ThemenBibelverständnis

Was ist Bibeltreue?

Gott selbst ist seinem Wort treu. Sollten es Menschen nicht sein? Wer Furcht hat, Menschen zu verlieren, weil er Gottes Wort treu ist, hat etwas missverstanden.

Im Siebenjährigen Krieg des 18. Jahrhunderts war die englische Flotte unterwegs, um französisch Kanada dem Feind zu entreißen. Eines der Schiffe erreichte den St.-Lorenz-Strom vor den anderen. Sein Kapitän war ein eifriger Protestant. Als das Schiff vor der hochgelegenen Stadt Quebec lag, bemerkte er die vielen Statuen der katholischen Heiligen. Das irritierte ihn dermaßen, dass er Befehl gab, sie einzeln abzuschießen. Als dann aber der Angriff beginnen sollte, stellte man mit Verlegenheit fest, dass auf dem Schiff die Munition ausgegangen war. Man hatte sie alle gegen die „Heiligen“ verbraucht.

Nun ist es nicht unsere Absicht im Bibelbund, mit dem gegebenen Thema einen ähnlichen Fehler zu begehen und unsere Munition gegen unsere Brüder, die Mitheiligen, zu verbrauchen. Dennoch stehen wir in einem Kampf, den wir uns nicht ausgewählt haben. Es scheint allerdings, dass einige aus unseren christlichen Reihen etwas erstaunt sind, dass gerade um das Wort „bibeltreu“ ein Kampf ausgebrochen sein sollte. Mehr noch: Sie können nicht verstehen, dass einige Bibelliebende zu schießen anfangen, wenn man dem Wort Gottes Unehre antut. Auch ich gehöre zu den Letzteren.

Doch wollen wir genau werden: Nicht heilige Brüder wollen wir abschießen. Wir sind aber bereit, das Unheilige im Umgang mit der Bibel aufzudecken, auch bei Brüdern, die zu den Heiligen gehören – damit ihnen geholfen werde, heiliger zu werden. Dabei wollen wir uns das Gebet Spurgeons zu eigen machen: „Herr, hilf uns, in heiliger Weise mit dem Unheiligen umzugehen.“

„Bibeltreue“ darf also keine Waffe gegen Brüder werden. Das geben wir gerne zu. Doch werden die, die wirklich bibeltreu sind, zur Waffe des Bibelwortes greifen, wo es gilt, seinen Mann für den Gott des Wortes zu stellen.

Doch zurück zur Frage: Was heißt denn ‚bibeltreu‘?

Es fällt uns Menschen manchmal leichter, eine Sache zu erfassen, wenn wir sie in Verbindung mit Personen bringen. So ist es mir bei diesem Thema ergangen. Ich habe es also ein wenig umformuliert. Und zwar stelle ich die Frage: Wer ist bibeltreu? So kann es unter Umständen etwas deutlicher werden, was denn eigentlich Bibeltreue ist.

Lasst uns dann zu einigen Antworten auf diese Frage kommen.

Wer ist der Bibel treu?

I. Gott selbst ist es, er, der sie uns gab

Röm 15,8: „Ich sage aber: Jesus Christus ist ein Diener geworden der Beschneidung für die Wahrheit Gottes, um die Verheißungen der Väter zu bestätigen.“1

2Kor 1,18-21: „Aber Gott ist treu, so dass unser Wort an euch nicht Ja und Nein wurde, denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch uns verkündet wurde – durch mich und Silvanus und Timotheus -, wurde nicht Ja und Nein, sondern es ist Ja in ihm geworden, denn so viele der Verheißungen Gottes sind, in ihm ist das Ja und in ihm das Amen, Gott zur Verherrlichung durch uns. Aber der, der uns mit euch in Christus hinein festigt und uns salbte, ist Gott“

1Kor 1,8.9: „Jesus Christus, der euch auch festigen wird bis ans Ende als solche, die dann unanklagbar sind am Tage unseres Herrn: Jesus Christus. Treu ist Gott, von dem ihr gerufen wurdet in die Gemeinschaft seines Sohnes, Jesus Christus, unseres Herrn.“

II. Die Schrift ist bibeltreu

Ist also Gott seinem Wort treu, so ist auch die Bibel, sein Wort, treu, und es gilt, beiden – Gott und seinem Wort – dasselbe Vertrauen entgegenzubringen.

Gott und sein Wort können nicht getrennt werden. Sie werden nämlich in eins gesetzt:

Spr 30,5.6: „Jeder Ausspruch Gottes ist geläutert. Er (der Gott, der die Aussprüche gemacht) ist ein Schild denen, die auf ihn trauen (indem sie seinen Aussprüchen vertrauen). Zu seinen Worten (den genannten Aussprüchen) füge nicht hinzu, dass er dich nicht zur Rechenschaft ziehe und du (mit dem, das du hinzufügtest) als Lügner erfunden werdest (denn er lügt nicht, wenn er Aussprüche macht, weshalb er vollkommen vertrauenswürdig ist).“

Ist also Gott seinem Wort treu, so ist die Bibel, sein Wort, treu, und es gilt, beiden, Gott und seinem Wort, dasselbe Vertrauen entgegenzubringen:

„Damit auf Jahwe sei dein Vertrauen, habe ich dir heute (die obigen Lehrinhalte) kundgetan, dir selbst.“ (Spr 22,19)

Dass die Schrift unseres Vertrauens würdig ist, wird in folgenden Stellen bezeugt:

1Tim 1,15: „Treu (zuverlässig) ist das Wort und aller Annahme wert, dass Christus Jesus in die Welt kam, Sünder zu retten.“

Den Ausdruck von der Treue des Wortes gebraucht Paulus mindestens sechs Mal in seinen Briefen an seine Mitarbeiter Timotheus und Titus, hier in Verbindung mit dem Evangelium.

1Tim 3,1 in Verbindung mit der Betreuung der Gemeinde:

„Treu ist das Wort: Wenn jemand sich nach einer Aufseherschaft ausstreckt, verlangt ihn nach einer edlen Wirksamkeit.“

1Tim 4,8-10 in Verbindung mit der Verheißung des Lebens:

„… die rechte Ehrfurcht ist zu allem nützlich, da sie die Verheißung des Lebens hat, des jetzigen und des künftigen. Treu ist das Wort und aller Annahme wert, denn dafür arbeiten wir auch und werden geschmäht, weil wir die Hoffnung auf den lebenden Gott setzen“.

2Tim 2,9-13 in Verbindung mit dem Wort des Heils:

„Das Wort Gottes ist jedoch nicht gefesselt. Deswegen erdulde ich mit Ausdauer alles der Erwählten wegen, damit auch sie das Heil erlangen, das in Christus Jesus ist, mit ewiger Herrlichkeit. Treu ist das Wort, denn: Wenn wir mitstarben, werden wir auch mitleben. Erdulden wir mit Ausdauer, werden wir als Könige mitherrschen. Verleugnen wir, wird er uns auch verleugnen. Sind wir untreu, bleibt er treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen.“

Tit 1,9 in Verbindung mit dem Schriftwort als solchem:

„… einer, der sich an das treue Wort der Lehre hält“.

Tit 3,7.8 in Verbindung mit dem Hoffnung bringenden Evangelium:

„… damit wir, durch die Gnade desselben gerechtfertigt, Erben würden gemäß der Hoffnung des ewigen Lebens. Treu ist das Wort“.

Eine verwandte Stelle haben wir in 2Tim 2,16-19:

„Dem profanen und leeren Gerede gehe aus dem Wege, denn die, die so reden, werden zu mehr Ehrfurchtslosigkeit fortschreiten, und ihr Wort wird eine Weide haben wie eine krebsartige Krankheit. Von ihnen ist Hymenäus, auch Philetus, welche von der Wahrheit abirrten und sagen, die Auferstehung sei schon geschehen, und sie bringen den Glauben etlicher zum Umsturz. Dennoch gilt: Der feste Grund Gottes steht und hat dieses Siegel: Der Herr kannte die, die sein sind, und: Jeder, der den Namen Christi nennt, nehme Abstand von Ungerechtigkeit.“

III. Wer zur Autorität Gottes in seinem Wort steht, ist bibeltreu.

Apg 5,29: „Petrus und die Apostel antworteten: Es gehört sich, sich Gott als Autorität zu fügen, sagten sie, mehr als den Menschen.“

Die Herrschaft Gottes in seiner Gemeinde kommt unter anderem in der konkreten Form seiner schriftlichen Offenbarung zum Ausdruck. Gott ist Herr durch die Schrift. Wenn er durch die Schrift in seiner Gemeinde herrscht, heißt das dreierlei:

A. Die Schrift ist ganzheitliche Autorität Gottes.

Die ganze Schrift ist Autorität: Mt 4,4:

„Der Mensch lebt … von jedem Wort, das aus dem Munde Gottes hervorgeht.“

Wir können auf kein Wort in der Bibel verzichten. Wir brauchen also den ganzen Text.

2Tim 3,16: „Alle Schrift ist gottgehaucht und nützlich …“

B. Die Schrift ist allzeitliche Autorität Gottes.

Ich nehme niemals Urlaub von der Autorität der Schrift.

Es gibt keinen Moment, in dem die Schrift nicht meine Autorität wäre. Ich nehme niemals Urlaub davon. Das war vor mir so, und es wird nach mir so sein. Die Schrift ist in der ganzen Geschichte allzeitliche Autorität, nicht nur, als sie ursprünglich geschrieben oder gesprochen wurde.

Einige Beispiele:

Jesus sagte:

„Was aber die Auferstehung der Toten betrifft: Habt ihr nicht gelesen, was zu euch geredet worden ist?“

Wer hatte es „zu euch“ geredet? Mose. Jesus sagt gleichsam: „Was Mose geredet hat, ist von Gott und ist Gottes Wort an euch – jetzt: Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs“: Mt 22,31.32. Was Gott damals in der Wüste zu Mose sagte, das sagt Gott zu den Israeliten zur Zeit Jesu. Die ganze Zeit ist das Wort Gottes Autorität gewesen.

Ein weiteres Beispiel: Petrus sagt am Pfingsttage: „Euch gilt diese Verheißung“ – die Verheißung des Geistes – „und euren Kindern und allen, die fern sind, wie viele der Herr, unser Gott, zu sich rufen wird“ (Apg 2,39).

Die Verheißung war vor Jahren gegeben worden, aber Petrus kann sagen: „Sie gilt euch!“ Und sie wird nicht nur ihnen gelten, sondern auch ihren Kindern. Gottes Wort behält seine Gültigkeit.

Paulus schreibt in 1Kor 7,10:

„Den Verheirateten trage ich auf, nicht ich, sondern der Herr …“.

Was Jesus gelehrt hatte, als er hier auf der Erde war, hat immer noch Gültigkeit.

Zu schnell sagt man hier, Paulus würde zugeben, was er hier schreibe, sei nicht unmittelbar Gottes Wort. Das sagt er nicht, sondern er unterscheidet nur zweimaliges Wort Gottes: das Wort Gottes, das der Herr Jesus gegeben hatte, als er auf der Erde wohnte (Mt 5,32.33 und 19,1ff.), und das Wort Gottes durch den Apostel und Propheten Paulus. Dieser macht klar: Was Jesus gelehrt hatte, als er hier auf der Erde war, hat immer noch Gültigkeit. Das Wort hat allzeitliche Autorität.

In 2Kor 6,17 zitiert Paulus aus dem Alten Testament: „Darum kommt aus ihrer Mitte heraus und sondert euch ab“, und fügt in der Gegenwartsform hinzu: „sagt der Herr“. Dann zitiert er weiter: „Und rührt nicht Unreines an …“ usw. Zum Schluss sagt er wieder:

„… sagt der Herr, der Machthaber über alles. Da wir also diese Verheißungen haben, Geliebte, so sollten wir uns reinigen.“

Auch hier merken wir die allzeitliche Autorität des allzeitlichen Wortes Gottes. Was Gott damals sprach, ist auch jetzt, zur Zeit des Paulus, gültig.

Deshalb kann er an anderer Stelle sagen: „Lasst das Wort reichlich unter euch wohnen, das Wort des Messias“, das alttestamentliche und neutestamentliche Wort Gottes: Kol 3,16.

C. Die Schrift ist einzige Autorität Gottes.

Die Schrift ist letztlich unsere einzige Autorität. In der Reformation hieß es bekanntlich: sola scriptura, allein die Schrift. Diese ist höchster Maßstab und Autorität für Gottes Volk.

Jesaja schreibt – und zitiert Gott:

„Zum Gesetz und zum Zeugnis! Wenn sie nicht nach diesem Wort reden …“ (8,20).

Wenn man nicht nach diesem Wort redet, das im Gesetz und in den Propheten geschrieben steht, ist es „weil keine Morgendämmerung in ihnen ist“, kein Licht ihnen dämmert. Es muss Licht in uns sein. Dann können wir nach dem Wort Gottes handeln. Wenn wir uns nicht nach dem Wort Gottes ausrichten, ist kein Licht in uns. Nur im Wort Gottes ist Licht, nur dort.

Übrigens zeigt uns diese Stelle, dass wir nicht nur zu sprechen haben, wo die Schrift spricht, sondern auch zu schweigen, wo sie nicht spricht. Wir sprechen der Schrift nach und bleiben im Sprechen bei dem, was sie sagt.

Paulus schreibt:

„Diese Dinge, Brüder, habe ich euretwegen auf mich selbst und auf Apollos übertragen, damit ihr an uns lernen möchtet, nicht über das Geschriebene hinaus zu sinnen“ (1Kor 4,6).

Lernen wir das! Beten wir, dass das unsere Gesinnung wird, nicht über das Geschriebene hinaus zu sinnen, zu denken. Unser Denken, unser Sinnen muss an das Wort Gottes gebunden sein.

Und Petrus sagt: „Wenn jemand“ in der Gemeinde „spricht“, sollen es „Worte Gottes“ sein: 1Pt 4,10.11.

Wenn aber Gott mit seinem Wort die Autorität der Gemeinde ist, dann darf keine menschliche Gruppe in ihr, einschließlich die Jugend, den Kurs bestimmen, wie wenn sie die Bibel wäre.

Die Jugend verlieren Sie nicht, wenn Sie der Bibel treu bleiben, denn sie gehört Gott, nicht uns.

Meint jemand, erinnern zu müssen: „Aber wir wollen doch nicht unsere Jugend verlieren!“?

Die Jugend verlieren Sie nicht, denn sie gehört Gott, nicht uns. Ist uns das voll bewusst, so werden wir ihnen mitteilen, was Gottes ist. Hört sie das aus dem Munde offensichtlich Gott ganz Hingegebener, so ist ihr Herz eher gewonnen, denn Jugend hat oft ein sensibleres Gewissen als wir Ältere.

Übrigens sind wir nicht gerufen, Menschen zu „gewinnen“ oder zu „erreichen“, sondern Gott zu gefallen.

IV. Wer bibeltreu ist, vertritt die Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift.

Spr 30,5f.: „Jeder Ausspruch Gottes ist geläutert. Er ist ein Schild denen, die auf ihn trauen. Zu seinen Worten füge nicht hinzu, dass er dich nicht zur Rechenschaft ziehe und du als Lügner erfunden werdest.“

Jes 45,19: „Nicht im Geheimen habe ich geredet (so, dass es nicht nachweisbar wäre), an einem finsteren Ort der Erde. Ich habe nicht zum Samen Jakobs gesagt: Sucht mich umsonst! Ich, Jahwe, rede Gerechtes, lasse wissen was richtig ist.“

2Tim 3,16: „Alle Schrift ist gottgehaucht und nütze zum Lehren, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit“.

2Pt 1,20.21: „nehmt … zuerst dieses zur Kenntnis, … vom Heiligen Geist getragen, sprachen die heiligen Menschen Gottes.“

Mt 5,17: „ich bin gekommen … zu erfüllen; denn wahrlich, ich sage euch: Bis der Himmel und die Erde vergehen, wird auch nicht ein Jota vergehen“ (der Gott, der Haare und Vögel zählt, zählt auch Wörter und Buchstaben in seinem Wort) „oder ein Strichlein von dem Gesetz, bis alles geschehen ist.“

„Gesetz“ steht hier im Sinne von „Torah“, das nebst dem imperativen auch indikatives Wort Gottes (z. B. Aussagen über Verfasser, Natur, Geschichte, Kommendes) einschließt. Gesetz sagt also nicht nur: „So hat es zu sein“, sondern auch: „So ist es.“

Immer wieder hört man von früheren Bibeltreuen, die nicht mehr zur vollkommenen Fehlerlosigkeit der ganzen Bibel stehen. Problematisch ist, dass sie manchmal diese Abdrift nur zu erfolgreich verschleiern. Hieraus folgt:

V. Wer bibeltreu ist, nimmt die Schrift so an, wie sie ist.

Was heißt hier: „So, wie sie ist“?

Neuerdings soll das heißen: „als vollkommenes Gotteswort und als fehlerhaftes Menschenwort“. Doch: „wenn dein Wort nicht mehr soll gelten, worauf soll der Glaube ruh’n?“

Dass die Schrift Menschenwort ist, liegt auf der Hand. Die Schrift sagt selbst, Gott hätte durch Menschen gesprochen. Doch wenn das „fehlerhaft“ bedeuten soll, müsste das erst erwiesen werden, was bis heute noch nicht geschah.

Aus dem Lager der drei Ausbildungsstätten, die sich im Ausland um Hochschulanerkennung bemühten und deswegen von fundamentalistischer Seite unter Beschuss gerieten, ist die eifrige Behauptung gekommen, unübertroffen „bibeltreu“ zu sein – wörtlich:

„Wir sind bibeltreu. Wir wollen und werden uns darin von niemandem übertreffen lassen – und wir sind es heute eher noch mehr als früher.“

Waren sich die Verfasser dieser Stellungnahme nicht bewusst, dass sie hiermit viele in ihren pietistischen Kreisen irreführten? – denn was sie sich bei „Bibeltreue“ dachten, war nicht deckungsgleich mit dem, das manche ihrer Leser sich darunter vorstellten. „Bibeltreue“ ist im Glaubensvolk nämlich mit Irrtumslosigkeit verknüpft. Warum konnte nicht eine offene Sprache geführt werden? Warum blieb es die Aufgabe von Außenseitern darauf hinzuweisen, dass in anderen Schriften aus diesem Lager Gegenteiliges zu lesen sei?

Allerdings hätte schon der Satz in der Stellungnahme: „Unsere Haltung zur Heiligen Schrift“, manche aufhorchen lassen können:

„Die Niedrigkeitsgestalt (der Hl. Schrift) schließt völlige, zureichende Klarheit in allen zentralen Fragen nicht aus, sondern – das ist das Wunder – ein!“

War es denn nicht selbstverständlich, dass Gott sündlos bliebe, auch wenn er die Niedrigkeitsgestalt eines Menschen annähme?

Soll die Schrift lediglich in zentralen Fragen zureichend klar sein? Und wäre es nicht um ein Wunder, so hätte die Niedrigkeitsgestalt diese Klarheit in der Tat ausgeschlossen? War es denn nicht selbstverständlich, dass Gott sündlos bleibe, auch wenn er die Niedrigkeitsgestalt eines Menschen annähme? Und was dort möglich war, sollte bei der Schriftwerdung des Wortes Gottes nicht möglich gewesen sein?

Zusammen mit einer Unmenge von anderen nehmen wir, seit es Gottes Wort gibt, im vollen Vertrauen auf ihn die Schrift als was sie wirklich ist: ohne jeglichen Fehler oder Irrtum.

Das verpflichtet uns zum Beispiel, uns um den besten Grundtext zu bemühen, einen, der sich nicht widerspricht, was vom Grundtext der meisten neueren Übersetzungen nicht gesagt werden kann.

Damit ist auch der Übersetzer verpflichtet, das Wort nicht zu verändern. Wenn er den Wortlaut des Textes nicht gebührend ernst nimmt, wie soll der Leser es anschließend tun? Die zwei Ziele des Übersetzers, Texttreue sowie gute Empfängersprache, werden im rechten Verhältnis zu halten sein, wobei Eleganz der Sprache und Leserlichkeit nie auf Kosten der Treue zum Grundtext gehen sollten. Es darf auch nicht vergessen werden: Jede Übersetzung kann verbessert werden. Daher ist ständige Wachsamkeit gefragt.

Auch der Ausleger hat den Text stehen zu lassen, wie er ist, und nichts anderes zu sagen bzw. zu schreiben.

Wer bibeltreu ist kennt auch nur einen hermeneutischen Schlüssel, die Schrift selbst, nicht einen „kirchlichen“, noch einen „reformatorischen“, noch einen „lutherischen“, noch einen „bundestheologischen“, noch einen „baptistischen“, noch einen „täuferischen / anabaptistischen“, noch einen „dispensationalistischen“, noch einen „historisch-kritischen“.

Immer wieder erlebt man es auch bei Auslegern, dass sie den verkehrten Redner im Text angeben. So kann man in Langes Bibelwerk zu Jes 50,1 lesen:

„Mit Beziehung auf 49,14 fragt der Prophet, wo denn der Scheidebrief Zions sei.“

Dabei steht aber im Text: „So spricht Jahre: …“ Und wenn in der Offenbarung steht, dass Jesus etwas gesagt hat, darf man nicht behaupten, es wäre Johannes gewesen. Er zitiert in dem Fall nur.

Der Schrift verpflichtet zu sein, heißt auch, dass biblische Wahrheiten jeweils biblische Betonungen erfahren und nicht ein Thema auf Kosten des anderen betont wird.

Der Schrift verpflichtet zu sein, heißt auch, dass biblische Wahrheiten jeweils biblische Betonungen erfahren und nicht ein Thema auf Kosten des anderen betont wird.

Auch bringt Treue zur Bibel es mit sich, dass man genau liest. Zum Beispiel steht nicht geschrieben, dass niemand Jesus Herr nennen kann, außer im Heiligen Geist. Jesus sagt das Gegenteilige: Was nennt ihr mich: Herr, und tut nicht, was ich euch sage?

Es erübrigt sich fast hinzuzufügen: Ein Bibeltreuer steht zu den Hauptlehren der Schrift.

VI. Treue zur Schrift schließt ein, dass man die Bibel wirklich ernst nimmt.

Der St.-Galler Reformator Vadian sagte einmal:

„Der Mund Gotts, die heilig Gschrift, lasset sich nit biegen und krümmen; die Menschen müss sich verändern der Gschrift nach!“

A. Treue zur Heiligen Schrift verlangt, dass wir uns von ganzem Herzen ihr hingeben.

Mit dem Psalmisten sollten wir sagen:

„Den Weg der Treue habe ich gewählt, deine Rechte vor mich hingestellt. Ich hange an deinen Zeugnissen, Jahwe. Lass mich nicht zuschanden werden.“ (Ps 119,30.31)

Durch Jesaja sagt Gott, dass er auf den schaut, der sich „fürchtet vor meinem Wort“ (66,2E).

Kol 3,16.17: „Das Wort Christi wohne reichlich in und unter euch: … Und alles, was immer ihr tut, in Wort oder in Werk, tut alles im Namen des Herrn Jesus.“

Christen dürfen nicht ohne Auftrag von Gott handeln. In allem ihrem Tun sind sie an Gottes Wort gebunden.

2Pt 1,19: „Und wir haben fester das prophetische Wort, auf das ihr wohl tut zu achten wie auf eine Lampe, die an einem trüben Ort scheint, bis der Tag anbricht“.

Bis Jesus kommt haben wir uns nach Gottes Offenbarung so auszurichten, wie man an einem trüben Ort Acht gibt auf eine einzige Lampe.

Auch Jesaja teilt uns mit, dass Gottes Wort unsere einzige Ausrichtungsmöglichkeit ist:

„Hin zu Weisung und Zeugnis! Wenn sie nicht nach diesem Wort sprechen, dann ist für einen keine Morgendämmerung“ (im Sinne von: Wenn man nicht nach diesem Wort spricht, dann gibt es für den, der so handelt, kein aufgehendes Licht). (8,20).

Wenn es Gottes Wort ist, das uns Altes und Liebgewordenes nimmt, ist es keine große Tragödie.

Wenn Gottes Wort uns Neues schenkt, sind wir dankbar. Wenn es Gottes Wort ist, das uns Altes und Liebgewordenes nimmt, ist es keine große Tragödie. Wieder sind wir dankbar, denn nicht der Mensch, der uns etwa darauf hinwies, hat es uns genommen, sondern Gott, der uns helfen und bewahren wollte.

Wenn uns Liebgewonnenes, woran wir uns so gewöhnt und gelehnt hatten, genommen wird, lassen wir auch nicht alle Zügel fahren, als würde jetzt das Chaos drohen. Wir resignieren nicht, denn wir sind nach Gott und seinem Wort ausgerichtet. Von Menschen unmarkiertes Gelände birgt keine Gefahr für die, die an Gottes Wort gebunden sind, denn sie schreiten zielbewusst im Licht. Sonst, auch bei aller vermeinten Ordnung, bleiben wir im Dunklen.

Vor Jahren klagte mir ein Missionar, es sei illusorisch zu versuchen, nach dem NT Gemeinde aufzubauen. Nach der Schrift zu handeln, ist nie „illusorisch“.

B. Die Bibel ernst zu nehmen, heißt, z.B., ihre Fragen an uns als Leser ernst zu nehmen.

Eine wichtige Frage stellt sich Asaph in Ps 73,25, über die es sich lohnt nachzudenken:

„Wen habe ich im Himmel?“ Eigentlich scheint sie aus 3 Fragen zu bestehen:Habe ich dort jemanden anderes als auf Erden? Habe ich dort jemanden außer dir, Gott? Wer ist der eigentlich, den ich dort habe?!

Eine herrliche Frage stellt Gott an sein Volk in Jes 51,12.13:

„Ich, ich bin der, der dich tröstet. Wer bist du, der du einen Menschen fürchtest, der sterben wird, und einen Sohn des Menschen, der wie Gras werden wird, 13 und Jahwe, den, der dich machte, vergessest, der die Himmel ausgestreckt hat und die Fundamente der Erde gelegt hat?“

Wer ist hier „du“? Ein von Gott Geliebter, Bevorzugter, Geretteter, Begleiteter!

Zwei ernste Fragen stellt der Hebräerschreiber in Kap. 12.

V. 7: „Wenn ihr Züchtigung erduldet, behandelt Gott euch wie Söhne, denn wer ist der Sohn, den der Vater nicht züchtigt?“

Wer ist heute derjenige, den der Vater gestern nicht züchtigte? Wer und was wird der Sohn sein, den sein Vater heute nicht züchtigt?

V. 9: „Sodann hatten wir Väter unseres Fleisches, die uns erzogen und züchtigten, und wir erwiesen ihnen Achtung. Werden wir nicht viel mehr dem Vater der Geister unterordnet sein und leben?“

Die Antwort bleibt jeder von uns schuldig.

C. Die Bibel wirklich ernst zu nehmen, kann heißen: Man nimmt ihre Ethik ernst.

Hier sind nicht Kulturentwicklungen bestimmend, sondern Gottes Vorstellungen.

Die Aufforderung des jungen Königs Salomo an sein Volk ist hier am Platz: „Euer Herz sei ungeteilt mit Jahwe, unserem Gott, dass ihr in seinen Satzungen wandelt.“

Im Gehorsam gegenüber Gottes Wort ist uns unser Herr in seinem Erdenleben ein Beispiel geworden. Jesaja zitiert vorweg den Messias, wenn er schreibt:

„Der Herr, Jahwe, hat mir eine Jüngerzunge gegeben, dass ich wisse aufzurichten den Müden mit Worten. Er weckt jeden Morgen, weckt mir das Ohr, zu hören wie ein Jünger. Der Herr, Jahwe, hat mir das Ohr geöffnet, und ich bin nicht widerspenstig gewesen, nicht zurückgewichen.“ (50,4.5).

Zwei Mal spricht er vom Ohr. Das erste Mal geht es um das Hören. Die zweite Erwähnung dürfte auf Ps 40, 7 und 2Mo 21,5.6 zurückgehen. Man vergleiche Phil 2,7, wo das Menschwerden unseres Herrn als ein Eintreten in die Leibeigenschaft bezeichnet wird. In dieser „Gestalt“ war er ein vollkommen gehorsamer Knecht seines Gottes, dessen Geheiß gegenüber nie „widerspenstig“. Nie wich er aus und ab vom Weg, der ihm vorgezeichnet wurde. Bibeltreue sind an dieser Stelle Christus ähnlich.

Wer Gottes Wort die Treue halten will, wird, wie der Psalmist (97,10; 119,128) alles Böse und Falsche regelrecht hassen. Er wird nicht zu feige sein, Stellung gegen das Verkehrte zu beziehen.

Durch Jeremia sagt Gott: „Und ich gebe ihnen ein Herz und einen Weg, mich zu fürchten alle Tage, ihnen – und ihren Söhnen nach ihnen – zum Guten.“ (32,39)

Röm 13,13: „Wie am Tage lasst uns wandeln, mit Anstand“ Vgl. andere Ausdrücke wie: „wie sich’s gebührt“ / „geziemt“.

Den Philippern schreibt Paulus:

„Soviel als wahr ist, soviel als ehrwürdig, soviel als gerecht, soviel als rein, soviel als lieblich, soviel als wohllautend, ist es eine Lobenswertigkeit und ist es zu preisen – diese Dinge überlegt.“

Solche Worte verpflichten die Gemeinde zu einem Konsens in Verhaltensangelegenheiten.

Wer bibeltreu ist, stellt alle Bereiche seines Lebens unter die Königsherrschaft Jesu Christi.

Wer bibeltreu ist, weiß übrigens auch, welcher Tag der Woche immer noch der erste ist. Weiß Ihr Kalender das ebenfalls? Oder sind wir bereits Opfer von dem, das in Dan 7,25 vorausgesagt ist?

Wer bibeltreu ist, stellt alle Bereiche seines Lebens unter die Königsherrschaft Jesu Christi.

D. „Was wohllautend“, haben wir eben gelesen. Wir haben also Töne ernst zu nehmen.

Vgl. 1Kor 14,10. Jeder Ton hat seine Bedeutung. Musik ändert sich nicht mit dem Geschmack daran. Sie ist unveränderliche Physik. Auch ändern Menschen sich im Grunde nicht. Überall auf der Welt sind sie dieselben, und überall auf der Welt hat jede Art von Musik ihre spezielle Wirkung auf Menschen.

Ein Bibeltreuer sieht nicht ohne weiteres zu, wenn Bibeltexte durch liederliche Töne ins Bedeutungslose gezogen werden.

Von Joh. Seb. Bach stammt folgendes Wort: „Und soll aller Musik Anfang und End Ursach anders nicht als zu Gottes Ehre und Gesundung des Gemüts sein. Wo dieses nicht in Acht genommen wird, da ist’s keine eigentliche Musik, sondern teuflisches Geplärr und Geleier.“

E. Man nimmt die Meinungen anderer ernst, wird nicht gleichgültig über den vielen Meinungsverschiedenheiten:

  • Tausendjähriges Reich
  • Heilssicherheit
  • Evangelisationsmethoden
  • Weltlichkeit

F. Man nimmt sich Zeit, den Inhalt des biblischen Textes zu bedenken:

Ps 1,1.2: „Wohl dem Mann, der … Lust hat an der Weisung Jahwes und in seiner Weisung murmelnd nachdenkt Tag und Nacht.“

Ps 119,97: „Wie habe ich deine Weisung so lieb! Den ganzen Tag denke ich darüber nach.“

Mal 3,16: „Da sprachen die, die Jahwe fürchteten, oft mit einander. Und Jahwe merkte darauf und hörte es, und vor ihm wurde ein Gedenkbuch geschrieben für die, die Jahwe fürchteten und seinen Namen bedachten und ihn hoch achteten.“

Wenn der puritanische Geistliche Richard Baxter mit Dankbarkeit auf seinen Dienst in der Gemeinde zu Kidderminster zurückblickt, schreibt er: „Alle Donnerstagabende kamen diejenigen aus der Gemeinde, die am meisten Verlangen und Zeit hatten, in meiner Wohnung zusammen, und da wiederholte einer die Predigt.“

Dieser Christ wiederholt am Donnerstag die Predigt vom vergangenen Sonntag!

Man bedenke: Dieser Christ wiederholt am Donnerstag die Predigt vom vergangenen Sonntag!

„ … Einmal in der Woche pflegten die jungen Leute, die in einer so großen Versammlung sich zu beten scheuten, in kleinerer Anzahl zusammenzukommen und ein Paar Stunden in Gebet und christlichem Gespräch miteinander zuzubringen. Alle Samstagabende waren in verschiedenen Häusern Zusammenkünfte, um die Predigt des vergangenen Sonntags (!) zu wiederholen und sich auf den folgenden Tag vorzubereiten.“ (S. 35)

Einige Zeilen weiter heißt es: „Jeden ersten Mittwoch im Monat war unsere monatliche Zusammenkunft für die Kirchenzucht, jeden ersten Donnerstag Predigerkonferenz … Außerdem kamen anfangs Donnerstagnachmittags noch einige gläubige Prediger zu mir, mit denen ich einige Stunden zu wahrer Erquickung zubrachte, bis ich dieses aufgab, weil, wie früher erwähnt, an dem Tage meine Gemeindeglieder sich zur Wiederholung der Predigt und zum Gebet bey mir einfanden.“ (S. 36).

Weiter schreibt er:

„Am Sonntage sah man keine Unordnung auf den Straßen; aber in Hunderten von Familien hörte man geistliche Lieder tönen oder die Predigt wiederholen.“ (S. 38).

„Einige der ärmsten Leute waren so fest in der christlichen Erkenntnis, dass sie über alle Streitfragen der Zeit ihr Urteil hatten.“ (S. 39).

„ … es … gab … zahlreiche Privatversammlungen bey uns … Diese … waren für uns ein herrliches Förderungsmittel in der Verbreitung der Gottseligkeit. Wahrheiten, die vielen entfallen waren, wurden da wieder ins Gedächtnis gerufen, das ernste Trachten nach der Seligkeit immer aufs Neue erweckt und ein gläubiges Verlangen genährt; auch die Erkenntnis gedieh dadurch … „ (S. 43).

Von den Taufgesinnten, die aus den Niederlanden und anderen Richtungen in die Danziger Gegend geflohen waren, schreibt der lutherische Pfarrer Hartwich um 1719: „Ihre Predigten sind oft sehr lang, weil es nichts Ungewöhnliches ist, dass eine Vermahnung (wie man eine Predigt nannte) auf 3 Stunden verzogen wird.“2

Wir lesen weiter:

2Tim 2,7.8: „Bedenke, was ich sage. Es gebe dir nämlich der Herr Verständnis in allem. Halte im Gedächtnis Jesus Christus, auferweckt worden von den Toten, aus Davids Samen, nach meiner guten Botschaft“.

Bibeltreue hört nicht auf jeden nächsten Propheten, der am Horizont auftaucht, sondern lebt von dem uns überlieferten Wort.

Bibeltreue hört nicht auf jeden nächsten Propheten, der am Horizont auftaucht, sondern lebt von dem uns überlieferten Wort. Erinnerte unser Herr doch (Mt 24,25.26):

„Seht, ich habe es euch vorhergesagt … geht nicht hin“.

2Tim 2,14: „An diese Dinge erinnere.“ V 15: „Befleißige dich“. V 16: „Dem profanen und leeren Gerede gehe aus dem Wege“. V 23: „Auf törichte Fragen, solche, die nicht im Zeichen der Erziehung stehen, lasse dich nicht ein“.

2Tim 3,1: „Dieses sollst du aber zur Kenntnis nehmen“. V. 10: „Aber du bist mit Aufmerksamkeit nachgefolgt meiner Lehre“.

Off 1,3: „Ein Seliger der, der liest, und Selige die, die die Worte der Prophetie hören und bewahren, was darin geschrieben ist … !“

Joh 15,7: „Wenn ihr an und in mir bleibt und meine gesprochenen Worte in euch bleiben“.

G. Es kann allerdings etwas kosten, auf das Reden Gottes zu hören.

Jes 66,5: „Hört das Wort Jahwes, ihr, die ihr vor seinem Wort erzittert: Es höhnen eure Brüder, die euch hassen und euch verstoßen meines Namens wegen“.

Gerade dieses müssen viele fried- u. schriftliebende Gotteskinder heute erleben.

Können Sie noch gegen den Strom schwimmen – oder müssen Sie mit allem mitmachen? Wer Jesus nachfolgen will, steht in einem unerbittlichen Kampf.

An unserer Stellung zur Schrift offenbart sich unsere Einstellung zu unserem Herrn:

Off 1,2: „Johannes, der das Wort Gottes und das Zeugnis Jesu Christi, was immer er auch sah, bezeugte.“

V 9: „Ich, Johannes, der auch euer Bruder ist und Mitteilhabender an der Bedrängnis und an der Königsherrschaft Jesu Christi und Ausdauer für ihn, ich war auf der Insel, die Patmos genannt wird, wegen des Wortes Gottes und wegen des Zeugnisses Jesu Christi.“

6,9: „Und als er das fünfte Siegel öffnete, sah ich unterhalb des Altars die Seelen derer, die erschlagen worden waren wegen des Wortes Gottes und wegen des Zeugnisses, das sie hatten.“

20,4: „Und ich sah Throne … und die Seelen der wegen des Zeugnisses Jesu und wegen des Wort Gottes Enthaupteten“.

VII. Wer bibeltreu ist, denkt wie die Schrift denkt.

Unser Gott ist ein Gott zu unterscheidender Gegenständlichkeit. Durch Jesaja ließ er seinem Volk zurufen:

„Wehe denen, die zum Bösen ‚gut‘ sagen und zum Guten ‚bös‘, die Finsternis zu Licht machen und Licht zu Finsternis, die das Bittere süß machen und das Süße bitter!“ (5,20.)

An die Philipper schrieb der Apostel Paulus:

„Tut alles ohne … Bedenken, damit ihr frei von … unlauterer Beimischung seid, Gottes untadelige Kinder mitten in einem krummen und verkehrten Geschlecht, in dem ihr offenbar seid wie Lichter in der Welt, darhaltend das Wort des Lebens“.

Unsere Welt liegt verkehrt. Ihr fehlt das Licht. Gottes Kinder sollen wie er unterscheiden zwischen Tag und Nacht, Gut und Böse. Darin sollen unsere Sinne, sagt der Hebräerschreiber, geübt sein. Was Gott zusammengefügt hat, sollen wir nicht trennen; was er auseinander hält, sollen wir nicht vermischen. Wahrheit und Verkehrtes, Ziemliches und Unziemliches, Wirklichkeit und Traum/Phantasie, Arbeitstag und Ruhetag, Mann und Frau mitsamt der Kleidung derselben sollen nicht verquickt werden.

Recht bedenkliche Stimmen kommen zur Zeit aus einem bisher für evangelikal gehaltenen Lager in den Niederlanden.

In der Zeitschrift „Bijbel en Wetenschap“ (Bibel und Wissenschaft) des vergangenen Oktobers wird von überholter Auseinandersetzung zwischen historisch-kritischer Methode und bibeltreuer Theologie gesprochen, von veralteten Bekenntnismodellen wie der Chicagoerklärung und somit von einem „Postkonfessionalismus“, der neo-evangelikal sei.

In seinem Artikel über „Geschichtliche Zuverlässigkeit zwischen Fundamentalismus und Modernismus“ schreibt Herr Prof. Dr. Willem Ouweneel (Übs: HJ):

„Die Diskussion ist nicht länger eine zwischen ‚Bibeltreuen‘ und ‚Bibelkritikern‘, denn der Ausdruck ‚bibeltreu‘ ist schon etwas arrogant – wer wird ausmachen, ob jemand das ist? … Ist die Annahme eines buchstäblichen, geschichtlichen Adams wirklich genau so wichtig wie der Glaube an den buchstäblichen, geschichtlichen Christus? Geht es bei der ‚Glaubwürdigkeit‘ der Schrift auch, oder selbst vor allem, um die Frage, ob alles in der Bibel geschichtskundig und naturwissenschaftlich zu ’stimmen‘ scheint, oder vielmehr um eine existentielle Sache? Oder sind das falsche Gegenüberstellungen? … Mit ‚Fundamentalismus‘ meinen wir, nach dem gegenwärtigen Sprachgebrauch, einen bigotten und verkrampften Konservativismus … Aber von zwei Richtungen können wir uns wenigstens schon distanzieren, und die sind der Modernismus und der Fundamentalismus … Der Fundamentalismus fällt stets wieder in den Fehler, die Glaubwürdigkeit der Schrift in einem wissenschaftlichen Sinne verstehen zu wollen … Die Bibel ist historisch durch und durch glaubwürdig – aber nicht ohne weiteres im Sinne des Fundamentalismus.“

Henk Medema schreibt in einem weiteren Artikel:

„Wir haben keinen besonderen Zugang zu den historischen Fakten. Wir haben nirgends einen Schiedsrichter, der sagen kann, was wohl und was nicht wahr ist.“

Wir fragen: Wenn die Schrift wirklich Gottes Aussage ist, darf er nicht als dieser ‚Schiedsrichter‘ dienen?

Später schreibt er: „Repräsentation, Wiedergabe von etwas anderem, stellt immer die Abbildung dar, nicht die Sache selbst“, wobei die biblische Geschichtsschreibung diese Darstellung sein soll.

Zum Schluss will er dann doch den bibeltreuen Standpunkt retten indem er sagt:

„Aber vielleicht darf ich am Schluss dem Leser diesen Vorschlag mitgeben: Dass Menschen zur Bekehrung und zum Glauben an Gott kommen, wenn sie entdecken, dass die Wahrheit, die sie in Gottes Wort antreffen, mit der Wahrheit, auf die sie in ihrer Lebenswelt stoßen, zusammenfällt.“

Was geschieht in diesen Aussagen? Es meldet sich hier ein anderes Denken. Man ist bemüht, die Postmodernität ernst zu nehmen, übersieht jedoch, dass sich die Denkweise, die sich in der Redensweise der Schrift kundtut, nie ändert.

Es wird nie überholt sein, das, was die Schrift uns zu glauben heißt, in klaren Sätzen zu formulieren.

Auch der Mensch ändert sich im Grunde nicht. Daher ist er, besonders in seinem Gewissen, überall auf der Welt und zu allen Zeiten vom selben Wort ansprechbar. Und dieses Wort kann in objektiven und klaren Sätzen wiedergegeben werden, weshalb es für Bibeltreue keinen ‚Postkonfessionalismus‘ geben kann. Wohl sind Glaubensbekenntnisse revidierbar. Es wird jedoch nie überholt sein, das, was die Schrift uns zu glauben heißt, in klaren Sätzen zu formulieren. Es kommt nicht nur darauf an, dass die Schrift mich ‚packt‘, etwas bedeutet, sondern es beginnt damit, dass wir Grund haben zu glauben, dass was die Schrift an Kunde meldet, geschichtlich wirklich stimmt – ob es Adam oder Christus ist, Naturwissenschaftliches oder Heilsbotschaft.

VIII. Bibeltreue schließt Meinungsverschiedenheiten nicht aus.

  • Dabei ist die Grundeinstellung maßgebend, wenn solche auftreten.
  • Man wird ferner zu unterscheiden haben zwischen dem, das man als klare Lehre vertritt, und dem, wofür man noch nicht genügend Gründe anführen kann, also lediglich eine Meinung hat.
  • Ein wahrhaft Bibeltreuer ist bereit, bei besseren Argumenten seine Meinung zu ändern.Zum Schluss einige Fragen:

1. Kann der Begriff „bibeltreu“ mit „reformatorisch“ ausgewechselt werden?

Nein, denn der Begriff „reformatorisch“ ist

  • fehl am Platz für das Gebiet, das er abdecken soll,
  • zu ungenau, um in diesem engeren Bereich als Alternative zu dienen.

Zu a) möchte ich jetzt nichts sagen. Was b) betrifft:

An welches „reformatorisch“ soll man denken? Da gibt es die Richtung der alten Puritaner, die in Edmonton in Kanada altes Schriftgut sammeln und emsig verbreiten, und sehr streng altcalvinistisch sind. Dann gibt es die Richtung um das Lehrgut von Van Til und Gregory Bahnsen, stark philosophisch und apologetisch, die im Süden Kaliforniens ein Studienzentrum führt. Die Reconstructionists dürften auch noch am Leben sein, obwohl ich seit einiger Zeit kaum etwas über sie vernommen habe. Es hat sodann die missionarischen Gruppen in verschiedenen Ländern Europas, die aus Großbritannien kommen, wovon eine das Westminsterbekenntnis in Deutsch herausgebracht hat. Seit einiger Zeit gibt es auch einige „reformatorische“ Verlage und Ausbildungsunternehmen in Deutschland.

Solche Gruppierungen sind sich dann aber noch in sich nicht notwendigerweise einig. Bibeltreu sind sie alle in verschiedenem Grade; doch kann man die Begriffe „bibeltreu“ und „reformatorisch“ nicht austauschen.

Übrigens, nach den Reformatoren selbst können wir uns auch nicht ausrichten.

2. Sind wir selbst „bibeltreu“?

Vollkommen ist keiner von uns, von daher wohl auch noch nicht ganz bibeltreu. Das entbindet uns jedoch nicht von der Pflicht, es zu werden.

Möglicherweise in der Absicht, aber die genügt bekanntlich nicht. Zu unterscheiden werden wir haben das Idealbild der Schrift und den biblischen Weg zur Verwirklichung desselben. Unser Gott lässt uns in seinem Wort Werdende sein.

Vollkommen ist keiner von uns, von daher wohl auch noch nicht ganz bibeltreu. Das entbindet uns jedoch nicht von der Pflicht, es zu werden. Als mit dem teuren Blut des Sohnes Gottes Erkaufte schulden wir Gott unsere ganze Treue – zu ihm und zu dem von ihm Gesagten. In dieser Liebe wollen wir nach Eph 4,15 „wahrhaftig“ sein, „in allem heranwachsen mögen zu ihm, der das Haupt ist, Christus,“ und zusammen „mit allen Heiligen“, nach Kap. 3,18.19, trachten „zu erfassen, welches die Breite und Länge und Tiefe und Höhe ist, auch zu kennen die Liebe Christi, die die Kenntnis übertrifft“.

Käte Walter:

Nur Christus kann versühnen, spricht uns von Sünde los,nicht eigenes Verdienen, und wär‘ es noch so groß.Dies‘ helle Licht der Wahrheit durchflutet unser Land, seit Gott der Lehre Klarheit durch Luther uns gesandt.“Dass es uns teuer wäre wie nichts auf dieser Welt,das Wort der guten Lehre, das uns’ren Weg erhellt! Dass es an jedem Orte uns Stab und Stecken wär‘!

Erhalt bei deinem Worte uns all’zeit, lieber Herr!“


  1. Die Schriftstellen in diesem Artikel sind nach des Verfassers „Bibelwort in deutscher Fassung“ zitiert. 

  2. Zitiert von Horst Penner in „Die ost- und westpreußischen Mennoniten“, S. 183.