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Die Stille Stunde durch Lebenszeugnisse bereichern

Weitere „Hilfen für die Stille Zeit“: Peter Stückeln hat in Heft l/2008 unserer Zeitschrift einige wertvolle Hilfen zur Gestaltung der persönlichen Stillen Zeit gegeben . Er berichtete über seine ganz persönlichen Erfahrungen insbesondere mit Andachtsbüchern und Kalendern. Ich kann seine Einschätzungen weitgehend bestätigen.

Ein wichtiges Problem meiner Stillen Stunde

In meiner Stillen Stunde hatte ich vor einiger Zeit immer wieder den Eindruck, daß ich durch meine Bibellektüre, auch ergänzt durch die von Stücklen und andere genannten Hilfen, zwar an geistlicher Erkenntnis zunahm, aber daß doch etwas Wichtiges fehlte, nämlich die Beantwortung der Frage: Wie kann ich dieses tägliche „Studium des Wortes Gottes“ und die dabei gewonnenen allgemeinen erlesenen Erkenntnisse in christliche Lebenspraxis umsetzen?

Lernen von der „Wolke von Zeugen“

Wie haben das andere Christen vor und neben mir getan? Wie wurde bei diesem und jenem Glaubenden aus dem aufgenommenen, innerlich bejahten, geglaubten Wort eine Praxis, die auch im Alltag standhält? Ich wollte von der in Hebräer 12,1 genannten „Wolke von Zeugen“ lernen. Paul Deitenbeck hat einmal in einer Andacht zu diesem Vers gesagt, es gehe dabei um den Chor der Christuszeugen aller Zeiten und Zonen. Und er wies darauf hin, dass deshalb Zinzendorf so oft von der „Gemeinschaft mit der oberen Schar“ gesprochen habe.

Wertvolle Antworten fand ich in manchen Lebensbeschreibungen über oder von Christen. Ich ergänzte also seit längerem meine Stille Stunde und las anschließend an ihren „Bibel-Teil“ oder parallel dazu mehrere Seiten in aussagekräftigen Biografien über christliche Existenz.

Autobiografien

Als Beispiele von geeigneten Gesamtdarstellungen in Autobiografien nenne ich:

  • Ernst Modersohn „Er führet mich auf rechter Straße“;
  • Kurt Heimbucher, „gez. Heimbucher – Notizen aus meinem Leben“;
  • Rolf Scheffbuch „Das habe ich mit Gott erlebt“
  • Dieter Ising: „Johann Christoph Blumhardt – Leben und Werk“ (2002 erschienen, liest sich gut, ist wissenschaftlich einwandfrei und geistlich fördernd).1

Lebensbeschreibungen von oder über Friedrich von Bodelschwingh, Paul Deitenbeck, Fritz Grünzweig, Theo Sorg und andere können hinzukommen. Das sind nur Beispiele von Einzeldarstellungen, die durch weitere Buchtitel ergänzt werden könnten.

Sammeldarstellungen

Ebenso geeignet für die „Verlebendigung und Aktualisierung des Wortes Gottes durch Lebenszeugnisse“ in meiner Stillen Stunde empfand ich später Sammel-Bücher, in denen nicht ein ganzes Leben beschrieben wurde. Sondern Kern-Erlebnisse, wichtige Entscheidungszeiten oder besonders anschaulich gemachte geistliche Einzel-Erfahrungen von vielen namentlich genannten Christen aus der Vergangenheit oder der Gegenwart.

Als ein Beispiel für diese Art von Büchern nenne ich für die weiter zurückliegende Vergangenheit das Buch von Ernst Modersohn: „Menschen, durch die ich gesegnet wurde“. In ihm sind auf 235 Seiten Berichte über jene Segnungen enthalten, die der Autor von 50 namentlich genannten Männern und Frauen erfahren hat. Darunter Heinrich Klein, Jakob Vetter, August Michel (genannt „Ohm Michel“, ein ehemaliger Zuchthäusler), Elias Schrenk, Fritz Binde, Eberhard von Rothkirch, Carl Polnick, Eva von Thiele-Winkler, Dora Rappard und Hedwig von Redern. Und viele andere, die man heute nicht mehr so genau kennt.

Aus der Gegenwart nenne ich – auch als Beispiele für andere – das von Hans Steinacker im Brendow-Verlag herausgegebene nur 166 Seiten umfassende Büchlein „Wenn Gott im Leben Weichen stellt – 26 Bekehrungen“.

In Kurzvorstellungen werden darin vor allem die Lebenswenden von Christen aus unserer Zeit, die heute noch leben, erzählt, z. B. von Peter Strauch, Ulrich Parzany, Manfred Siebald, Jörg Swoboda, Wilfried Reuter, Irmela Hoffmann, Theo Lehmann und vielen anderen.

Ähnlich arrangiert sind auch zwei von Kurt Heimbucher und Traugott Thoma herausgegebenen Bücher:

  1. „Diener Jesu Christi – Bekannte Persönlichkeiten berichten aus ihrem Leben“ (1984). Darin finden wir Zeugnisse und Berichte aus dem geistlichen Leben u.a. von Dr. Gerhard Bergmann, Paul Deitenbeck, Konrad Eißler, Prof. Dr Walter Künneth, Prof. Dr. Hans Rohrbach und vielen anderen.
  2. „Göttliche Führung – Bekannte Persönlichkeiten erzählen aus ihrem Leben“ (1985). In ihm finden wir unter anderem zeugnishafte Kurzberichte aus dem Leben von Emmi Busch (der Frau des Pastors Wilhelm Busch), dem sehr aktiven in Deutschland lebenden Judenchristen David Jaffin und von Erich Schnepel.

Sammelbände haben wegen ihrer Kürze den Vorteil, den biblischen Teil der „Stillen Stunde“ nicht zu überwuchern

Beide Sammelbände haben den Vorteil, dass sie wegen ihrer Kürze den biblischen Teil meiner Stillen Stunde zeitlich nicht „überwucherten“.

Zusammen mit Fritz Grünzweig gab Traugott Thoma das Buch „Gottes ewige Treue – Bekannte Persönlichkeiten berichten aus ihrem Leben“ (1989) heraus.

Dort finden wir u.a. Berichte von Anton Schulte, Walter Tlach, Dora Rappard, Ruprecht Bayer und Gottfried Meskemper. Alle drei zuletzt genannten Bücher-Bände sind im Verlag der Liebenzeller Mission Bad Liebenzell erschienen. (Aktuelle Verlagsangaben der anderen Bücher geben Buchhandlungen oder das Internet.)

Als ebenfalls (in anderer Weise) hilfreich für die „Stille-Stunde-Bereicherung“ habe ich in der letzten Zeit drei relativ neue Bücher empfunden, die Beate und Winrich Scheffbuch verfasst haben und die alle bei Hänssler erschienen sind und meines Wissens auch lieferbar geblieben sind.:

„Den Kummer von der Seele singen – So entstanden bekannte Lieder“ (2 Bände, in denen über 100 Dichter christlicher Lieder – insbesondere aus dem Evangelischen Kirchengesangbuch – von Jochen Klepper bis Paul Gerhardt – zu Wort kommen) .

In einem weiteren ähnlich gestalteten Buch („Mit Freuden ernten – Erfahrungen in Lebenskrisen“) werden von den gleichen Autoren geistliche Lebenserfahrungen anderer Glaubensväter und -mütter vorgestellt, z. B. die von Christa von Viebahn, Curt von Knobelsdorff, Ludwig Hofacker, dem Naturwissenschaftler Dr. Paul Müller (auch bekannt durch sein Buch „Unter Leiden prägt der Meister …“) und vielen anderen.

Die drei zuletzt genannten Bände sind 1999 und 2000 erschienen und deshalb wahrscheinlich lieferbar.

Ich empfand diese Ergänzungslektüre über Erfahrungen bibeltreuer Menschen als zunehmend wichtigen Teil meiner Stillen Stunde. Ich empfehle diese Eränzungs-Lektüre und glaube, dass jede gute christliche Buchhandlung weitere Einzel- Lebensbeschreibungen und Sammelbände, die den eben beschriebenen ähnlich sind, empfehlen kann. Sie kennt auch die Verlage, die nicht bei allen Auflagen dieselben geblieben sind.

Und wenn dieses und jenes Buch vergriffen sein sollte, kann man es möglicherweise in einem der vielen Internet- Antiquariate finden, die es immer noch liefern können. Ältere PC-Nutzer ohne große Erfahrung sollten sich von Internet-erfahrenen jungen Leuten helfen lassen, wenn sie selber dabei Schwierigkeiten haben.

Solche Bücher altern übrigens im Inhalt kaum, sodass man gern auch in Nachlässen heimgegangener Christen gelegentlich gelesene, aber noch geistlich tau- frische Bücher finden kann.

Aus meiner heutigen Stillen Stunde

Bei meiner heutigen Stillen Stunde habe ich einen weiteren Abschnitt in Heinrich Kemners geradezu aufregendem geistlichen Erfahrungsbuch „Da kann ich nur staunen – Lebenslauf“ (Verlag R. Brockhaus, 2. Auflage 1984) gelesen und zwar über die Zeit, in der er mit seiner Frau bei der Heimfahrt von einer Evangelisation in Eschwege nach Krelingen, seinem Daheim, in einem furchtbaren Autounfall durch einen Laster schwer verletzt wurde (Zitat: „Unter den Trümmern des Wagens lagen wir lange Zeit, ohne dass sich jemand unser annahm.“) Wie der Autor die menschlichen und insbesondere die geistlichen Hintergründe in diesem Kapitel „Totalschaden“ schildert, auch was der mehrwöchige Krankenhaus-Aufenthalt für sein Glaubensleben erbrachte – und das, ohne sich selber zu schonen –, ist für mich nicht nur ergreifend, sondern persönlich für mich wegweisend!

Ich lese dieses umfangreiche Buch schon zum zweiten Mal, nachdem mich bereits die Erstlesung vor etwas über 10 Jahren sehr bewegt und bereichert hat.

Als Richtwert (Durchschnitt) für mich hat sich ergeben, daß ich etwa ca. 20% der Stillen Zeit dieser Lektüre des „gelebten Christseins“ widme.

Es lohnt sich!


  1. Man vergleiche dazu allerdings den Aufsatz „Blumhard und die Okkultseelsorge“ von Els Nannen in Heft 2/08 S. 65ff und 3/08 S. 53ff. d. Red.