ThemenPredigten und Bibelarbeiten

Verfluchte Sünde!

In dieser Predigt über Sacharja 7,5 geht es um Fluch und Sünde, ihren Ursprung, ihre Auswirkung und ihre Überwindung.

Ein Fluch Gottes kommt ins Haus.

Es gibt bestimmte Worte, die ein anständiger Mensch nicht in den Mund nimmt. „Verflucht!“ gehört mit Sicherheit dazu. Das sagt man nicht, denn damit wünscht man Böses. Und wer mit anderen Worten schimpft, verwendet auch keine besseren Vokabeln. Mancher gedenkt damit seinen Ärger loszuwerden. Doch das ist ein törichtes und dazu abergläubisches Unterfangen. Noch schlimmer wird es, wenn ein Mensch sich selbst verflucht, wenn er zum Beispiel wünscht, daß Gott ihn verdammen möge. Die meisten sind sich des Inhalts ihrer Flüche nicht bewußt, sondern gebrauchen sie „nur“ als sogenannte „Kraftausdrücke“. Dabei drücken diese Worte gar keine Kraft aus, sondern das Gegenteil davon. Sie drücken aus, daß dieser Mensch sich nicht beherrschen kann. Der auf sich selbst bezogene Fluch ist außerdem ein Gebet – mit negativem Vorzeichen. Eine besonders bösartige Form nimmt der Fluch an, wenn er über andere Menschen ausgesprochen wird. Wer so etwas tut, will, daß diese Menschen zu Schaden kommen. Am liebsten würde er sie gleich vernichten, wenn er nur den Mut und die Möglichkeit dazu hätte.

Doch die schlimmste Form des Fluches ist der, der von Gott ausgesprochen wird. Das von ihm gesprochene Wort hat in jedem Fall eine fürchterliche Gewalt und es wird ohne Zweifel das bewirken, was es aussagt. Mit dieser Form des Fluches haben wir es in unserem Text zu tun. Deswegen heißt mein Thema: „Verfluchte Sünde!“ Der Titel sollte aber nicht mit einem sogenannten Kraftausdruck verwechselt werden. Er steht vielmehr für drei Wahrheiten, die im fünften Kapitel des Propheten Sacharja in den beiden dort beschriebenen Visionen zu finden sind. Erstens: Sünde bleibt nicht ungestraft. Zweitens: hinter jeder Sünde steckt eine gefährliche Macht, drittens: Diese Macht kann nur von Gott besiegt werden. Doch versuchen wir uns zunächst vorzustellen, was der Prophet damals gesehen hat. In der ersten Szene erblickte er eine Schriftrolle, die wie eine riesige Urkunde durch die Luft segelte. Er konnte dem Engel, der ihn danach fragte, sogar die Größe angeben: zehn Meter lang und fünf Meter breit. Der Engel, den er schon in den anderen Visionen gesehen hatte, erklärte ihm jetzt, was dieser Vorgang bedeuten sollte:

Dies ist der Fluch, der ausgeht über die Fläche des ganzen Landes. Denn jeder, der stiehlt, ist bisher – wie lange nun schon! – ungestraft geblieben, und jeder, der falsch schwört, ist bisher – wie lange nun schon! – ungestraft geblieben.“1

Dann fügte der Engel ein direktes Wort von Gott, dem HERRN, hinzu:

„Ich habe ihn ausgehen lassen, spricht der HERR der Heerscharen, und er wird kommen in das Haus des Diebes und in das Haus dessen, der bei meinem Namen falsch schwört; und mitten in seinem Haus wird er über Nacht bleiben und wird es vernichten, sowohl sein Gebälk als auch seine Steine.“

Sacharja blieb nicht viel Zeit, über die Worte nachzudenken, denn der Engel kam jetzt direkt zu ihm und forderte ihn erneut auf, genau hinzusehen. Damit begann die zweite Szene. Der Prophet erblickte ein Gebilde, das er nicht zu deuten vermochte. Es sah aus wie eine kleine Tonne. Der Engel erklärte: „Dies ist das Efa, das hervorkommt.“ Ein Efa war ein Getreidemaß von ungefähr 30 Litern Fassungsvermögen.2 Das Hohlmaß wurde von einem schweren Bleideckel verschlossen. Sacharja wußte immer noch nicht, was er davon halten sollte. Auch die nächste Erklärung des Engels war ihm unverständlich: „Das ist ihr Aussehen3 im ganzen Land.“ Doch auf einmal hob sich der schwere Deckel und Sacharja sah zu seiner Überraschung eine Frau, die sich aus dem Efa herausdrängte. Der Engel ließ das aber nicht zu. Er stieß die Frau zurück, indem er zu dem Propheten sagte: „Dies ist die Gottlosigkeit!“, und warf den Bleideckel wieder auf die Öffnung.

Als Sacharja hochsah, bemerkte er zwei weibliche Gestalten mit großen, storchenähnlichen Flügeln. Sie fegten heran, packten die Tonne, hoben sie in die Luft und führten sie zwischen Himmel und Erde fort. Der Prophet fragte: „Wohin bringen sie das Efa?“, die Antwort lautete: „Um ihm ein Haus zu bauen im Land Schinar. Und ist dieses aufgestellt, wird das Efa auf seine Stelle hingestellt.“ Selbst wenn uns die beiden Szenen merkwürdig anmuten, sind sie doch in ihrer bildlichen Kraft sehr eindrücklich. Ein Fluch Gottes kommt über das Haus des Sünders und läßt sich wie ein ungebetener Gast darin nieder. Er ist dort aber nicht passiv, sondern fängt an, es zu beschädigen, und ruht nicht, bis es vollständig verwüstet ist. Die zweite Szene schließt sich unmittelbar an, denn in ihr wird das Aussehen der Sünde beschrieben.

Die Sünde ist wie eine gefährliche Macht, die immer auf dem Sprung ist, sich in unser Leben zu drängen. Wenn sie nicht wie die Frau im Efa durch übernatürliche Mächte zurückgedrängt und beseitigt wird, haben wir keine Chance. Wir sollten nun über die Botschaft der beiden Visionen nachdenken und fragen, was Gott uns damit sagen will.

1 Sünde bleibt nicht ungestraft.

Stehlen und Lügen erscheinen als „läßliche Sünden“

Obwohl Gott überaus gnädig ist und liebevoll mit uns Menschen umgeht, kann er Sünde keinesfalls tolerieren, auch dann nicht, wenn sie in einer scheinbar harmlosen Form auftritt. In den ersten Versen von Sach 5 werden zwei sündige Aktivitäten beschrieben, die offenbar auch von vielen Frommen nicht als besonders schlimm angesehen wurden: Das Stehlen und das falsche Schwören. Beides hängt eng miteinander zusammen, denn wer stiehlt und dabei ertappt wird, versucht meistens, sich mit Lügen und allen möglichen Beteuerungen herauszuwinden. Im damaligen Israel könnten es zum Beispiel die Nachkommen von solchen Juden gewesen sein, die aus irgendeinem Grund nicht mit in die babylonische Gefangenschaft geraten waren. Manche von ihnen werden damals nichts Eiligeres zu tun gehabt haben, als sich verlassene Güter anzueignen und sich darin häuslich niederzulassen. Darüber waren sie alt geworden und gestorben. Die Probleme erbten ihre Kinder oder Enkel. Als nämlich die „recHTMäßigen Eigentümer“ wider Erwarten doch zurückkamen und ihren Besitz einforderten, schworen die Nachkommen der Diebe jeden Eid bei Gott, daß das Gut schon immer ihnen gehört habe. So hätte ein Szenario möglicherweise aussehen können.4 – Im Deutschland nach der Vereinigung jedenfalls kann man sich solche Probleme gut vorstellen. Aber natürlich gab es für jeden damals noch genügend andere Gelegenheiten zu stehlen oder falsch zu schwören. Und es machte vielen nichts aus, dabei auch den Namen Gottes zu gebrauchen. Offenbar sahen sie diese Vergehen als „läßliche Sünden“ an – und begingen sie deshalb um so häufiger.

Das wird der Grund gewesen sein, warum Gott gerade diese beiden Übertretungen genannt hat. Sie kamen den Menschen harmlos vor und wurden häufig begangen. Sie entsprechen genau dem jeweils mittleren Gebot auf jeder der beiden Gesetzestafeln,5 die Mose damals aus Gottes Hand empfangen hatte. Auf der einen Tafel standen die Vergehen gegen Gott und auf der anderen die gegen den Nächsten. Damit repräsentieren die genannten Sünden praktisch alle Missetaten gegen Gott und den Nächsten.

Diebstahl als Volkssport angesehen.

Auch im heutigen Volk Gottes sind solche Sünden leider nicht unbekannt. Es ist keine Entschuldigung, wenn man sagt, daß Diebstahl heutzutage schon als Volkssport angesehen wird. Es stimmt zwar, daß Politiker laut überlegt haben, ob man nicht von der Bestrafung sogenannter Bagatelldelikte absehen solle, um vor allem jugendliche Diebe zu entkriminalisieren und die Behörden zu entlasten. Dadurch wird Kriminalität aber nicht vermindert, sondern eher vermehrt. Man nennt es dann nur nicht mehr so. Für einen Christen bedeutet so etwas selbstverständlich keine Entlastung, denn er weiß sich dem Gesetz Gottes verantwortlich. Und das ist unabhängig vom Zeitgeist, unabhängig von den Überlegungen der Politiker und steht sogar noch über jedem menschlichen Gesetz. Auch kleine Diebstähle sind darum keineswegs Kavaliersdelikte, sondern Sünde gegen Gott. Alles recHTMäßige Eigentum steht nach der Schrift unter Gottes Schutz, denn wenn Gott gesagt hat: „Du sollst nicht stehlen!“,6 schützt er das Eigentum meines Nächsten vor meinem Zugriff und natürlich auch umgekehrt. Wenn er sich an das Gebot hält, ist mein Eigentum geschützt. Wer sich also am Eigentum eines anderen vergeht, vergeht sich gegen Gott. Das betrifft Kaufhausdiebstähle ebenso wie die unberechtigte Mitnahme von Werkzeug oder Material aus der Firma. Das betrifft die falsche Angabe bei der Steuererklärung genauso wie das unerlaubte Kopieren von Liedern, das in manchen christlichen Jugendgruppen und Chören Unsitte ist. Das Wort unseres HERRN läßt weder Raum für nichtbezahlte Gebühren noch für den Einkauf auf dem Schwarzmarkt. Auch geistiger Diebstahl ist Diebstahl. Es beginnt meist mit dem „Abgucken“ in der Schule und setzt sich fort, wenn fremde Texte als eigene ausgegeben werden. In Literatur, Wissenschaft und Kunst sind geistige Schöpfungen ebenso durch das Urheberrecht geschützt wie in der elektronischen Datenverarbeitung Computerprogramme. Durch Raubkopien entstehen den Softwarefirmen Millionenverluste. Welche geistlichen Verluste aber Christen erleiden, die sich an solchen Sünden beteiligen, ist kaum zu überschätzen.

Schwere geistliche Verluste für Christen.

Wenn dann jemand bei einem Diebstahl ertappt wird, begeht er fast immer die nächste Sünde; er beginnt, sich „herauszureden“, also zu lügen. Er beteuert, versichert, beschwört, es nicht gewesen zu sein oder es nicht gewollt zu haben. Diese Art von Unwahrheit wird in unserer Gesellschaft weithin toleriert, ja oft sogar bewundert. In der Bergpredigt empfahl unser HERR seinen Zuhörern, überhaupt nicht zu schwören. Er sagte ihnen, daß sie sowieso weder über den Himmel noch über Jerusalem, ja nicht einmal über ihr eigenes Haupt verfügen könnten, um ihre Rede abzusichern. „Es sei aber eure Rede: Ja, ja! Nein, nein! Was aber darüber hinausgeht, ist vom Bösen.“ (Mt 5,33-37) Das heißt, wir sollen als Menschen bekannt sein, die Beteuerungen wie: „Das stimmt wirklich! Du kannst mir’s glauben!“ oder gar: „Ich schwör’s dir!“ überhaupt nicht nötig haben. Wir sollten dafür bekannt sein, daß man sich auf jedes unserer Worte verlassen kann. Wenn wir ja sagen, meinen wir auch Ja! Sünde bleibt bei Gott nicht ungestraft, es sei denn, sie wird vor ihm als Schuld zugegeben. Übersehen kann Gott sie keinesfalls! Im Gegenteil! Die Schriftrolle, die Sacharja durch die Luft fliegen sah, war so überdimensional groß, daß keine menschliche Hand sie halten konnte. Das könnte uns daran erinnern, daß es nicht unsere Sache ist, andere zu verurteilen oder gar zu verfluchen. Die Maße der Schriftrolle haben den Propheten vielleicht an die Vorhalle im Tempel Salomos erinnert, die er aus den Königsbüchern kannte.7 Das würde für ihn den Eindruck nur noch verstärken: Der Fluch kommt aus der Gegenwart Gottes. Schon ihr Flug am Himmel machte klar, von wo das Gericht kam und mit welcher Geschwindigkeit es ausgeführt werden würde.

Man kann sich an das Sündigen gewöhnen.

Auch wenn Menschen denken, es würde im Lauf der Zeit Gras über die Sache wachsen oder noch schlimmer, wenn sie sich daran gewöhnen zu sündigen und denken: „Gott tut ja nichts!“, wird Gottes Reaktion nicht ausbleiben. Auch wenn jemand lange ungestraft8 bleibt, sollte er nicht damit rechnen, daß das immer so sein wird. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es geht hier nicht um Menschen, die „von einem Fehltritt übereilt“ (Gal 6,1) werden und dann ihre Tat bereuen. Der Fluch kommt vielmehr in das Haus dessen, der durch wiederholtes Stehlen zum Dieb geworden war. Wer einmal stiehlt, ist noch kein Dieb, wenn er seine Schuld einsieht und das Gestohlene zurückbringt. Ein Dieb ist jemand, der gewohnheitsmäßig stiehlt. Ein Meineidiger jemand, der immer wieder lügt. Der Fluch kommt wie ein ungebetener Gast. Man kann ihn nicht wieder loswerden. Aber so will Gott das Land von Sündern reinigen. Der Fluch trifft beunruhigend viele, nämlich alle, die sich gegen Gott und ihren Nächsten vergangen haben.

„Ich habe ihn ausgehen lassen, spricht der HERR der Heerscharen, und er wird kommen in das Haus des Diebes und in das Haus dessen, der bei meinem Namen falsch schwört; und mitten in seinem Haus wird er über Nacht bleiben und wird es vernichten, sowohl sein Gebälk als auch seine Steine.“

In den Reinigungsgeboten des mosaischen Gesetzes wird die Zerstörung eines Hauses, das durch Aussatz unrein geworden ist, ganz ähnlich beschrieben. Was Menschenaugen verborgen und menschlichem Urteil versagt ist, das tut Gott: Er deckt die heimliche Sünde auf und trifft den Menschen in den Wurzeln seiner Existenz. Gott wacht in heiligem Eifer über die Reinheit seiner Gemeinde.9 So sitzt auch heute der Aussatz der Sünde im Gebälk mancher örtlichen Gemeinde. Nicht weil wir sündigen – das passiert leider immer wieder – sondern weil wir die Sünde nicht bekennen, wie es die Schrift von den Gläubigen verlangt.10 „Die Zeit ist gekommen, daß das Gericht anfange beim Haus Gottes.“ (1Petr 4,17) Möge Gott schenken, daß alle, die in diesem Haus wohnen, bereit sind, ihre Einstellung zur Sünde zu ändern.

2 Hinter jeder Sünde steckt eine gefährliche Macht.

Der Fluch kommt wie ein ungebetener Gast und trifft beunruhigend viele.

Das Aussehen der Sünde11 wurde dem Propheten in der zweiten Szene verdeutlicht. Sünde ist nämlich nicht einfach ein moralisches Vergehen oder eine abstrakte juristische Größe. Es steckt noch wesentlich mehr dahinter. Sünde an sich ist schon schlimm genug. Sie belastet das Gewissen und lähmt unsere Aktivitäten, wenn wir nicht wachsam sind und sie umgehend be kennen. Aber viel schlimmer noch ist das, was uns zum erneuten Sündigen treibt, die Quelle, aus der die bösen Taten kommen, die Macht, die uns dazu verführt. Diese überaus lebendige Macht heißt in der Bibel auch „Sünde“, und man muß jeweils aus dem Zusammenhang schließen, ob die einzelne Tat oder die schreckliche Macht gemeint ist. In der zweiten Szene von Sach 5 wird das durch die zwergenhafte Frau anschaulich, die in der Tonne sitzt und herausdrängt. Die Frau ist die personifizierte Gottlosigkeit. Es soll hier natürlich nicht gesagt werden, daß alles Böse von der Frau ausgeht. Sacharjas Botschaft zielt nicht auf die Verführungsmacht des Weiblichen. (Damit hätten die Männer eine zu gute Entschuldigung. Und dann wäre gewiß eine attraktivere Frau gezeigt worden.) Gottes Wort will vielmehr daran erinnern, daß das Böse etwas Lebendiges12 ist, eine Macht, mit der wir nicht spaßen können.

Wir sündigen, weil wir Sünder sind.

In seinem Brief an die Römer erklärte der Apostel Paulus, daß wir Menschen nicht deshalb Sünder sind, weil wir sündigen, sondern daß wir sündigen, weil wir Sünder sind. Das Sündigen kommt sozusagen von innen heraus, es wird von der Macht bewirkt, die in uns wohnt. Röm 7,17-20:

„Nun aber vollbringe nicht mehr ich es, sondern die in mir wohnende Sünde. Denn ich weiß, daß in mir, das ist in meinem Fleisch, nichts Gutes wohnt; denn das Wollen ist bei mir vorhanden, aber das Vollbringen des Guten nicht. Denn das Gute, das ich will, übe ich nicht aus, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich. Wenn ich aber das, was ich nicht will, ausübe, so vollbringe nicht mehr ich es, sondern die in mir wohnende Sünde.“

Wer das nicht sehen will, wird zur Bekämpfung des Bösen immer das Falsche tun. Er wird Unzucht Freiheit nennen und sich nur aufregen, wenn sich jemand diese Freiheit mit Gewalt nimmt; er wird Sünde Krankheit nennen und den Patienten zum Psychiater schicken; er wird glauben, daß Kriminalität durch ein schlechtes Milieu verursacht wird und einen straffällig gewordenen Jugendlichen in eine Erziehungsanstalt stecken; er wird einen Gewaltverbrecher in den Freigang schicken, weil der ja in seinem Innersten gut ist und sich wieder an die Freiheit gewöhnen muß. Wer die Macht der Sünde nicht bedenkt, wird versuchen, mit Schönheitsoperationen ein todkrankes Herz zu heilen. Wer nicht begreift, daß der Mensch in seinem tiefsten Wesen böse ist, doktert immer nur an der Oberfläche herum und wird nie wirklich helfen können. Doch selbst wenn er einsehen würde, daß der Mensch böse ist und von der Macht der Sünde versklavt, könnte er immer noch nicht helfen, denn diese Macht kann nur von Gott besiegt werden.

3 Diese Macht kann nur von Gott besiegt werden

Ein Tempel für die Gottlosigkeit in Babylon.

Die Rettung kann nur von außen kommen, denn die Macht der Sünde ist für uns einfach nicht zu bezwingen, weder durch Zusammenreißen noch durch guten Willen, weder durch Erziehung noch durch eine gute Umgebung, sondern nur durch Gott selbst.

Gott sorgt nun einerseits dafür, daß Sünde in seinem Volk aufgedeckt wird; er ist andererseits aber der einzige, der die Macht, die hinter den bösen Taten steckt,besiegen kann, der einzige, der sie einzudämmen vermag.

Es sind überirdische Mächte nötig, um die Gottlosigkeit unter dem Deckel zu halten.

In seiner Vision sah der Prophet, wie der Engel die Gottlosigkeit in die Tonne stieß und den schweren Deckel drauffallen ließ. Er sah die beiden geheimnisvollen Gestalten, welche die Tonne packten und fortbrachten, und begriff: So muß das Böse aus dem Umkreis des Heiligen Landes fortgeschafft werden. „Wohin bringen sie die Tonne?“ fragte Sacharja seinen Erklärer. „Es soll ihr ein Haus im Land Schinar gebaut werden. Und wenn es hergerichtet ist, so lassen sie sie dort nieder auf ihrer Wohnstätte.“ Schinar ist Babylonien.13 Der Name weist zurück auf das Babel der Urzeit. Hier hatten die Menschen einst in maßloser Selbstüberschätzung versucht, die Schranke zwischen sich und Gott zu durchbrechen. Sie wollten einen Turm bauen, der bis in den Himmel reicht. Damit zerstörten sie alles, was Gott ihnen an Gutem zugedacht hatte. Nun wird an der gleichen Stelle dem Bösen ein Haus gebaut werden, ein Tempel für die Gottlosigkeit. So reicht die Vision bis in die messianische Endzeit hinein, in der Gott seine Herrschaft in seinem Volk aufrichten will. Doch bevor das geschehen kann, müssen die sündigen Taten unter seinem Volk aufgedeckt und gerichtet werden. Und die Macht, die immer wieder zum Sündigen treibt, muß außer Landes geschafft werden. Das Böse muß weg! Daß es an jenem Ort noch eine Zeitlang gedeihen kann und dann sogar angebetet wird, gehört zu den Dingen, die uns unverständlich bleiben werden. Es gibt auch ein Geheimnis der Bosheit, in das wir nicht eindringen können. Für neutestamentlich Gläubige soll diese Botschaft Sacharjas eine deutliche Warnung sein. Wer Sünde in seinem Leben duldet – und mag sie noch so harmlos erscheinen – lebt gefährlich. Wer Sünde nicht bekennt und läßt, zieht sich keinen Segen auf den Hals, sondern das genaue Gegenteil davon. Wir sollen die Sünde hassen wie die Pest und wissen, daß sie von Gott verflucht ist. Wir müssen aber auch wissen, daß wir himmlische Kräfte brauchen, um gegen sie zu bestehen. Es sind überirdische Mächte nötig, um die Gottlosigkeit, die sich in unser Leben drängt, unter dem Deckel zu halten. Darum laßt uns dem vertrauen, der wegen der verfluchten Sünde am Kreuz zur Sünde und zum Fluch14 selbst geworden ist, um ihre Macht zu brechen. Unsere einzige Chance besteht darin, Ihm zu vertrauen, d. h. ihn um rechtzeitige Hilfe15 oder auch um Vergebung zu bitten. Nur so können wir unter dem Segen Gottes bleiben.


  1. Die Übersetzer sind sich nicht einig, ob sie Sach 5,3 eher im zeitlichen Sinn (wie die Revidierte Elberfelder) übersetzen sollten oder eher im räumlichen Sinn („auf dieser“, „auf jener Seite“, wie die alte Elberfelder und verschiedene englische Übersetzungen). Wenn letzteres stimmt, könnte man annehmen, daß die Schriftrolle beidseitig beschrieben war. 

  2. Die Bestimmung des Fassungsvermögens schwankt zwischen 22 und 45 Litern. 

  3. Wörtlich: „ihr Auge“. Die LXX und verschiedene syrische Übersetzungen haben hier: „ihre Sünde“, was den Sinn genauso trifft. 

  4. Ähnliches wird in 3Mo 5,23-24 beschrieben 

  5. 2Mo 32,15: „Und Mose wandte sich um und stieg vom Berg hinab, die beiden Tafeln des Zeugnisses in seiner Hand, Tafeln, beschrieben auf ihren beiden Seiten; vorn und hinten waren sie beschrieben.“ 

  6. 2Mo 20,15; siehe auch Eph 4,28: „Wer gestohlen hat, stehle nicht mehr, sondern mühe sich vielmehr und wirke mit seinen Händen das Gute, damit er dem Bedürftigen mitzugeben habe!“ 

  7. Er war ja im Exil geboren und hatte den Tempel Salomos, der viele Jahre vor seiner Geburt zerstört wurde, nie gesehen. Aber gewiß kannte er als Priester die entsprechenden Schriftstellen, zum Beispiel 1Kö 6,3. 

  8. So mit der revidierten Elberfelder Übersetzung von Sach 5,3. 

  9. Fritz Laubach. Der Prophet Sacharja. Wuppertaler Studienbibel. Vgl. 3Mo 14,45. 

  10. 1Jo 1,9: Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, daß er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit. 

  11. Der Sinn des hebräischen Wortes ist schwer zu erfassen, vgl. Anm. 3. Die meisten übersetzten deshalb mit der LXX: „Das ist ihre Schuld“. Die hebräischen Worte für „Auge“ und „Schuld“ unterscheiden sich nur durch einen Buchstaben, der zudem leicht verwechselt werden konnte. Entweder müssen wir an das Aussehen der Diebe und Meineidigen denken oder eben an das Aussehen der Schuld. 

  12. Warum er eine Frau und nicht einen Mann dafür auswählt, erklärt sich einfach dadurch, daß der Begriff Gottlosigkeit bzw. Gesetzlosigkeit im Hebräischen (ebenso wie im Deutschen) weiblichen Geschlechts ist. 

  13. Vergleiche 1Mo 10,10; 11,2. 

  14. Vgl. 2Kor 5,21 und Gal 3,13 

  15. Hebr 4,16: „Laßt uns nun mit Freimütigkeit hinzutreten zum Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe!“