ThemenKritik der Bibelkritik

Die historisch-kritische Methode der Bibelauslegung kritisch hinterfragt

In Bezug auf die so genannte „historisch-kritische Methode“ der Bibelauslegung werde ich mich im folgenden Referat schwerpunktmäßig auf die Evangelien des Neuen Testaments konzentrieren. Sie stellen einen Kern der biblischen Offenbarung dar, indem sie von dem Leben und vom Erlösungswerk des Messias, der das Zentrum der ganzen Schrift ist, berichten. Somit bilden die Evangelien einen zentralen Teil der Bibel.

Die Evangelien berichten nicht nur über das Erlösungswerk von Jesus, sondern überliefern auch seine Lehre, die eng mit seiner Person und seinem Werk verbunden ist. Durch seine Auferstehung werden Lehre und Erlösungswerk von Jesus versiegelt und beglaubigt. Die Evangelien berichten uns auch, wie Jesus nicht nur das ganze Alte Testament erfüllt, sondern es auch beglaubigt und bestätigt.

Allgemein wird heute jedoch in den Evangelien zum großen Teil eine „Gemeindetheologie“ gesehen, die Jesus manches „in den Mund gelegt“ haben soll. Die Methode, nach der gearbeitet wird, ist die „allgemein anerkannte“1 „historisch-kritische Methode“,2 die mehr oder weniger konsequent angewandt wird.3 Weil sie heute für die kritischen Theologen die Grundlage in der Neutestamentlichen Theologie ist, möchte ich diese Methode im Folgenden kurz darstellen und kritisch hinterfragen.4

Wir fragen, ob diese Methode dem Wesen des Wortes Gottes entspricht und ob sie wirklich historisch-wissenschaftlich ist oder ob sie nicht vielmehr dem Unglauben entspringt.

1 Die historisch-kritische Methode entspricht nicht dem Wesen des Wortes Gottes

Bevor ich zu der „historisch-kritischen Methode“ Stellung nehme, wollen wir uns einen kurzen Überblick über diese Methode verschaffen. Wir fragen, wie diese Methode in der Evangelienauslegung vorgeht.

Die exegetische Arbeit vollzieht sich bei der Anwendung dieser Methode allgemein in drei „fundamentalen methodischen Schritten“, „wie sie praktisch bei der Auslegung jedes Textes durchlaufen werden müssen“.5 Diese drei Schritte stellen gleichzeitig drei Etappen in der Entwicklung der so genannten historisch-kritischen Methode dar.

Es sind die „literarkritische Methode“, die „formgeschichtliche Methode“ und die „redaktionsgeschichtliche Methode“.

Die Literarkritik wendet sich nach Zimmermann dem durch die „textkritische Methode“

„festgestellten Text selbst zu, sucht ihn in seiner literarischen Eigenart und Zielrichtung zu erfassen, indem sie den vorliegenden Text formal und inhaltlich analysiert und den Anteil seines Verfassers von dem trennt, was schriftlich vorgelegen hat und in die jetzige Textgestalt aufgenommen und zu einer neuen Einheit verarbeitet wurde.“6

Es geht also darum, das literarische Verhältnis bzw. die literarische Abhängigkeit der neutestamentlichen Evangelien untereinander und der Evangelien zu anderen Quellen aufzuzeigen.

Als sicheres „Ergebnis“ wird vorausgesetzt, dass die Evangelien das Endstadium einer langen Entwicklung darstellen.7 Ein erstes Stadium der Überlieferungsbildung habe schon bald nach dem Tod von Jesus eingesetzt.

Seine Träger seien die Augenzeugen, vornehmlich die zwölf Jünger, gewesen, die die Überlieferung zunächst mündlich weitergegeben hätten. Ein zweites Stadium der Überlieferungsgeschichte sei dadurch gekennzeichnet, dass sich zahlreiche kleinere schriftliche Sammlungen herausgebildet hätten. Hierzu gehöre eine „Logiensammlung“, die „Q“ (d.h. „Quelle“) genannt wird. Diese „Logiensammlung“, die ursprünglich in Aramäisch abgefasst worden sei, hätten Matthäus und Lukas schon in griechischer Sprache benutzt. Zum dritten Stadium der Überlieferungsgeschichte seien schon unsere drei synoptischen Evangelien zu rechnen. Dabei geht man davon aus, dass bei diesem so genannten „dritten Stadium“ („der dritte Sitz im Leben“)8 das Markusevangelium als erstes verfasst wurde und dass Matthäus und Lukas unabhängig voneinander sowohl das Markusevangelium als auch die „Logiensammlung“ benutzt hätten.

Schon Spinoza (1632-1677) unterzog die Bibel der „historischen Kritik“ und wollte eine allmähliche Entstehung des Pentateuchs aufzeigen.9 Johann Salomo Semler10 (1725-1791) unterschied zwischen Theologie und Religion (= Gottvertrauen)11 und hat nach Kümmel „in seiner ‚Abhandlung von freier Untersuchung des Kanons’ (1771-75) nachgewiesen, dass die Frage der Zugehörigkeit einer nt. Schrift zum Kanon rein geschichtlich zu sehen sei, weil der Kanon durch menschliche Übereinkunft zustande gekommen ist, und dass darum sich Gottes Wort und Heilige Schrift nicht decken.“12 Voraussetzung dieser Behauptung Semlers war die „Einsicht“, die im englischen Deismus erwachsen war, nämlich „dass das NT wie jede andere menschliche Urkunde völlig vorurteilslos [!] in seinem geschichtlichen Zusammenhang betrachtet werden müsse, und dabei hatte sich ergeben, dass das NT irrtümliche Vorstellungen (z.B. die Erwartung des nahen Endes) enthalte und sachlich keine Einheit darstelle“.13

Die so genannte „Zweiquellentheorie“14 bzw. „Markushypothese“, nach der Matthäus und Lukas bei der Verfassung der Evangelien als Vorlage das Markusevangelium und die „Logiensammlung“ „Q“ benutzt hätten, verdankt ihrer Entstehung einem „Anti-Strauß-Affekt“.15 Der Hegelschüler Strauß16 hatte 1835 in seinem „Leben von Jesus“ behauptet, dass die Evangelien keine Geschichtsurkunde, sondern Mythen seien.17 Drei Jahre später, also im Jahr 1838, postulierten Wilke18 und Weiße19 unabhängig voneinander, dass Markus für den Erzählungsstoff die gemeinsame Quelle des Matthäus und des Lukas darstelle.20 Weiße erweiterte diese Hypothese durch die Annahme, dass Matthäus und Lukas außer dem Markusevangelium noch eine weitere, uns heute nicht mehr zugängliche, gemeinsame Quelle benutzt hätten, nämlich die von Papias erwähnte „Logien“.21 Hierin war ihm Schleiermacher behilflich, weil dieser nämlich 1832 behauptet hatte, dass es sich bei den „Logien“ des Papias22 nicht um das Matthäusevangelium, sondern um eine „Logiensammlung“, also um eine Sammlung von Jesussprüchen handle.23 Der „grundlegende Nachweis“ für diese Theorie ist nach Lohse24 vor allem von Holtzmann25 und Wernle26 geführt worden.

In der folgenden Zeit wurde mindestens noch das Markusevangelium als das kürzeste historisch ernst genommen. Albert Schweitzer war davon ausgegangen, dass das so genannte „Messiasgeheimnis“ im Markusevangelium seinenUrsprung beim historischen Jesus gehabt habe;27 er hielt also die Angaben des Markus für historisch.

William Wrede28 jedoch versuchte, das Problem literarisch zu lösen. Dabei rechnete Wrede mit einer erheblichen Vorgabe durch die Gemeindetradition – im Unterschied zu Bruno Bauer, der den ganzen Vorgang dem Evangelisten zuschrieb.29

Wrede stellte sich die Fragen: „Warum behauptet Markus, dass Jesus verboten habe, von seiner Messianität zu sprechen?“ Das Schweigegebot von Jesus war seiner Meinung nach das Mittel, mit dem Markus zu erklären versucht habe, warum die Zeitgenossen von Jesus nicht gewusst hätten, dass er sich für den Messias gehalten habe.

„Jesus hat sich nicht für den Messias gehalten. Diesen Titel hat ihm die Gemeinde erst nach Ostern, also auf Grund des Auferstehungsglaubens, gegeben, um auszudrücken, was Jesus für sie bedeutete. Dabei ist aber der Sinn des Titels von der Gemeinde im Gegensatz zum politischen Messiasideal des Judentums völlig umgestaltet worden. Unter Heranziehung der ebenfalls jüdischen Hoffnung auf den Menschensohn wurde der Messias aus einer irdisch-politischen in eine himmlische Gestalt umgedeutet … Diese nachösterliche Messianität ist dann auf den irdischen Jesus zurückdatiert worden.“30

Damit erweist sich aber auch das Markusevangelium als historisch unzuverlässig und als spätere Gemeindetradition.

Infolgedessen stand jetzt die Fragestellung nach der „Gemeindetradition“ im Zentrum der Forschung.

Die formgeschichtliche Methode brachte nach dem 1. Weltkrieg eine „neue Orientierung“ in der Theologie.31

Im Anschluss an Herman Gunkels Untersuchungen über vorliterarische Überlieferungen im Alten Testament wandte man sich zuerst in den Evangelien, dann auch in den übrigen Schriften des Neuen Testaments der Frage nach der Entwicklung der mündlichen Tradition zu.32 Die entscheidende Untersuchung von Karl Ludwig Schmidt unter dem Titel „Der Rahmen der Geschichte von Jesus“ erschien 1919.33 Zimmermann schreibt dazu:

„Seine sorgfältige Analyse der Orts- und Zeitangaben innerhalb der synoptischen Evangelien gelangt zu dem Ergebnis, dass hinter unseren Evangelien mündlich überlieferte Einzelberichte stehen, welche die Evangelisten ohne Kenntnis des geschichtlichen Zusammenhangs nach sachlichen oder auch pragmatischen Grundsätzen sekundär verbunden haben.“34

Im selben Jahr erschien auch das Werk von Martin Dibelius „Die Formgeschichte des Evangeliums“,35 wonach die Verfasser der Evangelien nur zum geringsten Teil Schriftsteller und in der Hauptsache Sammler, Tradenten und Redaktoren sind.36 1921 erschien Rudolf Bultmanns „Die Geschichte der synoptischen Tradition“.37 Er geht von der „Einsicht“ aus, „dass die Literatur, in der sich das Leben einer Gemeinschaft, also auch der urchristlichen Gemeinde, niederschlägt, aus ganz bestimmten Lebensäußerungen und Bedürfnissen dieser Gemeinschaft entspringt, die einen bestimmten Stil, bestimmte Formen und Gattungen hervorbringen. Jede literarische Gattung hat also ihren ‚Sitz im Leben’ (Gunkel), sei es der Kultus in seinen verschiedenen Ausprägungen, sei es die Arbeit, die Jagd oder der Krieg. Wie der ‚Sitz im Leben’ nicht ein einzelnes historisches Ereignis, sondern eine typische Situation oder Verhaltensweise im Leben einer Gemeinschaft ist, so ist auch die literarische ‚Gattung’, bzw. die ‚Form’, durch die ein Einzelstück einer Gattung zugeordnet wird, ein soziologischer Begriff …“38

Stadelmann fasst die zehn Grundthesen der Formgeschichte zusammen,39 die ich hier gekürzt wiedergebe:

  • Es gab eine lange mündliche Überlieferung vor der Niederschrift der Evangelien.
  • In dieser Zeit zirkulierte das Evangelienmaterial in kleinen unabhängigen Einheiten (= Perikopen).
  • Diese Einheiten können in „Gattungen“ eingeteilt werden.
  • Jede Einheit hat einen bestimmten „Sitz im Leben“, der die Form bestimmte.
  • Von der heutigen Form der Einheiten kann man auf den Sitz im Leben schließen.
  • Die Theologie der glaubenden Gemeinde prägte die Umformung während der mündlichen Überlieferung.
  • Durch das Erforschen der Gesetze in der mündlichen Überlieferung und durch kritische Kriterien kann man die ursprünglichen Formen der Tradition wieder entdecken.
  • Die Evangelisten sammelten die Einzelgeschichten und fügten sie in ein Rahmenwerk.
  • Dieses geographische und chronologische Rahmenwerk ist zum größten Teil Eigenprodukt des Evangelisten.
  • Deshalb können unsere Evangelien nicht als historische Dokumente gelten, sondern nur als kerygmatische [d.h. als Ergebnis der urchristlichen Verkündigung] und theologische Werke einer glaubenden nachösterlichen Gemeinde.

Die redaktionsgeschichtliche Methode im eigentlichen Sinn hat nach dem 2. Weltkrieg begonnen, und zwar mit der Habilitationsschrift des Bultmannschülers Hans Conzelmann „Die Mitte der Zeit“ von 1954.40 Der Ausgangspunkt dieser Schrift ist die Frage: „Wie fasst Lukas selbst den Sinn seiner Darstellung auf?”41 Erforderlich sei für die Antwort „die Bestimmung des eigenen geschichtlichen Standortes des Lukas innerhalb der kirchlichen Entwicklung.“42 Die Antwort lautet:

„Lukas stellt sich der Lage, in welche die Kirche durch das Ausbleiben der Parusie [d.h. der Wiederkunft des Herrn Jesus] und die Entstehung einer innerweltlichen Geschichte gekommen ist. Er versucht sie zu bewältigen durch das Faktum seiner Geschichtsschreibung.“43

Dabei stelle Lukas die „Zeit von Jesus und die Zeit der Kirche … als verschiedene Epochen eines umfassenden heilsgeschichtlichen Ablaufs … [dar], die jeweils durch ihre besondere Charakteristik unterschieden werden.“44 Zimmermann schreibt:

„Da die Formgeschichte den Blick allzu sehr auf die vorevangelische Überlieferung gerichtet und die Evangelisten wesentlich als ‚Sammler’ und ‚Tradenten’ gesehen hatte, ist es verständlich, dass in den letzten Jahrzehnten das Pendel zurückschwang und die redaktionsgeschichtliche Betrachtungsweise gerade die besondere Absicht und die theologische Ausrichtung der einzelnen Evangelisten in den Vordergrund rückte.45 Ziel der redaktionsgeschichtlichen Untersuchungen ist „die Erklärung des Werkes in seiner jetzigen Gestalt, nicht die Erhebung etwaiger Vorlagen oder historische Fakten, welche ihm vorliegen“,46 denn vor „der Abfassung steht ein leitendes Bild von Wesen und Wirken von Jesus, und zwar ein autoritatives, das allen überlieferten Stoff prägt und sich auch da, wo dieser spröde ist, durchsetzt.“47

Ebenso aber geht es auch um die Bestimmung des eigenen geschichtlichen Standortes des jeweiligen Evangelisten innerhalb der kirchlichen Entwicklung. Da der in Redaktion und Gestaltung erkennbare Entwicklungsprozess genauer verstanden werden soll, muss nach der Situation der Gemeinde, in der die Evangelien entstanden sind, gefragt werden.48 Marxsen spricht diesbezüglich vom „dritten Sitz im Leben“.49

Entspricht diese Methode dem Wesen des Wortes Gottes? Ich meine, dass wir auf diese Frage hier nicht ausführlich eingehen müssen. Klar ist auf jeden Fall, dass die Bibel nicht nur ihre absolute Wahrhaftigkeit bestätigt, sondern dass die biblische Geschichtsschreibung dementsprechend auch „strenge Grundsätze anlegt“, wie Steinmeister richtig betont.50 U.a. sind das folgende:

  • Das Geschehene muss mindestens von zwei oder drei Zeugen bezeugt werden (vgl. Lk 1,1-3; Apg 1,3.21-22; 26 26; 1Kor 15,6.14-15; 2. Kor 13,1).
  • Diese Zeugen wissen sich der Wahrheit verpflichtet (Apg 26,25; Eph 4,25; 1Petr 2,1).51
  • Sie wissen, dass sie einmal vor Gott Rechenschaft ablegen müssen (Röm 14,12; 2. Kor 5,10).
  • Weil sie an der erkannten Wahrheit festhalten, müssen sie leiden und werden zum Teil grausam hingerichtet.
  • Sie schreiben unter der Leitung und Inspiration des Geistes Gottes (1Kor 2,13; 1Petr 1,12b), der „der Geist der Wahrheit ist“ (Joh 15,26).

Weil nur der Geist Gottes weiß, was in Gott ist, und weil er den Inhalt den Verfassern der biblischen Schriften offenbarte (1Kor 2,11-16; vgl. 2Tim 3,16; 2Petr 1,21), sollen die Empfänger lernen, nicht über das hinauszugehen, was geschrieben steht (1Kor 4,6). Nur durch die Offenbarung des Heiligen Geistes konnten die Verfasser der biblischen Schriften das, was in Raum und Zeit geschehen war, aus göttlicher Sicht deuten. Dabei ist nicht unwichtig, sondern entscheidend, ob das Verkündigte historische Fakten darstellt oder nicht. Das erkennen wir allein schon daran, dass der Nachfolger des Judas Ischarioth ein Augenzeuge von Jesus sein musste.

„Es muss nun von den Männern, die mit uns gegangen sind in all der Zeit, in welcher der Herr Jesus bei uns ein- und ausging, angefangen von der Taufe des Johannes bis zu dem Tag, an dem er von uns hinweg genommen wurde – von diesen [muss] einer Zeuge seiner Auferstehung mit uns werden“ (Apg 1,21-22).

Petrus, der weiß, dass sein Tod nahe bevorsteht (2Petr 1,13ff.), betont in seinem zweiten Brief, dass sie, die Apostel, nicht, indem sie ausgeklügelten Mythen gefolgt sind, die Kraft und die Ankunft des Herrn Jesus Christus kundgetan haben, sondern selbst Augenzeugen seiner Majestät gewesen sind (2Petr 1,16ff.). Er nimmt an dieser Stelle auf die Verklärung von Jesus Bezug, wo er mit Jakobus und Johannes zusammen anwesend war (vgl. Mt 17,1ff. par). Petrus bestätigt damit, dass dieses Ereignis kein Mythos gewesen ist, sondern dass es tatsächlich so geschehen ist und dass er es mit eigenen Augen gesehen hat. Er grenzt sich also eindeutig gegen die Mythen ab. Das Ereignis der Verklärung ist eine Bestätigung, dass das prophetische Wort (prophetikos logos) fest ist und dass man sich daran festhalten kann als einem Licht (2Petr 1,19). Gottes Verheißungen sind also keine Mythen, sondern sie sind Tatsachen bzw. werden, wenn Gott sie erfüllt, zu Tatsachen.

Die „historisch-kritische Methode“ entspricht aber nicht nur nicht dem Wesen des Wortes Gottes – sie arbeitet auch nicht historisch-wissenschaftlich.

2 Die historisch-kritische Methode ist nicht historisch-wissenschaftlich begründet

Bei den Theologen, die mit der „historisch-kritischen Methode“ arbeiten, fällt auf, dass ständig mit lauter Vermutungen gearbeitet wird: „Es könnte so gewesen sein“, „es ist (höchst)wahrscheinlich so gewesen“, usw. „Historisch“ arbeiten heißt demnach, lauter Vermutungen aufzustellen. Andererseits geht man dann aber doch davon aus, dass die „historisch-kritische“ Theologie bewiesen hat, dass es z.B. eine lange Überlieferung gab, bevor die Evangelien geschrieben wurden, und dass vieles, was darin berichtet wird, so nicht geschehen sein kann.

Gerd Lüdemann will z.B. „die Auferstehung historisch betrachten“.52 Historisch will er bewiesen haben, dass Jesus nicht auferstanden ist, sondern dass sein Leib im Grab verwest ist. Doch was bedeutet „historisch untersuchen“? Was ist „Historie“? Kann Geschichte uns zeigen, wie es wirklich gewesen ist, wie A. v. Harnack behauptete?53

Dass etwas historisch54 ist, heißt nach Sierszyn „es wird erzählt, es wird berichtet, gedeutet, es wird seit längerer oder kürzerer Zeit überliefert, wobei v. a. die zeitliche Nähe des ersten Berichtes zum besagten Ereignis, die Gewissenhaftigkeit und ‘wissenschaftliche’ Qualifikation des ersten Berichterstatters (Qualität d. Quellen), sowie die Zuverlässigkeit und Lückenlosigkeit der Überlieferung von ausschlaggebender Bedeutung sind.“55

Aus diesem Grund sucht man in der Theologie, die Entstehung der Evangelien und der Apostelgeschichte möglichst spät zu datieren, weil es ja nicht so gewesen sein kann, wie darin berichtet wird!56 Doch dann müsste man ehrlich sein zu gestehen, dass wir heute in einem viel größeren zeitlichen Abstand von dem Berichteten leben. Und ob wir heute so viel realer in unserer Weltanschauung sind als die Jünger und Apostel von Jesus damals, deren Gedankenwelt weder durch die griechische Philosophie noch durch sonstige Mythen geschult war, sondern durch die göttliche Offenbarung des Alten Testaments, bleibt zu bezweifeln.

Was tun wir, wenn wir heute herausfinden wollen, was „historisch“ einmal geschehen ist? Im Normalfall forscht man in den Quellen aus dieser Zeit, d.h. Quellen, die möglichst nahe an die Ereignisse heranreichen. Über das Leben, Sterben und die Auferstehung von Jesus sind das natürlich die Schriften des Neuen Testaments. Und wie wissen wir, wann und unter welchen Umständen diese Schriften entstanden sind? Doch nur aus den Schriften selbst und dadurch, dass wir in anderen Quellen forschen, die wiederum zeitlich diesen Schriften nahe stehen. Und diese Quellen berichten uns über die Entstehung der Evangelien und der Apostelgeschichte des Lukas etwas ganz anderes als das, was heute allgemein von den historisch-kritischen Theologen behauptet wird.

Papias, nach Irenäus ein Hörer des Apostels Johannes und Freund des Polykarp,57 der Bischof von Hierapolis in Phrygien war, schrieb um 125 n.Chr. ein Werk mit dem Titel „Auslegung von Herrenworten”.58 Dazu schreibt Sierszyn treffend:

„Papias sammelt möglichst direkte Berichte über Jesus und seine Jünger und legt sie aus. Ist er als Freund von Polykarp ebenfalls um 60/70 geboren, so hat er – wie Irenäus bezeugt – den Apostel Johannes und den Jesus-Jünger Aristion noch selber gehört.“59

Dieser Papias schreibt:

„Wenn aber jemand, der den Älteren gefolgt war, dann erkundigte ich mich nach den Lehren (Worten) der Älteren und fragte: ‚Was sagte Andreas, was Petrus, was Philippus, was Thomas oder Jakobus, was Johannes oder Matthäus oder irgendein anderer von den Jüngern des Herrn, und was sagen Aristion und der Presbyter (Älteste) Johannes, des Herrn Jünger.‘ Denn ich erachtete das, was aus den Büchern [kommt], nicht für den gleichen Nutzen, wie das von lebenden und bleibenden Stimmen.“60

Mit dem „Presbyter Johannes“ ist offenbar der Apostel Johannes gemeint, denn Papias nennt diesen auch sonst den „Presbyter“,61 wie der Apostel sich ja auch selbst bezeichnet (2Jo 1; 3Jo 1).62 Die erste Gruppe der erwähnten Personen gehört offensichtlich zu denen, die früher lebten und befragt werden konnten, während er den Aristion und den „alten Johannes“ selbst noch getroffen hat.63 Somit hatte Papias über Augenzeugen einen guten Zugang zur frühen Zeit der Urgemeinde.

Dieser Papias schreibt in Bezug auf Matthäus:

„Matthäus hat in hebräischer Sprache die Reden (ta logia) zusammengestellt; ein jeder aber übersetzte dieselben, so gut er konnte.”64

Dass Papias nicht die so genannte Logienquelle „Q” meint, sondern das Matthäusevangelium, kann selbst Lohse nicht leugnen.65 Auch andere wie Irenäus66 (ein Schüler des Bischofs Polykarp von Smyrna)67 und Origenes bezeugen die Verfasserschaft des Matthäusevangeliums durch den ehemaligen Zöllner und späteren Apostel Matthäus.68

Dass der Verfasser nicht nur chronologisch, sondern auch thematisch ordnet, spricht nicht gegen die Verfasserschaft eines Augenzeugen. Natürlich spricht die Zweiquellentheorie bzw. Markushypothese dagegen, denn wie sollte ein Augenzeuge von einem Nichtaugenzeugen abgeschrieben haben? Deshalb kann für die historisch-kritischen Theologen auch Matthäus nicht der Verfasser gewesen sein. Aber dass die Zweiquellentheorie mehr Probleme aufwirft als sie lösen könnte,69 wird weit gehend verschwiegen.70

In Bezug auf das Markusevangelium schreibt Papias:

„Und dieses sagte der Älteste: Markus nun, da er ein Dolmetscher (bzw. Interpret) des Petrus war, hat das, was vom Herrn gesagt oder getan worden ist, alles, woran er sich erinnerte, genau aufgeschrieben, aber nicht der Reihe nach (jedoch nicht nach Ordnung bzw. systematisch). Er hatte nämlich den Herrn weder gehört noch begleitet, später aber, wie gesagt, den Petrus. Dieser machte seine Lehren entsprechend den Bedürfnissen, aber nicht, als verfertigte er eine geordnete Darstellung der Herrenworte; folglich beging Markus keinen Fehler (keine Sünde), indem er einiges so aufschrieb, wie er sich erinnerte. Er trug nur für eines Sorge, nichts von dem, was er gehört hatte, auszulassen oder zu verfälschen …“71

Dass Markus zurzeit der Abfassung des 1. Petrusbriefes mit Petrus zusammen in Rom war, zeigt 1Petr 5,12 (Babylon als Deckname für Rom).

So muss man keineswegs annehmen, dass das Markusevangelium das älteste ist, weil es das kürzeste ist. Diese Ansicht beruht vielmehr auf dem Geschichtsverständnis Hegels nach dem Prinzip von These – Antithese – Synthese.72 Der Grund dafür, dass Markus sich kürzer fasst, liegt vielmehr im Verkündigungsstil des Petrus (vgl. Apg 10, 34ff.). Sehr viel spricht historisch dafür, dass das Markusevangelium das jüngste der drei synoptischen Evangelien ist. Nach Irenäus hat Markus das von Petrus Verkündigte erst nach dem Sterben des Petrus und des Paulus schriftlich überliefert (veröffentlicht).73

Das Lukasevangelium ist nach altkirchlicher Bezeugung (Irenäus, Tertullian, Clemens Alexandrinus, Origenes etc.)74 von Lukas, dem Arzt (vgl. Kol 4,14) und Reisebegleiter des Apostels Paulus verfasst worden. Folglich kannten sich die Verfasser des Lukasevangeliums und des Markusevangeliums (vgl. Kol 4,10 mit Kol 4,14). Dass die Apostelgeschichte vom selben Verfasser stammt wie das Lukasevangelium,75 kann kaum geleugnet werden. In der Apostelgeschichte finden wir die so genannten „Wir-Berichte” (z.B. Apg 16,10ff.), die uns indirekt weitere Auskunft über den Verfasser geben.76 Denn dass die „Wir-Berichte” denselben Verfasser haben müssen wie der Rest des Buches, wird, wie Lohse richtig feststellt, dadurch bestätigt, „dass sie sich durch Sprache und Stil nicht von der übrigen Apg unterscheiden.“77 Dass für diese „Wir-Berichte” von den Mitarbeitern des Paulus niemand anders in Frage kommt als Lukas, zeigt W. Michaelis überzeugend auf.78 Interessant ist, dass Paulus das Lukasevangelium (Lk 10,7) in 1. Tim 5,18 neben Deut 25,4 bereits ca. 64/5 n.Chr. als „Schrift” zitiert, während er dieselbe Äußerung von Jesus in 1Kor 9,14 als Befehl des Herrn erwähnt. Dass die so genannten Pastoralbriefe (1. Tim; 2. Tim; Tit) nur vom Apostel Paulus – also noch in den sechziger Jahren – verfasst sein können, begründet W. Michaelis ausführlich.79

Lukas erwähnt nun in seiner Einleitung zum Evangelium, dass er gründlich geforscht habe (Lk 1,3).80 Hierfür hatte er in den zwei Jahren der Gefangenschaft des Apostels Paulus in Cäsarea (Apg 23,23ff.) genügend Zeit. Dass der Verfasser persönlich Augenzeugen (z.B. Maria, die Mutter von Jesus) befragt hat, bestätigen meines Erachtens u.a. Lk 2,19 („Maria aber bewahrte alle diese Worte, indem sie sie in ihrem Herzen erwägte”) und Lk 2,51 („und seine Mutter bewahrte alle Worte in ihrem Herzen”).81 Folglich hatte Lukas die Berichte aus erster Hand.

Das Johannesevangelium ist vom Apostel Johannes verfasst worden. Dies wird von Irenäus, der über Polykarp ein „Großschüler“ des Johannes war,82 bezeugt. Er schreibt: „Endlich hat Johannes, der Schüler des Herrn, der auch an dessen Brust geruht, während seines Aufenthalts zu Ephesus in Asien sein Evangelium geschrieben.“83 Dass der „Lieblingsjünger“ der Verfasser des Johannesevangeliums ist, erkennt man klar an Joh 21,20-25. In Joh 21 stehen nur 6 Personen zur Auswahl, wer der „Lieblingsjünger“ sein kann, unter denen sich auch der Apostel Johannes befindet (Joh 21,2).

Somit ist also klar, dass wir keinen Grund haben, die Berichte der Evangelien als „späte Tradition“ in Frage zu stellen. Sie sind von den Augenzeugen, die von der Tatsache der leiblichen Auferstehung von Jesus völlig überzeugt waren, überliefert worden.

Von „Überlieferung“ spricht auch das Neue Testament. Doch meint das Neue Testament damit nicht die „Gemeindetradition“, die sich nach und nach entwickelt haben soll, als wäre die Gemeinde kreativ gewesen und hätte die Tradition (als Erdichtung) gebildet. Dort empfing die Gemeinde, und die Apostel von Jesus Christus „überlieferten”. Positiv bezeichnet der Begriff „Überlieferung” also die „Überlieferung der Apostel“ (1Kor 11,2; 2. Thes 2,15; 3,6). Sie ist identisch mit der „Lehre der Apostel“ (Apg 2,42; vgl. 2. Thes 2,15). Mit Ridderbos können wir festhalten:

„Ehe also von neutestamentlichen Schriften als Kanon für die Kirche gesprochen werden konnte, war es im allgemeinen die Überlieferung, durch welche die neutestamentliche Heilsbotschaft sowohl in ihrer zentralen Bedeutung (Kol 2,6ff.; Röm 6,17; 1. Thes 2,13; 2. Thes 2,15), als auch in ihrer speziellen Auswirkung auf den Lebenswandel der Gemeinde (1Kor 11,2; Phil 4,9; 1. Thes 4,1; 2. Thes 3,6; 2Petr 2,21) ihre Gestalt erhielt ¼ Die neutestamentliche Überlieferungsterminologie, namentlich wie sie bei Paulus vorkommt, zeigt, wie sehr der Begriff der christlichen Überlieferung von den entsprechenden jüdischen Vorstellungen bestimmt ist. Demnach verleiht nicht die Autorität der Väter oder die Schule der Tradition Gültigkeit, sondern vielmehr der Charakter des überlieferten Stoffes selbst und das damit übereinstimmende Amt des Gesetzeslehrers.“84

Und weiter unten schreibt er sehr treffend:

„Die Tradition, von der das Neue Testament spricht, ist also kein ungezähmter Strom, der seinen Ursprung in dem großen Heilsgeschehen hat und als Gemeindeglauben oder Gemeindetheologie weitergeht, sondern sie ist die autoritative Verkündigung, die den Aposteln als den Zeugen Christus und als dem Fundament der Kirche anvertraut ist, und die sie als kostbares Pfand in genauer Übereinstimmung mit ihrem Auftrag weiterzugeben haben (1. Tim 6,20).“85

Demnach ist der Inhalt der Schriften des Neuen Testaments nicht „Gemeindetradition”, sondern autoritative Mitteilung der Augenzeugen von Jesus, die Jesus sich als Bevollmächtigte erwählt hatte, unter der Leitung des Heiligen Geistes zu verkündigen und zu lehren (anfänglich durch die mündliche Verkündigung, dann durch die Schriften, weil nur so das Fundament auch für alle Zukunft gesichert ist), um seine Gemeinde zu bauen (vgl. Eph 2,20). Dieser autoritative Inhalt ist nicht von der späteren Generation überarbeitet und verändert worden. Somit haben wir allen Grund, an der Zuverlässigkeit des Inhalts des Evangelien und der Apostelgeschichte festzuhalten.

3 Die historisch-kritische Methode kommt nicht aus dem Glauben

Grund des Zweifelns an den biblischen Berichten ist demnach nicht die historische Forschung der Bibel. Es darf vielmehr nicht so gewesen sein, wie die Bibel berichtet. Geschichtlich hat dieser Unglaube seinen Ursprung vor allem in der Aufklärung, wo der Mensch anfing, seiner Vernunft mehr zu vertrauen als der göttlichen Offenbarung. Kant zweifelte an der Offenbarung und hielt sie nicht für notwendig (im Gegensatz z.B. zu 1Kor 2,10ff.). Nach Hegel müsste alles Göttliche in seiner kleinen Vernunft aufgehen. Als göttlichen Ursprung in der Bibel betrachtete man von jetzt an das, was „der Vernunft nicht widerspricht“,86 oder „der moralischen Ausbesserung dient“.87 Verantwortlich für die Umwälzungen in der Theologie ist der Deismus, bei dem die Gottheit „in eine Ferne gerückt wird, aus der sie keine aktuellen Beziehungen zu Welt und Menschen mehr hat, ohne in ihrer Existenz geleugnet zu werden.”88 Doch das ist nicht der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs! Der biblische Gott ist ein lebendiger Gott (Ps 42,3; Jer 10,10; Dan 6,21.27), der einzig wahre Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat (Gen 1,1; 14,19; Jes 45,12) und in einer Beziehung zur Welt steht.

Dass der biblische Gott im Gegensatz zu allen Götzen ein lebendiger Gott ist, wird daran sichtbar, dass er den Menschen im Voraus offenbart, was kommen wird, und dies dann auch ausführt (Jes 46,9-10; vgl. Jes 41,21-23). Bei diesem lebendigen Gott gibt es keine „zufällige Erfüllung“ der Prophetie.89 Jedes Wort, das Gott sagt, sowohl das gute als auch das böse, geht in Erfüllung (vgl. Jes 23,15). Jahwe verspricht seinen Propheten, über sein Wort zu wachen, um es auszuführen (Jer 1,12).

Die Bibelauslegung der so genannten „historisch-kritischen Methode“ und dessen Ergebnis beruhen also durchaus nicht auf einer „vernünftigeren Weltanschauung“,90 sondern auf Unglauben. Auch wenn man nicht so extrem sein will wie Lüdemann, der die leibliche Auferstehung von Jesus leugnet, indem man z.B. betont, Gott habe bei der „Auferstehung“ von Jesus bzw. bei den „Visionen“ der Jünger gehandelt,91 so beruht diese Position doch auf dem Unglauben, weil sie Gott nicht zutraut, den Leib von Jesus auferweckt zu haben, wie uns dies eindeutig im Neuen Testament von Augenzeugen bestätigt wird.

Somit sind die neutestamentlichen Evangelien nicht „Glaubenszeugnisse“, die nur teilweise auf historischen Fakten gründen sollen. Vielmehr stellen sie einen Tatsachenbericht dar (vgl. z.B. Lk 1,1-4). Der Glaube hat nur dann ein zuverlässiges Fundament, wenn der Inhalt des Glaubens auf Tatsachen beruht. Der Glaube sieht somit keine Diskrepanz zwischen Glaubenszeugnis und Tatsachenbericht.


  1. Vgl. dazu folgende Aussage: „Heute haben Bibelkritiker die meisten Lehrstühle für Neues Testament besetzt, und Theologiestudenten lernen schon in den ersten Semestern, dass bei weitem nicht alles so war, wie es in den Evangelien steht“ (Der Spiegel 22/1996, S.68). 

  2. Zur Darstellung dieser Methode vgl. z.B. H. Zimmermann, Neutestamentliche Methodenlehre, Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk, 7. Aufl. 1982, S.79ff.; ferner auch J. Roloff, Neues Testament, Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlag,1977, S.3-45; K. Berger, Exegese des Neuen Testaments, Wiesbaden: Quelle & Meyer,3. Aufl. 1991, S.27ff.; U. Schnelle, Einführung in die neutestamentliche Exegese, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 5. Aufl. 2000, S.63ff.; W. Fenske, Arbeitsbuch zur Exegese des Neuen Testaments. Ein Proseminar, Gütersloh: Chr. Kaiser/Gütersloher Verlagshaus, 1999, S.71ff. 

  3. Gerd Lüdemann kritisiert die Inkonsequenz bzw. die „Scheinheiligkeit und Schizophrenie“ der Theologen und Pfarrer, die „gemäßigt kritisch“ sein wollen (vgl. Der Spiegel 8/1996, S.60). 

  4. Vgl. dazu auch J. Thiessen, Die Auferstehung Jesu historisch betrachtet. Eine Stellungnahme zu G. Lüdemann, 2. Teil, in: Fundamentum, Heft 1/1997, S.65-71. 

  5. Roloff, Neues Testament, S.3. 

  6. Zimmermann, Methodenlehre, S.79. 

  7. Vgl. dazu und zum Folgenden Zimmermann, Methodenlehre, S.81f. Zimmermann betont: „Sicher ist, dass die synoptischen Evangelien das Endstadium einer langen Entwicklung darstellen …“ (ebd., S.81). 

  8. Dieser Begriff „Sitz im Leben“ wurde von H. Gunkel eingeführt. Berger warnt vor Überbewertung dieses „Sitzes im Leben“ (Berger, Exegese, S.111ff.). 

  9. Vgl. K. Heussi, Kompendium der Kirchengeschichte, Tübingen: J. C. B. Mohr, 9. Aufl. 1988, §105c. 

  10. Vgl. H. J. Genthe, Kleine Geschichte der neutestamentlichen Wissenschaft, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht,1977, S.65ff. 

  11. Heussi, Kompendium, §107l. 

  12. W. G. Kümmel, Art. „Bibelwissenschaft des Neuen Testaments“, in: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, Handbuch für Theologie und Religionswissenschaft, J. C. B. Mohr, Tübingen,3. Aufl. 1957 (abgekürzt: RGG3), Bd. I, Sp.1240. Seit Semler (so auch Adolf v. Harnack) wird die Frage nach dem neutestamentlichen Kanon (d.h. die Frage, inwieweit die 27 neutestamentlichen Bücher Gottes Wort sind und damit Maßstab für die Gläubigen) meistens dogmengeschichtlich betrachtet. Auch wenn ich nicht die Ansicht Zahns teile, dass die Frage nach dem neutestamentlichen Kanon eine ekklesiologische sei (das Hauptmerkmal des Kanonischen in der alten Kirche war nach Zahn die gottesdienstliche Lesung [Th. Zahn, Grundriß der Geschichte des Neutestamentlichen Kanon, Wuppertal: R. Brockhaus Verlag,3. Aufl. 1985, S.61]. Er unterscheidet m.E. zu wenig zwischen den als kanonisch anerkannten Schriften und denen, die zur Lesung z.B. im Taufunterricht zugelassen wurden), so zeigt Zahn doch in seiner gründlichen Forschung, dass die allgemeine Behauptung, die alte Kirche habe den neutestamentlichen Kanon erst als Reaktion gegen die Irrlehrer im 2. Jh. gebildet, nicht stimmt (vgl. auch Th. Zahn, Geschichte des Neutestamentlichen Kanon, Deichert, Erlangen/Leipzig,1892). 

  13. Kümmel, Bibelwissenschaft, Sp.1240. 

  14. Vgl. Genthe, Kleine Geschichte, S.117ff. 

  15. Vgl. H. H. Stoldt, Geschichte und Kritik der Markushypothese, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2. Aufl. 1986, S.234f.; ferner Mauerhofer, Einleitung, Bd. 1, S.186. 

  16. Vgl. Genthe, Kleine Geschichte, S.87ff. 

  17. Vgl. Mauerhofer, Einleitung, Bd. 1, S.186. 

  18. C. G. Wilke, Der Urevangelist oder exegetisch-kritische Untersuchung über das Verwandtschaftsverhältnis der drei ersten Evangelien, Dresden/Leipzig, 1838; vgl. dazu auch Genthe, Kleine Geschichte, S.100. 

  19. C. H. Weisse, Die evangelische Geschichte, kritisch und philosophisch bearbeitet, Leipzig, 1938, 2 Bde.; vgl. C. H. Weisse, Die Evangelienfrage in ihrem gegenwärtigen Stadium, Leipzig, 1856; vgl. dazu auch Genthe, Kleine Geschichte, S.99ff. 

  20. Vgl. Mauerhofer, Einleitung, Bd. 1, S.183. 

  21. Genthe, Kleine Geschichte, S.99; vgl. Mauerhofer, , Einleitung, Bd. 1, S.183. 

  22. Vgl. dazu Eusebius, Historia Ekklesiastica (Kirchengeschichte), III,39,16. 

  23. Vgl. Mauerhofer, , Einleitung, Bd. 1, S.184. 

  24. E. Lohse, Die Entstehung des Neuen Testaments, Stuttgart Berlin Köln: Verlag W. Kohlhammer,5. Aufl. 1991, S.79. 

  25. Vgl. dazu Genthe, Kleine Geschichte, S.117ff.; Stoldt, Geschichte und Kritik, S.67ff. 

  26. Vgl. dazu Stoldt, Geschichte und Kritik, S.91ff. 

  27. Vgl. Genthe, Kleine Geschichte, S.217. 

  28. W. Wrede, Das Messiasgeheimnis in den Evangelien – Zugleich ein Beitrag zum Verständnis des Markusevangeliums, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht (1901),4. Aufl. 1969. 

  29. Genthe, Kleine Geschichte, S.217ff. 

  30. Ebd. 

  31. Vgl. Kümmel, Bibelwissenschaft, Sp.1246. 

  32. Ebd. 

  33. Siehe K. L. Schmidt, Der Rahmen der Geschichte Jesu, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft: Literarkritische Untersuchungen zur ältesten Jesusüberlieferung, 2. Aufl. 1964 (= 1. Aufl. 1919); vgl. dazu auch Genthe, S.238. 

  34. Zimmermann, Methodenlehre, S.129. 

  35. Siehe M. Dibelius, Die Formgeschichte des Evangeliums, Tübingen: Mohr, 3. Aufl. 1959; vgl. auch M. Dibelius, Aufsätze zur Apostelgeschichte, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 3. Aufl. 1957. 

  36. Vgl. Zimmermann, Methodenlehre, S.129. 

  37. Siehe R. Bultmann, Die Geschichte des synoptischen Tradition, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 4. Aufl. 1958. 

  38. Bultmann, Geschichte, S.4; vgl. Zimmermann, Methodenlehre, S.130. 

  39. H. Stadelmann, Die Entstehung der Synoptischen Evangelien, Eine Auseinandersetzung mit der formgeschichtlichen Synoptikerkritik, in: Bibel und Gemeinde, hrg. v. Bibelbund,1/1977, S.49-50; vgl. Mauerhofer, Einleitung, Bd. 1, S.190f. 

  40. Siehe H. Conzelmann, Die Mitte der Zeit. Studien zur Theologie des Lukas, Tübingen: Mohr, 6. Aufl. 1977; vgl. Zimmermann, Methodenlehre, S.218; Genthe, Kleine Geschichte, S.296. 

  41. Conzelmann, Mitte, S.5. 

  42. Ebd. 

  43. Ebd., S.6. 

  44. Ebd., S.5. 

  45. Zimmermann, Methodenlehre, S.217. 

  46. Conzelmann, Mitte, S.1; vgl. ebd., S.5. 

  47. Ebd., S.4. 

  48. Vgl. Zimmermann, Methodenlehre, S.223f. 

  49. W. Marxen, Der Evangelist Markus. Studien zur Redaktionsgeschichte des Evangeliums, Göttingen, 2. Aufl. 1959, S.13. 

  50. A. Steinmeister, Auferstehung, Realität oder Illusion? Argumente für die Auferstehung Jesu und die Auferstehung der Toten, Wuppertal: Verlag und Schriftenmission der Evangelischen Gesellschaft für Deutschland,1989, S.94f. 

  51. Vgl. dazu die berechtigte Kritik an der historisch-kritischen Theologie bei E. Lerle, Wahrheit und Verkündigung, in: FUNDAMENTUM 1/1982, S. 65ff.; E. Lerle, Moderne Theologie unter der Lupe, Neuhausen-Stuttgart: Hänssler-Verlag,1987, S. 92ff. 

  52. So der Untertitel seines Buches G. Lüdemann/A. Özen, Was wirklich mit Jesus geschah. Die Auferstehung historisch betrachtet, Stuttgart: Radius-Verlag, 1995; vgl. auch G. Lüdemann, Die Auferstehung Jesu von den Toten. Ursprung und Geschichte einer Selbsttäuschung, Lüneburg: zu Klampen Verlag, 2002. 

  53. Vgl. A. Sierszyn, 2000 Jahre Kirchengeschichte, Neuhausen-Stuttgart: Hänssler, 1995, Bd. 1, S.60. 

  54. Das Substantiv historia („Geschichte“; eigentlich: „Erforschung, Erkundigung, Untersuchung“; vgl. W. Bauer, Wörterbuch zum Neuen Testament, Berlin/New York: Walter de Gruyter, 6. Aufl. 1988, Sp.776; W. Pape, Griechisch-Deutsches Handwörterbuch, Braunschweig: Druck und Verlag von F. Vieweg & Sohn, 3. Aufl. 1914, Bd. 1, S.1270) kommt im Neuen Testament nicht vor; das Verb histore? („durch eigene Anschauung oder Nachfrage erfahren, erforschen“; vgl. Pape, Handwörterbuch, Bd. 1, S.1271) erscheint in Gal 1,18. 

  55. A. Sierszyn, Die Bibel im Griff? Historisch-kritische Denkweise und biblische Theologie, Neuhausen-Stuttgart: Hänssler Verlag, Neuauflage 2001, S.62-63. 

  56. Lüdemann schreibt: „So ist der historische Ertrag zur Auferstehung Jesu bislang unbefriedigend. Wir wissen bis jetzt nur, dass ein Geschehen, wie es die Evangelien nahelegen, historisch nicht wahrscheinlich ist“ (G. Lüdemann/A. Özen, Was wirklich mit Jesus geschah, S.78). 

  57. Siehe Eusebius, Hist. Ekkl. III,39,1. 

  58. Vgl. dazu Sierszyn, 2000 Jahre Kirchengeschichte, Bd. 1, S.64. 

  59. Ebd. 

  60. Eusebius, Hist. Ekkl. III,39,4. 

  61. Vgl. Eusebius, Hist. Ekkl. III,39,14ff. 

  62. Vgl. die ausführlichere Begründung in W. Michaelis, Einleitung in das Neue Testament, Bern: Berchtold Haller, 3. Aufl. 1961, S.93f.; vgl. ferner Th. Zahn, Einleitung in das Neue Testament, Leipzig: Deuchert’sche Verlagsbuchhandung, 1899, Bd.2, S.209ff. 

  63. Vgl. Michaelis, Einleitung, S.93. 

  64. Eusebius, Hist. Ekkl. III,39,16. 

  65. Lohse, Einführung, S.81 (Lohse geht davon aus, dass Matthäus nicht der Verfasser sein kann); vgl. Mauerhofer, Einleitung, Bd. 1, S.53ff. 

  66. Sierszyn nennt Irenäus den „Biblizisten” des 2. Jahrhunderts (Sierszyn, 2000 Jahre Kirchengeschichte, Bd. 1, S.142). 

  67. Vgl. ebd. 

  68. Vgl. Mauerhofer, Einleitung, Bd. 1, S.58ff. 

  69. Vgl. ebd., S.199ff. 

  70. Vgl. z.B. Lohse, Einführung, S.79ff. 

  71. Eusebius, Hist. Ekkl. III,39,15. 

  72. Ferdinand Christian Baur versuchte, dieses Prinzip konsequent auf die neutestamentlichen Schriften anzuwenden, und ließ dabei das Johannesevangelium frühestens 160 n. Chr. entstehen. Inzwischen wurde aber ein Papyrus (p52) mit wenigen Versen aus dem Johannesevangelium gefunden, der auf ca. 125 n.Chr. datiert wird (vgl. C. P. Thiede, Die älteste Evangelienhandschrift, Wuppertal: R. Brockhaus Verlag, 4. Aufl. 1994, S.19; B. M. Metzger, Der Text des Neuen Testaments, Eine Einführung in die neutestamentliche Textkritik, Stuttgart/Berlin/Köln/Mainz: Kohlhammer,1966, S.38f.) B. M. Metzger schreibt: „Wäre dieses kleine Fragment in der Mitte des 19. Jahrhunderts bekannt gewesen, dann hätte die von Ferdinand Christian Baur inspirierte Tübinger Schule nicht behaupten können, das vierte Evangelium sei nicht vor etwa 160 entstanden” (ebd., S.39). 

  73. Irenäus, Adv. Haer. III,1,1; zitiert nach Eusebius, Hist. Ekkl. V,8,3; vgl. Mauerhofer, Einleitung, Bd. 1, S.99. 

  74. Vgl Mauerhofer, Einleitung, Bd. 1, S.145ff. 

  75. Vgl. Lk 1,3 mit Apg 1,1; aber auch Sprache und Stil sprechen dafür. Vgl. dazu R. Morgenthaler, Die lukanische Geschichtsschreibung als Zeugnis – Gestalt und Gehalt der Kunst des Lukas, Teil 1: Gestalt; Teil 2: Gehalt, Zürich: Zwingli-Verlag, 1949. 

  76. Vgl. dazu J. Thiessen, Die Stephanusrede untersucht und ausgelegt aufgrund des alttestamentlichen und jüdischen Hintergrunds, Nürnberg: VTR, 1999, S.1ff. 

  77. Lohse, Einführung, S.98. 

  78. Michaelis, Einleitung, S.63. 

  79. Ebd., S.238ff.; vgl. Mauerhofer, Einleitung, Bd. 2, S.170ff. 

  80. Vgl. dazu Thiessen, Stephanusrede, S.9-17; A. D. Baum, Lukas als Historiker der letzten Jesusreise, Wuppertal/Zürich: Brockhaus, 1993, S.39-154. 

  81. Die „Emmausgeschichte” hat ihm sicher der dort erwähnte Kleopas (Lk 24,18) erzählt (vgl. Lerle, Moderne Theologie, S.28f.). 

  82. Vgl. Mauerhofer, Einleitung, Bd. 1, S.215; Sierszyn, 2000 Jahre Kirchengeschichte, Bd. 1, S.142. 

  83. Eusebius, Hist. Ekkl. V,8,4. 

  84. Ridderbos, Begründung, S.28-29. 

  85. Ebd., S.31. 

  86. So z.B. Lessing; vgl. G. Maier, Biblische Hermeneutik, Wuppertal und Zürich: R. Brockhaus, 4. Aufl. 2003, S.234. 

  87. So z.B. Semler; vgl. ebd. 

  88. G. Mensching, Deismus, in: RGG3, Bd.II, Sp.57-58; vgl. dazu E. Troeltschs Grundsätze der Kritik, Analogie und Korrelation (vgl. Stuhlmacher, Vom Verstehen des Neuen Testaments, Eine Hermeneutik, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S.166ff.; Sierszyn, Die Bibel im Griff?, S.20ff. und die Stellungnahme ebd., S.26ff.). 

  89. Vgl. J. Meldau, Der Messias in beiden Testamenten, Neuhausen-Stuttgart: Hänssler, 2. Aufl.1984, S.14ff. 

  90. Die antike Weltanschauung wird immer wieder in die Bibel hineingelesen, so zum Beispiel das „dreistöckige Weltbild“ (mit einem „Totenreich“ in der Erde). Dabei vergisst man aber, dass der Begriff „Scheol“ im Alten Testament sehr oft das Grab, also den Ort, wo der gestorbene Leichnam hinkommt, bezeichnet (vgl. J. Thiessen, Biblische Glaubenslehre. Eine Systematische Theologie für die Gemeinde, Nürnberg: VTR, S.109). Andererseits heißt es schon in Hiob 26,7, dass Gott die Erde über dem Nichts aufhängt (vgl. auch W. Gitt, Die Bibel auf dem Prüfstand des 20. Jahrhunderts, in: FUNDAMENTUM, Heft 3/1996, S. 33ff.). 

  91. Vgl. dazu J. Thiessen, Die Auferstehung Jesu, 2. Teil, 72-79.