ThemenBiblische Probleme

Das Ende des Judas

Ein unterschiedlicher Fokus auf die Todesumstände des Selbstmord sind nicht notwendig eine Widerspruch

1 Das Problem

Es gibt unterschiedliche Berichte über das Ende des Judas, die 30 Silberstücke und den Blutacker.

1.1      Erhängte sich Judas oder stürzte er hinab?

Matthäus berichtet, dass Judas, nachdem er das Geld in den Tempel geworfen hatte, wegging und sich erhängte (Mt 27,5).

Lukas zitiert eine Rede des Petrus, der sagte, dass Judas „kopfüber hinabgestürzt“ sei, „so dass sein Leib zerschmettert wurde und die Eingeweide heraustraten“ (Apg 1,18).

 1.2      Hat Judas den Acker selbst gekauft?

Hat Judas für das Blutgeld einen Acker gekauft (Apg 1,18) oder haben die Hohenpriester den so genannten Töpferacker dafür erworben (Mt 27,7)?

 1.3      Warum wurde das Grundstück „Blutacker“ genannt?

Matthäus und der Prophet Sacharja sprechen vom Töpferacker.

1.4      Erfüllte sich beim Kauf eine Weissagung Jeremias?

Mt 27,9-10: So erfüllte sich die Voraussage des Propheten Jeremia: “Sie nahmen die dreißig Silberstücke – die Summe, die er den Israeliten wert war – und kauften davon den Töpferacker, wie mir der Herr befohlen hatte.”

Das Zitat steht aber in Sacharja 11,12-13.

2  Lösungsversuche

2.1      Judas hat sich erhängt und ist dabei oder danach abgestürzt

Weil im Judentum Selbstmord als Gottlosigkeit galt, als ein Verbrechen, das Gott hasst, genügte es für Matthäus, vom Ende des Judas zu schreiben: „Er erhängte sich“. Für die Leser des Lukas aber wurde Selbstmord neutral gewertet. Deshalb erwähnt Lukas weitere Einzelheiten in seinem Bericht, die das schreckliche Ende des Judas betonen. Das Geschehen selbst kann auf zweierlei Weise rekonstruiert werden:

2.1.1  Judas erhängte sich am Rand des Hinnom-Tals. Judas erhängte sich an einem Baum, am Rand eines Abgrundes über dem Hinnomtal. Dabei könnte das Seil gerissen oder der Ast gebrochen sein und Judas stürzte den Abhang hinunter, wobei sein Körper entsprechend verstümmelt wurde. Auch das in Mt 27,51 erwähnte Erdbeben, das immerhin Felsen zersplittern ließ, könnte zu dem Absturz geführt haben. An der traditionellen Absturzstelle stehen heute noch Bäume hart am Abgrund, der zwischen 8 und 13 m tief ist.

2.1.2     Judas erhängte sich in der Stadt. Judas könnte sich auch in der Stadt erhängt haben. Dann wurde sein Leichnam, als er entdeckt wurde, noch in der Nacht, weil die Stadttore geschlossen waren, über die Stadtmauer ins Tal gestürzt. Das geschah, damit die Stadt während der Festtage nicht verunreinigt wurde. Dabei wurde der Leichnam wie beschrieben verstümmelt.

2.2      Judas hat den Acker nicht persönlich gekauft. Sein Kauf ist ironisch oder stellvertretend gemeint.

2.2.1     Judas hatte den Kauf schon geplant. Es ist durchaus möglich, dass Judas geplant hatte, vom Geld des Verrats das Töpfer-Grundstück zu kaufen und bereits in Kaufverhandlungen eingetreten war. Dann hätten die Hohenpriester den Kauf getätigt.

2.2.2     Petrus redet ironisch. Wahrscheinlicher ist aber die Annahme, dass Petrus ironisch redete: „Ja, Judas wollte ein Stück Land für den Verräterlohn kaufen, aber es wurde nur eine Grabstelle daraus.“

2.2.3     Das Grundstück wurde im „Namen von Judas“ gekauft. Petrus könnte gemeint haben, dass die Hohenpriester das Grundstück sozusagen im „Namen von Judas“ gekauft hatten.

2.3      Die Bevölkerung nannte den Töpferacker fortan „Blutacker“

Die Hohenpriester kauften das Töpfer-Grundstück im Namen des Judas für 30 Silberstücke, die ihm gehört hatten, und die Jerusalemer Bevölkerung (wozu ja auch eine ganze Anzahl Christen gehörte) nannte es „Blutacker“ (Apg 1,19), entweder weil es mit Blutgeld gekauft worden war oder weil sie ihn mit dem blutigen Tod des Judas verbanden. Jedenfalls bürgerte sich dann dieser Name ein.

2.4   Die Weissagungen von Jeremia und Sacharja erfüllten sich. Es handelt sich um ein Mischzitat.

Der Wortlaut des Zitats findet sich hauptsächlich bei Sacharja (Sach 11,12-13). Doch es finden sich auch Parallelen zwischen den Gedanken von Matthäus und Jere- mia (Jer 19,1-13; 32,6-15). Jeremia redete vom Hinnom-Tal, wo er einen Töpferkrug zerbrach und das dann zur Begräbnisstätte wurde und auch vom Kauf eines Ackers. Es handelt sich also um ein Mischzitat, bei dem nur der bekannteste der zitierten Autoren genannt wird bzw. der, mit dem die Prophetenschriften begannen, was im hebräischen Kanon Jeremia war.

3 Das Ergebnis

Es gibt mehrere Möglichkeiten, den Ablauf der Ereignisse problemlos zu rekonstruieren.