ThemenZeitgeist und Bibel

Joyce Meyer

Wer ist diese Frau, und wie ist sie zu bewerten?

„Wer ist Joyce Meyer, was hältst Du von ihr?“ wurde ich von Leuten aus unserer Gemeinde gefragt. Die Meinungen über sie waren geteilt, sie reichten von Zustimmung und Begeisterung bis Skepsis und Ablehnung.

Ich hatte bis dahin kaum etwas von ihr gehört, aber ihr Bekanntheitsgrad rührte daher, daß sie fast täglich mit ihrer Fernsehsendung in deutscher Übersetzung auf dem Privatsender Tele5 in unserem Gebiet empfangen werden kann. Da ich mir ein Bild von ihr machen wollte, habe ich mir einige ihrer Auftritte angesehen.

Joyce Meyer ist eine Frau mit Selbstbewusstsein und Ausstrahlung, der man anmerkt, dass sie gewohnt ist, im Mittelpunkt zu stehen. Ihre Vorträge sind lebensnah und auf den Alltag bezogen. Inhaltlich bieten sie eher praktische Lebenshilfe als Anregungen zum Wachstum im Glauben. Wer unvoreingenommen zuhört, bemerkt das zunächst nicht. Das Publikum geht begeistert mit und bringt das durch Beifall und Gelächter zum Ausdruck. Wenn es zu still wird, fordert Joyce Meyer mit Bemerkungen wie diese zu einer Reaktion heraus:

„Ihr dürft jetzt ruhig klatschen, denn es ist wahr, was ich sage!“

„Habt ihr mich gehört?“

„Ich sage euch, hört mir zu!“

„Hab ich Recht?“

„Sagt alle: Gott wirkt in mir!“

„Na kommt schon!“

„Kommt, ich spreche zu euch!“

Nicht ganz klar ist, wem der Beifall gilt: Gott oder Joyce Meyer?

Das Pult, das auf der Bühne steht, benutzt sie selten, es dient vor allem als Ablage für die Bibel, aus der sie ab und an einzelne Verse vorliest, die sie in ihren Vortrag einstreut. Sie wählt die Bibelverse passend zu ihrem Vortragsthema, ohne sie wirklich auszulegen. Wenn sie auf der Bühne während ihrer Rede hin und her schreitet, folgen ihr alle Augen. Sie ist rhetorisch begabt und es gelingt ihr, die Zuhörer in ihren Bann zu ziehen. Sie versteht es, mit den Emotionen ihrer Besucher zu spielen und sie zu manipulieren. Oft provoziert sie die Reaktionen der Zuhörer nicht durch das, was sie sagt, sondern durch ihre Mimik und ihre Gebärden. Sie ist eine begabte Schauspielerin. Der Inhalt ihrer Verkündigung wird teilweise von Psychologie und populären Weisheiten bestimmt, sie gibt aber auch biblische Wahrheiten weiter. Es ist daher nicht leicht, ihre Verkündigung einzuschätzen und den Durchblick zu behalten.

Man kann sagen, daß es sich bei den Vorträgen von Joyce Meyer um eine Art Wohlfühlevangelium handelt, das bei den Tausenden Menschen in der großen Halle und an den Fernsehschirmen Begeisterung auslöst. Schon das Motto der Sendereihe „Das Leben genießen“ gibt Aufschluß darüber. Der Name Jesus Christus kommt selten vor, es ist fast immer nur von Gott und vom Heiligen Geist die Rede. Der Hinweis auf das Erlösungswerk am Kreuz, die Tatsache, daß Jesus Christus für unsere Sünde am Kreuz von Golgatha gestorben ist, kommt nicht vor. Nach eigener Aussage sieht Joyce Meyer ihre Aufgabe in der „Reinigung“ ihrer Zuhörer. Von daher sind ihre „Predigten“ Hilfen zur diesseitigen Lebensbewältigung, aber kein Aufruf, sich von Jesus Christus retten zu lassen.

Wer ist diese Frau?

Pauline Joyce Hutchison Meyer, geboren 1943, kam 1976 zum Glauben, wobei sie in „Zungen“ sprach und „trunken vom Heiligen Geist“ war. Nach dem Scheitern ihrer ersten Ehe sah sie sich von Gott als Predigerin berufen.

Meyer absolvierte die Life Christian University in Tampa (USA) und erhielt einen Ehrendoktor von der extrem charismatischen Oral Roberts University in Tulsa (USA). Das amerikanische Time Magazine sieht in Meyer eine der einflußreichsten christlichen Leiterinnen der USA. Sie unterhält ein weltweit operierendes Medienunternehmen, das ihre Radio- und Fernsehsendungen vermarktet. 630 Fernsehstationen und einige hundert Radiosender übernehmen die Produktionen von Joyce-Meyer-Ministries. Die Auflage ihrer ca. 80 Bücher hat mittlerweile die 12-Millionengrenze überschritten. In Zusammenarbeit mit anderen Missionswerken setzt sich Joyce Meyer für Nahrungsprogramme für Arme, für Waisenhäuser und Katastrophenhilfe ein.

Dahinter steht die Lehre, dass Jesus geistlich starb und in der Hölle vom Teufel drei Tage und Nächte gequält wurde

Einen Kontrast dazu bildet ihr aufwändiger Lebensstil: Sie besitzt ein Flugzeug, und für ihr 5000 m2 großes Hauptquartier mussten 260.000 $ für die Inneneinrichtung ausgegeben werden. Sie kauft ihre Einrichtung bei der Nr. 1 aller Möbelhersteller Amerikas. Manchmal muss sie an einem Tag ihre Kleidung für fünf verschiedene Konferenzen zusammenpacken. Der eine Stapel geht mit dem einen LKW dahin, der andere Stapel mit jenem LKW dorthin. Die Schuhe müssen zu dem Outfit passen, der Schmuck muß zu den Schuhen, die Handtasche muß zu den Schuhen passen, so daß locker fünf LKW-Ladungen mit Kleidung für fünf Konferenzen zusammenkommen. Sie ist sehr modebewußt und kritisiert, wenn Männer zwar neue Hemden anziehen, aber dazu immer dieselbe Hose tragen. Einen Bekannten tadelte sie, daß er immer nur vier Outfits in seinen Koffer packt und die auf jeder Konferenz trägt.

„Ich wusch mein Auto, da kam Dave Meyer angefahren. Er wollte einen Freund abholen. Dave war 26 Jahre, ein wiedergeborener, vom Heiligen Geist erfüllter Christ. Er hatte Gott um eine Ehefrau gebeten, möglichst eine, die Hilfe brauchte. Und Gott beantwortete sein Gebet. Er versuchte, mit mir zu flirten: ‚Wenn du mit diesem Auto fertig bist, willst du dann auch meins waschen?‘ Ich sagte: ‚Wenn du willst, daß dein Auto gewaschen wird, tu‘s selbst!‘ Da wußte Dave sofort: Das ist die richtige Frau für mich! Entweder war er geistig nicht ganz zurechnungsfähig, oder er wurde definitiv vom Heiligen Geist geleitet. Es war so ähnlich wie damals, als der Heilige Geist Jesus in die Wüste führte. Dave hatte wirklich eine enge Beziehung zu Gott und er war geistlich darauf vorbereitet, mit mir umzugehen, aber trotzdem wußte er nicht wirklich, worauf er sich da einließ.“

Im Jahr 2006 trat Joyce Meyer in Hyderabad (Indien) auf. Sie löste damit eine Woge predigender Frauen im indischen Fernsehen aus, es war eine Art Initialzündung. Seitdem kann man eine große Anpassung an weltliche Maßstäbe beobachten. Viele Glaubensgeschwister in Indien haben aus biblischer Sicht ohnehin Probleme mit predigenden Frauen. Erschreckend für sie ist, daß eine geschiedene Frau mit ihrer Botschaft des Positiven Denkens und eines moderaten Wohlstandsevangeliums einen solchen Zulauf haben kann. Es ist ein Beleg für die geistliche Verflachung der Gemeinden.

Auch vertritt sie die Lehre der JDS (Jesus Died Spiritually) der „Wort-des-Glaubens-Bewegung“, auch wenn dies in ihren Predigten kaum zur Sprache kommt. So erklärt sie in einem ihrer Bücher: Du kannst nicht in den Himmel kommen, es sei denn, du glaubst, dass Jesus deinen Platz in der Hölle eingenommen hat. Dahinter steht die Lehre, dass Jesus geistlich starb und in der Hölle vom Teufel drei Tage und Nächte gequält wurde, und so unsere Erlösung bewirkt habe. Jesus war angeblich der erste „wiedergeborene Mensch“ in der Hölle. Es sind dies klassische Dämonenlehren (1Tim 4,1).

Die Affinität zu dieser „Wort des Glaubens“- Bewegung liegt auch auf der Betonung, man könne durch das gesprochene Wort die Umstände beeinflussen. Deswegen soll man nur positive Aussagen treffen. Wörtlich sagte sie: „Wir sollten nie sagen, ich bin ungeduldig, sondern ich bin geduldig. Wir sollten nie sagen, ich habe keinen Frieden, sondern ich habe Frieden. Besonders müssen wir uns selbst sagen: Ich habe Selbstbeherrschung. Viele glauben, dass sie sich nicht beherrschen können, aber das kommt daher, dass sie das schon tausendmal in ihrem Leben gesagt haben. Ihr müßt aussprechen, was ihr der Bibel gemäß habt, was ihr gefühlsmäßig habt oder nicht habt.“

Durch ihre Gespräche mit Gott wird suggeriert, dass Gott akustisch zu ihr spricht, außerhalb der Bibel

In der Zeitschrift Charisma war zu lesen: „Habe Glauben, Dinge zu tun, die bisher noch niemand anderes getan hat – und stell dir das bildlich vor!“ Dies erinnert stark an die Visualisierungstechniken eines Yonggi Cho bzw. die in der „Wort des Glaubens“ Bewegung üblichen Praktiken des positiven Denkens bzw. bildhaften Vorstellens.

Die Überzeugung, durch gedankliche Kraft bzw. Visualisierungen die Wirklichkeit beeinflussen oder gar bestimmen zu können, ist das Kennzeichen eines magischen Weltbildes und das Propium der New Age-Bewegung.

Im Januar 2008 hielt Joyce Meyer Vorträge in Mumbai, dem ehemaligen Bombay. Mitten im Vortrag fragte sie plötzlich, wer von den Anwesenden in „Zungen“ rede. Viele bejahten. Es erhob sich ein Schwall unverständlicher Worte aus vielen Kehlen. Joyce Meyer redete dann minutenlang selber in Zungen. Das sei angeblich die direkte Kommunikation mit Gott. Um die vom Apostel Paulus in 1. Korinther 14 genannten Maßstäbe und Kennzeichen (z.B. Auslegung) kümmerte sie sich natürlich nicht.

Joyce Meyer ist voll im Trend der Zeit. Sie ist Entertainerin, sie spricht die Sinne an und verkündigt einen unterhaltsamen Gott, den man bejubeln und beklatschen kann. Das Ärgernis des Kreuzes wird weitgehend ausgeblendet. Die Zuhörer wollen Spaß haben, und den bietet ihnen Joyce Meyer bei ihren Auftritten. Die großen Besucherzahlen sind ein Beleg für die Beschaffenheit des Herzensbodens, auf dem der Same dieser Teilwahrheiten gedeihen kann.

Durch ihre Gespräche mit Gott, die sie wiedergibt, wird suggeriert, dass Gott akustisch zu ihr spricht, außerhalb der Bibel. Dadurch bekommt ihre Botschaft stellenweise Offenbarungscharakter und ein besonderes Gewicht. Gott sagte zu Joyce Meyer:

„Ich bejahe dich!“ – „Arbeite mit dem Heiligen Geist zusammen!“

„Ich habe dir nie gesagt, daß du Tomaten anpflanzen sollst!“

„Weißt du nicht, daß es mir lieber ist, wenn du nur einen Bibelvers liest und so lange darüber nachdenkst, bis du ihn begriffen hast, statt 25 Kapitel am Tag zu lesen?“

„Weißt du, Joyce, du bist wirklich keine Überraschung für mich. Ich wußte, was ich bekommen würde, als ich dich bekam.“

„Wenn du drei Dinge tust, kann ich deine Arbeit segnen: Sei exzellent, sei aufrichtig, halte den Streit aus deinem Leben fern.“

„Niemand kann dich bestehlen, wenn du ein Kind Gottes bist.“

„Wenn deine Seele knurrt, mußt du dir was zu essen für die Seele besorgen.“

„Du bist so, wie du aufgrund der Dinge bist, die man mit dir gemacht hat.“

Ihr ausgeprägtes Sendungsund Selbstbewußtsein kleidet sie in ihren Vorträgen in Sätze wie:

„Ich erlaube euch, euch selbst zu mögen.“ – „Wir sind Partner Gottes.“

„Gott wollte nicht, daß ich als eine Sekretärin arbeitete. Ich war eine Lehrerin!“

„Wir sind Gottes persönliche Vertreter. Gott spricht die Welt durch uns an. Gott braucht Körper, durch die er wirken kann; Hände, durch die er berühren kann; Augen, durch die er sehen kann; Münder, durch die er sprechen kann; Herzen, die er berühren kann.“

„Es genügt nicht, Kassetten und Bücher von Joyce Meyer zu besitzen. Du mußt sie auch anhören und lesen und kapieren.“

Joyce Meyer bringt Richtiges und Biblisches, aber auch einige Irrlehren

„Es ist meine Veranstaltung, da kann ich sagen, was ich will.“

„Gott hat mich nicht berufen, berühmt zu sein. Er hat mich nicht berufen, euch zu beeindrucken. Er hat mich nicht dazu berufen, die größten Veranstaltungen oder den bekanntesten Dienst zu haben. Er hat mich berufen, Menschen zu helfen, die verletzt sind.“

„Ich reinige die Seelen.“

„Ihr bekommt in meinen Veranstaltungen Fleisch und Spinat, keinen Nachtisch! Ich ziehe euch aus eurer Schlaffheit heraus, um euch aufzurichten.“

„Wenn ihr Jesus applaudiert, macht es nicht halbherzig, sondern richtig.“

„Unsere Bestimmung ist, herausragend und exzellent zu sein.“

„Ich bin nicht perfekt, aber schon weit gekommen, doch ich will noch höher hinaus.“

„Ihr habt euch entschieden, in meine Vorträge zu kommen. Ihr werdet dafür Leben ernten.“

„Ich bin hier, um euch anzuspornen, radikal in Jesus verliebt zu sein.“

„Ihr seid nicht mal bereit, zur anderen Zimmerseite zu gehen und eine Joyce-Meyer-Kassette aus dem Regal zu nehmen und in den Recorder zu stecken.“

„Nur los, ich predige gut, ob euch das gefällt oder nicht!“

„Ich werde ab jetzt das Richtige tun und es so lange tun, bis Jesus wiederkommt.“

„Manchmal wünschte ich, ich könnte bei den Leuten einen Reißverschluß aufmachen und sie mit meinen Einsichten voll stopfen. Ich fühle heute Abend das Feuer Gottes in meinen Knochen!“

Als Fazit kann man sagen

Joyce Meyer bringt viel Richtiges und Biblisches, aber einige Irrlehren. Man kann sich ihrer Anziehungskraft nicht leicht entziehen. Meine Frau, die einige Sendungen mit mir zusammen angesehen hat, bemerkte zu Recht an vielen Stellen: „Aber da hat sie Recht! Das stimmt doch! Das sagt die Bibel!“ Aber gerade in dieser Mischung aus Richtigem und Falschem liegt das Verführungspotential! Man darf eine Lehre nicht anhand eines sympathischen Menschen beurteilen, sondern muß alles am Wort Gottes prüfen.

Walter Michaelis, einer der Gnadauer Väter, hat richtig festgestellt:

„Schwärmer erweisen sich im Gespräch als unbelehrbar. Die Wurzel aller Schwärmerei ist Hochmut. Die besondere Gefahr des Schwarmgeistes ist seine Mischung aus Wahrheit und Irrtum, aus Finsternis und Lichtgestalt und seine verführerische Kraft durch wunderbare Vorgänge und Erfolge.“

 

Quellen u.a.: Michael Kitsch, Die charismatische Bewegung, Seibel: Unterwegs zu den Ärmsten der Armen, 2008 Georg Walter, Angriff auf die Wahrheit, 2009.