weglaufen konnten. Der Ausdruck könnte aber auch als extreme Gier aufgefasst werden. ↩
2. Mose 12,46; 4. Mose 9,12; Psalm 34,21 ↩
Matthäus 26,31.56 und Markus 14,27.50. ↩