ThemenOrientierung

Sieben Tage provisorisch: das Laubhüttenfest in Israel heute

Kaum ist mit der letzten Abend­dämmerung der Jom Kippur, der ruhigste Tag des Jahres in Israel ausgeklungen, ertönen Hammerschläge überall in den jüdischen Wohnvierteln des Landes – manchmal bis tief in die Nacht hinein. Am fünften Tag nach dem Großen Versöhnungstag beginnt das Laubhüttenfest und jede Familie ist bemüht, möglichst schnell das biblische Baugebot für die Laubhüttenfestwoche zu erfüllen. „Erev Sukkot“, der Vorabend und damit Beginn des Laubhüttenfestes, fällt in diesem Jahr [2013] auf den 18. September.

Die „Sukka“, Laubhütte, hat temporären Charakter. Sie muss unter freiem Himmel stehen, ein Dach und mindestens drei Wände haben, dabei muss die dritte Wand allerdings nur eine Handbreit breit sein. Durch das Dach, das aus Zweigen, Stroh, Schilfrohr, Laub oder anderen pflanzlichen Materialien besteht, müssen nachts die Sterne zu sehen sein. Die Wände können aus beliebigem Material errichtet werden, allerdings müssen sie mindestens 80 Zentimeter, höchstens aber neun Meter hoch sein. Die Sukka muss eine Mindestinnenfläche von 56 Quadratzentimetern aufweisen.

Das Innere der Laubhütte wird in der Regel reich geschmückt. Wichtig sind die „sieben Arten“ der Früchte, mit denen das Land Israel gesegnet ist: Weizen, Gerste, Weinstock, Feige, Granatapfel, Öl (Oliven) und Honig (Datteln). Neben allerlei weiteren Früchten wird die Hütte mit bunten Tüchern, Papiergirlanden und Plakaten mit Sprüchen und Bildern zum Fest dekoriert.

Während der Laubhütten­festwoche soll sich das ganze Leben in der Sukka abspielen: Essen, Sitzen, Torastudium und sogar Schlafen – so will es die Heilige Schrift, damit sich das Volk die vierzig Jahre Wüstenwanderung nach dem Auszug aus Ägypten vergegenwärtigt (3.Mose 23,39-43). Zudem ist Sukkot ein Erntedankfest (5.Mose 16,15-17), bei dem Freude als Gebot angesagt ist.

Nur der erste und der letzte Tag des Laubhüttenfestes sind Feiertage, an denen das öffentliche Leben in Israel ruht. Dazwischen sind viele Geschäfte in Israel geöffnet, wenngleich auf reduzierter Basis, das heißt, die Arbeitszeiten sind verkürzt. Was verschoben werden kann, wird verschoben. Die Kinder haben Schulferien, im ganzen Land herrscht Volksfeststimmung.

In den Synagogen werden in der Laubhüttenfestwoche spezielle Gebete verrichtet. Am Sabbat wird das ganze Buch Prediger verlesen. Besonders auffallend sind die „vier Arten“: ein Palmzweig, eine Zitrusfrucht, ein Myrten- und ein Weidenzweig (3.Mose 23,40), die Beter zum Morgengebet mit sich herumtragen. Dieser „Feststrauß“ wird in sechs Richtungen geschwenkt: zuerst nach Osten, dann nach Süden, nach Westen, nach Norden, nach oben in Richtung Himmel und schließlich zum Erdboden hin.

Die „vier Arten“ können unterschiedlich symbolisch gedeutet werden. Gemeinhin wird aber der Palmwedel als Symbol für die Wüste erklärt. Der Weidenzweig steht für den Durchzug durch den Jordan, an dessen Ufern bis heute Weiden stehen; die Myrte für das unkultivierte Land und der „Etrog“, die nicht selten übergroße Zitronatzitrone, für die Frucht, die aus der Einheit von Volk und Land entsteht. Somit hält der Beter mit dem Lulav die gesamte Wüstenwanderung in Händen.

Der siebte Tag des Laubhüttenfestes heißt „Hoschana Raba“ und ist ein Tag der Fürbitte für eine gute Ernte im nächsten Jahr, eine Ergänzung zum Großen Versöhnungs­tag. Deswegen hat sich die Sitte eingebürgert, die ganze Nacht im Gebet zu verbringen.

Der achte Laub­hütten­fest­tag ist wie der erste ein Ruhetag. An ihm wird in besonderer Weise um Regen gebetet – und nicht selten fallen just zum Laubhüttenfest die ersten Tropfen nach einem langen und trockenen Sommer.

Zur Zeit des Zweiten Tempels wurde während Sukkot noch eine besondere Trankopferzeremonie durchgeführt, an die vielleicht Jesaja 12,3 erinnert:

„Ihr werdet mit Freuden Wasser schöpfen aus den Heilsbrunnen.“

Wahrscheinlich sind in diesem Zusam­menhang die Worte von Jesus auf dem Laubhüttenfest im Jerusalemer Tempel zu verstehen:

„Wen da dürstet, der komme zu mir und trinke! Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, von dessen Leib werden Ströme lebendigen Wassers fließen“ (Johannes 7,37-38).

Im Blick auf das Neue Testament ist das Laubhüttenfest das einzige der drei jüdischen Wallfahrtsfeste, dessen Verheißungen noch ausstehen. Zum Passahfest gedenken Christen der Kreuzigung und Auferstehung Jesu. An Schawuot, dem Pfingstfest, wurde der Heilige Geist ausgegossen. Mit Sukkot dagegen wissen viele Christen nichts anzufangen. Doch der Prophet Sacharja spricht davon, dass einmal alle Nichtjuden jährlich heraufkommen werden,

„um das Laubhüttenfest zu halten. Aber über das Geschlecht auf Erden, das nicht heraufziehen wird nach Jerusalem, um anzubeten den König, den Herrn Zebaoth, über das wird’s nicht regnen“ (Sacharja 14,16-17).