Es waren einmal vier Studenten. Sie studierten „Organische Chemie“ an der Universität Sydney. Bisher hatten sie alle Tests, Klausuren und Praktika in diesem Semester mit sehr gut bestanden. Deshalb waren sie sicher, die Abschlussprüfung zu schaffen. So beschlossen sie, das Wochenende vor der Prüfung nach Canberra zu fahren, um mit Freunden eine Party zu feiern. Sie amüsierten sich sehr. Nach der coolen Party verschliefen die Vier den ganzen Sonntag und schafften es nicht bis Montagmorgen, dem Prüfungstag, wieder zurück in Sydney zu sein. Das war ihnen sehr peinlich. Sie kamen in einen echten Konflikt und suchten nach einer effektiven Lösung.
Schließlich entschlossen sie sich, nicht zur Prüfung zu gehen (was sie ja ohnehin nicht mehr schafften), sondern dem Professor nach der Prüfung folgende Geschichte aufzutischen: Sie hätten am Wochenende in Canberra in den Archiven der Australien National Universität geforscht, und auf der Rückreise bei ihrem VW-Käfer einen Platten entdeckt. Da sie keinen Wagenheber besaßen, hätte es ewig gedauert, bis ihnen jemand geholfen habe. Deswegen seien sie jetzt erst zurück gekommen.
Der Professor dachte darüber nach und erlaubte den vier Studenten, die Abschlussprüfung am nächsten Tag nachzuholen. Die Vier waren unheimlich erleichtert und lernten die ganze Nacht hindurch. Am nächsten Morgen kamen sie überpünktlich zum Professor. Der händigte jedem zwei Kuverts aus. Er erklärte, dass zuerst Kuvert Nr. 1 geöffnet werden sollte, und die Aufgabe darin gelöst werden müsse. Anschließend das gleiche mit Kuvert Nr. 2. Die Studenten mussten sich in vier unterschiedliche Räume setzen. Das Kuvert Nr. 1 enthielt eine einfache Frage über „Organische Chemie“. Ihre Beantwortung würde 5 Punkte bringen. „Phantastisch“, dachte jeder der vier Studenten in seinem Raum, „das wird eine leichte Prüfung“. Jeder schrieb schnell die richtige Lösung auf und öffnete dann das Kuvert Nr. 2. Dort stand als Aufgabe Nr. 2, die 95 Punkte bringen würde, die Frage: „Welcher Reifen war platt?“
Ja, so kann man Konflikte lösen, aber ich hoffe, dass wir es nicht wie die Studenten tun wollen.
1. Die Präsenz von Konflikten
Wenn wir in unsere Welt hineinsehen, erkennen wir, dass überall Konflikte vorhanden sind. Konflikte umgeben uns, sie haben ihre Anwesenheit angemeldet. Wir können nicht so tun, als ob wir in einer Welt ohne Konflikte leben.
1.1 Konflikte gab es immer
Gott, unser Vater, ist der Schöpfer von allen Welten, Menschen und Engeln. Doch Satan rebellierte gegen Gottes Auffassungen und Ordnungen und versucht seitdem so viel wie möglich davon zu zerstören. Es gab Konflikte
- seit Satan durch seinen eigenen Hochmut fiel,
- seit er im Garten Eden Eva mit List verführte,
- seit Adam für die Sünde verantwortlich gemacht wird,
- seit Kain auf seinen Bruder Abel neidisch wurde und ihn ermordete.
- Selbst nach der Flutkatastrophe hat sich das nicht geändert, „denn das Sinnen des menschlichen Herzens ist böse von seiner Jugend an“ (1Mo 8,21b).
Seitdem pflanzen sich die Konflikte von Generation zu Generation fort wie Unkraut, wie Beikraut. Sie gehören einfach zu unserem Leben dazu.
1.2 Konflikte wird es immer geben
Konflikte gab es nicht nur immer, sondern Konflikte wird es auch immer geben. Solange Menschen auf Gottes Erdball leben, „menschelt“ es. Solange Satan Macht hat, wird er Konflikte auslösen und in den Menschen gute Spielfiguren finden.
1.3 Konflikte wird es immer mehr geben
Konflikte gab es nicht nur immer. Konflikte wird es nicht nur immer geben. Sondern ein drittes: Konflikte wird es immer mehr geben.
Die Offenbarung berichtet uns, dass Satan, der große Drache, die alte Schlange, der Verkläger der Brüder, weiß, dass er wenig Zeit hat. Er ist an ein furchtbares Zeitlimit gebunden. Deswegen wird er dafür sorgen, dass immer mehr Konflikte auftauchen. Wenn wir ernsthaft darüber nachdenken, wird uns das sehr schnell bewusst. Konflikte werden immer mehr um sich greifen.
Auf menschlicher Ebene liegt es offensichtlich daran, dass der Individualismus überall überhand nimmt: in der Gesellschaft, in unseren Familien, in den Ehen, auf dem Arbeitsplatz, in der Freizeit und auch in unseren Gemeinden. Wir leben in einer konfliktbeladenen Zeit. Die Ordnungen Gottes, von denen wir in der Bibel lesen, Gottes Norm, das Normale, wird immer mehr gestört und zerstört, denn „die ganze Welt liegt im Bösen“ (1Jo 5,19).
2. Ineffektive Lösungen von Konflikten
Zunächst wollen wir über ineffektive Lösungen nachdenken. Wenn wir aufmerksam die Medien unserer Tage beachten, stellen wir fest, dass die Konflikt- und Krisenherde dieser Welt immer wieder mit neuem Feuer geschürt werden. Terror und Gewalt nehmen nicht nur global gesehen zu, sondern auch in der Arbeitswelt, in der Ehe- und Familienwelt und in der Gemeindewelt. Manche Konflikte machen Angst, weil wir sie nicht lösen können, so sehr wir uns dies auch wünschen. Und wir sehen diese Angst weltweit.
Ich habe nicht studiert, jedenfalls nicht das Fach Konflikte oder Konfliktbewältigung. Deshalb kann ich leider auch keine Patentrezepte anbieten, weder für die kleinen noch für die großen Alltagskonflikte, und auch nicht für die Lösung der nicht zu lösenden Konflikte. Es ist nur mein Wunsch, dass wir eine neue Sicht für unser eigenes Leben bekommen.
Konflikte können gelöst oder wenigstens teilweise gelöst werden. Aber bitte nicht so:
- Hammer-Methode: „Willst Du nicht mein Bruder sein, schlag ich Dir den Schädel ein…“
- Zangen-Methode: Wir können Konflikte nicht lösen, indem wir alles in eine Zange hineinpressen und krampfhaft versuchen, etwas herauszubringen.
- Unter-den-Teppich-feg‘-Methode: Wir können Konflikte nicht lösen, indem wir sie unter den Teppich fegen.
- Knebel-Methode: Wir können Konflikte nicht lösen durch Schweigen.
- Um-den-Mund-schmier-Methode: Wir können Konflikte nicht lösen, indem wir die Sache dem Nächsten um den Mund schmieren.
- Reißaus-Methode: Wir können Konflikte auch nicht lösen, indem wir einfach Reißaus nehmen.
Leider sind diese Methoden nicht nur in der – ach so bösen – Welt gängig, sondern auch in unseren frommen Familien und in unseren Gemeinden, denn auch hier leben wir in einer Ellbogengesellschaft.
Es hat einmal jemand gesagt: Es gibt auch in den Gemeinden Nabelschauer, Individualisten, die nur auf sich schauen und den anderen übersehen.
„Jesus sagte aber auch ein Gleichnis zu ihnen: Kann etwa ein Blinder einen Blinden leiten? Werden nicht beide in eine Grube fallen? Ein Jünger ist nicht über den Lehrer; jeder aber, der vollendet ist, wird sein wie sein Lehrer. Was aber siehst du den Splitter, der in deines Bruders Auge ist, den Balken aber, der in deinem eigenen Auge ist, nimmst du nicht wahr? Oder wie kannst du zu deinem Bruder sagen: Bruder, erlaube, ich will den Splitter herausziehen, der in deinem Auge ist, während du selbst den Balken in deinem Auge nicht siehst? Heuchler, ziehe zuerst den Balken aus deinem Auge, und dann wirst du klar sehen, um den Splitter herauszuziehen, der in deines Bruders Auge ist.“ (Lk 6,39-42.)
Als Illustration habe ich einen Holzsplitter mitgebracht. Der Herr Jesus sagt: Du siehst den Splitter in dem Auge deines Bruders. Ich haben Euch noch etwas mitgebracht, ein Stück Balken. Der Balken sitzt in meinem Auge. Wenn ich mit dem Balken auf jemanden zugehe, dann schreckt er zurück. Der Herr Jesus ist sehr exakt, wenn er solche Beispiele aus dem Alltag erzählt und es ist uns bewusst, dass der Herr Jesus nicht nur ein abgesägtes Stück Holz meint, sondern einen echten, großen Balken. Wir entdecken oft den eigenen Balken nicht, aber wir sind oft mit der Lupe unterwegs, um diesen winzigen Splitter in dem Auge des Bruders zu suchen. „Aha!“ rufen wir und nehmen uns sehr wichtig, dass wir gerade den Splitter gefunden haben. Der Herr Jesus sagt: Nimm deinen eigenen Balken erst einmal wahr und dann kannst du hingehen und den Splitter herausziehen.
Manchmal machen wir solch ein Aufsehen aus den Konflikten, dass wir mit dem Splitter des Bruders hausieren gehen. Dieses Verhalten macht unsere falsche Gesinnung mehr als deutlich.
3. Effektive Lösungen von Konflikten
Ineffektive Lösungen von Konflikten sind nicht empfehlenswert. Aber effektive Lösungen können wir nicht aus dem Ärmel schütteln. Sie können nur mit Hilfe der Heiligen Schrift und mit dem Beistand des Heiligen Geistes zustande kommen. Das mag sich sehr fromm anhören. Aber es geht nicht anders. Wir brauchen die Hilfe der Heiligen Schrift. Und wir brauchen den Beistand des Heiligen Geistes, um wirkungsvolle Lösungen zu bekommen. Das muss uns wirklich klar sein, und damit spreche ich jeden persönlich an.
Als ich über das Thema nachdachte, habe ich mich richtig unfähig gefühlt und zwar aus dem einfachen Grund, weil ich selbst Konflikte erlebe, Konflikte auch in unseren Gemeinden. Es muss uns also klar sein, dass das Lösen von Konflikten nicht erst dann anfängt, wenn der Konflikt da ist, sondern die Lösung, die Bewältigung, die Verhütung fängt mit dir und mit mir an. Wir sind persönlich gefordert.
- Ob ich nun derjenige bin, der bewusst oder auch unbewusst den Konflikt ausgelöst hat, oder
- ob ich derjenige bin, der als Konfliktpartner von dem Konfliktauslöser auserkoren worden ist und in den Konflikt hineingezogen wurde,
- ob ich zur Lösung eines Konfliktes herangezogen werde.
Ich bin immer persönlich gefordert.
Ich habe einige Punkte zusammengetragen, von denen ich meine, dass sie zur Bewältigung und Verhütung von Konflikten wichtig sind.
3.1 Konflikte bewältigen und verhüten durch: Selbsterkenntnis
2Kor 10,5: „Indem wir Vernunftschlüsse zerstören und jede Höhe, die sich erhebt wider die Erkenntnis Gottes, und jeden Gedanken gefangen nehmen unter den Gehorsam des Christus.“
Wir brauchen Mut zur Selbsterkenntnis. Ich sage nicht, dass wir Mut zur Selbstverwirklichung brauchen, sondern Mut zur Selbsterkenntnis, zur Selbsteinschätzung.
Wir müssen uns selbst kennen und lernen, unsere Gedanken unter den Gehorsam Christi zu stellen. Wenn wir vor Jesus Christus kapitulieren, werden wir nichts verlieren! Wir brauchen diese Selbsterkenntnis. Ohne Selbsterkenntnis werden unsere Lösungen nur oberflächlich sein. Denn unsere Reaktionen sind sehr stark von unserem Charakter und von unserer Persönlichkeit geprägt.
Stellen wir uns einmal vor, wir würden als Gruppe tagelang von der Außenwelt abgeschnitten werden. Zuerst würden wir uns zusammenreißen, aber irgendwann käme es auch unter uns zum ersten Konflikt.
Oder stellen wir uns vor, wir hätten alle das Vorrecht, zusammen in der gleichen Gemeinde zu sein. Ob das wirklich wunderbar wäre? Ich glaube, eigentlich nicht. Wir wären froh, wenn wir wieder in unsere eigenen „vier Wände“ hineingehen könnten. Natürlich können wir sehr schöne und sehr fromme Worte machen, aber unseren Charakter und unsere Persönlichkeit, die können wir nicht einfach abstreifen wie einen dreckigen Arbeitskittel. Wir haben immer wieder damit zu kämpfen. Aber vielleicht haben wir uns schon so sehr an unseren Charakter und an unsere Persönlichkeiten gewöhnt, dass wir uns überhaupt nicht mehr selbst betrachten, sondern in einer Art Überheblichkeit leben.
Gal 6,3-5: „Denn wenn jemand meint, etwas zu sein, da er doch nichts ist, so betrügt er sich selbst. Ein jeder aber prüfe sein eigenes Werk, und dann wird er an sich selbst allein und nicht an dem anderen Ruhm haben; denn ein jeder wird seine eigene Last tragen.“
Ich möchte noch ein Beispiel nennen. Wir kennen alle den Vers: „Der Herr ist mein Hirte“. Die meisten von uns werden über dieses Wort schon gepredigt haben. Nun ein logischer Gedankengang. Wenn der Herr mein Hirte ist, dann bedeutet das, dass ich ein Schaf bin.
David vergleicht sich mit diesen schwachen, wehrlosen, dummen, törichten Geschöpfen. Und ich frage dich: Willst du ein Schaf sein? Bist du ein Schaf? Bist du auch ein Schaf in der Brüderstunde oder im Gemeinderat?
Wollen wir das denn überhaupt? Wären wir nicht lieber wie ein Elefant, der drauflos trampelt. Wären wir nicht lieber wie ein Löwe, der laut losbrüllt. Wären wir nicht lieber wie ein Igel, der sich in seinem Stachelkleid verkriecht. Wären wir nicht lieber wie ein Bär mit seinem dicken Fell. Wären wir nicht lieber wie ein Fuchs mit seiner Schläue. Wären wir nicht lieber ein Wolf, der alles zerreißt …?
Und doch gehen wir oft so miteinander um. Manchmal scheinen Brüder ja nicht so einträchtig beieinander zu sein wie Schafe. wir sollten uns ehrlich fragen: „Wofür halten mich die anderen – für Elefanten, Löwen, Igel, Bären?“ Wir sollen Schafe sein, denn 1Petr 2,25 sagt:
„Ihr seid zurückgekehrt zu dem Hirten und Aufseher eurer Seelen.“
Deswegen müssen wir uns wirklich selbst kennen. Es kann eine Hilfe sein, sich persönlich zu fragen: „Bin ich vielleicht launisch? Bin ich parteiisch? Bin ich rechthaberisch? Lass ich mich von Antipathie und Sympathie beeindrucken? Habe ich gleich immer Antworten parat? Verfalle ich in ein frommes Denkmuster? Bin ich ein ehrlicher Mensch? Was ist, wenn mir jemand auf den Schlips tritt? Bin ich empfindlich? Bin ich aufbrausend? Verfalle ich in Schweigen? Kann ich Sache und Person trennen?“
Auch unsere Körpersprache redet, wenn wir z.B. in der Gemeinde sitzen und ein anderer Bruder predigt. Er nimmt das verzogene Gesicht schon wahr, das gelangweilte Blättern im Liederbuch oder in der Bibel, das Stirnrunzeln und das Flüstern mit dem Nachbarn. Auch diese Dinge führen nur allzu leicht und allzu oft zu Konflikten.
Ernst Gottlieb Woltersdorf (1725-1761) dichtete:
Wenn ich mich selbst betrachte, / dann wird mir angst und weh. / Wenn ich auf Jesum achte, / so steig ich in die Höh, / so freut sich mein erlöster Geist, / der durch das Blut des Lammes / gerecht und selig heißt!
3.2 Konflikte bewältigen und verhüten durch: Veränderung!
Röm 12,2: „Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung [eures] Sinnes (nous – Gedanken, Verstandes), dass ihr prüfen möget, was der gute und wohlgefällige und vollkommene Wille Gottes ist.“
Wir brauchen Mut zur Veränderung. Dazu wieder eine persönliche Frage: „Wann hat der Herr Jesus Christus dich das letzte Mal wirklich verändert?“ Wer jetzt an seine Bekehrung denkt, die vor 20 oder 30 Jahren stattfand, und sich an keine wesentliche Veränderung in seinem Leben erinnern kann, dem sollte Angst und Bange werden.
Viele von uns haben schon viele Predigten gehalten. Und wir rufen in unseren Evangelisationen, den Bibelwochen, in den Predigten, in den Kalenderzetteln, in dem „Wort für heute“, in der „Perspektive“, in Büchern, auf Konferenzen und Tagungen immer wieder zur Buße, zur Umkehr, zur Hingabe und zur Veränderung auf. Aber auch der Bruder, der das Wort Gottes bringt, muss sich fragen: „Ändert sich mein Leben wirklich.“ Paulus sagt: „Damit ich nicht anderen predige und selbst verwerflich werde.“ Wir müssen selbst verändert werden!
3.3 Konflikte bewältigen und verhüten durch: Frieden stiften
Mt 5,9: „Glückselig sind die Friedensstifter“. Wir brauchen Friedensstifter. Ernst Modersohn schreibt in seiner Auslegung „Die Bergpredigt“ dazu:
- fange keinen Zank an.
- gehe auf keinen Zank ein.
- gieße kein Öl ins Feuer.
3.4 Konflikte bewältigen und verhüten durch: Sanftmut
Gal 6,1f: „Brüder! wenn auch ein Mensch von einem Fehltritt übereilt würde, so bringet ihr, die Geistlichen, einen solchen wieder zurecht im Geiste der Sanftmut, indem du auf dich selbst siehst, dass nicht auch du versucht werdest. Einer trage des anderen Lasten, und also erfüllet das Gesetz des Christus.“
In der Bibel gibt es zwei hervorragende Vorbilder in Bezug auf Sanftmut. Das ist einmal Mose, von dem gesagt wird, dass er zu seiner Zeit der sanftmütigste Mensch auf der Erde war, und unser Herr Jesus Christus. Es heißt in Gal 6,1, dass die Brüder aufgefordert sind, im Geiste der Sanftmut den Gefallenen zurecht zu bringen. Wenn wir das hätten schreiben sollen, dann hätten wir vielleicht geschrieben: im Geiste der Liebe oder im Geiste des Friedens. Aber dem Heiligen Geist gefiel es eben an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass wir im Geiste der Sanftmut handeln sollen, um diesen Konflikt zu lösen.
Von Jesus Christus wird in Sach 9,9 gesagt:
„Siehe, dein König kommt zu dir, gerecht und ein Retter ist er, sanftmütig und auf einem Esel reitend.“
Er selbst sagt:
„Nehmt auf euch mein Joch und lernet von mir, denn ich bin sanftmütig.“
Wir brauchen ein sanftmütiges Herz. Wir sollen den anderen wirklich mit Sanftmut begegnen. Ob wir das so können? Ob der andere wirklich in diesen konfliktgeladenen Dingen des Lebens merkt, dass wir sanftmütig mit ihm umgehen?
3.5 Konflikte bewältigen und verhüten durch: Sieg
In dem Sendschreiben an die Gemeinde Pergamon (Offb. 2,12-17) sagt der Herr:
„Ich weiß wo du wohnst.“
Diese Aussage bedeutet so viel wie: Ich weiß, wo immer du deine Bleibe hast, wo du nicht einfach davonlaufen kannst.
Wenn wir das Sendschreiben lesen, dann wird uns klar, dass die Christen in Pergamon allen Grund hatten wegzulaufen. Da war der Thron Satans. Da gab es die Lehre Bileams und die der Nikolaiten. Der Herr sagte in dieser Konflikt-Situation: Ich weiß wo du wohnst. Bleib dort!
Du kommst vielleicht aus einer Gemeinde, wo Konflikte herrschen. Und vielleicht denkst du oft: „Am liebsten würde ich davonlaufen“. Aber der Herr sagt: Ich weiß wo du wohnst. Es gibt Davonrenner, die aufstehen, wenn es ungemütlich wird. Wenn es einem zu heiß geworden ist, wenn man innerlich kocht. Und schnell hat man noch einen frommen Spruch parat und man geht. Aber der Herr sagt zu den Pergamon-Christen: Ich weiß wo du wohnst.
Der Herr will also keine Weltflucht. Er will auch keine Gemeindeflucht. Er will nicht, dass wir in den Schwierigkeiten und Konflikten davonlaufen. Der Herr verlangt von den Leuten in Pergamon, an diesem schrecklichen Ort zu bleiben. Der Herr ruft uns eigentlich zu: Bleibe, wo du bist, halte aus. Der Herr will Bewährung, er will Veränderung.
Vielleicht haben manche Christen in Pergamon gedacht, wir packen die Koffer und gehen nach Ephesus oder wir gehen nach Philadelphia. Er sagt: Bleibt! Aber viele laufen weg.
Da gibt es Bruder-Kriege, da gibt es Konflikte, aber der Herr verheißt Segen. Da gibt es Kampf und der Herr verspricht Sieg. Der Herr sagt: Bleib an deinem Platz. Bleib an deinem Schreibtisch, bleib hinter der Werkbank, bleib in der Schule, bleib in deiner Ehe, bleib auch in deiner Gemeinde. Lauf nicht davon. Es gibt Lohn. Es gibt etwas zu essen. Es gibt das Manna. Manchmal habe ich den Eindruck, dass es sehr viele christliche Flüchtlinge gibt. Aber der Herr will keine Flüchtlinge, sondern er will „Bewährlinge“, die bleiben, und dann auch den Sieg in dieser Konflikt-Situation davontragen.
3.6 Konflikte bewältigen und verhüten durch: Ratgeber
tliche Gesinnung haben. Wenn wir an Rehabeam denken, dann fällt uns auf, dass die Reichsteilung auf Grund falscher Ratgeber geschah (1Kö 12). Rehabeam hörte auf seine Altersgenossen anstatt auf den Rat der Älteren.
Ich bin in einem kleinen Dorf im hessischen Hinterland aufgewachsen. Dort bin ich zum Glauben gekommen. In meiner Jugend bin ich sehr häufig zum Dorfschuster in seine Werkstatt gegangen. Dieser Mann war mein geistlicher Ratgeber, er war mein Vater in Christus.
Wir sollen uns nicht einbilden, dass wir schon alle Weisheiten gepachtet haben. Wir brauchen auch Korrektur. Ratgeber können uns sehr viel Korrektur geben. Ich wünsche uns solche Ratgeber.
3.7 Konflikte bewältigen und verhüten durch: Weisheit
Spr 11,30: „Der Weise gewinnt Seelen“.
Hierbei geht es nicht zuerst um Evangelisation, sondern es um das Gewinnen des anderen. Es geht um das Gewinnen des Bruders, der vielleicht irrt.
1Kor 12,8: „Denn einem wird durch den Geist das Wort der Weisheit gegeben …“.
Im Griechischen heißt „Wort der Weisheit“ „logos sophia“. Es meint weise Rede, ein weises Wort haben. Gemeint ist nicht Weissagung (gr.: prophetos). Es gibt tatsächlich eine Klugheit, eine Weisheit von Gott gewirkt.
Jak 1,5f.: „Wenn aber jemandem von euch Weisheit mangelt, so bitte er von Gott, der allen willig gibt und nichts vorwirft, und sie wird ihm gegeben werden. Er bitte aber im Glauben, ohne irgend zu zweifeln; Denn der Zweifelnde ist gleich einer Meereswoge, die vom Winde bewegt und hin und her getrieben wird.“
Es gibt aber auch eine Klugheit im negativen Sinn. Diese menschliche Weisheit bzw. Klugheit ist sehr stark von Satan beeinflusst:
Jak 3,15: „Dies ist nicht die Weisheit, die von oben herabkommt, sondern eine irdische, sinnliche, teuflische“.
Weise zu sein ist ein sehr hohes Gut und bedeutet auch geübt zu sein, geschickt zu sein, Ahnung zu haben, Experte zu sein.
1Kor 3,10: „Nach der Gnade Gottes, die mir gegeben ist, habe ich als ein weiser Baumeister den Grund gelegt; ein anderer aber baut darauf; ein jeder aber sehe zu, wie er darauf baut“.
Ganz frei übersetzt meint Paulus: Ich habe als ein Experte den Grund gelegt. Und er beklagt im gleichen Brief, dass kein Weiser unter den Korinthern ist. Konflikte können gelöst werden durch weise Männer.
1Kor 6,3-8: „Wisset ihr nicht, dass wir Engel richten werden? Geschweige denn Dinge dieses Lebens. Wenn ihr nun über Dinge dieses Lebens zu richten habt, so setzet diese dazu, die gering geachtet sind in der Gemeinde. Zur Beschämung sage ich’s euch. Also nicht ein Weiser ist unter euch, auch nicht einer, der zwischen seinen Brüdern zu entscheiden vermag, sondern es rechtet Bruder mit Bruder, und das vor Ungläubigen! Es ist nun schon überhaupt ein Fehler an euch, dass ihr Rechtshändel miteinander habt. Warum lasst ihr euch nicht lieber unrecht tun? Warum lasst ihr euch nicht lieber übervorteilen? Aber ihr tut unrecht und übervorteilt, und das Brüder!“
Weise sein hängt außerdem mit Unterweisung zusammen. Ein Weiser lässt sich belehren und lernt. Er ist intelligent und belesen. Vor allem kommt Weisheit aus einer Quelle, von Jesus Christus, unserem Herrn. In ihm liegen alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen.
Weise Rede ist notwendig und beinhaltet die Fähigkeit, anderen zu helfen das Leben zu meistern. Weise Rede kann praktische Ratschläge geben. Der Weise kann in der Regel die Konflikte bzw. Probleme richtig beurteilen. Das heißt: Er ordnet sie richtig ein, gibt ihnen die richtige Dringlichkeit, die richtige Rangordnung und beantwortet die Fragen richtig.
Bei allem liegt auch eine gewisse Gefahr verborgen, die auch manchmal hervortritt. Der Weise nimmt sich selbst zu wichtig und wird überheblich. Auch er kann sich irren, Konflikte falsch einschätzen, andere bevormunden oder vereinnahmen, Antworten geben, die fehl am Platz sind, Antwort pauschalieren oder Antwort auf Fragen geben, die keiner gestellt hat. Dennoch muss der Weise Lösungen auf Fragen finden, die gottgemäß, die schriftgemäß und die christozentrisch sind. Salomo bat um ein weises Herz, und der Heilige Geist benutzte ihn, uns die Weisheitsliteratur zu schreiben, die echte Lebenshilfen gibt. Die sieben Diakone sollten weise Männer sein. Eine gewaltige Herausforderung.
Apg 6,3: „So sehet euch nun um, Brüder, nach sieben Männern aus euch, von gutem Zeugnis, voll [Heiligen] Geistes und Weisheit, die wir über dieses Geschäft bestellen wollen“.
3.8 Konflikte bewältigen und verhüten durch: Parakaleo
Das griechische Wort, das wir in der Bibel finden, heißt „parakaleo“ und wird in den Übersetzungen meist mit drei verschiedenen Begriffen wiedergegeben:
- Ermahnung,
- Ermunterung,
- Tröstung.
1) Parakaleo geschieht durch die Schrift:
Röm 15,4: „Denn alles, was zuvor geschrieben ist, ist zu unserer Belehrung geschrieben, auf dass wir durch das Ausharren und durch die Ermunterung der Schriften die Hoffnung haben.“
2) Parakaleo geschieht durch den Messias:
Lk 2,25: „Und siehe, es war in Jerusalem ein Mensch, mit Namen Simeon; und dieser Mensch war gerecht und gottesfürchtig und wartete auf den Trost Israels; und der Heilige Geist war auf ihm.“
3) Parakaleo geschieht durch den Heiligen Geist:
Joh 14,26: „Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“
4) Parakaleo geschieht durch einen Bruder im Herrn:
Apg 4,36: „Josef aber, der von den Aposteln Barnabas (aramäischer Name) genannt wurde – was übersetzt heißt: Sohn des Trostes – ein Levit, ein Zyprer von Geburt …“.
5) Parakaleo geschieht durch eine besondere Gnadengabe:
Röm 12,8: „Es sei, der da ermahnt, in der Ermahnung; … der da mitteilt, in Einfalt; der da vorsteht, mit Fleiß; der da Barmherzigkeit übt, mit Freudigkeit.“
Wenn wir mit Menschen in Konflikten zu tun haben, dann müssen wir ihnen helfen. Ermuntern meint, dass man jemand anerkennend und ermutigend auf die Schulter klopft. Ermahnen meint, dass man jemand durchaus den Zeigefinger zeigen muss, um ihn aufzurütteln. Trösten meint, dass man seinen Arm um jemanden legt, um ihn zu stärken und ihn zu erquicken.
Wir haben gelesen, dass Konflikte bewältigt und verhütet werden durch Selbsterkenntnis, durch Veränderung, durch Frieden stiften, durch Sanftmut, durch Sieg, durch Ratgeber, durch Weisheit, durch Ermahnung, Ermunterung und Tröstung. Sicher gibt es noch viele andere Punkte. Und ich glaube, dass jeder von uns sich seine eigenen Gedanken machen muss. Ich möchte am Schluss noch einen Lösungsvorschlag geben und zwar:
3.9 Konflikte bewältigen und verhüten durch: Vorbild
Wir brauchen den Herrn Jesus Christus an unserer Seite. Wir brauchen sein Vorbild. Wir benötigen den Herrn tatsächlich, das ist nicht nur eine fromme Redewendung.
Wenn wir bedenken,
- dass unser Herr niemals einen Splitter im Auge hatte,
- dass unser Herr niemals einen Balken im Auge hatte,
- dass unser Herr absolut gerecht war,
- dass er ganz Mensch gewesen ist,
- dass er die Konflikte sah und hörte und fühlte,
- dass er Konflikte auf eine verblüffende Art und Weise löste,
dann bringt uns das ins Staunen und ins Sprachlose, dann bewegt das unsere Herzen zur Anbetung. Der Herr Jesus ist wirklich einmalig. Er ist einzigartig, so wunderbar, dass es an Beschreibungen, an Worten fehlt. Keiner ist tatsächlich so wie der Herr. Keiner.
Und wenn wir bedenken, dass er die ganze Konfliktlast – um beim Bild zu bleiben – auf dem Balken hinauftrug nach Golgatha. Er hing am Kreuz. Er starb dort, damit du Frieden hast und auch dein Bruder, der neben dir sitzt. Wenn wir am Sonntag zusammen sind, um das Mahl des Herrn zu feiern, dann lasst es uns doch bewusst machen: Hier sitzen Geschwister die den gleichen Herrn und durch sein Blut den gleichen Frieden haben, denn er ist der Friedefürst. Er ist die Zentrale, die Mitte unseres Lebens. Darum wollen wir in seinen Fußstapfen mutig hinter ihm her gehen.