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Gefährdete Mitarbeiter oder Gefahr durch Mitarbeiter?

Ein Beitrag über den Umgang mit Problemen innerhalb der Gemeinde.

Und David stimmte dieses Klagelied an über Saul und über Jonathan, seinen Sohn … Deine Zierde, Israel liegt erschlagen auf deinen Höhen! Wie sind die Helden gefallen!

Berichtet es nicht Gat, verkündet die Botschaft nicht auf den Straßen von Aschkelon, dass sich nicht freuen die Töchter der Philister, dass nicht frohlocken die Töchter der Unbeschnittenen. (2Sam 1,17–20)

Aus diesem Trauergesang des David haben viele Christen eine merkwürdige Verhaltensart bei Niederlagen oder schweren Problemen innerhalb der Gemeinde entwickelt. Man möchte ja (zurecht!) kein Wasser auf die Triumphmühle Satans leiten, indem man Probleme vor Ungläubigen und Nicht-Gemeindemitgliedern offen legt. Folglich tut man so, als ob es in der Gemeinde überhaupt keine Probleme gäbe.

Die Tatsache aber, dass an solchen Problemen schon manche Gemeinde zerbrochen ist und dass es anscheinend ein negativer Trend unserer Zeit ist, solche Dinge zu verstecken, zwingt dazu, sich von der Bibel her darüber Gedanken zu machen. Wir müssen die vorangehenden Ursachen, Symptome und die Auswege untersuchen. Dabei ist es nützlich und der Sache des Herrn dienlich, wenn wir uns mit den Jüngern Jesu fragen: „Bin ich es Herr?“ (Mt 26,22) Anders gefragt: Gibt es Kriterien, deren Eintreffen mich aufwachen lassen, weil ich selbst eine Spaltungsgefahr geworden bin?

Als Grundlage für unsere Überlegungen soll 4Mo 16,1–3 dienen, jener Bericht über die zahlreichen Anfeindungen gegenüber Moses, der uns unter dem Stichwort „Rotte Korachs“ bekannt ist:

„Und Korach … unternahm es, und mit ihm Datan und Abiram … sie erhoben sich gegen Mose mit 250 Männern von den Söhnen Israel, Fürsten der Gemeinde, Berufene der Zusammenkunft, namhafte Männer. Und sie versammelten sich gegen Mose und Aaron und sagten zu ihnen: Genug mit euch! Denn die ganze Gemeinde, sie alle sind heilig, und der Herr ist in ihrer Mitte. Warum erhebt ihr euch über der Versammlung des Herrn.“

Die Ausführlichkeit dieses Berichts erlaubt uns einige grundsätzliche Prinzipien in Bezug auf Unzufriedenheit in der Gemeinde abzuleiten.

1. Die Ursache

Diejenigen, die schon längere Zeit in einer Gemeindearbeit stehen, wissen, dass Ursache und Anlass einer Handlung oft sehr weit voneinander entfernt liegen. Im beschriebenen Fall diente die Steinigung eines Mannes, der am Sabbat Holz sammelte als Anlass (4Mo 15,32–41). Die Ursache des Aufstandes lag aber im Wunsch, die Führung zu übernehmen: „Genug mit euch!“ (Vers 3a).

Die Vorgehensweise der Unzufriedenen ist seit Jahrtausenden unverändert geblieben: Polemik statt Sachlichkeit

Hier offenbart sich auch der eigentliche Verursacher: Der Satan, der Gott, dem Allmächtigen, gleich sein wollte (Jes 14,14) und jetzt Menschen immer wieder anstiftet gegen die von Gott eingesetzte Ordnung vorzugehen. Daher konnten die Rebellen dem Mose keine konkrete Sünde vorwerfen, sondern nur eine zu lang andauernde Führung und einen angeblich autoritären Führungsstil (Vers 3): „Warum erhebt ihr euch über die Versammlung des Herrn?“

Es ist interessant, dass die Vorgehensweise der Unzufriedenen seit Jahrtausenden unverändert geblieben ist. Bei drohenden Spaltungen wird vielfach polemisch und nicht sachlich argumentiert.

2. Die Symptome:

  1. Genau wie in 4Mo 16,3 hört man bei Gemeindeproblemen in unserer Zeit unterschwellige Seufzer, es sei zu eng in der Gemeinde, es müsse alles transparenter und demokratischer werden. Der autoritäre Führungsstil einiger Personen sei nicht akzeptabel, man erlebe ein massives Mobbing usw.
  2. Die Unzufriedenheit kommt oft von angesehenen Brüdern, die im Dienst der Gemeinde stehen. (Bei Mose und Aaron waren es 250 Fürsten, Berufene der Zusammenkunft!) Das macht die Angelegenheit sehr brisant und zwingt jeden zum Handeln!
  3. Bevor sich die oben beschriebenen Symptome zeigen (denn dann ist das Geschwür schon sehr, sehr weit gereift) gibt es allerdings ein Zeichen, das zur Führerkennung einer allgemeinen Unzufriedenheit dienen kann: das Ausbleiben von Spenden. Moses erwähnt diese Tatsache folgendermaßen: „Nicht einen einzigen Esel habe ich von ihnen genommen und keinem einzigen unter ihnen ein Leid getan.“ (4Mo 16,15b). Nun, Moses hatte keine Zuwendung angenommen, nicht weil er die Probleme kommen sah, sondern weil diese Fürsten Mose und Aaron keineswegs materiell unterstützen wollten.

3. Zusammenfassung:

Zusammenfassend halten wir folgendes fest: Den Aufruhr gegen Mose und Aaron zettelten Männer an, die:

  1. Hohe Positionen im gesellschaftlichen und religiösen Leben der Israeliten bekleideten.
  2. Von ihrer eigenen Heiligkeit eine hohe Meinung hatten.
  3. Unzufrieden waren.
  4. Gottes Ordnung und Anordnung ignorierten und auch andere dazu ermutigten.
  5. Am materiellen Dienst keinen Anteil nahmen und somit ein Doppelleben führten.
  6. Keinerlei Reue zeigten.

Diese Zusammenfassung zwingt mich zu folgenden Anwendungen:

4. Anwendungen

Wenn der Herr mich zu einem Dienst in der Gemeinde berufen hat, bedeutet es, dass ich ab sofort zu einer besonderen Zielscheibe für den Versucher geworden bin und von mir eine potentielle Spaltungsgefahr ausgeht, wenn ich meine geistlichen Kräfte überschätze. Also, es liegt an mir, ob das Problem potentieller Art bleibt, oder zur Realität wird. Paulus warnte vor dieser Gefahr und drückte das im Gespräch mit den Ältesten aus Ephesus so aus:

„Und aus eurer eigenen Mitte werden Männer aufstehen, die verkehrte Dinge reden, die Jünger abzuziehen hinter sich her …“ (Apg 20,30)

Wer sich auf die Suche nach unzufriedenen Gleichgesinnten macht, wird vom Gefährdeten zum Förderer des Aufruhrs

  1. Sollte sich nach einer gewissen Zeit Unzufriedenheit über die Gemeindeleitung in meinem Herzen ausbreiten, dann ist die nächste Stufe der von mir ausgehenden Gefährdung erreicht.
  2. Sobald ich mich auf die Suche nach „Gleichgesinnten“ begebe, (das haben Korach und seine Anhänger sicher getan, denn woher hätten sie sonst plötzlich 250 Mann Verstärkung gehabt?) habe ich von den „Aufruhrgefährdeten“ zu den „Aufruhrförderern“ gewechselt. In dem Augenblick wurde eine unsichtbare Grenze überschritten und man sucht nur noch nach einem passenden Anlass, um dem ganzen Frust freien Lauf zu lassen.
  3. Wenn dazu auch noch die Spendenbereitschaft abnimmt, und ich lieber alle möglichen Werke und Personen unterstütze und nicht die Gemeinde, ist das nur die logische Fortsetzung der „gelungenen“ Versuchung.
  4. Nur ganz wenigen Mitarbeitern ist es gegeben eigene Sünde einzugestehen. Korach, Datan und ihre Anhänger waren dazu weder bereit noch fähig.

Diese Abwärtsspirale vom Mitarbeiter zum Zerstörer der Gemeinde erfasst uns nicht über Nacht, sondern allmählich, kaum wahrnehmbar. Um so schwieriger ist sie von außen feststellbar, um vorbeugend seelsorgerlich eingreifen zu können. Einen unguten Dienst in dieser Beziehung leisten Bücher und Aufsätze, die zu einer offenen Gemeindekonfrontation ermutigen und eine Gemeindespaltung verharmlosen. Im Prinzip ist das genauso abwegig und unbiblisch, als wenn man Ehepartner, die in einer Krise stecken, zur Scheidung aufrufen würde!

Deshalb ist es gerade für Verantwortliche in der Gemeinde so wichtig, periodisch eine nüchterne Standortbestimmung in Bezug auf die Loyalität zur „eigenen“ Gemeinde vorzunehmen! Wir dürfen uns nicht einbilden, dass wir aufgrund der Stellung nicht verführbar sind und Kraft Amtes immer alles richtig machen!

Ausweg?

Es bleibt eigentlich nur noch die bange Frage zu beantworten: „Was tun, wenn ich mich auf der dritten Abwärtsstufe – oder wo auch immer – entdeckt habe?“ Ist es dann nicht schon zu spät, weil die „Sünde schon empfangen hat“ und nur noch „geboren“ werden muss (vgl. Jak 1,15)?

Nein es ist nicht zu spät.
Jesus vermag auch aus dieser Abwärtsbewegung zu retten. Diese einfache Wahrheit braucht man einem Verantwortlichen in der Regel nicht zu erklären.

Aber nicht weniger wichtig sind die nächsten Schritte, die oft unterschätzt werden. Es genügt nämlich nicht die Sache „nur“ mit Gott ins Reine zu bringen. Auch wenn sonst kaum jemand davon Kenntnis hat, muss alles vor die Gemeinde, denn ihr wurde der Schaden zugefügt. Und außerdem entziehen wir dadurch dem Versucher manche Angriffsmöglichkeit!

Vielleicht wird es ratsam sein, freiwillig Verantwortung niederzulegen und sich auf den langen Weg zu begeben, das Vertrauen der Gemeinde neu zu gewinnen. Jedenfalls aber wird eine ständige Übung für innere Hygiene nach Phil 4,8 nötig sein:

„Übrigens, Brüder, alles was wahr, alles was ehrbar, alles was gerecht, alles was rein. alles was liebenswert, alles was wohllautend ist, wenn es irgendeine Tugend, und wenn es irgendein Lob gibt, das erwägt!“

Moses und Aaron waren bereit, ihr Amt zur Verfügung zu stellen und neu auf Gottes Bestätigung zu warten

Noch eine Folgerung sollten wir aus dem Verhalten von Moses und Aaron ziehen: Sie heisst schlicht und einfach: loslassen! Moses und Aaron waren bereit, ihr Amt zur Verfügung zu stellen und neu auf Gottes Bestätigung zu warten: „Morgen wird der Herr erkennen lassen, wer ihm gehört … und wen er erwählt, den wird er zu sich nahen lassen.“ (4Mo 16,5). Gleiches tat Jesus, als er Mensch wurde (Phil 2,6).

Also, wenn Verantwortliche in der Gemeinde in Krisenzeiten ihre Position zur Verfügung stellen, dann ist diese Vorgehensart kein Indiz persönlicher Schwäche, sondern eine in der Bibel begründete Handlung. Gott will nämlich selbst das Problem lösen und die Unbußfertigen zur Rechenschaft ziehen. Nur so kann man wieder für die Gemeinde zum Segen werden.