Der Umsturz aller Werte, am Ende des 19. Jahrhunderts von Nietzsche vorausgesagt, ist in diesem 20. Jahrhundert eine grausame Realität geworden. Man kann ohne weiteres diese zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts als Zeitalter der Kultur- und Moralrevolution charakterisieren. Meine nun bald 25jährige Existenz als Moraltheologe (Ethiker) an der 1970 begründeten Staatsunabhängigen Theologischen Hochschule in Basel hat mich zu einer Art Widerstandskämpfer gegen diesen Umsturz biblischer Gebote geprägt.1
Der Kernprozess dieser Kultur- und Moralrevolution liegt zunächst in ihrem Nein zum Vater. Die gegenwärtige Moralrevolution ist darum eine Antivater-Revolution. Damit ist sowohl der Vater im Himmel, der Gebieter der Gebote, als auch der irdische Vater in der Familie gemeint. Darum ist die gegenwärtige Moralrevolution wesentlich eine antiautoritäre Revolution, die die Autorität Gottes, des Gebieters der Gebote, grundsätzlich in Frage stellt.2
In Europa wurde uns erst Ende der sechziger Jahre so recht bewusst, dass wir in einer realen Moralrevolution leben. Darum spricht man noch heute von der „68er Revolution“ mit ihrem Terror an den Universitäten, auf den Straßen, mit ihrer Androhung von Gewalt und Mord in dem Schreckgespenst ihrer sogenannten „autonomen Gruppen“.
Die „schwedische Tragödie“
In jener Zeit wurde — in Mitteleuropa völlig unbeachtet — ein Buch veröffentlicht unter dem Titel „Die schwedische Tragödie“. 1967 wurde es von Mariana Parolis auf Grund seiner Erfahrungen im schwedischen Sozialstaat niedergeschrieben.3 Was er damals schon beobachtete, ist heute in Mitteleuropa zur Regel geworden:
1. Parolis beobachtete den Abbau der Vaterfunktion, also der väterlichen Autorität, den Untergang des „Männlichen“ in der schwedischen Gesellschaft. Er meinte feststellen zu müssen, „dass die unterjochten schwedischen Männer fast alle aussehen, als ob sie in einem Kartoffelkeller aufgewachsen seien“. Eindeutig gab es schon zu jener Zeit in Schweden wie in den USA den Umschlag des Patriarchats in ein Matriarchat. Parolis beobachtete, dass die Frauen in unnatürlicher Weise zu Männern und die Männer zu Frauen degenerieren.
2. Die Eltern wurden gleichgültiger gegenüber den Kindern. Aus einer Standardisierung des Lebens, einer allgemeinen Nivellierung aller Lebensanschauungen heraus konnten sie ihren Kindern keine besonderen, sinntragenden Ziele mehr vermitteln. Eine depersonalisierte Gesellschaft, die Konformität des genormten Massendaseins schloss den Weg zu einer spezifischen Personwerdung aus, zumal in Kinderhorten, Kindergärten und Kindertagesstätten die Heranwachsenden auf bestimmte Verhaltensmuster festgelegt wurden.
3. Die Kriminalisierung der Jugendlichen, ihre Aggressivität, ihre Bereitschaft, sich in Banden zu organisieren und Terror auszuüben, quälte schon damals ganze Quartiere Stockholms. Die Schamlosigkeit triumphierte. Das Debüt für sexuellen Verkehr lag bei Jugendlichen allgemein bei 15 Jahren. Der Verfasser der schwedischen Tragödie zitiert B. Brecht: „Vor allem achtet scharf, dass man hier alles dürfen darf“.
4. An die Stelle der Autorität der Eltern trat immer mehr die Autorität des Staates mit seinen zahlreichen Institutionen, die den schwedischen, sozialisierten Bürger praktisch von der Wiege bis zum Grabe begleiteten. Mütter wanderten aus wirtschaftlichem Zwang oder aus Selbstverwirklichung ab in eine Arbeitswelt, die ursprünglich ganz und gar auf männliche Tätigkeiten zugeschnitten war. Die Familie wurde immer mehr reduziert zu einer Abend- und Freizeitfamilie, weil die Erziehung der Kinder den ganzen Tag über in den Händen des Staates lag. Wer sein Kind selbst erziehen wollte, galt damals schon in Schweden als psychisch anormal.
5. Es bildete sich so etwas heraus wie eine Stagnation oder Widerstandslosigkeit gegenüber der normierenden Kraft des Kollektivs. Es setzte so etwas ein wie eine Art Verblödung, Gleichgültigkeit, Abstumpfung; der schwedische Mensch schien unfähig zur Initiative, Originalität und Eigenverantwortung.
Diese schwedische Tragödie ist mittlerweile zur Tragödie der euro-amerikanischen Kultur geworden. In den USA wird mittlerweile jede zweite, in Deutschland jede dritte Ehe geschieden. An die Stelle des Schuldprinzips trat das Zerrüttungsprinzip. Das heißt, im Zerbruch einer Ehe wird nicht mehr gefragt wer am Zerbruch dieser Ehe schuldig ist, sondern wer die entsprechende Summe an den Partner zu zahlen hat, der wirtschaftlich geschädigt wurde. Die Grauzone der getrennt-lebenden, partnerwechselnden Ehepaare kennt niemand, weil viele Ehepaare die Scheidung vermeiden, die mit untragbaren finanziellen Belastungen verbunden ist.
Das bedeutet, dass immer mehr Kinder ohne eigentliche Bezugsperson aufwachsen und viele Jugendliche eine christliche Predigt schon darum nicht mehr verstehen, weil sie aufgrund ihrer vaterlosen Erziehung gar nicht mehr verstehen können, was es heißt, Gott als Vater, als „allmächtigen Vater“ zu verehren. In den USA werden 30-40% der Kinder unehelich geboren, zumeist von der Mutter aufgezogen – also vaterlos. Andererseits wollen viele Ehepartner keine Kinder. 40% der Ehen in Deutschland sind ohne Kinder. Die wirtschaftliche Belastung der Familie ist enorm: 440.000 Familien oder alleinstehend Erziehende leben von der Sozialhilfe. 500.000 Kinder leben in Obdachlosenheimen, Notunterkünften oder auf der Straße und mehr als eine Million Kinder leben in Familien, die von der Sozialhilfe existieren.4
In unserer modernen, konsumorientierten Gesellschaftsordnung kommt die Familie zu kurz. Nach der so genannten Wende ging die Zahl der Eheschließungen im Gebiet der ehemaligen DDR und auch die Geburten um etwa 50% zurück. Keine Familie will am Rande der Wohlstandsgesellschaft leben, was sich zweifellos für viele ergeben würde, wenn ein Elternteil für die Erziehung der Kinder zu Hause bleibt.
Immer weniger wird erkannt, dass die Familie den Primat vor dem Staat hat. Bevor es zur Gesellschaft kam, gab es die Familie. Die Familie ist eine Schöpfungsordnung, der Staat ist nur eine Notordnung Gottes. Die Familie ist nicht für den Staat da, sondern der Staat für die Familie. Dabei sollte der Staat die Familie nicht in der Weise unterstützen, dass er ihr erzieherische Aufgaben in Kinderhorten, Kindergärten und Kindertagesstätten abnimmt, sondern so, dass er der Familie die Möglichkeit gibt, selbst ihre Kinder zu erziehen. Denn einen Erziehungsauftrag nimmt der Staat ohnehin nur im Auftrage der Eltern wahr. Der Staat hat die Aufgabe, die Familie zu schützen und zu bewahren. Das bedeutet, dass er der Zerstörung einer Ehe nicht tatenlos zusehen kann. Seine Rechtsprechung muss so geordnet sein, dass die Auflösung einer Ehe nicht unter ein Zerrüttungsprinzip, sondern unter das Schuldprinzip fällt. Denn die Auflösung oder Zerstörung einer Ehe ist Zerstörung einer Lebensordnung Gottes und damit immer mit der Frage nach der Schuld verbunden.
Die Ursache der Zerstörung
Die Ursache aller Ursachen der Zerstörung der Familie liegt im Kernprozess der Moralrevolution, der bereits als Vaterhass charakterisiert wurde. Wir leben heute in einer Revolution der Vatermörder. Sie richtet sich in gleicher Weise gegen die Vaterautorität in der Familie wie gegen den Gottvater im Himmel. Der ehrfurchtslose Mensch, der weder Gott im Himmel noch dem Vater in der Familie Ehre gibt, ist gleichzeitig der ungehorsame Mensch, der nicht mehr bereit ist, auf das Gebot Gottes zu hören, das sich in seinem eigenen Gewissen immer wieder meldet.
Diese antiautoritäre Zerstörung der Familie begann schon in den fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts gleichsam mit der Vergöttlichung des Kindes. Mittelpunkt der Familie war nicht mehr der Vater bzw. die Mutter, sondern das Kind mit seinen Wünschen und Ansprüchen. Eindeutig erwachte hier die Ideologie Jean Jacques Rousseaus, nach dem das Kind von Natur aus gut, kreativ und ursprünglich — eben der „gute Wilde“ ist. Die Eltern hingegen schienen verdorben durch Zivilisation, Tradition und Repression. Dass das Kind sich in seinen Wünschen und Neigungen unbedingt frei entfalten solle, wurde gleichsam zu einer Religion, die ihren Haupt-Glaubenssatz darin sah, dass Erziehung und Tradition den Menschen nur verderbe. Hier wirkte die Weltanschauung der Negativen Dialektik5, die ohnehin die Geschichte der Menschheit von der Steinzeit bis zur Megabombe als eine Absurdität beurteilte und darum der Meinung war, es sei das Beste für das Kind, wenn es überhaupt völlig neu mit der Geschichte der Menschheit anfange. So wurde die Autorität der Eltern und die Tradition (die jüdisch-christliche Tradition), in der sie aufgewachsen waren, systematisch zurückgedrängt, verurteilt und lächerlich gemacht.
Man kann diese antiautoritären Tendenzen schon zurückverfolgen (im gesamten Bereich der euro-amerikanischen Zivilisation) in die Zeit zwischen dem 1. und 2. Weltkrieg. Damals war A. S. Neill, ein in England wirkender Pädagoge, die Leitfigur antiautoritärer Erziehung. In den zwanziger Jahren schrieb er „Theorie und Praxis der antiautoritären Erziehung“6, ein Buch, das an den Universitäten der USA zur Pflichtlektüre erhoben und regelmäßig in 600 Hochschulkursen behandelt wurde.
In dem genannten Buch von A. S. Neill ist eine Story bezeichnend. Neill veranstaltete nämlich mit seinen Kindern Rollenspiele, durch die sie zur „Selbstentfaltung“ finden sollten. In einem solcher Spiele geht es darum, dass die Kinder vor einem Himmelstor stehen, vor dem „Petrus“ sitzt und fragt, warum sie denn in den Himmel wollen. In besagter Story wird nun geschildert, wie ein Junge einfach um diesen „Petrus“ herumgeht und auf die Frage, warum er sich denn nicht bei der Himmelspforte melde, antwortet: „Ich bin selbst Gott“.
Diese Story ist darum bezeichnend, weil in der Tat das Kind hier selbst zum Gott gemacht wird. Das Ursprüngliche, das Natürliche ist das Gute, Autorität und Tradition sind das Verderbliche. Kinder werden durch die Erziehung der Erwachsenen kaputtgemacht. Die Konsequenz ist, dass die Kinder auf sich selbst zurückgeworfen werden. Traditionelle Werte werden ihnen nicht übermittelt. Sie lernen nach Lust und Laune. Was sie nicht lernen ist Leidensfähigkeit, Selbstüberwindung und Gehorsam. Der Prozess der Individuation7 findet also nicht statt?8
Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg brachte vorübergehend eine restaurative Phase. Doch dann setzte die antiautoritäre Erziehung wieder voll ein. Diesmal fing es mit der Ideologie der Negativen Dialektik an, die davon ausgeht, dass es absolute ethische Werte nicht gibt. Gebote eines Gebieters werden verneint. In einem permanenten Diskurs, das heißt in einer Diskussion ohne Ende, muss die Gesellschaft sich immer wieder darauf einigen, welchen Regulativen sie sich für einen bestimmten Zeitabschnitt unterwerfen will.
Hier geht es also nicht mehr darum, dass autoritativ Werte vermittelt werden, wie etwa die Zehn Gebote, sondern die Eltern haben sich mit ihren Kindern darüber zu einigen, was die entscheidenden „Werte“ in der Familie jeweils sein sollen. Dabei sollen der soziale und gesellschaftliche Wandel jeweils berücksichtigt werden. Da aber bekanntlich ein solcher „gesellschaftlicher Wandel“ in einem fortwährenden Prozess ist, sind auch die gesellschaftlichen Realitäten im ständigen Wandel.
Das ist natürlich das Ende aller Autorität. Hier steht nichts mehr fest. Hier gibt es kein Rechts und kein Links, kein Oben und kein Unten — alles ist im Fluss. Keiner hat etwas zu gebieten, sondern über alles wird diskutiert. An die Stelle Gottes tritt die Gesellschaft mit ihren Regulativen — und was die gesellschaftlichen Regulative sind, sagen die Funktionäre dieser gesellschaftlichen Realitäten. Eindeutig wird hier der Staat, wird die Gesellschaft über die Familie gesetzt. Dieser Schritt ist ungeheuerlich für jeden, der biblische Tradition kennt. Hier liegt ein Traditionsbruch vor, der unserer Gesellschaft überhaupt noch nicht bewusst geworden ist.
Autorität in der Familie
Es ist darum wichtig, an das herkömmliche Verständnis der Familie und der Erziehung in der Familie zu erinnern. In der Familie beruht die Autorität der Eltern nicht auf sich selbst, sondern auf einem Mandat Gottes. Die Ehe ist wie die Familie eine von Gott eingesetzte Ordnung. Sie ist ein Mandat9 Gottes, in dem jeder, Vater und Mutter, sich dem Anspruch Gottes gegenüber verantworten müssen. Eine Diktatur setzt ihre Macht aus sich selbst. Autorität aber bedeutet, dass die Macht, in diesem Fall die Erziehungsgewalt, in der Verantwortung gegenüber dem Gebot Gottes ausgeübt wird. Nur wenn dieses geschieht, hat die Autorität Vollmacht.
Es sind also hörende, gehorsame Eltern, die ihrerseits Werte an hörende und gehorsame Kinder weitergeben. Eltern leben Familie im Vertrauen auf den, der die Familie gestiftet hat. Es ist ein Vertrauen gegenüber Gott. Aus diesem Vertrauen heraus dürfen sie erwarten und verlangen, dass die Kinder auch ihnen Vertrauen entgegenbringen. Das Vertrauen fließt gleichsam von oben nach unten. Aus der Fülle des barmherzigen allmächtigen Vaters durch die Eltern hin zu den Kindern.
Es wird in diesem Zusammenhang immer daran erinnert, wie sehr und wie oft Eltern ihre Kinder misshandeln. Zur Zeit werden pro Jahr in Deutschland 80.000 Kinder schwer misshandelt10. Es kann sich dabei um die Anwendung von körperlicher Gewalt handeln oder um Inzest, Pädophilie usw. Dabei ist aber zu vermerken dass es sich hier oft um Eltern handelt, die ihrerseits schon in „antiautoritären“ Familien groß geworden sind und echte Autorität gar nicht erlebt haben.
Was sich hier auswirkt, ist also die Tatsache, dass echte Autorität als Mandat Gottes nie kennengelernt wurde. Die Tatsache aber, dass eine Ordnung Gottes zerstört wird – was mit schwerer Schuld behaftet ist – bedeutet nicht, dass darum eine solche Ordnung in sich keinen Sinn hätte. Wenn Ehen zerstört werden, bedeutet das nicht, dass die Ehe sinnlos ist. Wenn in der Familie gequält und misshandelt wird, dann bedeutet das nicht, dass die Familie darum als Ordnung verwerflich sei.
Die Familie steht und fällt mit der Existenz des Vaters. Dieses heute zu sagen ist im Zeitalter des Feminismus und Matriarchalismus nicht ungefährlich. Es soll ja auch gar nicht bestritten werden, dass es eine Unterdrückung der Frau gegeben hat. Insbesondere im viktorianischen Zeitalter, in der bürgerlichen, besser noch großbürgerlichen Zivilisation, verlor die Frau ihre sinnerfüllte Aufgabe. Sie war nicht mehr die Arbeitsgefährtin an der Seite ihres Mannes wie vormals in der bäuerlich strukturierten Kultur. Sie war ein überflüssiges Wesen, mehr zur Unterhaltung des Mannes degradiert. Auch wenn damals alle Welt natürlich nicht durchweg großbürgerlich war, so realisierte sich doch die Verüberflüssigung der Frau allgemein in den bürgerlichen Schichten. Es ist auch nicht zu bestreiten, dass ein akzentuierter Männlichkeitswahn oder Männlichkeitskult im 19. Jahrhundert, eine gewisse Art von Heldenverehrung und Kraftprotzerei, das Wesen der Autorität pervertiert hat. Die Kultur des 19. Jahrhunderts war auch eine sich selbst setzende Kultur von die Welt erobernden Technokraten und Kolonisatoren. Christliche Glaubensinhalte und ethische Werte traten schon damals mehr oder weniger an den Horizont der Daseinsgestaltung.
Aber diese Tatsachen, die nicht verleugnet werden sollen, ändern nichts daran, dass eine Familie den Vater braucht. Im 4. Gebot heißt es ausdrücklich, dass die Kinder Vater und Mutter ehren sollen. Also Ehre auch der Mutter – Mann und Frau tragen gemeinsam die Familie. Aber diese Aufgabenverteilung ist geschlechtsspezifisch und darf nicht der Willkür des Menschen ausgeliefert werden. Das Vatersein hat ein besonderes Charakteristikum und das Muttersein hat es ebenso. Aber es ist nun einmal gottgewollt, dass die entscheidende, leitende und prägende Autorität durch die Vollmacht des Vaterseins dargestellt wird.
Darum ist der Rollentausch von Mann und Frau, der Austausch männlicher und weiblicher Funktionen in der modernen Gesellschaft für die Familie tödlich, weil die Kinder das spezifisch Mütterliche und das spezifisch Väterliche nicht mehr erfahren. Wenn Frauen Soldaten, Polizisten, am Ende sogar Kommandeur einer Panzerdivision werden und der Mann im Haushalt das Kind windelt und schaukelt, Essen kocht und die Wäsche bügelt, werden dem Kinde spezifische Elternerlebnisse verwehrt.
Heute ist es so, dass 38,4% aller Männer ihre Identität nicht in ihrem eigentlichen männlichen Beruf, sondern im Dienen der Familie – eben als Hausmann – finden. Der Hausmann ist aber nicht das, was man in jüdisch-christlicher Tradition als Vater versteht. Das Väterliche versinkt in der Bedeutungslosigkeit, wenn die Kinder den Vater schließlich nur noch mit Vornamen anreden, in ihm nur noch einen Kameraden sehen – oft den Haus- und Spielgefährten. Es entwickelt sich die Diffamierung und intellektuelle Liquidierung des Vaters und an die Stelle der väterlichen Autorität tritt ein schwarzes Loch, aus dem kein Machtwort mehr gehört wird. Aber gerade das Zueinander von Macht und Wort charakterisiert väterliche Autorität. Von daher ist eben der Mann Repräsentation (nicht Abbild) Gottes. Hier hat er seinen entscheidenden Auftrag, hier liegt die Differenzierung zwischen der Vater- und Mutterrolle in der Familie. Während der Vater eher das autoritativ Gebietende, das Zueinander von Macht und Wort darstellt, sollte die Mutter mehr die Zärtlichkeit, das Bergende, Schützende, Hegende und Pflegende leben und vorleben. Es ist nicht möglich und auch nicht nötig, die geschlechtsspezifischen Rollen des Vaters und der Mutter in der Familie im einzelnen darzustellen. Es genügt hier das Ergebnis festzuhalten, dass die väterliche Autorität mehr und mehr kaputtgeht.
Damit hängt zusammen, dass viele Kinder, die ohne das gebietende Wort und die richtungsweisende Macht des Vaters leben, ihre Eltern terrorisieren. Der Mensch kann nicht ohne Autorität sein. Der Erwachsene braucht die Autorität Gottes, der er sich im Gewissen verpflichtet fühlt. Kinder müssen mit dieser Autorität groß werden. Wenn das nicht geschieht, realisiert sich ihre Autoritätslosigkeit terroristisch. Die Zahl der Familien ist noch nicht erforscht und bekannt, in denen Eltern Angst vor ihren Kindern haben, weil diese Vater oder Mutter mit Androhung von Gewalt nötigen und erpressen.
Die Zerstörung gesunder Sexualität
Ein weiterer zerstörender Faktor in der Familie ist die einnivellierende Sexualität. Fernsehen macht es möglich, dass Eltern und Kinder gemeinsam Filme ansehen, die pornographische Inhalte haben. Das bedeutet, dass innerfamiliär die Schamschwelle abgebaut wird.
Die Geschichte von Noah, der nach dem Genuss des Weines nackt in seinem Zelt liegt, bringt hier ein lehrreiches Beispiel. Während Ham die Nacktheit seines Vaters begafft, bedecken Sem und Japhet die Blöße ihres Vaters, ohne sie anzusehen. Ham wird verflucht und sein Sohn zur Sklaverei verurteilt, denn Schamlosigkeit zerstört die Ehrfurcht und damit die Autorität.
Der schamlose Mensch ist der total manipulierbare Mensch. Er selbst kennt keine Schwelle, die ihn vor Aggressivität oder unsittlichen Handlungen schützt. In der Familie sollte darauf geachtet werden, dass die Schamschwelle eingehalten wird. Von daher ist die Tatsache, dass der Inzest, also der geschlechtliche Verkehr der Eltern mit den Kindern in Schweden nicht mehr bestraft wird, glattweg eine Katastrophe. Inzest und Pädophilie sind die Endphase in der Zerstörung einer Familie, in der nun innerfamiliär sexuelle Promiskuität ihre Triumphe feiert. Hier ist göttliche Ordnung total zerstört und die Grenze menschlicher Würde ins Dämonische überschritten.
Die Lustbetonung als Maß
Ein weiteres Element in der Zerstörung der Familie liegt in der Tatsache, dass unsere Gesellschaft eine lustbetonte Gesellschaft ist. Es geht nicht mehr so sehr darum, was die Pflicht gebietet, sondern wozu man Lust hat. Das bedeutet zweierlei:
1. Der moderne Mensch ist nicht mehr leidensfähig. Es geht ihm darum, um jeden Preis dem Leiden auszuweichen, auch um den Preis der Drogen, wenn der Rausch nicht mehr genügt.
2. Man verlernt immer mehr, dass Leben auch Dienen heißt, dass es auch darum gehen kann, Opfer zu bringen und zu verzichten. An die Stelle dieser Tugenden tritt die schrankenlose Selbstverwirklichung. In dieser Selbstverwirklichung geht es — wie die Negative Dialektik es formuliert — um die „opferlose Identität“. Der Mensch soll zu sich selbst finden, ohne dabei auf irgendeine Art und Weise ein Opfer zu bringen — sei es das Opfer des Dienens, des Helfens oder durch das Lernen aus seinen eigenen Fehlern.
Unmittelbar bedeutet das für die Erziehung:
1. Eltern neigen dazu, den Kindern nachzugeben. Lustbetonte Gesellschaft ist eine permissive Gesellschaft. Permissiv heißt dem lateinischen Wortsinne nach erlaubt. Es wird alles erlaubt. Den Forderungen der Kinder wird nachgegeben: Was sie essen wollen, wie sie sich kleiden wollen, welche Spielsachen sie haben wollen — wobei oft die Fernsehwerbung die entscheidende Rolle spielt, wann man von der Disco nach Hause kommt, ob man Freund oder Freundin hat, eine Reise unternehmen oder ein Auto haben will — die Eltern neigen zur Permissivität. Sie wollen nachgeben, um nach einem arbeitsreichen Tag (gehen wir davon aus, dass beide Elternteile arbeiten) ihre Ruhe und ihren Frieden zu haben. Eltern sind nicht mehr in der Lage, leidend Konflikte durchzustehen. Sie kaufen sich von den Konflikten frei. Der Gewinner (eigentlich ja der Verlierer) ist das Kind, das sich so schon in der Familie in seiner Lustbetontheit durchsetzt und daran gewöhnt wird, nur nach seiner Selbstverwirklichung, seinen Wünschen zu leben. Da aber das Leben grundsätzlich Wünsche niemals permanent erfüllt, weil das Leben nun einmal die Eigenschaft hat, Wünsche zu durchkreuzen, Hoffnungen zu enttäuschen und Leiden zu verursachen, werden permissiv erzogene Kinder mit dem Leben nicht fertig. Entweder flüchten sie in die Droge oder in die Aggressivität oder in eine passive, leistungsunwillige Resignation.
2. Wer erzieht, muss Opfer bringen. Es geht um den Einsatz der Autorität und auch darum, dass die Autorität durchgehalten und durchgesetzt wird. Das bedeutet Mut und Wagnis. Unter Umständen müssen Kinder auch lernen, zu leiden und bestraft zu werden, wenn sie sich gegen echte Autorität erheben. Nur wenige Eltern können das noch ertragen. Wer also autoritativ erzieht, muss es lernen, das Kreuz zu tragen. Wer will das in einer lustbetonten Zivilisation? Autorität, Recht und Ordnung werden in der Familie darum nicht mehr durchgesetzt, weil Eltern nicht mehr lernen oder gelernt haben, was es heißt, für die Kinder das Kreuz der Autorität zu tragen.
Zu der lustbetonten Art und Weise unseres Lebens in der modernen Gesellschaft gehört natürlich vor allem auch, dass wir die Probleme abschieben an Institutionen. Die Kollektivbetreuung (z.B. in Kindergärten) erlaubt die Selbstverwirklichung der Eltern. Kinder werden auch abgestellt wie auf eine Art Parkplatz, indem es ihnen erlaubt wird, sich hemmungslos dem Fernsehen hinzugeben.
Hinzu kommt, dass aus der Familie Krankheit und Alter ausgeklammert werden. Kinder sehen nicht mehr das Leiden und Krank sein in der Familie. Sie wachsen auch nicht mehr mit alten Menschen auf. Krankenhäuser, Alters- und Pflegeheime sind die Abschiebestationen. Obwohl 90% der Alten zu Hause sterben wollen, müssen sie, abgeschoben in einem Altersheim, ihrem Ende entgegensehen, ohne ihre Weisheit und Erfahrung des Alters den Kindern übermitteln zu können. Die Altersweisheit ist nicht mehr gefragt. So gibt es keine Begegnung mit der älteren Generation und deren Geschichte. Die Kinder werden geschichtslos und lernen es nicht mehr, aus der Geschichte zu lernen. Unsere moderne Kultur ist darum, wie wohl kaum eine andere, fast ausschließlich dem Augenblick verhaftet. Der geschichtslose Mensch aber ist ein manipulierbarer Mensch.
Das Defizit an Liebe
Das Schlimmste aber, als Folge der Zerstörung der Familie, ist das „Defizit“ an Liebe. Eine Befragung 11jähriger schwedischer Tagesheimkinder und Gleichaltriger aus Algerien, Spanien und Israel hat ergeben: Nur 22% der Schweden, aber 70% der anderen waren der Meinung, dass sie geliebt werden. Ohne Geborgenheit und Liebe, unbehaust lebt jener Mensch, der aus der kaputten Familie kommt.
Kaputte Kinder bedeuten kaputte Schulen. In Hamburg fühlen sich 60% der Lehrer „burn out“, 90% streben den vorzeitigen Ruhestand an. An vielen Schulen herrschen Gewalt, Terror und Chaos statt Disziplin und Ordnung. Verschmierte Wände und demolierte Einrichtungen sind oft das Charakteristikum vieler Schulen in Deutschland. Jeder fünfte Schüler in Frankfurt besitzt eine Waffe.
Es stellt sich die Frage, was angesichts dieser Herausforderung der Familie durch die gegenwärtige Moralrevolution geschehen soll. Sehr viele haben die Frage in dem Sinne beantwortet, dass sie auf Ehe und damit auf Familie verzichten. Dass nach dem Zerrüttungsprinzip bei der Ehescheidung der betrogene, aber besser verdienende Partner lebenslang nicht nur für seinen ehemaligen Ehepartner, sondern unter Umständen auch für dessen Liebhaber zu zahlen hat, ist zwar keine realitätsfremde, aber eine abschreckende Vorstellung. Viele bedenken auch, dass das Gehalt für den Lebensunterhalt nicht ausreicht, wenn sich die Ehefrau – wie es ja eigentlich sein soll – ganz und gar der Erziehung der Kinder widmet. Wenn man dann bedenkt, dass dementsprechend die Renten im Alter niedriger ausfallen, dann stellt sich die Frage, ob man nicht eigentlich dafür bestraft wird, wenn man Kinder großzieht. Viele haben auch Angst davor, dass ihnen die Kinder entgleiten, dass sie ohnmächtig zusehen müssen, wie diese angesichts kollektiver Erziehung unter Einflüsse geraten, die dem moralischen Empfinden der Eltern entgegenstehen. Ja, viele Eltern fürchten, durch ein Kind Terror im eigenen Hause zu haben.
Trotzdem „Ja“ zur Familie
Wer die Bibel aufschlägt, wird bei seiner Skepsis angesichts einer Ehe sogar bestärkt. Denn im 7. Kapitel des 1. Korintherbriefes meint der Apostel Paulus, verheiratet sei gut, aber nicht verheiratet sei besser. Der Apostel Paulus schrieb das im Blick auf die der Gemeinde drohenden Christenverfolgungen, in der es zweifellos jene besser haben, die nicht durch die Sorgen um eine Familie gebunden sind. Heute stehen wir auch vor einer Art Christenverfolgung in dem Sinne, dass die Werte, die für eine christliche Familie entscheidend sind, systematisch abgebaut werden und die Familie darunter leiden muss.
Wer heute eine Familie begründet, tut dieses aus einer Glaubensentscheidung. Es ist nicht mehr die einfach vorgegebene Sitte oder Tradition, die so ohne weiteres eine Familie trägt. Das Gelübde bei der Eheschließung, den anderen aus Gottes Hand hinzunehmen, ihn zu lieben und zu ehren, in Freud und Leid nicht zu verlassen und den Bund der Ehe heilig zu halten, bis dass der Tod beide scheidet, hat heute unbedingte ganz konkrete und aktuelle Bedeutung. Nur aus solch einer Glaubensentscheidung heraus kann eine Ehe eingegangen und eine Familie begründet werden. Das aber ist dabei entscheidend, denn wer eine christliche Familie in der Wertevermittlung christlicher Inhalte leben will, steht gegen den Zeitgeist.
Auch der Christ, der in einer christlichen Gemeinde lebt, darf nicht unbedingt erwarten, dass ihn die Kirche bei der Erfüllung seines Auftrages in der Familie in jeder Weise unterstützt. Oft ist ihr das Wohlergehen der Walfische und Kröten, der subtropischen Regenwälder und das Schicksal der Homos und Lesben wichtiger als der Kampf um die Familie in einer Zeit, in der die Familie zerstört wird. Ganz offensichtlich obwaltet der Eindruck, dass der Kampf für die Familie nicht hinreichend von protestantischer Kirchlichkeit geführt wird. Schon Dietrich Bonhoeffer, der 1945 in einem KZ den Märtyrertod starb, musste in seiner Ethik, die er während des 2. Weltkrieges schrieb, feststellen, dass die evangelische Kirche nicht hinreichend für die Erhaltung der Familie gekämpft hat. Bekanntlich wurde im Nationalsozialismus die Formel geprägt, dass Jugend die Jugend führt, und der Staat stand über der Familie. Darum formulierte Dietrich Bonhoeffer in einem Schuldbekenntnis folgende Sätze:
Sie hat die göttliche Würde der Eltern gegen eine revolutionierende Jugend nicht zu verkündigen gewagt …, so ist sie schuldig an der Zerstörung unzähliger Familien …, an der Selbstvergötterung der Jugend und damit an ihrer Preisgabe an den Abfall von Christus … Die Kirche bekennt sich schuldig aller Zehn Gebote. Sie bekennt darin ihren Abfall von Christus.
Diese Sätze haben heute ihre volle Gültigkeit, weil protestantische Ethik dazu neigt, an die Stelle des Ordnungsethos der Gebote eine unbestimmte Liebesethik zu setzen, die gleichsam als Mantel der Liebe alles zudeckt, weil sie alles erlaubt.
Von daher gesehen ist es unumgänglich, dass Christen sich in ihren Kirchen – besonders der evangelischen – zusammenschließen und dafür einstehen, dass biblisches Ethos im Zeitalter der Moralrevolution weiterhin verkündet und gelebt wird. Sollte das nicht geschehen, kann die Familie nicht überleben. Die Familie hat das Gebot Gottes auf ihrer Seite, die abenteuerlichen Vorstellungen moralrevolutionierender Theologen und Kirchenmänner haben das Gebot gegen sich. Es geht um Sein oder Nichtsein der Kirche.
Notwendige Konsequenzen
Welche Konsequenzen nun sollen wir unmittelbar ziehen?
1. Wir gehen davon aus, dass das Volk nicht für die Politiker, sondern dass die Politiker für das Volk da sind. Das bedeutet nach christlichem Verständnis, dass die Familie nicht für die Politiker, sondern dass die Politiker für die Familie da sind. Das bedeutet, dass sie die Verpflichtung haben, eine Familie wirtschaftlich zu unterstützen. Mutter zu sein ist ein Beruf, der nicht bestraft werden darf. Im Jahre 1992 wandte sich eine Rentnerin an das Bundesverfassungsgericht, weil sie nur 700 DM Rente bekam, ihre neun Kinder aber 8.500 DM monatlich in die Rentenkasse einzahlten. Das ist nicht nur ungerecht, sondern Aufstand gegen die von Gott gewollte Ordnung. Die Politiker haben dafür zu sorgen, dass Mütter, die selbst ihre Kinder in der Familie erziehen, berufstätigen Frauen wirtschaftlich absolut gleichgestellt werden. Es darf nicht sein, dass Eheleute, die eine Familie gründen, deswegen wirtschaftlich bestraft werden. Es darf nicht sein, dass die, die der Selbstverwirklichung leben, besser dastehen als jene, die der Familie leben und für die Zukunft ihres Volkes Sorge tragen.
2. Nicht der Staat, sondern die Eltern tragen die Verantwortung für die Erziehung der Kinder. So sind die Eltern nicht für die Schule da, sondern die Schule ist für die Eltern da. Eltern sollten darauf achten, dass die Schule jene Werte vermittelt, die sich nicht gegen die Familie richten, sondern die Familie unterstützen. Das sind auch jene autoritativen Werte, die in den Geboten Gottes vermittelt werden. Es geht nicht an, dass Kinder gegen biblisch gebotene Autorität aufgewiegelt werden durch eine antiautoritäre Erziehung. Vielmehr ist es bedeutsam, dass Kinder in der Schule lernen, dass sie Vater und Mutter ehren sollen. Der Kampf um die Schule ist seit über einem Jahrhundert der Auftrag der Kirche gegen die säkularisierte Gesellschaft für die christliche Familie. Es versteht sich von selbst, dass Christen aller christlichen Konfessionen in diesem Kampf zusammenstehen.
Unlängst las ich in einem Schweizer Ort auf einem Plakat den Satz: „Wir brauchen keine grünen Vögte“. Ich denke, dass wir uns dagegen zu wehren haben, dass Vögte, man nennt sie heute Funktionäre, ihre ideologischen Experimente an unseren Kindern durchprobieren.
Freiheit und Gerechtigkeit kann es nur so lange geben, als Kinder in einer freien Familie in der Verantwortung gegenüber Gott, in der Freiheit von allen Ideologien und Utopien, im von Gott gewollten Rahmen der Ordnung und Gerechtigkeit erzogen werden.
Es wird allerhöchste Zeit, dass die Christenheit aus dem Schlafe aufwacht und den Kampf aufnimmt, der ihr heute verordnet ist (Heb 12,1-3).
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Leseempfehlung zur Person und zum Leben von Georg Huntemann „Ich konnte nicht maschieren!“
Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Hella Hunteman
Eine Zusammenfassung dieser Ethik im Widerstand bringt mein Buch „Biblisches Ethos im Zeitalter der Moralrevolution“, 1995. Hier auch die weiterführende Literatur in den entsprechenden Abschnitten über Autorität und Familie. ↩
Die kleine Schrift „Autorität oder Chaos“ (1971) war das erste „Zeugnis“ meiner Vorlesungen gegen den Autoritätszerfall, insbesondere die Kapitel „Der Bürgerkrieg der Vaterlosen“ und „Der Untergang der Vaterlosen“. ↩
Der vollständige Titel dieses damals kaum beachteten Buches über die „schwedische Sünde“ lautet: „Die schwedische Tragödie. Nüchterne Tatsachen über die Entartung der Gesellschaft im Musterstaat der Vaterlosen“, 1967. ↩
[Die aktuellen Zahlen sind vergleichbar: mehr als 1,6 Mill. Kinder unter 15 Jahren leben von Sozialhilfe bzw. Hartz IV. Die Zahl der Kinder, die in Deutschland auf der Straße oder in Notunterkünften leben, liegt je nach Quelle aber „nur“ zwischen 2000 und 9000. Für Europa gerechnet ist die Zahl von 500.000 realistisch.] ↩
Die mit dem Namen Th. Adorno, M. Horkheimer, H. Marcuse und J. Habermas verbundene Schule wird Negative Dialektik genannt, weil sie den geschichtlichen Werdegang der Menschheit nicht wie Hegel in einer positiven, sondern negativen Dialektik sieht: Die Menschheit ist Opfer ihres Willens zur Herrschaft über die Natur und über sich selbst geworden. Es war M. Horkheimer, der am Ende seines Lebens erkannte, dass menschliches Herrschaftswissen und religiöse Autorität als „Sehnsucht nach dem ganz Anderen“ sehr wohl zu unterscheiden sind. — Mittlerweile sind es nicht die Söhne, sondern schon die Enkel jener Schule, die heute unser geistiges Klima in Medien, Politik und Schule bestimmen. ↩
A. S. Neill „Theorie und Praxis der antiautoritären Erziehung. Das Beispiel Summerhill“, dt. Übersetzung 1969 (bis 1970 waren 140.000 Expl. gedruckt) Über das Scheitern dieser Experimente und die zum Teil katastrophalen Auswirkungen ist nachzulesen in dem Sammelwerk: „Summerhill – pro und contra“, 1971. ↩
Individuation = Prozess der Selbstwerdung, in dessen Verlauf sich das Bewusstsein der eigenen Individualität festigt. ↩
In meinem Buch „Die Zerstörung der Person“ habe ich versucht, die Folgen dieser „lustbetonten Zivilisation“ für die Herausbildung der Person darzustellen. ↩
Dietrich Bonhoeffer hat in seiner durchaus am biblischen Ordnungsethos orientierten, nach seinem Tode als Fragment herausgegebenen Ethik (1949) Ehe und Familie als ein Mandat Gottes, als eine unbedingt gebotene Erhaltungsordnung für diese Schöpfung verstanden (vgl. S. 222ff). ↩
[Die Zahl ist die Summe aller angezeigten Taten von Mord bis leichter Körperverletzung an Kindern. Sie ist leicht gesunken auf rund 55.000 im Jahr 2013. Die Dunkelziffer, also die vermuteten nicht-angezeigten Fälle, dürfte deutlich höher liegen.] ↩