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ThemenSchöpfungsglaube

Theistische Evolution heute – „nichts Neues unter der Sonne“

Ein Gott aber, der eine kosmische Lotterie in Gang setzt, damit Lebensformen entstehen, ist sicher nicht der Gott, der sich in der Heiligen Schrift als Schöpfer offenbart hat

Mit der Veröffentlichung der Evolutionstheorie Darwins im Jahr 1859 stellte sich für die Christen die Frage, wie sich das Schöpfungshandeln Gottes, wie es in der Bibel bezeugt ist, zu einem evolutionären Prozess verhalte. Viele sahen kein Problem darin, beides zusammenzubringen, allerdings nur sofern dieser Prozess zielgerichtet sei. Der Evolutionsgedanke an sich war bei Charles Darwin bekanntlich nicht neu, neu war aber, dass er einen natürlichen, erstmals plausibel erscheinenden Prozess für den Ablauf der Evolution vorschlug. Das machte die Sache besonders brisant.

Mit Darwin stellen sich also zwei Fragen in Bezug auf das Verhältnis von Evolution und Schöpfung („theistische Evolution“). Zum einen, ob Schöpfung mit einem Evolutionsprozess harmonisierbar sei, zum anderen aber auch, ob er mit einem Prozess vereinbar sei, der bloßen Naturgesetzen folge.

Dass Darwin die Vorstellung von einer „speziellen Schöpfung“ ablösen wollte, kommt in seinem Hauptwerk Origin of Species häufig dadurch zum Ausdruck, dass er gegen diese Vorstellung explizit argumentiert. In seinem zwölf Jahre später veröffentlichten Buch über die Abstammung des Menschen (Darwin 1871, 153) schreibt er dann in aller Deutlichkeit:

„Ich habe wenigstens, wie ich hoffe, einen guten Dienst getan, dazu beizutragen, das Dogma der separaten Schöpfungen umzustürzen.“

Der Umsturz dieses Dogmas alleine würde eine Zielgerichtetheit der Evolution nicht ausschließen, doch Darwin ging mit der Selektionstheorie ausdrücklich weiter und wendete sich auch dagegen, in der Evolution Hinweise auf einen Schöpfer erkennen zu können:

„Das alte Argument vom Design in der Natur, wie es von Paley verwendet wurde und das mir früher so schlüssig erschien, scheitert nun, nachdem das Gesetz der natürlichen Auslese entdeckt worden ist.“ (Charles Darwin, Life and Letters)

 Hier wird deutlich, dass Darwin Evolution naturgesetzlich verstand. Sein Biograph Quammen (2009, 219) schreibt, dass Darwin „fordert, sich Evolution als die Folge feststehender Gesetze vorzustellen so wie die Gravitation oder die Wärmebewegung.“

Und in einen lesenswerten Beitrag über Darwin und seine Evolutionstheorie stellt die Philosophin Eve-Marie Engels (2009, 24) fest:

„Die Erforschung des Lebendigen soll den Anschluß an das von den Wissenschaften der unbelebten Natur, Physik und Astronomie, bereits erzielte Niveau erreichen, nämlich Phänomene und Prozesse des Lebendigen durch Naturgesetze zu erklären, statt sie auf den direkten Eingriff Gottes zurückzuführen. … Der Hintergrund, vor dem er argumentiert, ist die von ihm zu widerlegende Lehre der speziellen Schöpfung jeder einzelnen Art. Dieses Thema zieht sich wie ein roter Faden durch seine Notizbücher, frühen Entwürfen und das Werk Origin of Species.“

 Und weiter:

„Obwohl sich Darwins Kritik an der Lehre von der Sonderschöpfung jeder einzelnen Art wie ein roter Faden durch Origin of Species zieht, geht die kritische Stoßrichtung seiner Theorie also viel weiter und tiefer, denn sie trifft nicht nur die Idee der Sonderschöpfungen, sondern auch die Rolle Gottes als Schöpfer von Naturgesetzen.“

Damit sei auch die göttliche Erstursache als Begründung der Zweckmäßigkeit lebender Systeme verzichtbar. In Darwins (1875, 6) eigenen Worten:

„Der Ausdruck ‚natürliche Selektion’ ist in mancher Hinsicht nicht gut, weil er eine bewusste Wahl einzuschließen scheint, davon wird man aber nach kurzer Gewöhnung absehen.“

Die teleologische Bedeutung dieses Begriffs wird also ausdrücklich abgelehnt. In seiner Autobiographie schreibt Darwin (1876, 97) dazu:

„Wir können nicht länger argumentieren, dass z.B. das schöne Scharnier einer zweiklappigen Muschel von einem intelligenten Wesen geschaffen worden sein müsse wie das Scharnier an einer Tür vom Menschen. In der Veränderlichkeit der Lebewesen und im Wirken der natürlichen Selektion scheint nicht mehr Design zu stecken als in der Richtung, in welcher der Wind bläst. Alles in der Natur ist das Ergebnis unveränderlicher Natur­ge­setze.“

Darwin schloss eine teleologische Komponente, die zur natürlichen Selektion hinzutrete, ausdrücklich aus. Diese Sicht muss­te Folgen für das Gottes- und Schöpfungsverständnis haben. Der Historiker Peter Bowler (2009, 223f.) macht das deutlich:

 „Selektion passte die Arten an immer wieder veränderte Umwelten an und sie erreichte das durch das Töten von nutzlosen Variationen in einem mitleidlosen ‚Kampf ums Dasein’. Dies schien nicht die Art des Prozesses zu sein, den ein gütiger Gott eingerichtet haben könnte. … Natürliche Selektion ersetzte die Güte Gottes als eine Erklärung der Anpassung.“

Richard Dawkins spitzte dieses Verständnis mit der Metapher vom „Blinden Uhrmacher“ (Dawkins 1987) zu: Die Lebewesen, die noch viel phantastischer konstruiert sind als ein Uhrwerk, sind ohne Planung entstanden, ihr „Schöpfer“ war blind für Ziele und Zwecke. Darwin meinte es nicht anders, wenn er sich auch etwas weniger pointiert ausdrückte.

An dieser Stelle kam vielfach und heftig Einspruch von christlicher Seite. Doch längst arrangieren sich viele, die Gott als Schöpfer bekennen, selbst mit der These vom „blinden Uhrmacher“. So schreibt Hemminger (2007, 22):

„Die Frage ist, ob das Wechselspiel von genetischen Veränderungen und Selektion eine hinreichende naturwissenschaftliche Erklärung für die Evolution der irdischen Lebenswelt liefert! Die gegenwärtige Biologie beantwortet diese Frage mit Ja.“

 Klinnert (2007, 11) drückt es so aus:

„In jedem Fall aber müssen und können nach dem Selbstverständnis der modernen Naturwissenschaften alle natürlichen Vorgänge ohne die Vorstellung übernatürlicher Eingriffe erklärt werden. Die Entstehung des Menschen ist unter diesen Voraussetzungen als ungesteuertes Ergebnis von Zufall und Notwendigkeit anzuerkennen.“

Weitere aktuelle Beispiele ähnlicher Zitate könnten angefügt werden. Richards (2010, 25) macht in Bezug auf die Diskussion in den USA eine Feststellung, die auch die hierzulande gemachten Vorschläge einer „Schöpfung durch ungelenkte Evolution“ treffend charakterisieren:

 „Heutzutage versuchen die meisten theistischen Evolutionisten den Theismus irgendwie mit Darwinscher Evolution zu versöhnen. … Obwohl es nicht immer einfach zu verstehen ist, was sie sagen, wollen viele theistische Evolutionisten die These vom ‚blinden Uhrmacher’ in ihre Theologie integrieren.“

Welche Rolle spielt unter diesen Umständen Gott als Schöpfer überhaupt noch? Klinnert (2007, 14) formuliert als Aufgabe:

„Weil das christliche Bekenntnis davon ausgeht, dass der ewige Gott sich in Raum und Zeit für konkrete Menschen begreifbar macht (Joh 1,1-14), muss es in säkulare Redeweise transformierbar sein.“

Worin aber unterscheidet sich eine theistisch interpretierte Evolution von einer atheistisch gedeuteten?

„Nichts Neues unter der Sonne“

In einem Beitrag des Sammelbandes „God and Evolution“ (Richards 2010) analysiert John G. West moderne Positionen einer theistischen Evolution, die in den letzten Jahren publiziert wurden (West 2010a). Er bezieht sich auf Autoren der Vereinigten Staaten, z. B. Ken Miller oder Francis Collins und dessen BioLogos Foundation; seine Analyse passt aber auch sehr gut auf deutsche Autoren, die sich in den letzten Jahren zu dieser Frage geäußert haben. Seinen Beitrag überschreibt er mit „Nichts Neues unter der Sonne“ und zeigt auf, dass der Gnostizismus, der die frühe Kirche bedroht hat, bei vielen heutigen Befürwortern einer theistischen Evolution eine Auferstehung feiert. Wie kommt West zu dieser Einschätzung? Im Folgenden sollen zunächst die Ausführungen von West (2010a) erläutert werden (Seitenangaben beziehen sich im Folgenden auf diesen Beitrag).

Einleitend weist West darauf hin, dass frühe christliche Denker großen Wert auf die Lehre von der Schöpfung gelegt haben und sich keineswegs mit der Anerkennung der Göttlichkeit Jesu zufrieden gegeben hätten. Denn nach traditionellem christlichem Verständnis kann beides gar nicht getrennt werden, da die Erlösung im Licht des Falles und der Fall im Licht der zuvor guten Schöpfung zu verstehen ist.

Es gab aber einen weiteren Grund, weshalb die frühen Christen die Schöpfungslehre betonten: der Widerstand gegen die Vorstellung von Gott als Schöpfer von Seiten der intellektuellen Elite. Die damaligen Konflikte weisen Parallelen zu den heutigen auf, so West. In Sachen Schöpfungslehre muss­ten sich die frühen Christen mit zwei Kontrahenten auseinandersetzen: mit den Epikureischen Materialisten und mit den Gnostikern.

Die Epikureischen Materialisten

 Im Gefolge der griechischen Atomisten Demokrit und Epikur verneinten die Epikureischen Materialisten das Wirken einer Intelligenz und führten alle Naturphänomene letztlich auf einen blinden materialis­tischen Prozesszurück. Die frühe Chris­tenheit begegnete dieser Anschauung wiederholt mit dem Hinweis, dass es in der Natur sehr wohl zwingende Hinweise auf eine höchste Intelligenz gebe. Diese Kontroverse gleiche den heutigen Auseinandersetzungen mit den sogenannten „Neuen Atheisten“:

„Die Debatten zwischen den frühen Christen und Epikureischen Materialisten weisen eine auffallende Ähnlichkeit zu den Debatten unserer Tage zwischen Theisten und so genannten ‚neuen Atheisten’ wie Richard Dawkins, Sam Harris und Daniel Dennett auf“ (S. 36).

Die wissenschaftlichen Daten, die heutzutage diskutiert werden, mögen neu sein, das gilt aber nicht für das Thema (vgl. auch Clark et al. 2007, 521-527).

Die gnostische Irrlehre

Von der sogenannten Gnosis gibt es zwar sehr verschiedene Varianten, und die gnos­tischen Lehren sind komplex, aber die meisten Gnostiker stimmten in folgenden beiden Ansichten überein:

1. Sie bestritten, dass die Natur gut geschaffen war; vielmehr sei Materie böse und die materielle Welt von Beginn an fehlerhaft.

2. Weil die materielle Welt böse war, konnte sie nicht von dem guten, höchsten Gott geschaffen worden sein; vielmehr gehe sie auf das Wirken einer unvollkommenen Wesenheit zurück, die als Demiurg bezeichnet wurde.

Damit wollten die Gnostiker den wahren Gott aus einer direkten Rolle in der Schöpfung herauslösen.1

Dagegen lehrt die Heilige Schrift, dass der Sohn Gottes, Jesus Christus, der Schöpfungsmittler ist (Joh 1,3), durch den der wahre Gott alles schuf (vgl. Kol 1,16; Hebr 1,2), und für die Schöpfung nicht eine sekundäre Wesenheit verantwortlich ist. Gott schafft durch sein Wort (Hebr 11,3) und „ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist“ (Joh 1,3b; vgl. 1Kor 8,6). Ps 115,3 betont die Hoheit und Freiheit Gottes, alles nach seinem Willen zu schaffen: „Unser Gott ist im Himmel, er kann schaffen, was er will.“2

Frühe Christen und Gnostiker

Auch die Auseinandersetzungen zwischen frühen Christen und den Gnostikern weist frappierende Ähnlichkeiten mit den heutigen Debatten auf – in diesem Fall bezüglich theistischer Evolution. Wir haben oben darauf hingewiesen, dass bereits Darwin eine Zielgerichtetheit der Evolution ausdrücklich ablehnte. Das geht auch aus Äußerungen seines Zeitgenossen Asa Gray indirekt hervor, einem Botaniker in den Vereinigten Staaten, mit dem Darwin eine umfangreiche Korrespondenz führte. Gray vertrat eine theistische Evolution und äußerte, seine Sicht einer gelenkten Evolution sei „sehr Anti-Darwin“ (S. 40). Man würde heute sagen, dass Darwin nicht nur Kreationismus, sondern auch „Intelligent Design“ ausdrücklich ablehnte.

Wenn man dennoch Gott als Schöpfer bekennen will, dann stellt sich die Frage: Wie kann Gott durch einen „ungerichteten“ Prozess wirken? West behauptet nun: Bei den heutigen theistischen Evolutionis­ten, die Evolution als einen solchen ungerichteten Prozess betrachten, wird die natürliche Selektion zum Demiurgen. Die Vorstellung von Gott als Schöpfer eines nicht zielorientierten Prozesses sei die alte Theologie des Gnostizismus in neuer Verpackung. Wie die damaligen Gnostiker bestreitet eine wachsende Anzahl theistischer Evolutionisten, dass Gott die Evolution des Lebens aktiv steuerte, und sie weisen die Ansicht zurück, die materielle Welt sei jemals gut geschaffen worden. Mit diesem Kunstgriff versuchen sie Gott die Verantwortung für die Übel in der Welt abzunehmen (vgl. Dembski 2010).

Dazu einige Zitate von theistisch orientierten Wissenschaftlern: John Polkinghorne meint, „ein evolutionäres Universum sei theologisch als Schöpfung zu verstehen, die sich selbst erschaffen darf“ (S. 41). Der frühere Astronom des Vatikan, George Coyne, ist der Auffassung, nicht einmal Gott habe mit Sicherheit gewusst, dass in der Evolution menschliches Leben entstehen würde. Auch der Biologe Ken Miller, Autor des Buches Finding Darwin God, bestreitet rundweg, dass Gott den Evolutionsprozess gesteuert habe. Wir Menschen mussten nicht notwendigerweise entstehen, allenfalls etwas Vergleichbares wie etwa ein Weichtier, ein

„Mollusk mit hervorragenden geistigen Fähigkeiten“ (S. 41). „Gott schuf einen ungerichteten Prozess, der dann die Welt und Kreaturen erschuf, die Er nie vorhersah und vorherbestimmte“ (S. 42).

Ähnlich äußern sich prominente Vertreter von „BioLogos“, einer Organisation, die von dem bekannten Humangenetiker Francis Collins ins Leben gerufen wurde und die eine theistische Evolution vertritt. Nach ihrem Vizepräsident Karl Giberson ist Gott in der Schöpfung nicht für die „Details“ verantwortlich. Zu den „Details“ scheint auch der Mensch zu gehören (S. 43). Es sei auch an die im einleitenden Abschnitt genannten Zitate von Hemminger und Klinnert erinnert; beide glauben an einen Gott, der seine Schöpfung ohne Eingriffe allein durch Naturgesetze und den Zufall hervorgebracht haben soll.

Ein Gott aber, der eine kosmische Lotterie in Gang setzt, damit Lebensformen entstehen, und der irgendwann eine Art Jackpot mit einem geistbegabten Wesen gewinnt, ist sicher nicht der Gott, der sich in der Heiligen Schrift als Schöpfer offenbart hat, so West.

Als Beispiel eines vielbeachteten deutschen Autors sei Hans Kessler genannt und einige seiner Ausführungen zur Illustration eines modernen Gnostizismus wiedergegeben. Kessler (2009) sagt einerseits in Anlehnung an Teilhard de Chardin, Gott bewirke, „dass die Dinge sich selber machen“ (S. 153); dabei gehe die Evolution aber auch ihre eigenen Wege, nämlich „Umwege und Abwege“. „Die Evolution“ (als gott­ähnlicher Demiurg?) sei der Urgrund, aus dem alles hervorgehe (S. 125), er sei in allem „ganz tief verborgen als das, was allem Sein verleiht“ (S. 127). Das All und jedes Wesen werde von ihm „umfangen“, „bejaht/geliebt“ und „erfüllt/durchatmet“ (S. 130). Als Designer, der ein fertiges Design schaffe, dürfe man Gott dabei aber nicht denken (S. 132, 161). Stattdessen postuliert Kessler Schöpfung als „tastende Interaktion“ (S. 151), als „göttlich ermöglichte Selbstüberschreitung“ (S. 151; nach Rahner). Gott sei der innere Grund der Eigendynamik der Geschöpfe (S. 159, 161), es gebe ein dialogisches Wirken von innen her (S. 161). Kessler lehnt den Design-Ansatz, der mit zielgerichtetem Wirken Gottes rechnet, ab; er akzeptiert vielmehr das „naturwissenschaftlich-evolutionstheoretische Konzept der ‚Selbstorganisation’“ (S. 160). Was also ist Gottes Rolle? Einerseits wird eine rein natürliche Evolution bejaht, andererseits soll sich darin auch Gottes Schöpfung zeigen. Bemerkenswerterweise räumt Kessler ein, dass er nicht weiß, wie dieser Spagat konkret gelingen kann: „Wie das Zusammenspiel zwischen dem transzendent-immanenten Gott und den Geschöpfen … zu denken sein könnte, weiß ich auch nicht.“ (S. 162).

Dass der Evolution Freiräume zugestanden werden, wird an folgenden Formulierungen Kesslers deutlich:

„[D]ie Evolution selbst wird als von Gott ermöglicht verstanden und, soweit ihre Prozesse für Gottes Ziele und Einfluss offen sind, als sein andauerndes Schöpferwirken“ (S. 146, Hervorhebung im Original).

Es wird also von einem Einfluss und Zielen Gottes gesprochen; beides wird an anderer Stelle aber ausgeschlossen, da Gott nicht wie ein Designer wirke (s. o.) – abgesehen davon, dass Evolutionsprozesse keine Ziele haben. Merkwürdig ist, dass die Evolution anscheinend nur teilweise für Gottes Wirken offen ist („soweit …“); ist sie also partiell außerhalb seiner Kontrolle?

Allein dieser Satz zeigt beispielhaft das Dilemma, das entsteht, wenn man eine natürliche Evolution und gleichzeitig Gottes souveränes Schöpferwirken akzeptieren und miteinander verbinden will. Weiter schreibt der Autor: „Gott zwingt die Dinge nicht in eine bestimmte Richtung, er eröffnet Möglichkeiten und gibt Leithorizonte vor, lädt ein, wirbt, lockt …“ (S. 161). Ein dem wahren Gott untergeordneter Demiurg namens Evolution scheint hier am Werk zu sein; er darf sogar einiges tun, was Gott gar nicht will.

Dass Gott sich vornehm als Schöpfer zurückhält, wird auch in den Worten von Lars Klinnert deutlich:

„Deshalb kann es nicht darum gehen, ateleologisch erklärbaren Naturvorgängen eine auf den zweiten Blick dann doch erkennbare Sinnhaftigkeit unterzuschieben; vielmehr gilt es aufzuzeigen, wie im sinnentleerten Naturgeschehen dennoch redlicherweise an den verborgenen Schöpfergott geglaubt werden kann“ (Klinnert 2007, 18).

„Unbestreitbar ist für eine konsistente Rekonstruktion weltimmanenter Geschehensabläufe die zusätzliche Annahme einer in diese eingreifenden göttlichen Instanz ‚schlichtweg überflüssig’“ (S. 19).

Ein innerweltlich verstehbarer, nicht zielorientierter Vorgang soll also Schöpfung repräsentieren, ein göttliches Eingreifen ist überflüssig. Das ist die Form und Ausprägung des Gnostizismus im Zeitalter der Evolutionslehre. Schließlich sei noch Hansjörg Hemminger genannt, der ebenfalls Gottes schöpferisches Wirken und das Medium seiner Erschaffung zwei verschiedenen Ebenen zuordnet:

„Dass die Selektionsvorstellung häufig als Widerspruch zum Schöpfungsglauben verstanden wird, und zwar von Nichtchristen und Christen, beruht darauf, dass sie scheinbar einen plan- und absichtslosen Naturprozess an die Stelle Gottes setzt. In Wirklichkeit liegen die beiden Aussagen nicht auf einer Ebene und können sich nicht widersprechen“ (Hemminger (2009, 161).

Der „scheinbar“ plan- und absichtslose Prozess bringt die Geschöpfe hervor, Gott tut das nicht direkt.

Lösung der Theodizee-Frage?

Indem Gottes direktes Wirken in der Schöpfung bestritten wird, soll das Problem des Bösen in der Schöpfung gelöst werden. Ein direkt erschaffender Gott sei auch für das Böse in der Schöpfung verantwortlich; das sei nicht der Fall, wenn er durch natürliche Selektion geschaffen habe. Für das Böse sei gleichsam der Prozess verantwortlich, der die Geschöpfe hervorbringt.3 Der bekannte Darwinist und frühere katholische Priester Francisco Ayala schreibt: Wenn man behaupten würde, dass die Lebewesen direkt von Gott erschaffen worden seien, dann wäre er auch für das inkompetente Design verantwortlich wie etwa die Enge des Geburtskanals oder Mängel der Wirbelsäule (nach Dembski 2010, 96).4 So argumentiert auch Kessler (2009, 153): Wäre Gott ein Designer, müsste man ihm alles Unvollkommene zuschreiben, er wäre dann ein „Pfuscher“, der „seinen Job miserabel“ erledige (nach Steve Jones). Dass in diesen Fällen inkompetentes oder miserables Design vorliegt, kann mit guten Gründen bestritten werden; doch ist das hier nicht unser Thema. Es stellt sich aber die Frage, weshalb ein indirekt erschaffender Gott weniger Verantwortung trägt. Warum sollten die (vermeintlichen!) Unvollkommenheiten nicht auf Gottes Konto gehen, wenn er durch Evolution schafft? Wird hier das Unvollkommene auf den Demiurgen geschoben? Entweder ist Gott der Schöpfer, dann trägt er in jedem Fall die Verantwortung (auch wenn er sich nicht vor uns verantworten muss!) oder er ist gar nicht der Schöpfer und die Frage nach der Verantwortung erübrigt sich. Wenn Gott sich selbst gleichsam die Hände bindet, indem er einen natürlichen Prozess dazu ermächtigt, durch Versuch und Irrtum die Vielfalt der Lebewesen hervorzubringen, ist er für das Ergebnis nicht weniger verantwortlich.5

Gott als „kosmischer Trickser“

Collins (2007, 168) könnte sich vorstellen, dass Gott zwar das Ergebnis des Evolutionsprozesses von Ewigkeit her kannte, aber dennoch die Welt so schuf, dass sie aussah, als sei sie durch einen zufalls- und richtungslosen Prozess entstanden. Nur durch das Auge des Glaubens könnten wir erkennen, dass dieses scheinbare Fehlen von Design eine Täuschung sei. Es liegt eine gewisse Ironie in dieser Sicht, da sie genau umgekehrt argumentiert wie die Dawkins. Dieser definiert Biologie als Wissenschaft von Dingen, die designed aussehen, obwohl sie Ergebnisse eines richtungslosen Prozesses sind; folglich sei Design nur Illusion. Dagegen lehren sowohl das Alte als auch das Neue Tes­tament, dass der Mensch Gottes Werk in der Natur erkennen kann (Röm 1,20, Psalm 19; vgl. Mt 5,44-45.48; 6,26-30).

Schöpfung und Fall

Das Herunterspielen von Gottes Rolle als Schöpfer ist nicht die einzige Parallele zwischen moderner theistischer Evolution und der Gnosis des Altertums. Eine zweite eindrucksvolle Parallele ist das Bestreiten, dass die Welt ursprünglich gut geschaffen wurde. Nach Auffassung des bereits erwähnten BioLogos-Vizepräsidenten Karl Giberson war der Mensch von Anfang an sündig und unvollkommen. Gegenüber der traditionellen Auffassung muss in diesem Verständnis die Rettung durch Jesus Christus einen völlig neuen Sinn bekommen. Sie erscheint dann als der „Versuch eines abwesenden Gottes, seine Geschöpfe von seiner eigenen fehlerhaften Schöpfung zu retten, um eine Beziehung zu [ihm zu] ermöglichen, die nie existiert hatte“ (S. 50).

Fazit

Die Theologie zeitgenössischer Befürworter einer theistischen Evolution weist auffallende Ähnlichkeiten mit dem antiken Gnostizismus auf, der von der frühen Kirche verworfen wurde. Das Verständnis einer Lebewelt, die durch einen ungesteuerten Evolutionsprozess hervorgebracht wurde, und „Schöpfung“ als diesem Prozess innerlich zu betrachten, wird gerne als „moderne Schöpfungstheologie“ bezeichnet; in Wirklichkeit handelt es sich um eine alte Irrlehre in neuem Gewand.

Atheisten und theistische Evolution

In zwei weiteren Beiträgen von „God and Evolution“ gehen John G. West (2010b) und Casey Luskin (2010) auf einige Autoren ein, die sich zwar selbst als Atheisten bekennen, aber dennoch dafür plädieren, dass „gute Theologie“ und Evolution sich nicht widersprächen. Dazu gehören z. B. Eugenie Scott vom National Center for Science Education (NCSE) und Michael Shermer, der Gründer der „Skeptics Society“. Scott bezeichnete sich selbst einmal als „Evolutions-Evangelistin“ und unterschrieb das „Humanistische Manifest III“, in dem der Mensch als Ergebnis eines ungesteuerten evolutionären Prozesses proklamiert und eine „progressive Philosophie des Lebens ohne Supranaturalisms“ propagiert wird. Erstaunlich, dass jemand mit solchen Überzeugungen für eine Vereinbarkeit von Evolution mit Theologie plädiert.

Michael Shermer sorgt sich seltsamerweise als Atheist um die Ehre Gottes:

„Wenn Sie ein Theist sind, was könnte die Ehre von Gottes Schöpfung lauter bekanntmachen als Wissenschaft, das Instrument, das mehr als jedes andere Werkzeug menschlichen Wissens die Größe in dieser evolutionären Sicht des Lebens erhellt hat?“ (zit. in Lus­kin 2010, 71)

Zugleich bezeichnet er Wissenschaft als seinen Retter und schreibt an anderer Stelle, dass Wissenschaft die Hypothese Gott zurückweise.

Auch die U.S. National Academy of Science (NAS) vertritt offiziell eine „volle Vereinbarkeit“ von Evolution und religiösem Glauben, obwohl nur 5,6 % ihrer Mitglieder einer Umfrage zufolge einen Glauben an Gott bekennen.

Da möchte man sich kaum für solche freundlichen Angebote der Vereinbarung von Evolution und Theis­mus bedanken. Warum werden sie von Atheis­ten vorgebracht?

Luskin gibt anhand einer Reihe von Zitaten eine plausible Antwort: Die Menschen sollen durch radikale Atheis­ten wie Richard Dawkins oder den Philosophen Daniel Dennett nicht davon abgeschreckt werden, Evolution zu akzeptieren. Evolution soll ihnen dadurch schmackhaft gemacht werden, dass man eine Vereinbarkeit mit dem (nicht näher spezifizierten) „Glauben“ behauptet. Dawkins und Dennett dagegen machen kein Hehl aus ihrer Ansicht, dass eine natürliche, ungesteuerte Evolution – also die Standardvorstellung von Evolution – unweigerlich zum Atheismus führe. So bezeichnet Dennett den Darwinismus als „universale Säure“, die jede traditionelle Religion und Moral zersetze (zit. bei West 2010b, 58). Laut William Provine ist Evolution der „größte Antrieb für den Atheismus, der jemals erfunden wurde“ (zit. bei Luskin 2010, 68). Und Richard Dawkins hat sich diesbezüglich unter anderem in seinem Bestseller „Der Gotteswahn“ eindeutig geäußert.

Diese Radikalität und Kompromisslosigkeit bereitet der „evolution defense lobby“, wie Luskin sie nennt, Sorge. Diese Gruppe von Evolutionsbefürwortern besteht zwar auch zu einem größeren Teil aus bekennenden Atheisten, plädiert aber für einen pfleglichen Umgang mit religiösen Menschen. Sie befürchten, dass Frontalangriffe a la Dawkins, die mit Evolution begründet werden, die in den USA große Mehrheit der religiösen Menschen von Evolution abspenstig machen könnte. Offenkundig sind solche Beteuerungen der Vereinbarkeit von Evolution und Gottesglaube reine Taktik. Der bekennende Atheist Jerry Coyne kritisiert diese Vorgehensweise, wenn er über die offizielle Position des NCSE schreibt: „In der Tat scheint [für das NSCE] Evolution, weit davon entfernt eine Bedrohung für den Glauben zu sein, ihn zu bestärken!“ Das propagiere das NCSE, obwohl man genau wisse, dass Evolution eine ernste Bedrohung für den Glauben ist (nach Luskin 2010, 69).

Letztlich geht es um die Durchsetzung der Evolutionsanschauung im Denken der Menschen. Zu diesem Zweck werden Allianzen mit Gläubigen geschmiedet – vermutlich nur vorübergehend. Parallelen zu dieser Situation finden sich auch im deutschsprachigen Raum. Beispielsweise laden kirchliche Akademien Atheisten ein, die „Intelligent Design“ und Kreationismus kritisieren sollen. Und Atheisten und einige Christen sehen es als ihre Aufgabe an, in der AG Evolutionsbiologie Seite an Seite gegen Evolutionskritiker vorzugehen.

 Wer Evolution nicht als Rahmenanschauung akzeptiert, wird zum Wissenschaftsfeind erklärt:

„Jeder, der von der modernen evolutionären Orthodoxie abweicht ist des ‚Widerstands gegen Wissenschaft’ schuldig.“ (West 2010b, 60).

Wie sieht überhaupt die „gute Theologie“ aus, die Evolution und Theismus vereinbart? In den Worten des Wissenschaftsphilosophen Phillip Kitcher müssten die Christen alle „Standardgeschichten“ über das Leben Jesu aufgeben, die Jungfrauengeburt, die Wunder, die leibhaftige Auferstehung, sogar das „Versprechen der ewigen Errettung“. Dann gebe es keinen unversöhnlichen Konflikt zwischen Darwin und dem Christentum (West 2010b, 55). Das heißt aber nichts anderes, als dass die Christen erst einmal die Grundlagen ihres Glaubens aufgeben müssten – mit Vereinbarkeit von Evolution und christlichem Glauben hat das nichts zu tun. Luskin nennt im Gegenteil mehrere Wissenschaftler, die berichten, dass die Akzeptanz der Evolution eine Rolle dabei gespielt habe, dass sie den Glauben abgelegt hätten – und z. T. trotzdem eine Vereinbarkeit von „Darwinscher Evolution und Religion“ behaupten.

Theistische Evolution ist für die meisten zeitgenössischen Biologen keine realistische Option. Für den Glauben der Biologen heutzutage ist Richard Dawkins weit repräsentativer als Francis Collins (West 2010b, 56). Die Vereinbarung von ungesteuerter Evolution und Gottesglauben erscheine zudem willkürlich, so West (S. 57). So sei es zwar löblich, dass Francis Collins an einem objektiven moralischen Gesetz festhalte, in seinem System sei diese Überzeugung aber ziemlich ad hoc und passe nicht hinein. Um widerspruchsfrei zu sein, müsse man entweder zustimmen, dass der orthodoxe Darwinismus mindestens teilweise falsch sei (und daher Moral nicht erkläre), oder man müsse schlussendlich einräumen, dass der Darwinismus Moral ebenso wie jedes andere Merkmal in der biologischen Welt erkläre (S. 57). West erwähnt Howard van Till, der in den USA als Vertreter einer theistischen Evolution vielfach zitiert wird, der aber – was wenig bekannt sei – nach eigenen Worten mittlerweile zum Freidenker geworden sei.

Coyne kritisierte das in 2008 veröffentlichte Evolutions-Buch der NAS, das theis­tische Evolution für vertretbar hält, wie folgt: „Natürlich gibt es religiöse Wissenschaftler und Darwinsche Gottesdienstbesucher. Aber das bedeutet nicht, dass Glaube und Wissenschaft kompatibel sind außer im trivialen Sinne, dass beide Kennzeichen gleichzeitig vom menschlichen Geist erfasst werden können. Es ist so wie wenn man sagen würde, dass Ehe und Ehebruch kompatibel sind, weil einige verheiratete Leute Ehebrecher sind“ (zit. nach Luskin 2010, 81). Andere Autoren wie Dennett bezichtigen diejenigen eines unzureichenden Durchdenkens, die darwinistische Evolution und Gottesglauben harmonisieren. Die neuen Atheisten werden sich mit theistischer Evolution nicht zufrieden geben.

Luskin (2010, 83) kommt zu folgendem Fazit: „Wie wir gesehen haben, (1) vertreten viele Mitglieder der Evolutionslobby aus politischer Berechnung und pragmatischer politischer Dienlichkeit die Sicht, Gott und Evolution seien kompatibel. Persönlich weisen sie gerade diese Vereinbarkeit zurück, für die sie sich vorgeblich einsetzen. (2) Die lautstarke und entschlossene Gruppe der neuen Atheisten wird nicht [mit ihrer Agitation] aufhören, bevor jede Religion verschwunden ist.“

Das NOMA-Modell

Der berühmte Harvard-Paläontologe Stephen J. Gould vertrat die Auffassung, dass Wissenschaft und Religion „nicht überlappende Lehrämter“ seien – „non-overlapping magisteria“ (NOMA). Wissenschaft befasse sich mit der Realität, Religion mit Werten. Für die neuen Atheisten gesteht NOMA der Religion jedoch zuviel zu, da Wissenschaft sehr wohl auch für Werte zuständig sei.6 Luskin zitiert einige atheistische Kritiker dieses Modells. Kritik kommt aber zu recht auch von Christen, denn mindestens ihr Glaube kann von der Realität, die die Wissenschaften untersuchen, nicht getrennt werden, weil in der Bibel Aussagen über den Ursprung und die Geschichte der Welt gemacht werden. Umgekehrt hat bereits Charles Darwin die Fragen von Moral und Werten aus der Wissenschaft nicht ausgeschlossen; das ist heute nicht anders. Sobald man in die Details geht, stirbt das NOMA-Modell „den Tod von tausend Gegenbeispielen“ (Luskin 2010, 87).

Bei alledem muss man bedenken, dass der Darwinismus der neuen Atheis­ten der gleiche ist wie der Darwinismus der Mainstream-Wissenschaft. Evolution ist nun einmal ein unpersönlicher, ungelenkter Prozess. Das gilt für alle Varianten von Evolutionstheorien, die heute von Biologen wissenschaftlich diskutiert werden, nicht nur für die darwinistischen. Das Fehlen jeglicher Zielorientierung gehört seit Darwin zum Kern wissenschaftlich akzeptierter Evolutionsvorstellungen. Selbst Ken Miller, der eine theistische Evolution vertritt, stimmt dem ausdrücklich zu (Luskin 2010, 88). Sobald Lenkung im Spiel sei, handle es sich um eine der Varianten von „Intelligent Design“! Auf Seite 89 stellt Luskin einige typische Charakterisierungen von Evolution aus Lehrbüchern zusammen:

„Darwinian evolution is ‚blind’, ‚uncaring’, ‚heartless’, ‚undirected’, ‚purposeless’, and ‚chance’ process that involves ‚extreme randomness’, that acts without either plan or purpose’ and implies ‚materialism’, because we are ‚not created for any special purpose or as part of any universal design’.“

Wer diesen Charakterisierungen zustimmt, darf nicht erwarten, dass andere eine Vereinbarkeit von Darwinscher Theorie und traditionellem Theismus akzeptieren (Luskin 2010, 90). Luskin zitiert William Provine: „Man kann nur dann eine religiöse Sicht haben, die mit [Darwinscher] Evolution kompatibel ist, wenn die religiöse Sicht nicht vom Atheismus unterscheidbar ist.“ Für die neuen Atheisten ist „theistische Evolution“ ein Oxymoron.

Literatur

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West JG (2010a) Nothing new under the sun. Theistic evolution, the early church, and the return of Gnosticism, Part 1. In: Richards JW (ed) God and Evolution. Seattle, S. 34-52.

West JG (2010b) Having a real debate. Theistic evolution, the early church, and the return of Gnosticism, Part 2. In: Richards JW (ed) God and Evolution. Seattle, S. 53-65.


  1. Die Unterschiede zwischen der antiken und der modernen Gnosis sind im Kontext dieses Artikels nicht von Bedeutung. Ein wichtiger Unterschied sei aber wenigstens kurz angemerkt. Während die antike Gnosis versuchte, den Leib durch Askese zu vergewaltigen, um von seinen Grenzen und Bedingungen frei zu werden und in der Erkenntnis („Gnosis“), also in der geistigen Dimension, das Heil zu suchen, scheint in der modernen Gnosis die Emanzipation von den geschöpflichen Ordnungen und ihrer Normativität das Leitinteresse zu sein. Letzteres war nur in Teilen der antiken Gnosis der Fall, der sog. libertinistischen Gnosis, der zufolge alles, was der Mensch in seinem Leibe tat, gleichgültig war. 

  2. Das wird dort in den Gegensatz zu den wirkungslosen menschengemachten Götzen gestellt; ähnlich Jer 10,3-12. 

  3. “The­istic evolutionists worry that a God who creates directly renders the problem of evil insoluble. Such a God would be responsible for all the botched and malevolent designs we find in nature. By letting Darwinian natural selection serve as a designer substitute, theistic evolutionists can refer all those botched and malevolent designs to evolution. This, in their view, is supposed to resolve the problem of natural evil and thereby help validate Christian theism” (Dembski 2010, 96) 

  4. “Well-known Darwinian and former Catholic priest Francisco Ayala … „if we claim that organisms and their parts have been specifically designed by God, we have to account for the incompetent design of the human jaw, the narrowness of the birth canal, and our poorly designed backbone, less than fittingly suited for walking upright.“” (Dembski 96) 

  5. Ein Theologe schrieb mir dazu in einer E-Mail: „Wenn Gott eine Welt schafft, die im Werden begriffen ist, kann sie nicht vollkommen sein. Wenn er darin auch vormenschliche Freiräume zulässt, gibt es de facto Sackgassen. Mir ist Michael Ruses Vorstellung eines ‚package deals’ durchaus plausibel: Gott könne zwar etwas anderes als den Menschen schaffen, aber er konnte den Menschen nicht anders schaffen. Man muss überlegen, ob man das Gewähren von Freiräumen statt machtvoller Determinierung ‚Ohnmacht’ nennt (machen manche ja). Selbst dann spricht diese Ohnmacht nicht gegen die Autonomie Gottes, da sie nicht fremdbestimmt ist, sondern selbst gesetzt.“ 

  6. Vergleiche West (S. 65): „It is telling that since the 1990s there has been a dramatic increase in what some have called the ‚authoritarian tone’ of science, exemplified by the growing use in science journalism of phrases such as ‚Science requires’ and ‚science tells und we should’.“