Bei der Bibel lohnt es sich immer, genau hinzusehen. Und noch mehr lohnt es sich, über das Gelesene nachzudenken. Jesus musste seinen frommen Gegnern manchmal vorwerfen, das sie gerade das versäumt hatten. „Habt ihr denn nie gelesen …?“, fragte er sie und meinte: „Habt ihr denn nie darüber nachgedacht?”
Ein Jahr der Einheit – warum nicht? Einheitskongresse, Einheitsreferate, Netzwerk der Einheit, Miteinander für Europa, weltweite Geschwisterlichkeit, die Einheit der Menschheitsfamilie, Päpstlicher Rat zur Förderung der Einheit der Christen und als Einheitstext Johannes-Evangelium Kapitel 17!
Was würde Jesus dazu sagen? Vielleicht dieses: „Habt ihr denn nie gelesen, dass ich von einer ganz anderen Einheit gesprochen habe? Denkt genau über meine Worte nach!“
Wenn Menschen über Einheit reden, denken sie oft nur: „Einheit macht stark!“ Und dann ringen sie um die Einheit Europas, machen Tausende von Gesetzen und versuchen gleichzeitig, sie zu umgehen. Hohe Kirchenvertreter üben sich in ökumenischer Toleranz und suchen die Einheit mit unchristlichen Religionen. Andere surfen auf der Welle des Gefühls und versuchen so christliche Einheit zu praktizieren.
Jesus hätte Nein gesagt. Die Einheit, die er meinte und für die er betete, ist von ganz anderer Art. Sie benötigt nicht die Kraft der Massen, auch nicht die Methoden des Marketing und die Präsenz in der Öffentlichkeit, um Menschen zusammenzubringen. Nein, sie benötigt vor allem eins, die Präsenz bei Gott.
„Ich bete, dass sie alle eins sind, und zwar so wie du, Vater in mir bist und ich in dir, so sollen sie in uns eins sein. Dann wird die Welt glauben, dass du mich gesandt hast. Ich habe ihnen die Herrlichkeit geschenkt, die du mir gegeben hast, damit sie eins sind, so wie wir eins sind – ich in ihnen und du in mir, damit die Welt erkennt, dass du mich gesandt und sie geliebt hast so wie ich von dir geliebt bin.“ (Jo 17,21-23 NeÜ)
Jesus wollte seinen Jüngern die Herrlichkeit seiner Gemeinschaft mit Gott zeigen und ihnen erklären, dass er sie da mit hineingenommen hatte. Gewiss würde das Auswirkungen auf ihre Einheit untereinander haben, denn je näher Menschen am eigentlichen Zentrum sind, bei Christus und seinem Wort, desto näher können sie auch beieinander sein.
Eine Vereinigung, die sich auf andere Prinzipien gründet, mag zahlenmäßig stark sein, vor Gott bedeutet und bewirkt sie nichts.