Nach dem jahrzehntelangen Sturmlauf gegen die so genannte bürgerliche Moral ist nicht etwa alles Mögliche möglich. Es hat sich vielmehr eine neue Moral etabliert, die extrem moralisierend daherkommt und die „alte“ Moral an irrationalen Vorschriften überbieten kann. Moral ist nicht die biblische Ethik, und sie umfasst auch nicht einfach die staatlichen Gesetze. Was Moral beinhaltet, lässt sich am besten mit Sätzen wie „Das gehört sich so!“, „Das gehört sich einfach nicht!“ oder „Benimm dich anständig!“ zusammenfassen. Und was gebietet der Anstand heute?
Nur ein paar Beispiele: „Als anständige Frau sollst du Karriere machen. Mach was aus dir und strebe Macht und Einkommen an, die früher nur Männer erreichten.“ Frauen dürfen ein oder zwei Kinder zur Welt bringen, aber nur ohne ihren Beruf zu gefährden. Eine „Karriere“-Hausfrau und Mutter von fünf Kindern muss sich regelmäßig die Frage gefallen lassen, wann sie wieder arbeiten gehe. Zugleich erscheint Abtreibung als etwas ganz Normales. Eher muss sich eine Frau erklären, die trotz widriger Umstände, oder gar mit einer Behinderung, ihr Kind zur Welt bringt. Viele Kinder zu haben wird unmoralisch, Kinder im Mutterleib zu töten ist es dagegen nicht.
„Du sollst nichts sagen, was den Verdacht von Homophobie oder Islamophobie nähren könnte.“ Die aus diesem moralischen Gebot entstehende Vermeidungsstrategie führt in Runden mit nichtchristlichen Freunden dazu, dass alle allerlei Nettes über homosexuelle Bekannte sagen. Wenn ich dann vorsichtig hinterfrage, schwingt die Stimmung um und sie äußern, was sie sonst noch denken. Kritisches über den Islam höre ich fast nur noch aus dem Mund von Muslimen. Wenn die mich bitten, ihre Meinung niemand anderem zu sagen, haben sie Furcht vor Radikalen. Bei den meisten Zeitgenossen aber hat die innere Zensur für Schweigen gesorgt. Ich wurde schon in einer Gemeinde darauf aufmerksam gemacht, dass Gastprediger sich hier verpflichten, nichts Negatives über den Islam zu sagen. Uninformiertes Herumwettern könnte man auch anders verhindern.
„Du sollst nicht unnötig leiden oder anderen zur Last fallen!“ Mit hochmoralischer Menschenfreundlichkeit werden alte Menschen zum Selbstmord ermuntert. Eine Gesellschaft mit der besten medizinischen Versorgung hält es für moralisch geboten, jedem Leiden auszuweichen. Natürlich alles „selbstbestimmt“, sich aber dem Zwang der neuen Moral zu entziehen wird immer schwerer. Während dieser Tod als Erlösung gepriesen wird, sollen wir unser Steak mit schlechtem Gewissen essen, weil ein Tier für uns sterben musste.
„Stell nicht Urknall und Evolution in Frage. Stell die Bibel in Frage!“ So könnte ich die Liste verlängern, aber wir sollten mindestens zwei Einsichten gewinnen: Erstens kann eine Gesellschaft ohne biblische Leitlinien keine gesunde Moral ausbilden. Und zweitens brauchen Christen Durchblick, um nicht mitzuschwimmen und Mut, um zu Gottes Wahrheit zu stehen.
Hochmoralische Unmoral
Die „neue“ Moral ist nicht weniger moralisierend, aber oft erschreckend irrational. Christen brauchen Durchblick und Mut, um nicht einfach mitzuschwimmen.