Niemanden kann die innere und äußere Not junger Leute gleichgültig lassen. Unzufriedenheit und Frust lassen Warnungen und Hemmschwellen ignorieren. Die Folge: eine Abstiegsspirale. Mal steiler, mal weniger steil. Fotos von menschlichen Wracks rütteln auf, aber meist nur für kurze Zeit.
Jeder Ansatz zur Hilfe, jede Lösung, wie man das Drogenproblem in den Griff bekommen kann, scheint unter diesen Umständen willkommen. Immer mal wieder wird der Expertenrat diskutiert, bestimmte Arten von Drogen frei zugänglich zu machen. Als in der Regel nicht betroffener Laie mag man zwar darüber verwundert den Kopf schütteln, ansonsten jedoch dem Urteilsvermögen der Experten vertrauen
Die Frage ist, ob man damit gut beraten ist? Oder aber auch, ob nicht mitunter nur eine bestimmte Gattung Experten zu Wort kommt? Es soll an dieser Stelle nicht die Arbeitsweise der Medien diskutiert werden, obwohl es dazu genügend anzumerken gäbe. Es soll auch nicht die Rolle des zumeist humanistischen Menschenbildes der Experten erörtert werden, obwohl gerade dabei weitreichende Zusammenhänge ersichtlich würden. Vielmehr sollen einige Fakten angeführt werden, die zumeist nicht beachtet werden, wenn man die großen Programme entwirft („Die Frage des Drogenkonsums sollte jeder für sich entscheiden und nicht die Gesellschaft.“, Professor Christian Pfeiffer, Hannover).
Sieben irrige Meinungen bereiten der Idee der Drogenfreigabe den Boden:
- Cannabis ist nicht gefährlicher als Alkohol und Nikotin. Abgesehen davon, daß der Langzeitkonsum von Cannabis sehr schädliche Folgen haben kann, erfolgt eine absurde Argumentation. Die nämlich, daß es keine unterschiedliche Behandlung von schädlichen Stoffen geben kann. Offensichtlich wird vom gleichen Recht der Menschen auf ein gleiches Recht für Suchtmittel geschlossen und gegen Ungleichbehandlung von Suchtmittel polemisiert. Reichen nicht schon die Probleme der „etablierten“ Suchtmittel aus? Mit millionenfachem persönlichen Konflikten Abhängiger und Betroffener in den Familien?
- „Weiche“ Drogen machen nicht abhängig. Nach Untersuchungen werden 5 Prozent der Haschischraucher psychisch abhängig. Ganz zu schweigen vom erhöhten Risiko, an psychischen Leiden zu erkranken, die ihrerseits einen unheilvollen Beitrag zur Sucht leisten. Wie hoch muß eigentlich ein Risiko beziffert werden, um als Gefahr zu gelten?
- Haschisch führt nicht zu harten Drogen. Richtig ist, daß nicht jeder Haschischraucher auf harte Drogen umsteigt. Jedoch haben nahezu alle mit weichen Drogen begonnen, die später Heroin nahmen. Je jünger mit Drogenkonsum begonnen wurde, desto größer ist das Risiko, in die Abhängigkeit harter Drogen zu gelangen. Gerade dem Druck der Clique gilt es wirksam zu begegnen. Und man begegnet ihr keineswegs damit, wenn man Haschisch zum normalen Konsumartikel werden läßt. Schon dieser Umstand müßte die Befürworter der Freigabe ernüchtern. Bei anderer Gelegenheit werden Gefahren über Gebühr aufgebauscht, warum werden sie hier heruntergespielt?
- Legalisierung verringert Kriminalität und Gewinne der Dealer. Der Stoff ist so billig und so leicht beschaffbar, daß Taschengeld zum Kauf ausreichend ist. Hingegen würde der ohnehin steigende Konsum weiter angekurbelt, so daß die Gewinne aus dem Haschischhandel ebenfalls steigen würden. Im übrigen würde man auch nicht erwarten, daß vom noch leichteren Zugang Jugendlicher zum Alkohol die Zahl der Alkoholabhängigen geringer würde. Vor der inneren Destabilität der Jugendlichen und den davon ausgehenden Gefahren verschließt man offenbar völlig die Augen.
- Jugendliche möchten Erfahrungen mit Drogen sammeln. Kann solch ein Wunsch zum Maßstab erhoben werden? Von verantwortlich Denkenden kann doch wohl nur vor solch gefahrvollen Experimenten gewarnt werden. Vor allem dann, wenn einerseits genügend tragische Beispiele die Risiken sichtbar machen und andererseits unter den Jugendlichen das Bewußtsein der Gefahr für die Gesundheit nicht mehr realistisch beurteilt wird. Eine Untersuchung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung von 1994 belegt im Gegensatz zu obiger Behauptung ganz andere Neigungen der Jugendlichen: über 80 Prozent (zwischen 12 und 25 Jahren) hatten noch keinen Umgang mit illegalen Drogen. Doch wohl nicht, weil sie nicht konnten (Haschisch ist nicht schwer erhältlich), sondern weil sie nicht wollten.
- Man kann Drogen erfolgreich entkriminalisieren. Spürbare Erfolge hätten sich durch die Liberalisierung des Umgangs mit weichen Drogen in Holland eingestellt. Man habe darin ein funktionierendes Beispiel für einen ganz anderen Ansatz. In mehr als 2000 Coffee-Shops sind Cannabisprodukte erhältlich. Dadurch sei die Sucht eingedämmt worden und eine Trennung von harten und weichen Drogen erfolgt. Dem steht entgegen, daß rund 40 Prozent aller in Holland Inhaftierten wegen Drogen arretiert sind. Wäre das Projekt so ein durchgreifender Erfolg, bliebe es völlig unverständlich, daß seit 1995 einschränkende Bestimmungen erlassen wurden (z.B. wurde die Abgabemenge begrenzt). In der Schweiz konnte sich infolge Duldung durch die zuständigen Behörden eine liberale Drogenszene entwickeln. Weit über die Schweizer Grenzen hinaus lockte diese „Oase“ Abhängige und Drogenhändler an. Damit ist es inzwischen zu Ende. Auch hier überzeugte der Test nicht.
- Haschischraucher schaden nur sich selbst. Die Vorstellung von der individuellen Freiheit und Selbstbestimmung rangiert an oberster Stelle. Sie tritt gleichsam an die Stelle von Gut und Böse.
Was ist jedoch mit der Umgebung, mit den Menschen im Umfeld? Von Autofahrern unter Drogeneinfluß geht durchaus Gefahr auch für andere aus. So selten tritt dies, wie Untersuchungen inzwischen belegen, als Unfallursache oder Gefahrenpotential gar nicht auf. Jedenfalls häufiger als allgemein angenommen.
Zum anderen schädigen schwangere Mütter durch die Giftstoffe im Blutkreislauf auch das ungeborene Kind. In der Folge treten gehäuft Frühgeburten auf oder die Kinder weisen ein Untergewicht bei der Geburt auf.
Doch auch die Männer tragen Schäden davon, die unter anderem zu ungenügender Spermienreife führen. Man kann also schon davon sprechen, daß der Gebrauch selbst von weichen Drogen über das individuelle Risiko hinaus auch andere betrifft.
Gerade seitens der Eltern von Drogengeschädigten wird ein Vorwurf erhoben: verstößt ein Staat nicht gegen seine Verpflichtung, Gesundheit und Wohlergehen seiner Bürger zu schützen, wenn er weiche Drogen freigibt? Dieser moralische Vorwurf wiegt schwer. Dadurch, daß er notwendige Grenzziehungen unterläßt, verwischt der Staat den Unterschied zwischen richtig und falsch. Er trägt zur Verharmlosung bei und treibt unter Umständen Jugendliche den Drogenbossen in die Arme.
Was veranlaßt Experten, dieses Risiko in Kauf zu nehmen, was bewegt staatliche Einrichtungen, sich mit diesem Gedanken anzufreunden? Die Antwort darauf schließt einerseits den Hinweis auf die Vernachlässigung der von Gott verordneten Aufgaben des Staates ein. Andererseits dürften die Irrtümer auf ein unzutreffende Menschenbild, verordnet von philosophisch-ideologischen Voreingenommenheiten, zurückzuführen sein. Diese Einsicht ändert noch nichts an den Gegebenheiten, entzaubert aber den Expertenrat und fördert Vertrauen in die Regelungen Gottes, die wirklich dem Wohl und Nutzen des Menschen dienen. Bedenkenswert gerade dann, wenn wir die Lust auf verbessernde Korrekturen verspüren.